Briefe
Kirishima nahm seine Hand und ließ sich von ihm auf die Füße ziehen. Sie hatten den Campus seit ihrem kleinen Ausflug zur Drogerie nicht verlassen und waren wegen ihres Projektes kaum draußen gewesen. Ein kleiner Spaziergang klang perfekt, auch wenn er nur bis zum nächsten Briefkasten war.
Bakugou nahm Kirishimas Hand fest in seine und warf sich die kleine Tasche über die Schulter. Gemeinsam gingen sie die Treppe hinunter, durch den Gemeinschaftsraum nach draußen.
„Kat?", fragte Kirishima, als sie durch das große Schultor nach draußen traten.
Der Blonde schaute lächelnd auf. Sie hatten bisher kein Wort gewechselt, jeder in seine eigenen Gedanken versunken. „Ja, Red?"
Kirishima runzelte kurz die Stirn, ehe er zögernd anfing. „Glaubst du wirklich, das wird funktionieren? Was ist, wenn sich gar keiner einloggt und alle diese Nachricht, wie einfachen Spam behandeln?"
Bakugou biss sich auf die Unterlippe. Er fand ihren Plan gut, oder ihm fiel zumindest kein besserer ein, aber er hatte durchaus auch seine Bedenken. Er wusste nicht, wie er selbst reagiert hätte, wenn er einen solchen Brief erhalten hätte. „Ich denke, ...", fing er zögernd an, „dass wir auf die Neugier der Menschen setzen müssen. Wie du selbst sagtest, müssen die Menschen einfach nur darauf gebracht werden, ihren Seelenverwandten zu lieben. Das braucht nicht viel. Ich denke, dass jeder der sich einloggt neugierig genug ist, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Wer es nicht tut ... ich fürchte da können wir dann auch nichts mehr machen."
Kirishima lächelte leicht. „Hoffen wir, dass die meisten sich zumindest einloggen."
Bakugou drückte seine Hand ein wenig fester. „Wir haben unser Bestes gegeben." Aber tief im Inneren wusste er, dass er auch nicht damit zufrieden wäre, wenn sich tatsächlich keiner einloggt. Dann würden sie sich wohl etwas Neues überlegen müssen.
Schweigend gingen sie die Straße entlang. Der Briefkasten war nicht allzu weit entfernt, aber Kirishima schien der Weg länger als sonst.
Als sie schließlich vor dem unscheinbaren Kasten ankamen, atmete er einmal tief durch, während Bakugou seine Tasche öffnete. Kirishima nahm die ersten Briefe entgegen und betrachtete sie einen Moment.
„Viel Glück.", flüsterte er, als er sie durch den Schlitz schob. Nach und nach reichte Bakugou ihm die 38 Briefe und Kirishima steckte sie den Briefkasten, jedem einzelnen Glück wünschend.
Bakugou lächelte bei Kirishimas kleinem Ritual. „Wenn du das nachher bei jeder einzelnen E-Mail oder Nachricht machst, werden wir heute nie fertig."
Kirishima lachte, als er den letzten Brief einwarf. „Meine Tante macht das immer bei Briefen und da ich doch ein wenig Angst habe, dass all unsere Bemühungen umsonst gewesen sind, schien es mir angemessen." Er schaute auf den Kasten, in dem alle Briefe verschwunden waren. „Aber es schon ein wenig befreiend, oder? Dass zumindest die Briefe schon auf dem Weg sind?"
Bakugou griff wieder nach Kirishimas Hand und drückte sie. „Ja, du hast Recht. Und wir werden heute noch alle anderen Nachrichten abschicken. Dann heißt es nur noch abwarten."
Gemeinsam gingen sie zum Campus zurück, diesmal in ein leises Gespräch vertieft. Als sie am Wohnheim ankamen, verschwendeten sie keine Zeit und gingen wieder direkt in Bakugous Zimmer. Wie sie es schon die letzten Tage gemacht hatten, setzte sich Bakugou an seinen Schreibtisch und Kirishima auf sein Bett, den Laptop auf dem Schoß.
Bakugou bearbeitete die E-Mails und Kirishima kümmerte sich um diejenigen, die über Social Media Seiten zu kontaktieren waren. Auch wenn es letztendlich nur Copy and Paste war, war es doch eine langwierige Arbeit. Für jeden musste der Name in der Anrede ausgetauscht und das korrekte Passwort eingesetzt und überprüft werden.
Stunden zogen sich hin, während sie eine Nachricht nach der anderen verschickten. Bakugou war zuerst mit seiner Liste fertig und begann dann Kirishima zu helfen.
Kirishima formte mit den Lippen ein stummes ‚Viel Glück', als er schließlich auf den Senden-Button der letzten Nachricht klickte.
Ein seltsames Gefühl überkam ihm. Auf der einen Seite war er unglaublich erleichtert, dass ihr Projekt endgültig fertig war, auf der anderen Seite fühlte er sich so hilflos, weil er nun gar nichts mehr tun konnte. Was die Leute aus ihren Nachrichten machten, lag ganz bei ihnen.
Er schaute auf und blickte in die roten Augen seines Freundes. In ihnen lagen genau dieselben gemischten Gefühle, doch er lächelt seinen Freund an.
„Wir haben es geschafft, Red.", flüsterte Bakugou.
Kirishima nickte, klappte seinen Laptop zu und legte ihn zur Seite. Ein Augenblick der Stille folgte, ehe Bakugou sich von seinem Platz erhob und zu Kirishima auf das Bett kroch.
Der Rothaarige empfing ihn mit einem kleinen Kuss, eher er die Arme um ihn legte. Bakugou saß quasi auf seinem Schoß und vergrub sein Gesicht in Kirishimas Halsbeuge. Er atmete tief ein und der vertraute Duft beruhigte ihn ungemein, wo doch seine Gedanken rasten. In dieser schnelllebigen Zeit hatten die ersten sicherlich schon die Nachrichten gelesen. Vielleicht waren schon einige neugierig geworden und waren dabei ihren Account zu aktivieren. Vielleicht jedoch hatten schon die ersten die Nachricht genervt gelöscht.
„Ich hätte gedacht, dass ich mich besser fühle, wenn alles erledigt ist.", murmelte Kirishima und sprach damit Bakugous Gedanken aus.
Der Blonde nickte und drückte seinen Freund fester an sich. „Ich hasse es machtlos zu sein."
Kirishima lachte und strich durch die weichen blonden Haare. „Du bist weit davon entfernt machtlos zu sein." Er blickte auf die beiden rußgeschwärzten Stellen an seinem Bett und schmunzelte.
„Tch. Das ändert nichts an der Tatsache, dass wir keinen Einfluss mehr auf die Geschehnisse haben.", brummte der Blonde und starrte dabei auf Kirishimas geschlossenen Laptop.
Kirishima folgte seinem Blick und seufzte, als er danach griff. Während er den rechten Arm noch immer um seinen Freund gelegt hatte, klappte er mit der Linken seinen Laptop ungelenk auf. Bakugou bewegte sich ein wenig auf seinem Schoß, um besser sehen zu können was Kirishima tat. Der Rothaarige öffnete ihre Website und gab sein eigenes Passwort als Administrator ein.
„Kann man schon sehen, ob sich jemand eingeloggt hat?", fragte Bakugou neugierig.
Kirishima nickte und deutete auf die kleine Anzeige in der rechten oberen Ecke. „Das ist nur für uns Administratoren sichtbar." In der Ecke stand: Nutzer: 0; davon online: 0.
Doch in dem Moment, als Bakugou schon enttäuscht die Schultern sinken ließ sprangen beide Anzeigen auf ‚1'.
Sie sahen sich mit großen Augen an und ein breites Grinsen legte sich auf ihre Gesichter. Erleichterung machte sich in ihnen breit. Wenn einer auf ihre Nachrichten reagiert hatte, würden es gewiss auch andere tun.
Kirishima legte eine Hand an Bakugou Wange und gab ihm einen kleinen Kuss. „Jetzt haben wir es wirklich geschafft, Kat."
Den Abend verbrachten sie zusammen eingekuschelt auf Bakugou Bett. Sie hatten sich bereits ihre Pyjamas angezogen und schauten sich eine Serie auf Bakugous Laptop an, während Kirishimas mit der geöffneten Website danebenstand. Immer wieder glitt ihr Blick auf die kleine Anzeige oben in der Ecke und bei jedem neuen User blickten sie sich kurz glücklich an.
Irgendwann sank Bakugous Kopf gegen Kirishimas Schulter, aber dieser bemerkte es nicht. Er war bereits selbst eingeschlafen.
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