Kapitel 18
Ich war jetzt schon fünf Tage mit Sam zusammen. Ja, richtig. Es war schon Freitag. Wie die Zeit doch vergeht. Okay, ich bring euch jetzt lieber mal auf den letzten Stand. Tam und Ash waren anfangs nicht so begeistert von meiner Beziehung zu Sam und meinten, dass ich aufpassen sollte, dass er mir nicht das Herz bricht... oder mir meine Unschuld raubt. Lucy freute sich natürlich total für mich und sagte zu Sam nur, dass sie ihn umbringt, wenn er mir weh tut. Mit Alec hatte ich nicht mehr geredet, aber sein Verhalten sagte alles. Er hatte in letzter Zeit mehr Betthäschen bei sich, als normal, warf Sam und mir böse Blicke zu und war eindeutig mit Ashlay 'zusammen'. Wobei dass nur hieß, dass sie eben das Oberbetthäschen war.
Naja. In den letzten Tagen war ich oft mit Sam im Kino, oder Kaffee trinken oder wir liefen einfach im Park herum und machten über die ganzen Leute lustig, die dort sonst was machen. Leider hatten sich meine Gefühle für Alec aber nicht verflüchtigt. Nein, wenn, dann waren sie sogar noch stärker geworden und obwohl ich mit Sam zusammen war, wollte ich doch eigentlich nur Alec. Ich hatte aber trotzdem auch Gefühle für Sam, aber sie waren nicht so stark. Das erkannte man an vielen Sachen. Hier mal ein Beispiel. Wenn Sam mich flüchtig berührte, löste das in mir gar nichts aus. Kein Kribbeln mehr, keinen noch so kleinen Schmetterling im Bauch. Bei Alec war das etwas komplett anderes. Bei ihm reichte schon ein sanfter Blick und mein Körper spielte verrückt. Es war, als würde mein Herz vor Freude explodieren.
Jetzt aber zurück zum eigentlichen Thema. Es war Freitag Nachmittag und es hatte gerade zum Unterrichtsschluss geklingelt. Ich sprang von meinem Platz auf und lief schnell aus dem Klassenzimmer. Alec hatte mich den ganzen Unterricht lang angestarrt und ich hatte keine Ahnung, wieso. Die letzten Tage hatte er mich ja wieder wie den letzten Dreck behandelt. Im Gang traf ich als erstes auf Lucy, die mich fragend ansah. „Ich bin aus dem Klassenzimmer geflüchtet und Kaleb hat das wohl nicht mitbekommen." erklärte ich ihr lächelnd und hakte mich bei ihr unter. „Vor wem? Doch nicht wieder vor Kaleb?" wollte meine beste Freundin wissen.
Ich dachte gut nach, bevor ich antwortete „Nein, nein. Vor Alec. Er starrt mich den ganzen Tag schon so seltsam an." Lucy musterte mich nachdenklich und meinte dann sehr vorsichtig „Ami... Könnte es sein, dass du... dass du in Alec verknallt bist?" Ich musste mich sehr bemühen, um nicht ertappt auszusehen. „Ist... ist das denn so offensichtlich?" stellte ich als Gegenfrage, weil mich das echt interessierte. Lucy lächelte leicht und erklärte „Nein. Ich bin nur deine beste Freundin und seh das. Von den anderen könnte es höchstens noch Kaleb merken." Ich atmete erleichtert auf.
„Was könnte ich noch merken?" fragte da plötzlich Kaleb. Wo kam der denn jetzt so plötzlich her? „Nichts." sagte ich schnell, weil wir gleich aus dem Schulgebäude traten und ich Sam schon an der Treppe stehen sah. Ich lief durch die Massen von Schülern hindurch und fiel Sam um den Hals. Das ich ihn nicht so sehr liebte, wie Alec, hieß ja nicht, dass ich ihn überhaupt nicht liebte. „Wieso denn so stürmisch?" lachte Sam und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Darf ich meinen Freund denn nicht stürmisch begrüßen?" fragte ich und zog einen leichten Schmollmund.
„Natürlich darfst du dass, aber... " fing Sam grinsend an, aber Kaleb unterbrach ihn. „... aber nicht nur, weil du vor deinem besten Freund weg läufst." beendete mein Artgefährte den Satz. Er war zu uns getreten und hatte einen Arm besitzergreifend um Lucy's Schultern gelegt. „Beachte ihn einfach nicht. Er ist nur eifersüchtig, dass ich Lucy was erzählt hab, was ich ihm nicht erzählt hab." sagte ich zu Sam. „Okay. Willst du mit mir fahren? Ashlyn hat von einem neuen Café erzählt und ich wollte da mal vorbei schaun." meinte dieser und sah mir tief in die Augen. Ich sah zurück und plötzlich hatte ich ein seltsames Gefühl, bei dem Gedanken, mit Sam alleine zu sein.
Ich drehte mich also zu Lucy und Kaleb. „Wollt ihr mit?" fragte ich sie. „Ich muss eigentlich nach Hause." meinte Lucy zögernd. „Und ich... hab Alec versprochen, dass ich mit ihm das Fußballspiel heute Abend anschaue. Ich wollte meine Hausaufgaben und so noch heute machen." lehnte auch Kaleb ab. Ich biss mir unbehaglich auf die Lippen und sah dann wieder in Sam's Augen. Irgendetwas darin schien mir falsch zu sein. „Vielleicht morgen?" meinte ich, wobei das eher, nach einer Frage, als nach einer Aussage klang. Sam schien überrascht, sagte dann aber mit einem falschen Lächeln „Klar. Dann schreiben wir später, ja?" Ich nickte nur und ging in Richtung Parkplatz.
Leider hatte ich nicht ganz zu ende gedacht, denn erst jetzt fiel mir ein, dass Kaleb immer noch mit Alec zur Schule fuhr. „Mist!" murmelte ich, da kam auch schon besagter Badboy in meine Richtung. Ich lehnte mich mittlerweile an Kaleb's Cabrio und sah Alec deshalb sofort. „Am." sagte er überrascht, als auch er mich entdeckte. „Hey... " sagte ich nur und starrte ihn an. Ja, ich weiß, dass das nicht gerade diskret ist, aber er hatte die ganzen fünf Tage kein einziges Wort mehr zu mir gesagt. „Wieso gehst du nicht mit Sam in dieses Café?" fragte Alec völlig unerwartet. „Ich... Was?! Woher weißt du, dass er mit mir in ein Café gehen will?" Ich war etwas überrumpelt.
„Ähm... also... " fing Alec an, aber da kam Kaleb. Glück gehabt, Alec, dachte ich und stieg ins Auto. „Was hast du jetzt mit Lucy geredet. Es schien dir sehr wichtig zu sein, dass das niemand merkt." fragte Kaleb, während er mal wieder mit dieser lockeren Leichtigkeit aus parkte, die mich irgendwie faszinierte. „Das... Wir reden später." antwortete ich ausweichend. Kaleb konnte mir vielleicht helfen, eine Lösung für mein 'Problem' zu finden. Die beiden Jungs sahen mich merkwürdig an und musste grinsen, als ich bemerkte, wie ähnlich ihre Gesichtsausdrücke waren. „Schau gefälligst auf die Straße, wenn du fährst!" fuhr ich Kaleb vielleicht etwas zu gereizt an.
Die restliche Fahrt sah ich einfach nur stumm zu, wie die Gegend an uns vorbeizog. Als wir vor dem Haus hielten, sprang ich förmlich aus dem Auto und wollte schnell im Haus verschwinden. Leider war Alec jedoch schneller und hielt mich auf halbem Weg an der Schulter fest. Er drehte mich zu sich um und ich sah schnell auf den Boden. Ich wollte nicht sein besorgtes Gesicht sehen. Ich wollte nicht fühlen, was ich unweigerlich fühlen würde. „Was ist los, Amélia? Du benimmst dich seltsam in letzter Zeit." wollte Alec wissen und durch seine Berührung an meiner Schulter, spürte ich, wie tausend dämliche Schmetterlinge in meinem Bauch auf flatterten.
„Na und. Die letzten Jahre hat es dich doch auch nicht interessiert, wie ich mich benehme." giftete ich, traute mich aber immer noch nicht auf zu schauen. „Das... " fing Alec an sich zu verteidigen, aber ich unterbrach ihn sofort wieder. „Sag jetzt bloß nicht, dass das nicht stimmt. Du weißt, dass ich nicht so naiv bin, wie deine dummen Betthäschen, also versuch erst gar nicht, dir eine Entschuldigung einfallen zu lassen, wieso du mich Jahrelang wie Dreck behandelst und jetzt lass mich gefälligst in Ruhe!" zischte ich und wandte mich wieder von Alec ab.
Ich hatte ihn wohl wirklich getroffen, denn als ich an der Tür ankam und nochmal über die Schulter sah, wirkte er irgendwie verloren. „Selbst Schuld." versuchte ich meine Schuldgefühle zu beruhigen. Ich hatte mich zwar nicht getraut, Alec in die Augen zu sehen, aber war sicher, dass sie vor Wut nur so sprühten. Ich sperrte schnell die Tür auf und ging ins Haus. Ich überlegte kurz, dann ging ich schnell in die Küche, holte mir einen Apfel und rannte dann die Treppe hoch und in mein Zimmer.
Alec's Sicht
„Sag jetzt bloß nicht, dass das nicht stimmt. Du weißt, dass ich nicht so naiv bin, wie deine dummen Betthäschen, also versuch erst gar nicht, dir eine Entschuldigung einfallen zu lassen, wieso du mich Jahrelang wie Dreck behandelst und jetzt lass mich gefälligst in Ruhe!" schrie Amélia mich wütend an. Sie hatte die ganze Zeit auf den Boden gestarrt und es tat mir weh, dass sie lieber den Boden anstarrte, als mir in die Augen zu sehen. Naja. Vielleicht ist es auch besser so. Ich wollte ihre Wut auf mich nicht in ihren wunderschönen lila Augen sehen. Das hätte wahrscheinlich mehr weh getan.
Am wirbelte herum und lief jetzt zu ihrer Haustür. Mist, dachte ich und versuchte wieder klar zu denken. Ich musste es irgendwie schaffen, dass sie nicht zu sauer geht. Ich wollte ihr gerade hinterher rufen, dass es mir leid tat, aber als ich auf sah, war sie schon im Haus. „Das hast du wohl verbockt." sagte da plötzlich Kaleb und schlug mir auf die Schulter. Ich seufzte. Ja, das hatte ich wirklich verbockt. „Wenn du willst, kann ich mit ihr reden." bot Kaleb mir an, aber ich schüttelte verneinend den Kopf. „Am Ende glaubt sie noch, dass ich dich das nur machen lass, weil ich zu feige bin." sagte ich verbittert.
Wenn sie weiter so tun will, als würde sie mich hassen, dann soll sie ruhig. Ihre ständigen Blicke sagten eindeutig etwas anderes... oder? „Wir sehen uns später. Ich hab noch was zu erledigen." meinte ich, wobei das eigentlich eine Lüge war. „Bis später." verabschiedete sich auch Kaleb und ging dann ins Haus, in dem auch schon Amélia verschwunden war. Ich starrte das Haus noch einmal an, dann wandte ich mich kopfschüttelnd ab und ging zurück in mein eigenes Haus. Ich hatte gar keine Lust, meinen Eltern zu begegnen, aber dagegen konnte ich jetzt nichts machen.
Amélia's Sicht
Ich saß gerade mal wieder über einen Aufsatz für den Deutschunterricht, da klopfte es an der Tür. Ich spürte, dass es Kaleb war und sagte „Was ist?" Ich drehte mich um, weil ich mir sicher war, dass er herein kommen würde und das tat er auch. „Du musst dich mit Alec bereden. Es tut ihm weh, dass du so abweisend zu ihm bist." meinte mein Artgefährte und ließ sich auf mein Sofa fallen. „Von wegen. Wenn dem so wäre, dann wäre er selbst gekommen." erklärte ich aufgebracht und stand auf. „Amélia. Siehst du denn nicht, wie er dich ansieht? Er traut sich einfach nicht, mit dir zu reden. Ich kann das durchaus verstehen. Du kannst sehr temperamentvoll sein." erklärte Kaleb. „Verschwinde Kaleb! Ich will meine Ruhe haben." zischte ich und wusste nicht, woher meine plötzliche Wut kam.
Kaleb sah mich verwirrt an und schien sich ebenfalls zu wundern, aber dann trat Verständnis in seine Augen. „Du hast doch nur Angst, dass Alec dich abweist. Deshalb auch die Beziehung zu Sam." meinte er mit einem leichten Lächeln. „Das ist nicht wahr! Kaleb, wenn du jetzt nicht sofort aus meinem Zimmer verschwindest, dann... " fing ich an, aber ich unterbrach mich selbst und atmete tief durch. Ich durfte nicht die Beherrschung verlieren. „Es klappt nicht mehr mit Sam, richtig? Irgendwas hat sich verändert, oder?" fragte Kaleb und seine Neugierde nervte mich gerade mehr, als alles andere.
„Ich will dir nicht weh tun, Kaleb. Verschwinde also." sagte ich gepresst und spürte schon, dass ich jeden Moment springen würde. Kaleb hatte das wohl auch bemerkt, denn er sprang erschrocken auf und starrte mich verunsichert an. „Amélia, was ist los? Sonst bist du doch auch nicht so willensschwach." wollte mein Artgefährte wissen und ging ganz langsam und rückwärts auf meine Zimmertür zu. „Ich weiß es nicht, aber du solltest jetzt wirklich verschwinden." sagte ich schnell, dann hatte sich mein Unterbewusstsein dafür entschieden in mein Wolfs-Gesicht zu springen und ich sprang.
Als Wolf empfand ich meine Gefühle seltsamerweise viel stärker, als als Mensch und deshalb musste ich meine ganze Konzentration aufbringen, um Kaleb nicht zu zerfetzen. Dieser bemerkte das natürlich und riss meine Zimmertür auf, aber nicht für sich, sondern damit ich verschwinden konnte. Ich stürmte aus dem Zimmer und tapste so schnell es als Wolf ging die steile Treppe hinunter. In meiner Nase stach ein extrem starker Gestank von verbranntem Essen und ich rannte durchs Wohnzimmer auf die Terrassentür zu. Mit meinen riesigen Pfoten dauerte es etwas länger, die Türe zu öffnen, aber dann schaffte ich es, sprintete über den rasen und dann tief in den Wald.
Ich rannte immer tiefer, doch nach einiger Zeit war meine Wut verraucht und ich blieb mitten auf einer Lichtung stehen. Was war nur los mit mir? Woher kam diese alles beherrschende Wut in mir? War ich vielleicht krank oder lag es daran, dass ich immer noch keines meiner neuen Gesichter benutzt hatte? Frustriert ließ ich mich auf die Seite fallen und atmete konzentriert ein und wieder aus. Ich hatte schon vor, zurück in mein eigenes Gesicht zu springen, als ich einen mir bekannten Geruch wahrnahm. Ich richtete mich leicht auf und sah mich um. Ich konnte den Geruch nicht zuordnen, aber ich wusste sofort, dass es einer meiner Artgefährten war.
Knurrend stellte ich mich hin und schnupperte, während ich mit meinem Springer-Instinkt ebenfalls nach dem Springer suchte. Ich drehte mich blitzschnell um und da brach auch schon ein hellbrauner Wolf aus dem Dickicht. Er hatte mich noch nicht bemerkt, weil er gerade einem Hasen hinterher jagte, aber als dieser erstarrte, sah auch der Wolf sich um. Er entdeckte mich und wich einen kleinen Schritt zurück. Ich sah ihm in die Augen. Gelb. Eine verfaulte Seele, die machte, was sie wollte. Ich knurrte und richtete mich zu meiner vollen Größe auf. Der andere Springer tat es mir gleich.
Plötzlich brach hinter mir noch ein schwarzer Wolf aus dem Unterholz und ich spannte mich schon an. Bereit für einen Angriff, doch als der Wolf den anderen Springer an knurrte, erkannte ich, dass es Kaleb war. Erleichtert entspannte ich mich etwas. Ich ließ den anderen Springer jedoch keine Sekunde aus den Augen. Kaleb trat neben mich und baute sich ebenfalls bedrohlich auf. Anscheinend hatte der andere Springer akzeptiert, dass er gegen uns nicht ankam und machte sich ganz klein. Ich ging langsam näher zu ihm und Kaleb ging außen herum, damit der Springer uns nicht abhauen konnte.
Als der Fremde in sein eigenes Gesicht sprang, hielt ich erwartungsvoll die Luft an. Wer war es wohl, der sich traute zu zwei anderen Springern zu laufen? Der Sprung ging ziemlich langsam. Daran erkannte man, dass er nicht wie ich tausend Gesichter bekommen konnte, sondern nur zwei- bis fünfhundert. Ich wusste, dass ich mit tausend Gesichtern die stärkste Springerin war, die es gab. Ich schüttelte den Kopf und konzentrierte mich wieder auf den anderen Springer, der jetzt wieder in seinem eigenem Gesicht war. Ich dauerte etwas, bis ich ihn erkannte. Es war... Kevin.
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