Green Lights &Leder Slippers
„Ist nur die Wahrheit", sagt Jack plötzlich und zwinkert mir zu.
Mein Gesicht wird noch eine Spur röter. Gott war die Außentemperatur in der letzten Viertelstunde um zehn Grad gestiegen ?
Seine Lippen ziehen sich zu einem Lächeln hoch, der Charm funkelt in seinen Augen, als er sich plötzlich seine Hand auf sein Herz legt.
„Und meine Mum hat mir schon früh beigebracht niemals zu lügen", sagt er ernst und schaut mir dabei so aufrichtig ins Gesicht, bis ich das Gefühl habe, dass mein Gesicht unter seinem Blick zerfließt.
Gott, das konnte er doch nicht ernst meinen... Das war bestimmt einer seiner Maschen, um Frauen ins Bett zu bekommen.
Ein paar Sekunden später lacht er laut auf, als er meinen Gesichtsausdruck sieht.
„Komm, Sonnenschein.", er greift ohne Scheu nach meiner Hand und nickt dem Mann vor uns zu, der die Quads ausleiht.
Ein Kribbeln, wie ein Elektroschock schießt durch meine Hand, als unsere Hände sich berühren.
„Welches hast du dir ausgesucht?", fragt er mich sanft, seine Augen blicken intensiv in meine und ich spüre, wie ich rote werde.
Ich wende meinen Blick ab, weil ich es nicht mochte, wenn man mir direkt in die Augen starrte, wenn man sich mit mir unterhielt. Ich fühlte mich dann immer merkwürdig entblößt, so als ob man mich plötzlich unter ein Mikroskop gepackt hätte. Stattdessen landet mein Blick auf sein kurzärmliges Hemd. Es ist eines diese Sommerhemden, mit einer Explosion voller Farben. Die Grundfarbe ist dunkelblau, als Print hat es jedoch verschiedene Blätter in rosa, hellblau und apricot. Jeder andere Mann hätte ausgesehen, wie eine Art Golflehrer, doch an Jack sieht es total lässig und cool aus. Dazu trägt er weiße Shorts und weiße Turnschuhe.
Schließlich fällt mir wieder ein was er mich gefragt hat. Ich deute auf das blaue Quad, was ich von Anfang im Visier hatte, die Situation immer noch total surreal. Vor ein paar Minuten wollte ich einfach nur alleine Quad fahren und jetzt auf einmal steht ein Typ, der locker ein Männermodel sein kann vor mir und will mit mir zusammen Quad fahren.
Mit mir.
Ich muss mich im falschen Film befinden. So etwas passiert mir nicht.
Der Verkäufer nickt nur und führt uns zu dem Quad. Er erklärt Jack, wie man es fährt und reicht uns schließlich zwei Helme, dann entfernt er sich von uns.
„Wenn du Hilfe brauchst damit, sag Bescheid", Jack deutet auf meinen Helm, bevor er sich selbst den Helm überzieht und schließlich das Visier aufklappt. Er zwinkert mir spielerisch zu und wartet schließlich darauf, dass ich meinen Helm ebenfalls überziehe.
Meine Finger zittern leicht vor Nervosität, als ich meine Cap abnehme und mir den Helm schließlich überstülpe. Ich öffne das Visier, damit ich in der Hitze nicht ersticke und dann plötzlich, ohne darüber nachzudenken, zwinkere ich Jack ebenfalls zu. Scham durchflutet mich, ab der Minute in der ich realisiere, was ich getan hab.
Gott, warum musste ich immer Sachen machen ohne nachzudenken?! Und warum musste ich immer so komisch sein?! Konnte ich mich nicht einmal normal benehmen?
„Oh so ist das also...", höre ich Jack's tiefe Stimme zu mir herüberdringen. Sie ist durch den Helm ein wenig gedämpft.
„Ich hab's wohl mit einem frechen Sonnenschein zu tun."
„Was?", rufe ich empört aus.
Ich war nicht frech!
„Ich bin nicht frech!", rufe ich aus und komme auf ihn zu gelaufen, bereit mich zu verteidigen.
Jack lacht nur auf und klettert auf das Quad.
„Ich mach nur Spaß", sagt er lachend und klopft mit seiner Hand auf den Platz hinter sich und bedeutet mir damit zu ihm zu kommen. Ich laufe auf ihn zu und bleibe kurz vor dem Quad stehen. Er macht den Motor an, der ein lautes röhrendes Geräusch von sich gibt, und wartet einfach. Innerlich rinne ich mit mir, während der logische Teil meines Gehirns, der leider oft die Überhand in meinen Entscheidungen gewinnt, versucht abzuwägen, ob es die richtige Entscheidung ist mich bei einem wildfremden Mann aufs Quad zu setzen. Als ich schließlich kurz davor bin einen Rückzieher zu machen, dringt seine Stimme erneut zu mir.
„Denk nicht so viel nach Sonnenschein. Ich beiß dich nicht, versprochen.", er legt sich die Hand aufs Herz und zieht das Visier seines Helms wieder hoch, damit ich seine grünen Augen sehe, in denen ein Lachen liegt.
Irgendwie scheint mich das zu beruhigen. Vermutlich weil ich selbst ein Mensch war, der oft ein Grinsen auf dem Gesicht hatte. Jack wartet ruhig ab, sein Blick schweift dabei kein einziges Mal von mir ab. Unter normalen Umständen hätte mich ein so eindringlicher Blick schon längst nervös gemacht, aber irgendwas an seiner Art und wie er mich ansieht beruhigt mich auf eine merkwürdige Art und Weise.
„Na gut.", presse ich hervor, atme schließlich kurz aus und setze mich hinter ihn aufs Quad.
Zwischen uns drapiere ich meine Strandtasche, doch auf einmal kommt der Verkäufer angerannt und nimmt mir die Tasche aus der Hand.
„Signora, ich nehme das. Es ist besser, wenn sie die Hände frei haben."
Bevor ich etwas erwidern kann, macht das Quad einen Satz nach vorne. Erschrocken halte ich mich an Jack's Schultern fest.
„Bereit Sonnenschein?", höre ich Jack's Stimme zu mir dringen.
Ich nicke. „Ja.", antworte ich ihm.
„Dann halt dich gut fest."
Jack gibt mehr Gas und ohne darüber großartig nachzudenken umschlinge ich Jack's Taille, presse mich dicht an seinen Körper, um mich an ihm festzuhalten.
Obwohl es heiß ist und die Sonne auf unseren Kopf knallt, fühlt sich sein Körper nicht schwitzig an. Der Stoff seines Hemdes fühlt sich angenehm kühl unter meinen Fingern an, durch ihn fühle ich seinen flachen Bauch und als meine Finger kurz hochwandern, streifen sie Brustmuskeln, bei denen ich mir sicher bin, dass er sie trainiert. Ein herber Geruch mit einer leichten Note von Minze dringt in meine Nase, als meine Nase seinen Rücken streift, während ich versuche an ihm vorbeizuschauen.
Mittlerweile brettern wird die Straße entlang, am Rande Häuser, die kaum Schatten spenden. Der Himmel strahlend blau über uns, die Sonne knallt auf meine Haut, in der Ferne höre ich Kirchturmglocken.
An einer Kreuzung biegt Jack links in die nächste Straße ab. Sie ist ein wenig schmaler und es sind kaum Fahrzeuge auf der Straße. Plötzlich kommen wir zum Stehen. Verwirrt hebe ich meinen Kopf.
„Was ist los?", frage ich ihn.
Als Antwort steigt er vom Fahrzeug, so dass ich plötzlich alleine auf dem Quad sitze.
„Rutsch nach vorne"
„Waas?", frage ich ihn überrascht.
Er lacht auf und zieht das Visier seines Helmes hoch, seine grünen Augen, wie zwei Smaragde in Kontrast zum blauen Himmel.
„Sag mir nicht, du hast gedacht ich lass dich nicht fahren Sonnenschein. Ich musste das Ding nur aus der Straße lenken, damit Lorenzo nicht sieht, dass du ohne Führerschein fährst."
Ich lache auf und schüttele den Kopf. „Den Namen hast du dir doch ausgedacht."
Ich rutsche nach vorne, bis ich direkt vor den Lenker und Gaspedal sitze.
„Non ho Ariel.", sagt Jack plötzlich in Italienisch.
„Hast du mich gerade Ariel genannt?", lache ich auf und werfe meinen Kopf über die Schulter, um ihn durch meinen Helm anzufeixen.
Er lacht leise, bevor er sich hinter mich setzt.
„Jap"
Ein freches Grinsen erscheint auf meinem Gesicht.
„Alles klar, Flynn Rider", sage ich lachend und klopfe ihm spielerisch kurz auf die Schulter.
„Was? Warum bin ich nicht Prinz Erik, Sonnenschein?", fragt Jack mich gespielt geschockt.
„Weil Prinz Erik ne totale Pflaume ist und du beim besten Willen nicht aussiehst wie ein Prinz."
„Aber wie ein gesuchter Dieb oder was?", fragt er mich mit einem lachenden Unterton.
„Jap. Also los Eugene Fitzherbert...", ich drehe mich um und muss mich zusammenreißen nicht in lautes Gelächter auszubrechen.
Mein Lachen erstickt vollkommen, als ich plötzlich spüre, wie Jack näher an mich rutscht und seine Arme um mich herum kommen. Ein Kribbeln schießt durch meinen Körper, als ob ich in eine Steckdose gegriffen hätte.
„Okay Sonnenschein...", höre ich plötzlich Jack's Stimme tief an mein Ohr dringen.
Warum war seine Stimme plötzlich 10 Nuancen tiefer. Und warum bekam ich plötzlich eine Gänsehaut auf meinen Armen ?
„Hier ist das Gas.", er zeigt mit seinem Arm auf einen Schalter am Lenker „Und hier", seine Finger landen auf meinem Bein und er führt meinen Fuß auf ein Pedal an der Seite „Ist die Fußbremse. Damit bremst du."
Mein Herz pocht laut in meiner Brust, während seine Finger kurz mein Bein streifen. Ich bin mir jeden seiner einzelnen Finger bewusst. Sie hinterlassen ein warmes Gefühl auf meiner Haut, obwohl es bereits über 30 Grad ist. Es ist total bekloppt! Ich musste eindeutig einen Sonnenstich haben. Ich schüttele meinen Kopf, atme leise aus und versuche mich auf das Quad zu fokussieren. Schließlich umschließe ich den Lenker mit meinen Fingern. Dann drücke ich mit meinem Daumen vorsichtig aufs Gas, bis das Quad anfängt zu rollen.
Für die nächsten fünf Minuten spiele ich mit dem Gas, der Bremse und versuche zu lenken. Als ich mich einigermaßen dran gewöhnt habe, erscheint ein Grinsen auf meinem Gesicht, bevor ich ein bisschen stärker auf das Gas drücke und das Quad schließlich schneller wird.
Endlich.
Das Tacho vor mir zeigt mir an, dass ich mich bereits bei 60 km/h befinde. Ich hatte keine Ahnung wieviel man in italienischen Straßen fahren durfte, aber 60 km/h scheint mir ein guter Mittelweg zu sein.
Fahrtwind weht durch meine Haare, ein Lachen dringt aus meinem Mund, als wir den heißen Asphalt herunterjagen. Das Lachen verwandelt sich jedoch in ein erschrockenes Keuchen, als ich plötzlich spüre, wie Jack seine Arme um meine Mitte schlingt, so wie ich es zuvor getan hatte. Seine Hände liegen genau auf meinem Bauch.
Oh mein Gott.
Ich beiße mir auf die Lippen und hoffe inständig, dass er das Keuchen nicht gehört hat.
Wir nähern uns einer Reihe von Ampeln, die alle grün sind. Ich gebe noch mehr Gas, bis wir über die erste Ampel hinwegjagen. In der Ferne sehe ich ein Straßenschild, dass mir 90 km/h anzeigt.
„All I see is green lights, all I see is green lights, all I spit is real life...", fängt Jack plötzlich hinter mir an zu rappen.
"Oh mein Gott!", schreie ich begeistert auf, drehe mich beinahe zu Jack um, weil ich mir sicher bin, dass ich träume.
Wer war dieser Typ?
„Du kennst NF?", schreie ich fast schon hysterisch über den Fahrtwind hinweg, während ich über die zweite und dritte Ampel fahre.
Wenn er jetzt noch anfing Taylor zu singen, dann hatte ich eindeutig ein Einhorn gefunden. Sein Lachen weht über den Fahrtwind zu mir herüber. „Klar Sonnenschein."
Und dann ändert er plötzlich die Melodie.
„Hey, Nate's how life?", kommt seine tiefe Stimme aus seinem Mund.
"I don't know, it's alright!", singe ich lautstark als Antwort, denn verdammt ich liebe diesen Song.
„I've been dealin'with some things like every human being and really didn't sleep much last night."
"Last Night", rappe ich die zweite Stimme im Hintergrund, vollkommen in Ekstase.
Ehe ich mich versehen kann fahren wir lautstark rappend die Straßen entlang. Ich bin mir sicher, dass ich der schlechteste Rapper auf diesem Planeten bin, aber ich konnte einfach nicht anders. Es war NF.
Jack hingegen rappt, als ob er den ganzen Tag nichts Anderes machen würde. Wir wechseln von Lied zu Lied, immer euphorischer, bis ich schließlich in eine Straße einbiege und ehe ich mich versehen kann, über einen großen Platz hinwegfahre, auf dem sich eine große Elefantenstatue befindet. Ich bremse ab, während Leute hastig zur Seite springen, die sich vor der Statue versammelt haben, um Fotos zu machen.
Oh Fuck!
Rechts von einer Kathedrale, die sich ebenfalls auf dem Platz befindet biege ich wieder in eine Straße hinein. Ich bremse ab, bis das Quad zum Stehen kommt. Jack's Lachen dringt in mein Ohr.
„Das ist nicht lustig.", rufe ich aufgewühlt aus, mein Herz pocht laut in meiner Brust, mein ganzer Körper zittert vor Schock.
Ich hätte jemanden umfahren können.
Jack's Lachen verstummt plötzlich.
„Ich weiß. Sorry", raunt er in mein Ohr. „Alles gut bei dir?", fragt er schließlich.
Ich atme einmal zittrig aus. „Ja halbwegs. Hab nur einen kleinen Schock."
„Verständlich.", höre ich ihn murmeln, bevor ich spüre, wie er vom Quad steigt.
Er kommt neben mir zum Stehen und zieht seinen Helm herunter. Seine Haare sind leicht verschwitzt und durcheinander.
„Das kann jedem Mal passieren Sonnenschein. Außerdem kennen wir uns beide hier nicht aus."
„Ich weiß", seufze ich aus, bevor ich ebenfalls vom Quad steige.
„Ich glaub du solltest lieber zurück fahren, bevor ich noch irgendwelche Leute töte", gebe ich etwas kleinlaut von mir.
Jack schüttelt den Kopf und schenkt mir ein sanftes Lächeln. „Übertreib mal nicht. Du fährst verdammt gut."
Dann zückt er plötzlich sein Handy aus seiner Tasche und tippt ein wenig darauf herum. Keine Minute später ertönt eine Stimme aus seinem Handy, die uns den Weg ansagt.
„Siehst du. Ganz einfach.", er zwinkert mir kurz zu, bevor er seinen Helm wieder über seinen Kopf stülpt und sich hinten auf das Quad sitzt.
„Worauf wartest du Sonnenschein? Ich sag dir den Weg an und du fährst."
***
Ich weiß nicht ganz genau, wie viel Zeit vergeht, bis ich das Quad wieder vor dem Verleih parke, aber ich bin unendlich stolz, dass ich den Weg zurück gefahren bin. Lorenzo, wenn er denn so wirklich heißt, wartet schon. Nachdem Jack und ich vom Quad absteigen und unsere Helme abziehen, streckt er uns die Rechnung entgegen. Jack holt ohne zu zögern sein Portemonnaie raus, zieht ein paar Geldscheine aus dem hintersten Fach und legt sie Lorenzo auf den Tisch.
„Oh nein.", grätsche ich dazwischen. „Du bezahlst nicht alleine", ich schüttele meinen Kopf und nehme den obersten Stapel Geldscheine weg, um ihn Jack wieder zuzustecken und anschließend mein eigenes Geld aus der Tasche zu holen, die mir Lorenzo wieder zugesteckt hat.
Jack schüttelt seinen Kopf und macht dabei ein verneinendes Geräusch.
„Ich bezahle.", sagt er knapp und legt das Geld wieder auf den Tisch.
Ich versuche, wieder nach dem Geld zu schnappen, Wut steigt in mir hoch.
Ich hasste es, wenn jemand mir etwas bezahlte. Jack blockiert jedoch den Tisch mit seinem Rücken.
"Jack das ist kein Date!", rufe ich aufgebracht aus, beiße mir aber anschließend auf die Zunge. „Ich kann sehr wohl für mich alleine bezahlen", sage ich bestimmend.
„Ich weiß, dass du das kannst Sonnenschein", sagt Jack sanft und wartet schließlich darauf, dass Lorenzo ihm seinen Führerschein wiedergibt.
„Aber ich wills nicht", sagt er schließlich, als er sich umdreht und mich angrinst.
Lass dich nicht kleinkriegen Freya. Lass dich nicht kleinkriegen. Es ist nur ein hübsches Gesicht.
„Ich aber", sage ich vehement, als ich in mein Portemonnaie greife und ein paar Euroscheine rausnehme.
Ich strecke Jack die Scheine entgegen, doch er nimmt sie mir nicht aus der Hand. Etwas explodiert in mir und ehe ich mich versehen kann, schmeiße ich ihm die Geldscheine vor die Füße, drehe mich um und laufe von ihm weg.
„Was für ein selbstgefälliger, dämlicher...", murmele ich aufgebracht vor mich hin, als ich plötzlich eine Hand an meinem Arm spüre, die mich schließlich sanft herumwirbelt.
Ich schaue in Jack's Gesicht, der mich nun intensiv mit seinen grünen Augen durchdringt. Er greift nach meiner Hand, dreht sie um und legt mir meine Scheine wieder in die Handfläche. Dann macht er meine Hand zu einer Faust, so dass ich das Geld umschließe.
„Sieh's einfach als Date an", sagt er plötzlich, seine Stimme tief.
Waaas?
Ich spüre, wie ich rot werde.
Seine nächste Frage, wirft mich jedoch noch mehr aus der Bahn. „Wie ist deine Nummer?"
„Was?", rufe ich perplex aus.
„Deine Nummer Sonnenschein.", sagt er ruhig und lächelt mich dabei an.
„Ähm... ich weiß sie nicht auswendig.", sage ich schnell.
„Hast du sie in deinem Handy gespeichert?"
„Ähm ja, warte...", mit klopfendem Herzen ziehe ich mein Handy aus meiner Tasche und schalte es ein.
Nur dass es nicht einzuschalten geht.
„Der Akku ist leer", sage ich schließlich.
Gott, das war schon wieder typisch mein Leben. Da fragte mich einmal ein Kerl nach meiner Nummer und dann gerade in diesem Moment war natürlich mein Handy leer.
„Kein Problem", sagt er lässig, als ob es nicht wirklich wichtig wäre.
Ein Stich fährt durch mich hindurch.
Er dreht sich kurz zu Lorenzo's Tisch um. Mein Herz dröhnt laut in meiner Brust, ein unwohles Gefühl breitet sich in meiner Magengegend aus.
„Ähm... danke fürs Quadfahren", presse ich hastig hervor, drehe mich um und laufe so schnell ich kann vom Stand weg.
„Freya!", höre ich Jack hinter mir rufen, doch ich drehe mich nicht um.
Gott, wie verdammt armselig war ich?!
Als ob so ein Kerl mich jemals gut fand!
Meine Schritte werden schneller und als ich um die Ecke biege, fange ich schließlich an zu rennen. Ich stoppe erst, als ich am Hügel ankomme, der zu Alessia's Haus führt.
***
Ich hab jegliches Gefühl von Zeit vergessen, als ich an Alessia's Haus ankomme. Meine Haut brennt und ich bin mir sicher, dass ich einen Sonnenbrand habe.
Als ich durch das Hauptgebäude laufe, dringt laut Taylor Swift zu mir und ich höre Alessia und zwei weitere Frauenstimmen singen. Als ich dem Wohnzimmer näher komme erkenne ich plötzlich eine der Stimme als Ginevra.
Alessia's Mutter singt Taylor Swift.
„Say my name and everything just stops...", Ginevra's Stimme dringt an mein Ohr, als ich das Wohnzimmer betrete.
Meine Augen sind weit aufgerissen, als ich drei Frauen in der Mitte des Wohnzimmer's sehe. Zwei davon sind Alessia und Ginevra. Die andere Frau ist eine fremde. Sie ist ebenfalls mittleren Alters und unbeschreiblich gutaussehend. Alle drei haben Cocktail Gläser in der Hand, tragen Kleider und tanzen barfuß in der Mitte des Wohnzimmers.
„Carve your name into my bedpost...", singt Alessia's Mutter aus vollem Halse, nippt an ihrem Cocktail, während ihr weißes Strandkleid um ihre Beine schwingt. Es hat einen Schlitz am Bein, der ihr fast bis zur Hüfte hochgeht.
„Freya!", kreischt Alessia plötzlich und kommt mit ihrem Cocktail auf mich zu getanzt. „Da bist du ja endlich."
Sie nimmt meine Hand und bevor ich etwas erwidern kann, fange ich ebenfalls an zu tanzen und laut mitzusingen. Alessia's Kleid ist rot und hat einen tiefen V Ausschnitt und einen Faltenrock. Erst jetzt sehe ich, dass sie und ihre Mutter hergerichtet sind, so als ob sie ausgehen.
„Wollt ihr heute Abend noch weg?", frage ich Alessia schließlich.
Sie schüttelt den Kopf.
„No, Martina, Mamas Freundin ist Stylistin und immer wenn sie zu Besuch ist, macht sie uns die Haare und schminkt uns.", ruft sie mir über die Musik hinweg zu. „Sie kommt aus Mailand.", ergänzt sie.
Ginevra tanzt mit ihrem Cocktail neben mir zum Tisch, greift nach ein paar Oliven und steckt sie sich in den Mund.
Der ganze Tisch ist voll mit diversen Antipasti. Mein Blick wandert über Häppchen von Parmaschinken mit Honigmelone, über Caprese, gebratene Zucchini und Paprika, bis hin zu Bruschetta. Mein Magen knurrt sofort, erinnert mich daran, dass ich den ganzen Tag kaum gegessen hatte.
„Freya la mia belleza, willst du auch einen Cocktail?", ertönt plötzlich Ginevra's Stimme neben mir, als ich nach einer Bruschetta greife und abbeiße.
Was hatte diese Frau immer damit mich Schönheit zu nennen?
Ich schüttele meinen Kopf, woraufhin Alessia mir über die Musik vom anderen Ende des Wohnzimmers zuruft „Ich hol dir eine Cola."
Dann verschwindet sie um die Ecke in Richtung Küche.
„Dio Mio!", höre ich schließlich eine fremde Stimme neben mir ertönen und auf einmal steht Martina vor mir.
„Ich wusste nicht, dass Alessia so eine hübsche Freundin hat. Du siehst aus wie ...", ruft sie aus, schnippt mit ihren Fingern suchend nach dem Wort. „ Wie eine englische Rose. So sagt man doch eh?", fragt sie mich, läuft schließlich zum Tisch und stellt ihren Cocktail auf ihm ab und greift nach meiner Hand.
„La mia bambina, lass mich dich auffrischen."
Ehe ich mich versehen kann, zieht sie mich hinter sich her die Treppe hoch.
***
„Ich weiß nicht.", presse ich unsicher hervor, als ich die Treppe herunter laufe. Ginevra hat mich in ein Outfit von sich gesteckt. Ich trage einen grünen Maxirock mit einem langen Schlitz an der Seite. Meine Brüste sind von einem kurzen, bauchfreien Top bedeckt, dass mit einem breiten Träger über meine Schulter geht.
„Non essere stupida, meine Liebe. Du siehst bellisima aus!", schwärmt Ginevra, die hinter mir die Treppe herunterläuft.
Ich frag mich, ob sie zu viel Alkohol getrunken hat oder vorübergehend blind geworden war.
Taylor Swift's „Ready for it" dringt durch das Haus als ich am Ende der Treppe angekommen bin.
„Oh mein Gott.", ruft Alessia aus, als sie mich fertig gestylt sieht. „Du siehst großartig aus!", kreischt sie, läuft schnell auf mich zu, ihr rotes Kleid schwingt um ihre Beine.
Und dann fangen wir an zu tanzen, wie zwei wilde Hühner.
„In the middle of the night in my dreams...", fangen Alessia und ich gemeinsam an zu singen und schwingen unsere Hüften, während wir uns lachend antanzen.
Ginevra und Martina klinken sich ein und obwohl es eigentlich ein total bizarres Erlebnis sein sollte mit zwei Frauen mittleren Alters zu Taylor Swift zu tanzen, macht es dennoch extrem Spaß.
„Filippo, il mio cuore", höre ich plötzlich Ginevra sanft ausrufen.
Verwirrt bleibe ich für einen kurzen Moment stehen und blicke mich um. Erschrocken friere ich ein, als ich auf einmal einen großen Mann im Türrahmen zum Wohnzimmer stehen sehe. Ginevra läuft auf den Mann zu und drückt ihm einen Kuss auf den Mund.
Meine Augen weiten sich.
Oh mein Gott, war das Alessia's Vater?! Was um Gotteswillne war im sizilianischen Wasser?!
Der Mann, der Ginevra gegenüber steht, trägt eine schwarze Anzughose, ein weißes Hemd, dass er an den Ärmeln hochgekrempelt hat und eine schwarze Krawatte. Seine Arme waren gebräunt, er hatte schwarzes volles Haar, das leicht an den Schläfen ergraut war und einen Vollbart, der ebenfalls ein bisschen ergraut war. Gott hatte bei der Schöpfung von Alessia's Vater definitiv George Clooney und ein italienisches Dolce und Gabbana Model in einen Topf geschmissen. Zu ihm passte das Sprichwort, dass Männer wie Wein alterten.
Er schaut mit einem kleinen Lächeln auf das Gesicht von Ginevra herab, bevor er sich schließlich uns zuwendet. Als er mich erblickt, sehe ich wie eine Art väterliches Lächeln auf seinem Gesicht erscheint.
„Ah...du musst Freya sein.", sagt er schließlich mit einem noch stärkeren italienischen Akzent, als seine Frau.
Er löst sich von Ginevra und kommt mit langen Schritten auf mich zugelaufen. Im Hintergrund ertönt „Gorgeous" von Tay, was derartig passend ist, dass ich fast in lautes Lachen ausbreche.
Vor mir angekommen zieht Filippo mich auf einmal in eine väterliche Umarmung und klopft mir auf den Rücken.
„Willkommen in Sizilien carina mia.", sagt er als er sich schließlich von mir löst und einen Schritt zurück macht.
Dann läuft er schließlich zum Tisch, zieht einen Stuhl aus der Näher herbei und setzt sich schließlich an den Tisch.
„Ich sehe ihr habt schon wieder Spaß", sagt er lachend in die Runde.
„Natürlich haben wir das Papa, es ist Taylor Swift.", ruft Alessia aus und dreht sich einmal mit ihrem Kleid im Kreis, bevor sie nach meiner Hand greift und mich wieder zum Tanzen zwingt.
Ich lache auf und nippe kurz an meiner Cola, bevor ich ebenfalls in einen Tanz ausbreche.
Alessia und ich sind gerade mitten in einem synchronisierten Tanz zu „Getaway Car" verwickelt, als es plötzlich an der Tür läutet. Filippo ist in einem tiefen Gespräch mit seiner Frau und Martina verwickelt, weshalb Alessia mich mit ihr zur Tür zieht. An der Tür angekommen, öffnet sie diese.
Das Erste was mir in die Augen springt, sind schwarze, italienische Lederslippers.
„Ciao Alessia.", höre ich eine tiefe, jüngere Stimme.
Mein Blick wandert eine beige Hose und ein weißes Hemd hoch. Verweilt kurz an dem gebräunten Handgelenk des Mannes, an dem sich einer dieser hässlichen, teuren Uhren befindet, bis er schließlich bei dem Gesicht des Mannes ankommt, dessen Augen von einer schwarzen Sonnenbrille verdeckt sind.
„Ernesto...", höre ich Alessia genervt sagen. „Was willst du?"
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Hier ein neues Kapitel :)
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