Regel dein Leben
Wie an jedem zweiten Mittwoch saß Lou auf dem grauenhaften Ledersessel ihrer Mutter.
"Ach Schatz", behutsam legte die ältere Frau eine Hand auf Lous Knie, "Pia war so eine nette, fröhliche und eigenständige Dame, ich verstehe gar nicht, warum ihr euch getrennt habt?"
Pia, Pia Staumecker, die ach so erfolgreiche Journalisten und glücklicherweise ihre Exfreundin.
Es hatte nie gefunkt, kein Blitz hatte eingeschlagen und selbst die Schmetterlinge hatten in dem Sommer überall rum rumgeflattert , nur nicht in ihrem Bauch. Das einzige was sie zusammenbrachte, waren die warmen Sommernächte mit viel Alkohol und lauter Musik. Was fing ihre Mutter eigentlich gerade jetzt damit an? Getrennt hatten die zwei sich doch schon vor fast einem Jahr...
"Es hat halt nicht gepasst Mama, genau wie bei dir und Papa", erwiderte Lou. Den zweiten Teil des Satzes konnte sie sich nicht sparen. Wenn ihre Mutter ihr Liebesleben schon so interessant fand und alles, wirklich alles wissen musste, konnte sie selbst sich ja auch etwas erkundigen.
Ihre Mutter schürzte die dünnen Lippen. "Das ist was anderes", sagte sie mit einem gefährlichen Unterton in der Stimme. Sie hob ihren kalten Blick und fixierte ihre Tochter mit ihren eisblauen Augen, welche Lou leider geerbt hatte. Ja, schon immer wollte sie eigentlich die waldgrünen Katzenaugen ihres Vaters besitzen.
"Müssen wir über Pia reden? Wir sind doch", Lou stoppte, ein Vibrieren in ihrer Hosentasche hatte sie gestört. Ihre Mutter hob einer der dünnen Augenbrauen und musterte ihr einziges Kind sichtlich genervt. "Wir haben uns schon vor Monaten getrennt", beendete sie den Satz. "Ich muss mal auf Toilette Mama", erklärte die Blondine und stand auf, auf eine Aktion oder gar eine Genehmigung wartete sie nicht.
Egal wer ihr schrieb, sie würde sich jetzt viel Zeit nehmen, um zu antworten. Lou war sehr dankbar für jegliche Ablenkung. Hinter sich schloss sie die Tür des Bades und setzte sich auf die alte Waschmaschine ihrer Mutter. Das Knarzen erschreckte sie nicht. Dieses Gerät hatte sie die letzten neun Jahre ausgehalten, nun würde es auch nicht mehr zusammenbrechen.
Dann schaute sie endlich auf ihr Handy, die grelle Helligkeit des Displays blendete sie unerwartet. Lou kniff ihre beiden Augenlider zusammen und blinzelte schnell, während ihr Tränen in die Augen schossen. Gewiss war ihre Mutter an ihr Handy gegangen und hatte versucht es zu entsperren, wie jedes Mal. Sie grinste zufrieden, denn ihr Passwort hatte sie erst vor zwei Tagen geändert.
„Du musst mal wieder in die Kirche gehen!", schrie ihre Mutter durch die dicke Badezimmertür, „Ich weiß nicht, wie du jetzt in den Himmel kommst, Liebes. Mit deiner anderen Liebe... Ich will dich doch nach meinem Tod noch sehen." Lou verdrehte ihre Augen. „Mama!" rief sie zurück, „Ich gehe wieder in die Kirche, wenn ich Zeit habe und überhaupt, kannst du mir nicht einen Moment Pause gönnen?!" Die Blondine hörte wie ihre Mutter von der Tür wegtrat und im Wohnzimmer verschwand.
Eine unbekannte Nummer, die Hübsche aus dem Restaurant.
》Hey, ich bin Mei. Wir haben uns im Restaurant kennengelernt und du hast mir deine Nummer zugesteckt《
Nur zwei Sätze von einer wildfremden Frau und dennoch schlug Lous Herz bis zum Hals. Auch ihr Atem beschleunigte sich, als wäre sie gerade einen Marathon in Rekordzeit gelaufen. Sollte sie antworten? Noch hatte Lou ihr Handy nicht geöffnet, noch sah Mei keine zwei blauen Häkchen am Rand ihrer Nachricht.
Erneut vibrierte das Handy in Lous Hand, eine zweite Benachrichtigung gesellte sich zu der ersten auf den weiterhin gesperrten Bildschirm. Nun konnte die Blondine den Text nicht mehr lesen. Immer wieder wiederholte sie die Worte von der Fremden, sie klangen wie Honig in ihren Ohren. Gab es sowas wie die Liebe auf den ersten Blick? Vielleicht..
Entschlossen tippte Lou auf die kleine Anzeigetafel mit der Aufschrift: "2 ungelesene Nachrichten von Unbekannt" und entsperrte flüchtig ihr Smartphone.
》Ich weiß, es kommt vielleicht etwas plötzlich, aber heute Abend bin ich frei. Ich gehe mit ein paar Freunden ins Bikini Martini. Ich weiß nicht, ob du Lust hättest... 《
Die Blondine zögerte.
Liebe auf den Blick? Denkbar und möglich
Doch einfach so in eine Bar gehen mit jemandem, den man kaum kannte... Es war einfach etwas anderes.
》Wann denn?《 Schrieb Lou und schob ihre Antwort somit etwas auf. Die Antwort kam prompt, fast so als hätte Mei Lous Frage gekannt, ehe diese sie abschickte. 》Erst halb neun, gleich im Club《
Überlegt wog die Frau ab. Sie waren an einem Ort, wo sich viele andere Menschen aufhielten. Sie wäre nie alleine und es wäre dann nicht so einfach sie einfach mitzunehmen. Ja klar, die Sache mit den Getränken, aber auch darum konnte sie sich doch kümmern, oder nicht?
》Ich werd da sein《 Tippte sie nach einer Ewigkeit in die Tastatur. Ob es eine gute Entscheidung war? Das würde sie wahrscheinlich erst heute Abend erfahren... Doch noch immer lag eine wichtige Frage auf ihrer Zunge. Zweimal schrieb sie die Nachricht und löschte sie daraufhin, ehe sie sie letztendlich abschickte. 》Ist es ein Date?《
Die Antwort kam nicht so schnell, wie bei den letzten Nachrichten. In der Zeit fielen Lou so viele Dinge ein aber auch auf. Mei kannte Lous richtigen Namen nicht, nur den Namen, den man ihr gab als sie geboren wurde. Louise... Aber wer nannte sie überhaupt so? Nur ihre Mutter und sonst kaum jemand. Sie hasste diesen Namen.
Welche Freunde nahm Mei mit? Lou kannte sie doch gar nicht! Schon sah die Blondine all die Fettnäpfchen vor sich, wobei sie geschickt in jedes einzelne treten würde.
Und dann gab es noch diese Person, die damals neben Mei gesessen hatte. Ihre Freundin, Partnerin? Oder mehr? Wie die Schwester hatte sie nun wahrlich nicht ausgesehen. Und was war, wenn Mei gar nicht auf Frauen stand? Langsam wurde Lou schlecht von den ganzen Gedanken in ihrem Kopf.
Endlich erschien ein neue Nachricht auf dem Display. Sie war kurz, nur ein einziges, einsames Wort.
》Ja《
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