Selbstmitleid
Wieder zurück in der Zeit...
Lou schaute aus dem Fenster, sie spürte gar nichts mehr - In ihrem verliebten Herz klaffte ein großes Loch. Sie starrte hinaus, an Schlaf war nicht mehr zu denken. Die Straßen waren leer, nur in der Ferne leuchteten die ersten Lichter in den Fabriken und verschwammen mit den Sternen auf dem morgendlichen Himmel.
Ihr Blick glitt zu der Uhr auf dem Nachtisch. Es war nun beinahe fünf Uhr und sie hatte in der Nacht kaum ein Auge zugemacht.
Lou hatte das Gefühl, als hätte sie alles in ihrem Leben verloren. Ihre Zukunft, die Pläne und vor allem ihre Liebe. Außerdem fragte sie sich, was genau sie besser hätte machen können. Wo war der Fehler? Es waren ja genau die Macken, die andere abstoßend fanden, die Lou an Mei verzauberten und fesselten.
Wo Mei wohl gerade war? Mit schleppenden Schritten ging zu ihrem gemeinsam Klamottenschrank im benachbarten Zimmer und schob die spiegelnde Tür zur Seite. Auf Meis Seite klaffte eine riesige Lücke, viele der Kleidungstücke hatte man hastig mitgenommen und einfach so hinausgeschmissen, einige der Teile lagen noch auf dem Boden verteilt.
Sie griff nach dem olivgrünen Hoodie. Er roch noch ein wenig nach ihrer Freundin. Langsam sog sie den Duft in sich hinein, dann griff sie nach ihrem Sport-Shirt und wechselte ihre Kleidung. Neben der Tür zur Wohnung band sie noch die Schnürsenkel ihrer Sportschuhe und verließ dann mit ihrem Handy, dem Ersatzschlüssel und etwas zu Trinken in ihrer kleinen Bauchtasche ihren Zufluchtsort, welcher sich nun viel mehr wie ein Gefängnis anfühlte.
Wütend wischte sie über ihre brennenden Wangen, denn neue Tränen hatten sich dort gesammelt. Der ganze Schmerz nahm sie gefangen und drückte sie in eine winzige und gebrechliche Kugel zusammen. Sie sehnte sich nach einer warmen Umarmung, nach einem kurzen Kuss und nach einem beruhigenden Streicheln über ihren Rücken und das alles am besten von ihrer kleinen und schwarzhaarigen Freundin...
Dunkelheit umhüllt die Straßen der Stadt, während Lou aus dem Reihenhaus trat. Der kalte Wind wehte ihr ins Gesicht und nahm all die ungewünschten Tränen mit. Die Gassen waren leer, aber daran störte sich die Frau nicht, eigentlich erfreute es sie sogar. Lou setzte ihre Kopfhörer auf und stellte die Musik auf volle Lautstärke. Der Bass dröhnte durch ihren Körper und der Beat gab ihren Laufschritt vor, wobei sie anfangs langsam und dann immer schneller die Häuser und deren Vorgärten hinter sich ließ.
Ihre Augen wanderten über die großen Gebäude, die in dieser morgendlichen Stunde wie Schatten in der Dunkelheit verschwammen. Langsam blendete sie die Gedanken um Mei aus, dachte an nichts - Zu laut erfüllte die Musik ihren Kopf.
Der Wind wurde stärker und Lou spürte wie er an ihr zerrte und zog. So gut es ging, versuchte sie es zu ignorieren und sprintete mit zusammengebissenen Zähnen noch schneller. Es schien als wäre es ihr Ziel, die ganze Trauer zu überholen und sie ein für alle Male hinter sich zu lassen.
In den Gassen um sie wurde es langsam heller, langsam verteilten sich die ersten Sonnenstrahlen in der gesamten Stadt und schwenkten die Bewohner in einen neuen Tag. Die ersten Menschen traten aus ihren Häusern, steuerten zu den Autos und machten sich auf den Weg zu ihrer Arbeit.
Letztendlich stoppte sie, längst hatte sie keinen frischen Sauerstoff mehr in ihrer Lunge. Sie atmete tief durch, hörte ihren Atem rasseln und stützte sich mit ihren Händen an den Knien ab. Dabei beugte sie sich vor und betrachtete den grauen und bisher noch eiskalten Asphalt unter sich. Als die Frau sich aufrichtete, bemerkte sie erst wie weit sie gelaufen war.
Lou blinzelte in die Morgensonne und lächelte, niemand konnte einfach so von den Sorgen und Ängsten weglaufen, man musste lernen mit ihnen umzugehen und diese zu bekämpfen. Dennoch fühlte sie sich befreit wie kaum sonst.
Die Sonne war inzwischen vollständig aufgegangen und und die Straßen waren voller Leben. Den Weg zurück rannte sie nicht mehr. Entspannt lief sie und tippte noch schnell eine Nachricht an ihre Arbeitskollegin Gaby, dass sie wieder einmal später kommen würde.
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