《46》
Als ich am nächsten Tag aufstand und mich wusch, riskierte ich einen Blick in den Spiegel. Zu meiner eigenen Überraschung sah ich gut aus. Die eingefallenen Wangen hatte sich gebessert und in meinen Augen stand wieder ein Funke Lebenslust geschrieben. Ich band mir meine Haare zu einem hohen Zopf und grinste meinen Spiegelbild zu. Gerade, als ich auf die Küche zusteuerte, blieb ich stehen und wandte meinen Blick zu Lians Tür. Ich verharrte einen Augenblick lang dort, ehe ich die Klinge hinunter drückte.
Mit einer entschlossenen Miene trat ich in den Raum hinein. Ich war schon lange nicht mehr bei Lian gewesen. Die letzte Zeit hatte ich so viel zu tun gehabt, dass ich gar nicht mehr an ihn gedacht hatte. Beschämt berat ich in den Raum und schloss die Tür hinter mir.
Ich wollte mir schon den Stuhl neben sein Bett schieben, als ich es bemerkte.
Lian lag nicht mehr einfach im Bett, nein. Die Bettdecke lag halb zurückgeschlagen an anderen Ende des Bettes. Mein Blick wanderte dorthin, wo er die letzten Wochen gelegen hatte. Doch nun saß er direkt vor mir, mit diesen unglaublichen Augen, nach denen ich mich so gesehnt hatte. Erst jetzt, wo ich ihn das erste Mal wieder ins Gesicht sah, merkte ich wie sehr ich ihn vermisst hatte. Sein Gesicht wirkte erschöpft, doch das verschmitzte Lächeln, welches sein Gesicht zierte, hatte er nicht verlernt. In seinen Augen lag Erschöpfung und Trauer, doch auch Freude und Erstaunen, als er mich erkannte.
Ich blinzelte, ehe ich in ein Schluchzen ausbrach. „Lian?"Ich wusste nicht, ob ich weinen oder lachen sollte. Das ich ihn jemals wiedersehen würde und ihn in die Arme schließen könnte.... In den letzten Wochen hatte ich mich mit dem Gedanken daran, dass es niemals so werden würde, abgefunden.
Er lächelte schwach. „Hallo, Fenja."
Ich schauderte. Aber nicht, aus Angst oder Abneigung. Allein schon, wie er meinen Namen aussprach entfachte etwas in mir, dass ich schon seit damals in der Wüste nicht mehr gespürt hatte.
Auf wackeligen Beinen trat ich näher an das Bett und betrachtete ihn.
Er lebte. Es bestand kein Zweifel. Ich blinzelte gegen die Tränen an und hockte mich neben sein Bett.
„Hi", murmelte er leise.
„Lian...", stammelte ich noch immer fassungslos. „Du... du, du bist wach." Er legte den Kopf schief. Einige Momente starrten wir uns an. Dieser Moment war so unglaublich. Die Freude über unser Wiedersehen aber auch de Erschöpfung an das erlebte, das wir beide, nur wir beide teilten. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und warf mich in seine ausgestreckten Arme. Ich schmiegte mich an ihn und genoss den kurzen Moment. Ich spürte seine langen, tiefen Atemzüge. Er lebte. Ich konnte es kaum fassen. Zu meinem Erstaunen spürte ich wie er sein Kin auf meine Schulter legte.
"Ich habe dich vermisst", murmelte er leise. "Wie lange war ich weg?"
Ich verzog mein Gesicht zu einer Grimasse und seufzte. Ich wusste nur zu gut, dass ihm die Antwort nicht gefallen würde. „Zweieinhalb Monate."
Wir trennten uns voneinander und ich erkannte in seinem verkrampften Gesicht, dass er mit sich rang. Ich wusste, dass er versuchte die Situation zu überspielen, doch ich konnte den Schock anhand seinen Augen ablesen. „Zweieinhalb Monate? Wie? Was..."
Ich sah zu ihm hoch. „Das wichtigste ist erst einmal, dass du wach bist."
Ich konnte sehen, wie es in seinem Kopf ratterte.
„Wir waren in der Wüste und dann...", sprach er laut seine Überlegungen aus.
Ich nickte. „Und dann bist du nicht mehr aufgewacht..." Er drehte seinen Kopf zu mir. Ich nahm sein Schweigen und das Entsetzen in seinem Gesicht, als Aufforderung zum weitersprechen: „ Eine Truppe Nomaden hat uns aufgesammelt. Sahid, einer der Nomaden, hat dich geheilt, doch da du schon fast tot warst, warst du die ganze Zeit Bewusstlos."
Ich machte eine Pause, damit er Zeit hatte die vielen Informationen zu verarbeiten.
„Was ist dann passiert? Wo sind wir hier?", hauchte er mit belegter Stimme.
„Wir hatten Glück. Die Nomaden haben uns ins Erdreich gebracht", sprach ich das unvermeidbare aus.
Er riss die Augen auf. „Im Erdreich?! Aber, das..", er wurde leiser. "Fenja, wir sind bei dem Feind."
„Ganz ruhig, alles ist gut", beruhigte ich ihn, ehe ich weitersprach, um ihn die Lage zu erklären. „Kaum waren wir hier angekommen, hat sich herausgestellt, dass du nicht ansprechbar warst. Es war unmöglich dich aufzuwecken, doch du warst auch nicht tot. Verstehst du? Ich war ganz alleine in diesem fremden Land, mit fremden Menschen und wenigstens der einzige Mensch, der mich zu dieser Zeit verstehen hätte können, warst du aber du warst nicht da."
Er blinzelte. Ich wusste, wie schwer es für ihn sein musste. Ich hatte fünf Wochen gebraucht, bis ich die Lage akzeptiert hatte. Wie sollte er das ganze innerhalb fünf Minuten verstehen?
Nach einer kurzen Stille drehte Lian seinen Kopf zu mir herum und starrte mich an. Ich konnte die Überraschung in seinen Augen erkennen.
„Du siehst gut aus. Besser, als damals. Was ist passiert, während ich... ich nicht anwesend war?"
Ich war nicht froh über die Richtung des Themawechsels. „ Ich weiß nicht, ob du es hören willst", druckste ich herum.
„Was soll das heißen?"
Ich überlegte fieberhaft. Sahid, hatte mir klar gemacht, dass Lian und ich hier im Erdreich bleiben mussten und nicht einfach wieder in unsere frühere Heimat zurückkehren konnten. Anfangs war es mir ziemlich schwer gefallen, dies zu akzeptieren und ich wusste nicht, ob Lian es konnte. Doch früher oder später musste er es akzeptieren. Mir war auch nicht wohl dabei in einer Stadt zu leben, die einer tickenden Zeitbombe glich. Jeden Tag konnte der Bürgerkrieg entfachen, der hier nur darauf wartete. Die Bürger und Bürgerinnen waren ungeduldig und es gab gab hier so gut wie niemanden mehr, der sich nicht auf eine der gegnerischen Fronten geeinigt hatte. Doch vielleicht konnte sich Lian einfach Sahids Organisation anschließen? Wenn, dann konnte ich ihm ja auch davon erzählen, oder? Er würde es ja nicht den Soldaten des Erdreiches erzählen, schließlich waren es auch seine Feinde.
„ Naja, also... Sahid mir erklärt, dass wir nicht mehr ins Wasserreich zurück können. Wir müssen hierbleiben. Es tut mir leid. Ich weiß, wie viel dir deine Heimat am Herzen liegt und was du dafür aufgeben musst."
Nun war es raus. Es herrschte Stille. Ich wartete auf den Protest.
„Was soll das heißen? Hierbleiben? Das geht nicht. Ich muss zu meiner Legion zurück, wir müssen...", weiter kam er nicht, denn ich hatte ihn unterbrochen.
„Krieg? Legion? Daran denkst du jetzt? Du bist gerade erst aufgewacht. Hast du einmal darüber nachgedacht was der ganze Krieg überhaupt soll? Da draußen schlachten sich regelmäßig die Soldaten ab! Und wofür? Alles für euren verdammten Stolz? Wieso bist du so verrückt danach?" Ich hatte kaum gemerkt, wie in mir die Wut kochte. Nicht mal einen Tag war er wach und das erste was er wollte, war wieder zurück?
„Fenja, ich bin der Offizier. In einem solchen Posten steht es mir nicht zu solche Fragen zu stellen. Meine Leute brauchen mich."
„Ach, deine Leute, also? Ja, schön! Dann sag mir einmal, wie viele deiner Leute überhaupt noch Leben und wie viele deiner Leute wissen, dass DU noch lebst? Sieh es endlich ein. Alle glauben du wärst tot!"
Wieso stellst du mir plötzlich solche Fragen? Was ist mit dir passiert? Du weißt doch wie ich dazu stehe, warum bombardierst du mich jetzt direkt damit?"
Ich schnaubte verärgert auf. „Du verstehst einfach nicht worauf ich hinaus will. Wir. Können. Nicht. Zurück. Du musst dich damit abfinden hier zu leben."
„Hier leben? Unter meinen Feinden? Bei den anderen Leuten, die ich nicht einmal kenne?!"
„Sahid hat eine Organisation gegründet. Sie wollen die Könige stürzen und den verdammten Krieg verhindern!"
Lian schnaubte auf. „Ah ein größeres Ziel hätten sie sich auch nicht aussuchen können. Weißt du was ich denke? Dieser Typ, Sahid, ich glaube er hat dir gehörig deinen Kopf verdreht. Weißt du überhaupt was du da redest?"
Ich drehte mich um und erhob mich. „Es bringt nichts. Ich gehe. Mit dir kann man nicht reden."
Und erst jetzt, als ich seine Gestalt so daliegen sah, bemerkte ich, wie sehr die zweieinhalb Monate uns auseinander getrieben hatten. Während er geschlafen hatte, war ich die gewesen, die sich am meisten weiterentwickelt hatte. Und gerade, als ich dachte ich könnte das erste Mal wieder glücklich sein, funkte er mit seinem blöden Krieg dazwischen.
„Ich werde zurückkehren, egal was du dagegen einzuwenden hast", murmelte Lian leise, als ich ihm den Rücken zuwendete.
Ich zuckte mit den Schultern, war aber froh, dass er mein Gesicht nicht sehen konnte. „Schön, dann geh doch. Versuch es. Nimm dein Leben und schmeiß es erneut hin, obwohl du gerade erst wieder genesen bist. Stürze dich Hals über Kopf in diesen dummen Krieg. Ich werde, ob ich will oder nicht, hierbleiben."
Der letzte Satz hing wie Gift in der Luft, doch ich zögerte nicht und stampfte wütend hinaus.
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