
Szene 22
Nora und ich sind noch ein paar Dinge erledigen, wir sind in zwei Stunden wieder da. Das Frühstück ist übrigens hervorragend. :)
Ein lauter Seufzer entfährt mir, als ich die Nachricht von meinem Vater lese. Ein paar Dinge erledigen... Was soll das bitte heißen? Planen die beiden jetzt den Super-Einbruch wie bei Ocean's Eleven? Ich muss bei dem Gedanken, wie wir mit schwarzer Kleidung und Sturmhaube durch die Nacht schleichen, grinsen. Aber mein Vater hat Blut geleckt, da bin ich mir ziemlich sicher. Gestern Abend hatte er diesen Gesichtsausdruck, den ich nur von früher kenne. Meistens hatte er diese Miene aufgesetzt, wenn ihm ein Klavierstück nicht so gelingen wollte, wie es seinen Vorstellungen entsprach. Er saß dann immer stundenlang am Klavier und hat geübt. Und irgendwann, nach ein paar Tagen und kaum einer Handvoll Stunden Schlaf ist er dann freudestrahlend zurück unter die Lebenden gekehrt und hat meiner Mutter das Stück präsentiert.
Vielleicht hatte Felix recht und mein Vater ist wirklich der einzige, der es schaffen kann, Jakobs Geige zurückzuholen.
Ich mache mich frisch und beschließe, einmal einen Blick auf das "hervorragende Frühstück" zu werfen. Ein bisschen Energie in Form von Essen kann auf jeden Fall nicht schaden. Also mache ich mich auf die Suche.
Links neben dem Empfangstresen werde ich fündig. Eine offen stehende Tür führt in den Speisesaal, der, trotz der späten Uhrzeit, noch ziemlich gut gefüllt ist. Das Buffet sieht wirklich appetitlich aus, also schnappe ich mir einen Teller und stapele möglichst viel von allem darauf und lasse mich an einem kleinen Tisch in der Ecke direkt neben einem Fenster mit Blick auf die Straße nieder. Eine Weile beobachte ich die vorbeifahrenden Autos und die Menschen, die auf dem Gehsteig entlangschlendern. Wieder frage ich mich, was mein Vater und Nora wohl gerade treiben.
Während ich mein Croissant verschlinge, wage ich es, mich in das WLAN der Pension einzuloggen. Sofort springen mir tausend Nachrichten aus den verschiedensten Chats entgegen, die meisten stammen aus dem Englisch-LK-Chat. Ich überfliege die Textnachrichten und stöhne innerlich auf, als ich die vielen hirnrissigen Bilder und Nachrichten betrachte, die manche meiner ehemaligen Mitschüler in den Chat schicken. Es ist langsam an der Zeit, die Gruppe einfach zu verlassen - das Niveau wird sich dann von ganz alleine wieder heben.
Sabrina hat mir geschrieben und gefragt, ob wir uns in den nächsten Tagen mal treffen möchten. Sie und Helena haben wohl einen Mädelsabend geplant. Schnell schreibe ich ihr eine Antwort. Auch Johanna hat sich aus ihrem Urlaub in Schweden gemeldet und mir ein paar Fotos und liebe Grüße geschickt. Mit einem Lächeln bedanke ich mich und betrachte neidisch die tollen Bilder. Warum muss eigentlich immer nur mein Leben so kompliziert sein?
Ich scrolle weiter durch die Chats und beantworte Nachrichten. Mein Herz schlägt schneller, als ich sehe, dass mir mein Vater Felix Nummer geschickt hat. Die Versuchung ist groß, ihn einfach anzurufen, doch mein Verstand sagt mir, dass es besser ist, ihn wenigstens für ein paar Tage in Ruhe über alles nachdenken zu lassen.
Als ich nach anderthalb Stunden immer noch nichts von meinem Vater und Nora gehört habe, beschließe ich, nach draußen zu gehen. Ich krame das Kleid hervor, das ich auf unserer Reise gekauft habe und streife es über. Draußen ist es warm genug dafür und irgendwie scheint es mir der passende Moment zu sein, um das Kleid einzuweihen. Schnell versuche ich, meine Locken in Ordnung zu bringen. Es ist ungewohnt, nach über zwei Jahren wieder die alten Haar-Probleme bewältigen zu müssen. Nie wollen sie so sitzen, wie ich es gerne hätte. Mit glatten Haaren war das alles so viel leichter. Aber ich habe das Gefühl, dass die Zeit, in der ich den einfachen Weg gewählt habe, nun vorüber ist.
In dem kleinen Hafen von Bellagio tummeln sich viele kleine Segel- und Motorboote in den unterschiedlichsten Farben und Formen. Ein paar davon sind Fischerboote, die meisten aber dienen vermutlich allein dem Vergnügen ihrer Besitzer. Ich schlendere am Hafenbecken entlang und bestaune die vielen verschiedenen Boote. Wenn ich mir eins aussuchen dürfte, welches würde ich wohl nehmen? Allerdings bin ich mir nicht mal sicher, ob es mir bei dem Schaukeln auf den Booten nicht schlecht werden würde.
Mein zweites Frühstück besteht aus zwei Kugeln Eis, die ich auf einer Bank mit Blick auf den See genüsslich verspeise. Wäre Felix hier, er hätte bestimmt drei Kugeln Eis essen wollen: Schokolade, Stracciatella und - wie abartig ist das bitte - Zitrone.
Schnell schüttele ich diesen Gedanken ab. Ich klinge wie eine liebeskranke Pubertierende. Mein Selbstmitleid hilft niemandem, ich werde einfach versuchen, nach vorne zu schauen, so wie ich es immer versucht habe.
Ein lautes Klingeln reißt mich aus meinen Gedanken.
"Ellie? Wo bist du? Wir sind wieder da.", ertönt Thomas Stimme aus der Leitung.
Na endlich, das wurde auch Zeit.
"Ich bin am Hafen, soll ich zum Hotel kommen?", frage ich.
"Nein, wir finden dich schon."
Tatsächlich tauchen mein Vater und Nora zehn Minuten später vor mir auf. Als Thomas mich sieht, scheint er für einen Moment irritiert.
"Wow, Ellie, du siehst aus wie deine Mutter. Dieses Kleid, wo hast du das her?"
Ich muss lächeln. "Ich habe es vor zwei Tagen gekauft.", erkläre ich. "Es hat mich so an Mama erinnert." Ich drehe mich einmal im Kreis, damit mein Vater es von allen Seiten bewundern kann. Doch bevor jemand von uns noch sentimental wird, versuche ich, schnell zur Sache zu kommen.
"Also, was habt ihr denn jetzt so Dringendes erledigen müssen?", frage ich ungeduldig.
Mein Vater lächelt geheimnisvoll. "Felix und du habt nur mit Frau Kapenstein gesprochen, richtig? Nicht mit ihrem Mann.", fragt er.
Ich schüttele den Kopf. "Nein, nur mit ihr. Warum willst du das wissen?"
"Wir haben einen Termin mit Joachim Kapenstein.", antwortet Nora für meinen Vater. "In genau einer halben Stunde."
"Einen - einen Termin?", stammele ich. "Einen Termin für was? Was habt ihr ihm gesagt?"
"Nur, dass es wichtig ist und dass es um etwas Geschäftliches geht."
Warum habe ich das Gefühl, dass das hier tatsächlich eine Ocean's Eleven-Nummer wird? Innerlich stöhne ich auf. "Papa, das ist nicht lustig. Was habt ihr vor?"
"Eigentlich ist das für dich überhaupt nicht wichtig. Du musst nur die brave Tochter spielen, das ist alles. Und jetzt komm mit, wir müssen uns noch fertig machen, alles zusammenpacken und auschecken."
Es fühlt sich wie ein Déjà-vu an, als erneut die imposante Umzäunung der Villa vor uns auftaucht. Mein Vater trägt nun Jackett und Hemd und auch Nora scheint sich in Schale geworfen zu haben. Sie sehen beide äußerst seriös aus. Wieder einmal frage ich mich, ob ich im falschen Film gelandet bin. Wie Felix parkt auch mein Vater seinen Wagen am Straßenrand. Doch im Gegensatz zu unserem Besuch gestern, scheint man uns jetzt zu erwarten. Das Tor öffnet sich, bevor mein Vater überhaupt den Klingelknopf betätigen kann.
Noch nie ist mir ein Weg so lange vorgekommen, wie nun die Kieseinfahrt, die zum Eingang der Villa führt.
Als wir die Treppenstufen erreichen, wird die Haustür geöffnet, doch diesmal ist es der Hausherr selbst, der vor uns steht. Wie mein Vater trägt auch er ein Jackett und wirkt wie einer dieser typischen Geschäftsmänner aus den ganzen amerikanischen Serien. Er hat die Sechzig mit Sicherheit schon überschritten, wirkt aber keinesfalls müde. Im Gegenteil. Sein schütteres Haar und die Falten um die Augen und den Mund sind die einzigen Indizien für sein Alter.
"Herr Leibach, herzlich Willkommen.", begrüßt Herr Kapenstein meinen Vater und reicht ihm die Hand. "Und das sind?" Er wirft mir und Nora einen fragenden Blick zu.
"Ich bin Elisabeth Leibach, die Tochter.", erkläre ich und schüttele ihm ebenfalls mit einem möglichst entwaffnenden Lächeln die Hand.
"Und ich bin Nora Stifter, Herr Leibachs Anwältin.", erklärt Nora, als Herr Kapensteins Blick auf sie fällt. Ich muss mich zusammenreißen, damit mir nicht die Kinnlade herunterfällt. Das verspricht noch mehr als interessant zu werden.
Joachim Kapenstein bittet uns herein, doch diesmal führt er uns nicht in das Wohnzimmer, sondern in eine Art geräumiges Arbeitszimmer. Ein beeindruckender hölzerner Schreibtisch füllt den Raum aus, der jedem Besucher das Gefühl gibt, unbedeutend und klein zu sein.
"Bitte setzen sie sich doch.", sagt Herr Kapenstein und deutet auf die drei Stühle, die vor dem Schreibtisch angeordnet sind.
Als wir Platz genommen haben, faltet er die Hände auf dem Tisch zusammen und schaut uns ernst an. "So, ich bin ganz Ohr für Ihr Anliegen. Es scheint dringend gewesen zu sein und ich hoffe für Sie, dass es wirklich dringend ist, denn ich bin extra aus Rom hierher geflogen."
"Und dafür sind wir Ihnen wirklich dankbar.", sagt mein Vater. "Die Angelegenheit ist in der Tat eine sehr ernste und eine nicht wirklich erfreuliche, so leid es mir tut. Wie Sie sich wahrscheinlich bereits denken können, geht es um die Violine, die Ihre Frau vor ein paar Tagen auf der Bertrechts-Klang-Auktion in Hamburg ersteigert hat. "
"Ich habe nichts zu tun mit den Instrumenten, die meine Frau sammelt."
"Aber Sie sind der Geldgeber, richtig?", bohrt Thomas nach.
"Ja, das stimmt. Ich unterstütze diese Investitionen nur zu gerne. Etwas mehr Kultur täte uns schließlich allen gut, nicht wahr?", fragt er lachend und zwinkert mir und Nora verschwörerisch zu. Er passt wirklich hervorragend zu seiner Frau. Doch im nächsten Moment wird er wieder ernst. "Also, wo ist jetzt das Problem?"
Thomas holt einmal tief Luft. "Ein Begutachter hat mir vor zwei Tagen die Laborergebnisse vorgelegt. Es stellte sich dabei heraus, dass die Geige, die wir Ihnen verkauft haben, nicht echt ist."
Für einen Moment scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Im Raum ist es mucks Mäuschen still geworden. Ich habe das Gefühl, nicht mehr Teil dieses Geschehens zu sein. Es fühlt sich an, als wäre ich in einem schlechten Film gefangen. Die Aussage meines Vaters ist so derartig dreist, dass ich es gar nicht glauben kann.
Das Gesicht von Herr Kapenstein steht wie aus Stein gemeißelt. Nur die pochende Ader an seiner Schläfe zeugt davon, dass sein Gehirn fieberhaft arbeitet. Schließlich löst er sich aus seiner Starre.
"Ich will Beweise."
Hastig kramt Nora in Ihrer Handtasche und holt ein paar Dokumente hervor. "Hier.", sagt sie und reicht ihm die zusammen getackerten Zettel.
Stirnrunzelnd überfliegt Herr Kapenstein das Dokument, dann legt er die Papiere nieder. "Wie konnte das passieren?", fragt er mit kalter Stimme. "Wir haben doch den Beleg für die Echtheit des Instruments."
"Das ist richtig.", sagt Thomas. "Die Urkunde ist auch echt, das Instrument allerdings nicht. Ich wünschte, ich wüsste, wie lange sich das Original schon nicht mehr im Familienbesitz befindet oder was passiert ist. Vielleicht hat einer der Vorfahren meiner Frau Geld gebraucht. Wir wissen nur, dass das Holz nicht älter als 70, vielleicht 80 Jahre ist. Es tut mir leid."
Unser Gegenüber lehnt sich in seinem ledernen Schreibtischstuhl zurück und verschränkt die Arme. "Das bedeutet, ich habe 27.700 Euro in den Sand gesetzt?"
Ich bin erstaunt, wie gefasst er wirkt. Aber noch mehr erstaunt mich, dass selbst ich meinem Vater diese Geschichte abgekauft hätte, wüsste ich es nicht besser.
"Nein, glücklicherweise ist Herr Leibach versichert.", erklärt Nora. "Sie werden selbstverständlich jeden Euro zurückerhalten und bis zu 3000 Euro Entschädigung zusätzlich."
"Und ich werde Ihrer Frau ein paar Kontakte vermitteln, die Ihrer Frau gerne ein anderes wertvolles Instrument für ihre Sammlung verkaufen werden. Ich habe in der Musikerszene schließlich immer noch einen Namen.", ergänzt Thomas. "Wir regeln das schon."
Herr Kapenstein zieht anerkennend die Augenbrauen hoch. "Das hört sich nach einem guten Deal an. Nur ist da noch eine Sache, die ich nicht ganz verstehe. Warum sind Sie so ehrlich und kommen zu mir? Wenn Sie klug gewesen wären, hätten Sie dieses Wissen nie mit jemandem geteilt, dann hätten Sie Ihre 27.700 Euro behalten können. Wo ist also der Haken?"
Herr Kapenstein ist offensichtlich nicht dumm, er hat sofort kapiert, dass etwas nicht stimmt. Doch mein Vater reagiert nach wie vor gelassen.
"Meine Tochter Elisabeth möchte die Geige zurückbekommen, auch wenn sie nicht mehr wert ist als ein gutes Schülerinstrument. Aber sie hat meinem Sohn gehört, der vor drei Jahren verstorben ist. Es hängen viele Erinnerungen an dem Instrument."
Ich nicke bestätigend und schaue Herr Kapenstein dabei so flehend an, dass er mir diesen Wunsch eigentlich unmöglich ausschlagen kann. Doch er wirkt immer noch nicht überzeugt.
"Warum ist Ihnen das nicht eingefallen, bevor Sie beschlossen haben, die Violine zu verkaufen? Es hätte Ihnen eine Menge Ärger erspart. Und 3000 Euro."
"Wir hatten keine leichte Zeit.", ergreife ich nun das Wort. "Mein Vater und ich haben eine Weile gebraucht, um zu begreifen, was uns das Instrument wirklich wert ist. Und dass es nicht immer der beste Weg ist, die Vergangenheit einfach zu begraben." Ich schenke meinem Vater ein warmes Lächeln, das er gleich erwidert. Obwohl diese Show allein für Herrn Kapenstein bestimmt ist, steckt doch einiges an Wahrheit darin.
"Ich verstehe." Unser Gegenüber betrachtet uns eine Weile mit eingehendem Blick. "Ich werde Ihr Angebot annehmen, unter einer Bedingung."
Kurz fange ich Noras besorgten Blick auf, bevor Herr Kapenstein weitersprechen kann.
"Und die wäre?", fragt Thomas.
"Das Echtheitsdokument werden wir behalten. Wenn die Geige wirklich wertlos ist, wird Ihnen das Dokument sowieso nichts mehr nützen. Und wenn hier ein Fehler passiert sein sollte oder Sie mich in irgendeiner Weise übers Ohr hauen wollen, werden Sie das Instrument nie wieder verkaufen können."
Für einen Moment herrscht Stille in dem Zimmer. Mein Vater hat diesen unergründlichen Blick angenommen und hält ihn starr auf Herrn Kapenstein gerichtet.
"Einverstanden." Mit diesen Worten hält er unserem Gegenüber die Hand hin und Herr Kapenstein schlägt ein. Ich stoße lautlos die Luft aus, die ich vergessen habe, auszuatmen. Von einem zum nächsten Moment hat sich die Spannung gelöst.
Herr Kapenstein hievt sich aus seinem Schreibtischstuhl und zieht einen Ordner aus dem deckenhohen Regal, das von Unterlagen und Büchern nur so überquillt. "Sie müssen nur das hier ausfüllen und unterschreiben.", sagt er und reicht Thomas einen Bogen. "Es sind lediglich Formalitäten. In der Zeit werde ich das Instrument holen." Er winkt mir zu und fordert mich auf, ihn zu begleiten. Ein kurzes Nicken von meinem Vater lässt mich mutiger werden und so folge ich dem Hausherren.
Ein mulmiges Gefühl breitet sich in mir aus, als ich wieder den dunklen Raum betrete.
"Es ist dieses Instrument, richtig?", fragt Herr Kapenstein und deutet auf die Vitrine, in der Jakobs Geige ausgestellt ist. Ich nicke.
"Weiß Ihre Frau schon davon?", frage ich dümmlich, während Herr Kapenstein die Vitrine mit einem kleinen Schlüssel öffnet und die Violine vorsichtig herausholt.
"Nein.", antwortet er. "Es wird keine schöne Überraschung, wenn sie nach Hause kommt." Mit diesen Worten drückt er mir die Geige in die Hand. Dann öffnet er eine Klappe im Vitrinensockel und holt den Geigenkasten hervor. Es ist immer noch der gleiche, das erkenne ich sofort, denn der schwarze Hartschalenkoffer ist über und über beklebt mit Stickern von den verschiedensten Wettbewerben und Orchestern, an denen Jakob beteiligt war. Vorsichtig öffne ich den Koffer und lege die Geige hinein.
"Es tut mir sehr leid mit deinem Bruder." Herr Kapensteins Gesicht ist ernst geworden. "Es muss schrecklich sein, ein Familienmitglied so früh zu verlieren."
Ich nicke, mehr bekomme ich nicht heraus. Automatisch macht sich das schlechte Gewissen in mir breit. Wenn er die Wahrheit wüsste, würde er mit Sicherheit so einiges anders sehen.
Ich presse den Geigenkoffer fest an mich, als wir das Gebäude verlassen. Erst, als wir wieder im Auto sitzen und uns ein Stück von der Villa entfernt haben, kann ich aufatmen.
"Ach du Scheiße!", presst Nora hervor und fängt an zu lachen. "Thomas, du bist der verrückteste Mensch, der mir je begegnet ist." Mein Vater fällt in ihr Lachen ein und nun muss auch ich grinsen. Mein Vater ist wirklich verrückt. Und Nora auch. Ich hätte nie gedacht, dass sie bei so einer Aktion mitmachen würde.
"Wie habt ihr das bitte geschafft?", rufe ich von der Rückbank aus nach vorne.
Ich sehe im Rückspiegel, wie mein Vater schmunzeln muss. "Bevor du mich für ein Genie hältst, ich habe mir das nicht ausgedacht. Tatsächlich war ein Kollege deiner Mutter einmal genau in dieser Situation, die ich Joachim Kapenstein vorgespielt habe. Er wollte damals sein Instrument verkaufen, allerdings stellte sich heraus, dass es nicht ansatzweise an den Wert herankam, für den es verkauft werden sollte. Ich habe ihm damals viel geholfen mit den Formalitäten. Unter anderem hatte ich noch die Papiere aus dem Labor. Der Rest war dann gar nicht mehr so schwer."
"Du bist unglaublich.", murmele ich kopfschüttelnd. "Aber Papa, dir ist schon bewusst, dass diese Geige jetzt nachweislich nicht mehr eine originale Guadagnini ist?"
"Ja, das ist mir sehr genau bewusst. Aber ich hoffe, dass weder ich, noch du, noch deine Kinder oder Enkel jemals auch nur in Erwägung ziehen werden, die Geige zu verkaufen. Deshalb ist es egal, ob sie eine Guadagnini-Violine ist, oder nur ein billiges Schülerinstrument." Sein Blick begegnet mir kurz im Rückspiegel, sodass sich ein breites Grinsen auf meinem Gesicht breit macht, denn er hat recht.
Wir haben es wirklich geschafft. Ich fahre nach Hause mit Jakobs Geige und für einen Moment habe ich sogar Felix vergessen.
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