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Linda Veniers strich ihrem kleinen Bruder noch einmal über den Kopf, ehe sie zur Haustür ging. „Ich bin doch gleich wieder zurück!", erklärte sie und lächelte ihn aufmunternd an. „Ich gehe bloß Brot holen".

Ihre Mutter kam mit einer Tasse Kakao in den Flur und drückte sie Luc in die Hand, welcher sofort angestrengt in die dunkle Flüssigkeit starrte. Die Sorge um seine Schwester schien vergessen. „Diesmal einen ganzen Laib, ja?", erinnerte sie ihre Tochter und begleitete Luc zurück ins Wohnzimmer.

Linda hingegen verließ die Wohnung, lief die Treppe ins Erdgeschoss hinunter und ließ das graue, hohe Gebäude hinter sich. Es wäre gelogen, zu sagen, ihr würden die Lebensumstände ihrer Familie gefallen. Sie lebte in dem Viertel, das sowohl Bewohner wie auch Touristen mieden. Wenn es die solchen denn noch geben würde.

Seit fünf Monaten, also seit das neue Spiel 'Anaia' auf dem Markt war, waren die Städte überall wie ausgestorben. Das geschäftige Treiben von früher existierte nicht mehr und wenn man doch jemanden antraf, waren es Alte. Linda war einer von wenigen Einzelfällen ihrer Generation -der Jugend- die noch nicht Anaia zum Opfer gefallen waren.

Sie wollte nicht so werden wie die Anderen, die für nichts mehr außer das Spiel lebten und jede freie Minute dort verbrachten. Warum sie das taten?

Einerseits aufgrund des hohen Spaßfaktors. Es war das erste 'Virtual Reality Game' überhaupt. Das heißt, man konnte sich frei in der Spielwelt bewegen, sah sie aus den Augen seines erstellten Charakters.

Vor wenigen Monaten noch brauchte man Tastaturen, Fernbedienungen und Bildschirme, jetzt nur noch ein sogenanntes 'Virtual-Headband', mit dem man selbst in das Spiel eintauchen konnte. Von der realen Welt bekam man so nichts mehr mit, bis man sich ausloggt. Es war ein Multiplayer-Spiel, für das man Internetverbindung brauchte. Ein 'MMORPG'.

Andererseits bekommt der Spieler, der alle Quests als erster erfolgreich beendet und Level 100 erreicht, einen Preis von 200.000 Euro, Dollar, oder welche Währung auch immer er möchte. Warum, kann niemand genau sagen. Die Anmeldung und der Erhalt des 'Virtual-Headbands' waren völlig kostenfrei und trotzdem hatte man selbst die Chance, Geld zu gewinnen. Für viele ein wichtiger Grund, teilzunehmen. Auch Linda könnte das Geld zur Besserung der Qualität ihres Lebens gut gebrauchen, konnte es jedoch nicht verantworten, Luc und ihre Mutter tagelang auf sich alleine gestellt zurückzulassen.

Denn Luc hatte einen neuartigen Herzfehler und brauchte täglich Medizin und viel Zuwendung. Da ihre Mutter überfordert war und nicht damit klar kam, war Linda die einzige, die sich um ihn kümmern konnte.

>>Schön dich zu sehen, Linda!<<

Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie die Bäckerei bereits betreten hatte.

Die Frau hinter dem Tresen sah sie liebevoll an. Mariane war die Mutter von Lindas ehemals bester Freundin Janice und erhoffte sich, durch die Arbeit auf andere Gedanken zu kommen.

Denn Janice spielte Anaia.

Linda trat näher an die Verkaufsfläche heran und betrachtete die Auswahl an Brot eine Weile. Es gab genau drei Laiber. Die ehemals gut bestückte, beliebte Bäckerei war genau wie viele andere durch Anaia untergegangen. Da sah man, was neue Technologien einem brachten: Trauer, Sucht und Einsamkeit.

Und niemand tat etwas dagegen.

Mariane beobachtete ihre Kundin. Sie selbst sah alt aus. Viel älter, als sie tatsächlich war. Ihre Augen öffnete sie nur noch selten ganz, sie hatte tiefe Augenringe und eingefallene Wangen, die ihre Knochen spitz herausragen ließen. Man könnte meinen, sie wäre gerade auf dem Weg zur Leichenhalle.

Linda war diesen Anblick leid und vermied, direkt in Marianes Gesicht blicken zu müssen.

>>Entschuldige, wenn ich nicht das im Sortiment habe, was du suchst<<, murmelte die Frau und sprach das Wort 'Sortiment' mit einer Mischung aus Ironie und Bitterkeit aus. Linda verspürte Mitleid.

Mariane, Janice und ihr ganzes Geschäft - vor wenigen Monaten noch hätte sie wahrscheinlich lachend den Kopf geschüttelt, wenn man ihr gesagt hätte, was daraus werden würde, und das durch ein Internetgame.

>>Ich nehme dieses Brot<<, antwortete Linda und deutete auf eines, das nicht mehr aussah, als wäre es frisch. Doch die anderen beiden waren nicht besser. Mariane holte eine Tüte und verpackte es darin, während sie mit ihren leeren Augen zur Seite sah. Es war ihr peinlich, solche Ware zu verkaufen. Es war ihr aber noch viel unangenehmer, dafür Geld zu verlangen. Linda wusste das und blickte sie freundlich an, während sie einen Fünfer auf die Theke legte und kein Rückgeld verlangte.

Zwar besaß sie selbst kaum genug um zu überleben, doch war sie schon immer hilfsbereit und gab eher das wenige, das sie hatte, als andere noch mehr leiden zu sehen.

Mariane besah den Fünfer ausdruckslos. Sie wusste um Lindas Lebenslage und doch drängte sie sie nicht, das Geld zurückzunehmen. Sie hatte es aufgegeben.

Doch bevor Linda ging, wollte sie unbedingt noch eine Frage loswerden, auch wenn sie wusste, welche Antwort sie bekommen würde:
>>Wie geht es Janice?<<

Die Frau schüttelte leicht den Kopf und Trauer legte sich schwer über sie.

>>Sie wird immer abwesender. Ich dachte, schlimmer als ihr Verhalten von letzter Woche könnte es nicht mehr werden, aber da hat sie wenigstens noch mit uns gesprochen! Jetzt kommt sie nur noch ins Wohnzimmer, um schnell etwas zu essen, zumindest manchmal. Gestern ist sie den ganzen Tag in ihrer Welt geblieben. So wird sie untergehen...<<

Ihre Stimme wurde immer leiser und sie gab Linda zu verstehen, dass sie jetzt zu ihrer Familie sollte, wer weiß, wie lange es diese noch gebe.

>>Vielen Dank, Maria. Ich werde in ein paar Tagen wiederkommen<<.

Bevor sie das Haus verlassen konnte, hörte sie noch, wie Mariane leise zu sich selbst sagte:
>>Wenn es diesen Ort dann überhaupt noch gibt...<<

Die kühle Luft tat Linda sehr gut. Sie atmete mehrmals tief ein und aus. Sie wollte ihre Gedanken weit weg von Janice und ihrer Mutter bringen und machte deshalb einen Umweg durch den Park. Das war nicht das erste Mal, ihre Mutter würde sich also keine Sorgen machen.

Einige letzte Dahlien streckten ihre Blüten gen Himmel. Ob es nächstes Jahr neue gebe? Linda wusste nicht, ob die Gärtner jung oder alt waren. Früher ist das auch nicht wichtig gewesen, aber jetzt hing alles davon ab. Die Alten hatten mehr Arbeit, wenn es ihnen denn wichtig war, und die Jungen interessierten sich nicht mehr für die Natur oder Herstellung lebensnotwendiger Dinge. Alles blieb an den Kranken und Gebrechlichen hängen. Wie sollte diese Welt in ein paar Jahren aussehen? Ein kalter Schauer lief ihr bei diesem Gedanken über den Rücken.

>>Schau mal, Mama, siehst du den hübschen Schmetterling?<<
Die Stimme gehörte einem kleinen Mädchen, vielleicht fünf Jahre alt. Aber niemand war bei ihr. Der Schmetterling flog rechts an der Kleinen vorbei.

>>Oh, jetzt ist er durch dich hindurch geflogen, haha...

Ob es in deiner anderen Welt auch so schöne gibt?<<

Lindas Herz bekam einen Stich. Die Mama des Mädchens war gar nicht da, es tat nur so.

Nun fühlte Linda nur noch den Drang, zu gehen, ganz weit weg, wo Mütter sich noch um ihre Kinder kümmerten und Töchter und Söhne ein normales, behütetes Leben führten, wohl wissend, dass sie lange nach diesem Ort suchen müsste.

Es dauerte keine fünf Minuten und sie war wieder zuhause. Ohne ein Wort der Begrüßung legte sie das Brot in die Küche, wollte gerade in ihr Zimmer gehen, als das Telefon klingelte.

>>Ich gehe ran!<<, rief sie und schnappte sich das Telefon, nahm den Anruf an und sagte rau:
>>Wehe dir. Du hast es Luc versprochen.<<

Der Mann am anderen Ende der Leitung zögerte. Er schien zu überlegen.

>>Hör zu, die Arbeit muss getan werden und-<<

Sofort unterbrach sie ihn.

>>Du bist nie da! Dein Sohn braucht dich! Ja ja, ich weiß, du verdienst unser Geld, aber das ist nun mal nicht alles! Wie lange bist du jetzt weg? Eine Woche? Du wirst morgen da sein!<<
Sie legte auf. Das Verhalten ihres Vaters missfiel Linda sehr. Sie wusste ganz genau, dass er nicht kommen würde. Geschäftsreise. Wenig Zeit mit der Familie. Es würde sie nicht wundern, wenn Luc ihn bald nicht mehr erkannte.

Ihre Mutter klopfte mehrmals leicht gegen die Wand, bis Linda zu ihr aufsah. Sie versuchte, die Wut auf ihren Vater zu verstecken.

>>Mach dir nichts draus, Schatz. Es bringt nichts, sich aufzuregen<<.

Und sie ging wieder ins Wohnzimmer, wo sie die Jalousien runter kurbelte.

>>Komm, Luc, ich bringe dich ins Bett<<
Es war ungefähr zehn nach sechs. Bevor er jedoch in sein Zimmer lief, warf er sich in Lindas Arme und umarmte sie fest. Die Wärme ließ sie alle schlechten Gedanken vergessen und sie strich ihm liebevoll durch die Haare, wie sie es so gerne machte und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Ja, ihr Bruder war für sie das Allerwichtigste.

>>Gute Nacht, mein Liebling. Wir sehen uns morgen.<<

Er nickte heftig und ging. Für Linda war es zu früh zum Schlafen. Nach zwei Stunden des Erledigens banaler Dinge entschied sie schließlich, sich auch hinzulegen.

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