3: Ein Fehler
"Mach es beim nächsten Mal wenigstens richtig."
Ich glaube das ist das wohl grausamste was man zu jemandem sagen kann, der beim Versuch sich umzubringen gescheitert ist.
Nichts anderes habe ich von Akina erwartet und doch bin ich irgendwie schockiert über diese Aussage.
Ob es daran liegt, dass sie es herausgefunden hat und für sich behält?
Ob es an ihrem Tonfall liegt?
Oder vielleicht daran, dass ich sie wirklich überhaupt kein bisschen zu kümmern scheine, obwohl ich eigentlich mein ganzes Leben bei ihr verbracht habe?
Ich weiß es nicht...
Von allem ein bisschen würde ich sagen.
Aber eigentlich ist das nicht länger von Bedeutung. Diese Aussage hat mal wieder verdeutlicht, was mir vorher bereits klar war.
Nämlich, dass ich absolut überflüssig bin.
Dass meine ganze Existenz ohne jeden Zweck ist.
Und diese Aussage hat mich in meinem Plan bestärkt, diesem Leben ein Ende zu bereiten.
Bald...
Schon bald...
~●~
Die nächsten paar Wochen vergehen quälend langsam. Fugaku Uchiha und sein Kollege waren gestern wieder hier, um mich zu befragen. Doch ich habe geschwiegen, so wie beim letzten Mal. Es gibt für mich keinen Grund mit ihnen zu reden...
Ich will nicht und ich glaube sie wissen das nur zu gut.
Akina und Shun sind nicht mehr gekommen, was einerseits gut ist, mich andererseits jedoch auch irgendwie verletzt.
Komisch, dass mich so etwas noch immer verletzen kann...
Obwohl ich nichts anderes erwartet habe und nichts anderes gewöhnt bin.
Lediglich die freundliche Schwester, Hana, war täglich bei mir. Mit einem Lächeln nimmt sie mir Blut ab, checkt meine Werte und leistet mir Gesellschaft, wann immer sie Zeit dafür findet.
Anfangs noch durch ihre Art geborgen fühle ich mich inzwischen nur noch fehl am Platz. Da kann die Krankenschwester nichts daran ändern und wenn sie noch so viel lächelt.
Ich frage mich eh, wie sie es schafft stets so freundlich zu sein.
Ich habe es versucht...
Jahrelang habe ich gelächelt und habe alles getan, was von mir verlangt wurde. Und ihr seht ja, was es mir gebracht hat.
Leid...
Schmerz...
Ich bezweifle stark, dass die Schwester ihr ganzes Leben lang so weiter machen kann.
Irgendwann wird sie an dem Punkt ankommen, an dem ich bereits bin. Doch es geht mich nichts an. Es ist mir auch egal. Sie hat ihr Leben und ich meins. Sie führt ihres weiter und ich werde dem meinen ein Ende bereiten.
Inzwischen bin ich fit genug, um wieder zu laufen und die Verletzungen von dem Sturz sind alle verheilt.
Das ist gut.
Morgen werde ich offiziell entlassen...
Aber ich habe nicht vor, morgen zurück zu Shun und zu Akina zu gehen. Nein...
Heute Nacht schon werde ich gehen und zu Ende führen, was ich begonnen habe.
Definitiv.
Ein Klopfen an der Tür ertönt, doch ich hebe nicht einmal den Blick um zu sehen, wer das Zimmer betritt.
Ich will es nicht sehen, es ist mir egal.
"Hallo Konan. Wie geht es dir?"
Die freundliche Stimme der Krankenschwester ertönt und ich zucke mit den Schultern.
Wie soll es mir schon gehen? Gut garantiert nicht.
Eine Weile redet die Schwester einfach nur auf mich ein, tadelt mich ein wenig, da ich den Krankenhausfraß nicht runterkriege, während sie die Werte ein letztes Mal kontrolliert und dokumentiert.
Ich höre nicht einmal richtig zu, was genau sie sagt.
Es ist egal.
"Morgen wirst du entlassen. Das ist großartig."
Ich nicke knapp.
"Du scheinst dich nicht wirklich darüber zu freuen.", stellt die Krankenschwester fest.
Ich kann mir ein leises Seufzen nicht verkneifen und sehe zu der Braunhaarigen, die mich besorgt mustert.
Diese Fürsorge, dieses Mitgefühl, diese Wärme...
Es macht mich krank.
Immer mehr beschleicht mich die Vermutung, dass das alles nur gespielt ist. Wieso sollte sich eine Fremde so um mich sorgen? Es ergibt keinen Sinn.
"Konan...verrätst du mir etwas?"
Abwartend beobachte ich, wie sich die Krankenschwester an einer Seite des Bettes neben mir nieder lässt. Der Blick ihrer klaren, grünen Augen hält mich gefangen und tief atmet sie durch bevor sie ausspricht, von dem ich dachte, dass sie es nicht weiß.
"Diese Nacht, als du auf der Plattform im Park warst... Du bist gesprungen, richtig?"
Verlegen senke ich den Blick und betrachte meine Finger, die ich miteinander verschränkt habe.
Ja. Sie weiß es...
Sie wusste es schon von Anfang an.
Ihre Worte sind mehr eine Feststellung als eine Frage. Wieso stellt sie sie dann? Wieso will sie, dass ich es sage? Wieso soll ich zustimmen?
Ihretwegen?
Meinetwegen?
Eigentlich ist es egal.
Ich schlucke schwer bevor ich den wohl größten Fehler meines Lebens begehe: Ich nicke.
Die Wärme und Fürsorge in den Augen der Krankenschwester sind unverändert als ich nach Sekunden der Stille wieder auf sehe.
Begleitet wird dieser Ausdruck nun zusätzlich durch Sorge.
Das sich wirklich jemand um mich sorgt...hätte ich nicht gedacht.
Ich kenne diese Frau nicht und sie mich genauso wenig. Sie weiß nicht, was ich alles erlebt habe.
Sie weiß gar nichts.
Es ist nicht echt. Das kann es nicht sein.
"Wieso sollte es auch echt sein?", meint eine hämische Stimme in meinem Kopf.
"Ich werde es melden müssen...zu deiner eigenen Sicherheit."
Zu meiner eigenen Sicherheit...
Damit vereitelt diese Frau meine Pläne. Wie konnte ich nur so dumm sein und zulassen, dass sie es erfährt?
Wie konnte ich nur zustimmen?
Nachdem ich mich erfolgreich um die Fragen der Polizei gedrängt habe...
Doch ich bin selbst schuld. Das kommt davon, wenn man versucht ist, anderen zu trauen. Wenn man versucht ist sich anderen zu öffnen.
Noch mehr Schmerz.
Als hätte ich so etwas nicht schon geahnt. Ich hätte es wissen müssen.
Die Stimmen in meinem Kopf beginnen zu lachen. Leise und hinter vorgehaltenen Händen.
"Nein.", murmel ich leise und schüttel den Kopf.
Die Schwester sieht mich weiterhin an, der selbe Ausdruck in ihren Augen.
"Konan... Ich muss das melden. Und dann wird jemand kommen und dir helfen."
Mir helfen...
Das würde ich gerne sehen. Mir ist nicht mehr zu helfen. Diese Welt ist krank.
Ich schüttel den Kopf, während die Schwester weiter auf mich einredet. Während sie versucht mich zu überzeugen, dass es wirklich das Beste ist.
Ich will keine Hilfe, die nichts bringt...
Ich will keine Fürsorge, die mich tiefer in dieses Loch zieht...
Ich will kein falsches Mitleid von Menschen, die mich nicht kennen...
Ich will nur noch sterben. Wieso lässt sie mich nicht einfach in Ruhe!?
Wieso lassen mich nicht einfach alle in Ruhe!?
Die Schwester ist gegangen...
Vor einer Weile schon.
Vor meiner Tür stehen irgendwelche Leute Wache, die Fenster wurden verschlossen und ich kann wohl vergessen in nächster Zeit entlassen zu werden.
Ein weiterer Arzt hat sich für morgen angekündigt.
Ein 'Fachmann zur Beschreibung, Erklärung, Modifikation und Vorhersage menschlichen Erlebens und Verhaltens'.
Kurz: ein Psychologe.
Obwohl ich nicht weiß, was das bringen sollte.
Soll er reden, ich werde nicht zuhören.
Soll er fragen, ich werde nicht antworten.
Soll er seinen Job machen, ich werde nicht mitarbeiten.
Soll er versuchen mich umzustimmen, ich werde es trotzdem tun.
Ich werde zu Ende führen, was ich angefangen habe. Mein Leben wird enden.
Es gibt nichts, was irgendjemand dagegen tun kann.
Es ist zu spät.
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