Schon früh am nächsten Tag sitze ich im gemeinsamen Speisesaal zum Frühstück, rühre ununterbrochen in dem Kakao vor mir auf dem Tisch, der inzwischen schon lange kalt geworden ist, und spähe erwartungsvoll zur Tür. Obwohl ich nur wenige Stunden geschlafen habe, ist es mir nicht schwer gefallen, mich zum Aufstehen zu motivieren.

Heute kommt Deidara zurück.

Ich weiß nicht wann, habe keine Ahnung, ob ich ihn überhaupt zu Gesicht bekomme, doch die Aufregung lässt meine Magengegend kribbeln.

Heute ist der Tag, an dem Sasori hoffentlich wieder ein wenig auftaut.
Der Tag, an dem Stufe eins und zwei meines Plans ins Rollen gebracht werden. Und das hebt meine Stimmung ungemein.
Ich weiß nicht genau, wann ich mich das letzte Mal so gefühlt habe.

So voll Energie, fast schon Tatendrang.
Vorsichtig würde ich behaupten, dass sich so etwas wie Freude in mir regt.

Ein Gefühl, dass ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gespürt habe. 

Und es ist ein gutes Gefühl.
Dieses Hoch tut mir gut und augenblicklich hellt sich meine Stimmung noch ein wenig mehr auf, als sich die Tür öffnet und ein mir bekannter Rotschopf den Raum betritt.

Sasori!

Kurz schweift sein müder Blick berechnend über die anderen Leute, bevor er weiter in den Speisesaal gedrückt wird.

"Mach schon, Sasori. Ich verhungere ja fast, un."

Deidara dirigiert den anderen Jungen trotz dessen leisen Protesten zur Essensausgabe, schaufelt Cornflakes in Schüsseln obwohl Sasori kopfschüttelnd darauf besteht, dass er nichts essen wird und der andere nur seine Zeit und Lebensmittel verschwendet.

Und ich glaube ich war noch nie so froh jemanden zu sehen, wie Deidara und Sasori dort vorne. Wie der Blonde mit einem frechen Grinsen seinem Gegenüber zwei Gläser Saft in  die Hände drückt - "Ich kann nicht alles alleine tragen, un." - und der Rotschopf skeptisch, ja fast schon schmollend die orangene Flüssigkeit begutachtet - "Ich mag gar keinen Orangensaft." - macht sich in mir eine Spur von Geborgenheit breit.

Dieses vertraute Bild zaubert mir ein Lächeln aufs Gesicht, das Deidara vorsichtig erwidert, als die beiden sich zu mir an den Tisch setzen.

"Guten Morgen, Konan.", flötet der blonde Junge, während Sasori sich mit einem leisen Grummeln wie gewohnt mir gegenüber nieder lässt.
Er sieht blass aus, die Augen von dunklen Ringen umgeben und die Wangen eingefallen. Den Blick hält er stur auf den Tisch gerichtet.
"Guten Morgen. Ihr wisst gar nicht wie schön es ist, euch zu sehen."

Kurz lacht Deidara auf, schüttelt noch immer grinsend den Kopf.
"Wow, wer hat denn da gute Laune? Ehrlich, Konan, ich hab eine viel zu kurze Nacht hinter mir, un. Hab fast kein Auge zugetan nachdem du mich so unsanft aus dem Schlaf gerissen hast um wann? Ein Uhr morgens, un?"
"Halb eins.", verbessere ich ihn zwinkernd und Deidara nickt zustimmend.
"Richtig, un. Und glaub mir: Es war nicht leicht Sasori mitzubringen."

"Du hast mich ja beinahe aus dem Zimmer geschleift. Mein Arm tut weh...", bemerkt der Rotschopf leise und nimmt einen Schluck Saft, woraufhin er das Gesicht angeekelt verzieht.

"Wie auch immer, un.", winkt Deidara ab und kaut auf einem Bissen Marmeladenbrot herum.

Zufrieden beobachte ich, wie der Rothaarige mir gegenüber einen halben Löffel Cornflakes isst. Kaum hat er runter geschluckt begegnet Sasori meinem Blick.

"Sasori, wolltest du nicht was sagen?", meint Deidara fordernd.
Kurz wandert der Blick des Angesprochenen zu dem Blonden, dann zurück zu seiner Müslischüssel, ohne mich noch einmal anzusehen.
"Nein."
"Ach komm, un. Wir haben doch gerade darüber geredet."
"Du hast geredet. Die ganze Zeit über, bis wir hier waren. Irgendwas über Freundschaft und so. Und du hast mindestens drei Mal geschworen, dass du nicht auf meinen Arsch stehst-"
"Sasori, un!"
"Hidan's Wortwahl, ich weiß. Wie auch immer: ich hab dir irgendwann nicht mehr zugehört. Und wir haben schon gar nichts beredet.", fährt der Rotschopf trotz Deidara's empörten Zwischenruf unbeirrt fort, bevor er sich erneut einen Löffel Cornflakes in den Mund schiebt.
Das Gesicht des Blonden ist vor Verlegenheit rot und ertappt kratzt er sich am Hinterkopf.
"Ich wollte ja nur, dass keine Missverständnisse entstehen, un. Du bist mein bester Freund, verdammt. Das kann ich nicht verlieren, sonst lande ich auch noch hier und zwar nicht nur als Dauergast - Nichts für ungut, un. Ich will doch nur, dass du das verstehst."
Nickend leert Sasori das verhasste Glas Orangensaft.
"Ich weiß doch, Balg."

Während dieser Unterhaltung halte ich mich komplett zurück. Es ist eine Sache zwischen Deidara und Sasori und während ersterer sich schon wieder beschwert, dass er doch älter als Sasori und deshalb kein Balg sei, begegnet mein Blick dem von Itachi, der unschlüssig mit seinem Tablett in den Händen etwas abseits von unserem Tisch steht. Vorsichtig lächle ich ihn an, winke ihn zu uns, doch noch immer rührt er sich nicht.
Erst als Deidara meine Gestik bemerkt und sich an den Schwarzhaarigen wendet, macht er einen kleinen Schritt.

Einen Schritt zurück.

"Komm schon, Uchiha! Der Tisch ist sauber, un!", ruft der Blonde, verdreht genervt die Augen und deutet mit einer ungeduldigen Handbewegung auf den Platz ihm gegenüber, auf dem Itachi normalerweise sitzt.
Langsam setzt sich dieser nun doch in Bewegung, lässt sich wachsam auf dem Stuhl nieder und nickt Sasori kurz zu, der diese Geste erwidert.
Er ist angespannt, der Blick seiner schwarzen Augen kalt.
"Ich... Ähm... Hör zu, Itachi. Ihr könnt alle zuhören, denn ich will euch das allen sagen, un.", beginnt Deidara unsicher, spielt mit den Fingern an dem Saum seines roten Pullovers.
"Es tut mir Leid, dass das letztens so ausgeartet ist. Ich kann mich nicht immer beherrschen, manchmal hab ich das Gefühl zu explodieren. Also wirklich, un! Ich... Ja ich fühle mich vielleicht nicht... Nicht zu Frauen hingezogen, wie es normal wäre. Aber ich hab nachgedacht und normal seid ihr ja auch nicht. Nicht, dass das jetzt böse gemeint ist, un. Was ich sagen will ist..."
Kurz macht der Blonde eine Pause und atmet tief durch bevor er den Blick hebt und durch die Runde gleiten lässt.
"Ich bin schwul. Wenn euch das stört, dann kann ich gehen, un. Wenn nicht, würde ich gerne bleiben, weil ihr genauso verdreht seid wie ich."

"Mich stört es nicht.", sage ich als erstes, ernte einen dankbaren Blick des Blonden, der mein Herz wärmt.
"Bleib.", murmelt Itachi nur ruhig.
Er scheint sich ein wenig entspannt zu haben und nippt an seiner Tasse Kakao.
Schulterzuckend begegnet Sasori Deidara's Blick.
"Du bist mein bester Freund.", wiederholt er die Worte des Blonden vorhin bevor er gleichgültig in der Schüssel vor sich herum rührt, als hätte er gerade verkündet, der Himmel sei Blau.
Als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt.

Und das ist es auch. An diesem Tisch gibt es niemanden, den Deidara's Sexualität stört.

"Wow, mir kommen ja gleich die Tränen."

Alle Blicke sind auf den Jungen gerichtet, der neben dem Tisch steht. Die silbernen Haare wie immer nach hinten gekämmt betrachtet Hidan den Blonden mit funkelnden Augen.

Und ich bete stumm dafür, dass er sich meine Worte von letztens zu Herzen genommen hat.
Bei allem was mir heilig ist: Hidan, bitte...

"I-ich wollte mich auch bei dir... Naja e-entschuldigen, un. Ich hatte kein Recht so was zu sagen.", murmelt Deidara kleinlaut, hält dem Blick des anderen jedoch tapfer stand.

Stille breitet sich aus, dann verlässt ein tiefer Seufzer Hidan's Kehle und er setzt sich neben mich an den Tisch.

"Mir egal ob schwul oder nicht: Ziehst du noch einmal über meine Familie her, schiebe ich dir diesen Löffel so tief in den Arsch, dass er dir oben wieder raus kommt. Kapisch?", raunt der Grauhaarige, hebt seinen Frühstückslöffel warnend nach oben während er eine Augenbraue in die Höhe zieht.
Eilig nickt Deidara und der Grauhaarige beginnt nach einem zufriedenen Schnauben sein Müsli zu essen.

Danke, Hidan.
Danke.

Stufe eins: erfolgreich.

❤ Hallo, ich lebe!
Und ich update!
Tut mir leid, dass ihr so lange warten müsst. Ich will mich ja nicht rausreden aber genau das mach ich jetzt: Ich ziehe gerade um und habe deshalb relativ wenig Zeit für mich.
Ich versuche mich aber wirklich wieder zu bessern! Danke für eure Geduld!

Viel Spaß beim weiteren Lesen
Eure Kiikii ❤