Goldene Flecken
Kirishimas Augen weiteten sich, als er Bakugous Worte vernahm. Sein für ihn so typisches Grinsen verdrängte den besorgten Gesichtsausdruck.
Auch Bakugou lächelte leicht. Zu einem, da es ihm gelungen war seiner Frage auszuweichen und zum anderen, er konnte es nicht leugnen, wärmte ihm Kirishimas freudiger Ausdruck das Herz.
Der Rothaarige lehnte sich vor uns starrte ihn an. „Wirklich? Wow, ich freu mich. Du kennst diese Suzuki also? Ist ihre Musik gut?"
Bakugou erstarrte. Mist, jetzt hatte er sich doch reingeritten. Er zuckte nichtssagend mit den Schultern und hoffte, dass Kirishima das Thema fallen ließ. Was er zum Glück auch tat.
„Weißt du, dass du mich Kirigerade genannt hast? Könnte mich glatt daran gewöhnen."
„Lass es lieber, Shitty Hair.", brummte Bakugou.
Kirishima kicherte leicht. „Jedenfalls danke, dass du mitkommst. Sonst wäre ich wahrscheinlich allein mit Kaminari und Jirou hingegangen und ... nun ja ... ich möchte nicht das dritte Rad am Wagen sein." Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
Bakugou runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?"
Kirishima lächelte verschmitzt. „Na, zwischen den beiden läuft was. Sag bloß, das hast du nicht mitbekommen."
Bakugou schnaubte. Er hatte sich nie sonderlich für die Angelegenheiten anderer interessiert. Wie hätte er da so etwas mitbekommen sollen? Außerdem war er nicht besonders gut darin, andere Menschen zu lesen und ihre Signale zu deuten.
Kirishimas Kommentar lenkte seine Aufmerksamkeit jedoch auch wieder zurück zu dem geheimnisvollen Stück Pergament, dass versteckt auf seinem Schreibtisch lag. Laut seiner Theorie, und er zweifelte immer noch stark an dieser These, waren die Menschen darauf Liebespaare oder sollten welche sein. Aber das warf eine weitere Frage auf: Gab es mehr solcher Listen? Denn so viele Namen auch auf der Liste standen, waren ihre Anzahl natürlich verschwindend gering im Vergleich zur Weltbevölkerung. Das würde bedeuten, dass es entweder massenhaft solcher Listen gab oder nur diese eine und diese Pärchen hätten eine besondere Bedeutung. Aber was sollte das schon für eine sein?
„Hallo? Erde an Bakugou?" Kirishimas Stimme drang langsam zu ihm durch. Der Rothaarige schaute ihn amüsiert an. „Wieder anwesend? Dude, was ist nur los mit dir? Worüber denkst du denn die ganze Zeit nach?"
Bakugou zog verärgert die Augenbrauen zusammen. „Geht dich nichts an."
Kirishima nickte leicht, aber Bakugou sah den verletzen Ausdruck in seinen großen roten Augen. Und schon wieder fühlte er sich schlecht. War es nur, weil er vermutete, dass Kirishima in ihn verliebt war? Denn, so rau und abweisend Bakugous Charakter auch sein mochte, war er doch nicht so grausam jemanden, der in ihn verliebt ist vorsätzlich zu verletzen. Und Kirishima war ja nicht irgendjemand. Er war verdammt nochmal sein Freund.
Der Rothaarige schwieg. Anscheinend wusste er auch nicht was er darauf erwidern sollte.
Bakugou seufzte. „Mach nicht so ein Gesicht. Ich habe einfach gerade etwas Probleme ... mit meinen Eltern." Er mochte es nicht Kirishima anzulügen. Auch wenn es nicht direkt eine Lüge war, denn seine Beziehung zu seinen Eltern bestand aus einer einzigen ständigen Streiterei.
Er hatte sich erhofft seine grobe Abfuhr damit etwas zu mildern, doch Kirishimas Grinsen kam nicht zurück. Bakugou hatte sich so sehr an dieses Grinsen und seine ständige fröhliche Art gewöhnt, dass er geradezu schockiert war, als er sah, dass seine großen roten Augen anfingen zu glänzen. Wie erstarrt starrte er den Rothaarigen an, der seinen Blick mied, in dem er vorgab aus dem Fenster zu sehen. Hatte er etwas Falsches gesagt?
Bakugou stand auf und setzte sich neben Kirishima auf sein Bett. „Was ist los?", fragte er ungewohnt sanft.
Ein gequältes Lächeln legte sich auf das Gesicht des anderen. Es war nur ein vages Abbild seines sonstigen Grinsens, fast so, als wollte er den Schein noch aufrecht erhalten. Er machte eine Geste mit der Hand, die wohl so etwas wie „es ist nichts" bedeuten sollte. Doch gleichzeitig lief ihm die erste Träne über die Wange.
Bakugou saß einen Moment hilflos da. Der unüberwindbare Drang ihn zu trösten überkam ihn. Etwas steif legte er die Arme um den Rothaarigen und zog ihn an sich. Einen Moment versteifte sich Kirishima, doch dann versank er in Bakugous Armen.
Nicht wissend was und ob er etwas sagen sollte, strich der Blondschopf über seinen Rücken. Er spürte nasse Tränen an seiner Brust und das Beben, dass durch den Körper des Rothaarigen fuhr, hörte jedoch keinen Laut. Kirishima weinte in stummer Verzweiflung.
Eine Weile saßen sie so da. Bakugou hatte ein flaues Gefühl im Magen. Seinen Freund in einer solchen Verfassung zu sehen, traf ihn tief. Er wollte ihm helfen und fühlte sich gleichzeitig so unendlich fehl am Platz. Er war nicht gut mit Gefühlen, wie sollte er helfen? Konnte er es überhaupt?
Kirishima hatte sich allmählich beruhigt und wand sich vorsichtig aus der Umarmung. Er blickte Bakugou nicht an, als er ein leises „danke" über die Lippen brachte. Der Blonde musterte ihn besorgt.
„Was ist los?", fragte er noch einmal und beobachte Kirishima, dessen Hände sich verkrampft um die Kante der Matratze legten.
„Mein Vater. Er ist schon eine Weile schwerkrank. Heute morgen hat meine Mutter angerufen, dass er jetzt im Krankenhaus liegt. Es sieht nicht gut aus." Kirishimas Stimme war rau und brach schließlich weg.
Bakugou schluckte schwer. „Das tut mir leid. Wirst du in Krankenhaus fahren?"
Kirishima ließ mit der Antwort Zeit. „Ich würde gern. Aber ich habe auch gleichzeitig Angst davor." Sein Blick war weiterhin stur auf den Boden gerichtet und er zog die Schultern ein wenig hoch. „Ich möchte ihn gern so in Erinnerung behalten wie er war. Doch wenn ich jetzt ins Krankenhaus gehe, wird er mich wahrscheinlich nicht einmal erkennen. Aber natürlich werde ich ... bald ... hinfahren."
Bakugou nahm ihn noch einmal in den Arm. Er konnte sich nur schwer vorstellen seinen Vater auf solche Weise zu verlieren und scheiterte daran die richtigen Worte zu finden.
„Bestimmt würde Sero dich fahren. Er hat doch ein Mofa, oder?", sagte er leise.
Kirishima schüttelte den Kopf. „Ich habe es bis jetzt noch keinem erzählt."
Überrascht runzelte Bakugou die Stirn. So offen wie Kirishima auf alle zuging, hätte er gedacht, dass er auch seinen Schmerz mit seinen Freunden teilte.
„Warum nicht? Sie wären doch bestimmt alle für dich da?", fragte er und strich wieder über den Rücken des Rothaarigen.
Kirishima zuckte mit den Schultern. „Ich kann mit Mitleid nicht gut umgehen. Ich habe dann das Gefühl eine Last für andere zu sein."
Diese Aussage traf Bakugou unvorbereitet und er drückte den Rothaarigen noch fester an sich. Er war doch keine Last! Er griff jedem unter die Arme, der Hilfe brauchte. Er war im Begriff ein Held zu werden!
„Und trotz all dem bist du heute zu mir gekommen, weil du dich um mich gesorgt hast?" Der Blonde sprach leise und drückte den anderen Jungen etwas von sich weg, um ihn ansehen zu können.
Kirishimas Augen fanden das erste Mal seit dem Beginn des Gespräches wieder die seinen. Die großen ehrlichen Augen waren gerötet und noch immer spiegelte sich Trauer in ihnen. Noch nie hatte Bakugou so intensiv aus der Nähe in seine Augen sehen können. Noch nie hatte er die goldenen Flecke in seiner Iris wahrgenommen. Kirishima lächelte leicht und Bakugou spürte ein unvertrautes Flattern in der Magengegend. Sein Blick wanderte zu den weichen Lippen des Rothaarigen und lehnte sich vor.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro