Morgendlicher Krawall
TW: Beleidigung, Homophobie
Die schwarze Kapuze ihres Hoodies tief ins Gesicht gezogen, eilte sie mit schnellen Schritt durch die dunklen und nur schwach beleuchteten Gassen. Sie bog immer wieder ab und ignorierte den Schatten hinter sich, denn ja, sie bemerkte ihn. Mehr offensichtlicher als er konnte man wohl kaum jemanden verfolgen. Noch vielleicht zweihundert Meter bis zum Markt und selbst zu dieser frühen Stunde, würden dort die ersten Menschen zu finden sein.
Der Schatten hinter ihr beschleunigte sein Tempo und holte langsam auf. Nur noch wenige kurze Schritte trennten sie. Als sie seinen Atem hörte, drehte Mei sich um und drückte ihn zur Wand. Mit einer Hand drückte sie seine rechte Hand gegen die kalte Steinmauer und schaute zu ihm hoch. Mit ihrem Körpergewicht hielt sie ihn an Ort und Stelle. "Was willst du?", fauchte sie. Seine schwarzen Haaren fielen ihm ins Gesicht und verdeckten seine dreckigbraunen Augen. Schrammen und Schlamm bedeckten seine Haut.
In der Hand, die sie an das eisige Gestein drückte, hielt er ein kleines Messer. "Na du Lesbenschlampe?", flüsterte er mit rauer Stimme. Sie verstand ihn nicht. "Was?", verwirrt lockerte sie ihren Griff etwas und bereute es im gleichen Moment. Mit der gesamten Kraft, die der Junge aufbringen konnte, schubste er sich von der ab und stieß sie an das entgegengesetzte Haus. Erschrocken schnappte sie nach Luft. "Ich hab gesagt", knurrte er, "Na du Lesbenhure, hast du mich jetzt verstanden. Mei?" Er hob eine seiner Augenbrauen und lachte.
Jeder Muskel in ihr spannte sich an, Wasser sammelte sich in ihrem Mund und dann spuckte sie ihm direkt ins Gesicht. "Hab ich!" Die Fünfzehnjährige hob ruckartig ihr Knie, sie spürte die Klinge des Messers an ihrer Haut. Er fiel zu Boden und keuchte auf als sein Rücken die Pflastersteine berührte. Vor Schmerzen stöhnte er auf und krümmte sich zusammen, ehe er versuchte sich schnell aufzurichten.
Ohne Mitleid trat sie zu, rammte ihren Schuh in seinen Bauch. Noch einmal sah sie zu ihm hinunter. Es war kein Blut da, nur lag er wie eine zusammengerollte Raupe auf dem Gehweg und rührte sich kaum noch. Seine Hände hatte er schützend vor seinem Gesicht platziert und blinzelte dadurch unsicher zu ihr hoch. Die Asiatin drehte sich um und ging weiter, leise halten ihre Schritte in der kleinen Straße nach. Sie hörte noch wie er aufstand und in die entgegengesetzte Richtung rannte.
𓆉
Leise schloss sie die Tür auf und glitt durch den winzigen Schlitz ins innere der kleinen aber gemütlichen Wohnung. Die kleine Wunde an ihrem Arm hatte sie notdürftig mit einem Taschentuch abgebunden. Ihr Blick fiel auf das große Glas auf dem Kamin. Die unzähligen Scheine und Geldstücke stapelten sich nun beinahe bis zum Rand. Mit entschlossenen Schritten lief sie darauf zu und griff da rein. Ohne zu zögern zog sie manche der Scheine hinaus und versteckte sie schnell in einer Tasche.
Sie ging in die Küche und griff nach dem Brot. Mittlerweile war es hart wie ein Stück Stein und es schien kaum möglich es zu schneiden. "Morgen Liebling, hast du gut geschlafen?" Ihre Mutter betrat das Zimmer. Sie ging mit einer Hand durch ihre verstrubbelten Haare. "Ja", antwortete sie mit einer Lüge, immerhin hatte sie kaum geschlafen. "Du denkst an den an den Termin?" Fragend musterte die Frau ihre Tochter und hob dabei wie üblich eine ihrer Augenbrauen.
"An was?", erkundigte sich Mei und biss sich sofort auf ihre Zunge - Natürlich, dieser Termin... Statt auf die Zunge biss sie in eine Apfel. "Na das Treffen mit dem Psychologen." Die Asiatin nickte. "Es ist ein Psychiater, Mama", korrigierte sie aber ihre Mutter. "Beides das gleiche" winkte die Frau ab, "Also denkst du daran?"
"Hmm ja, ich mach das schon Mama."
Mit dem Geld in ihrer Tasche, dem Apfel in der Hand und dem Gedanken, dass sie niemals nur einen Schritt in die Praxis des Arztes setzen würde, verließ sie die Wohnung und knallte die Tür hinter sich zu. Mit einem Knarzen fiel diese ins Schloss und schlotterte noch einige Male, ehe sie zum Stehen kam.
"Drecks Samstag", murmelte sie und nahm die Treppen des Reihenhauses hinunter.
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