Kapitel 63 ~ Auflösung
- Hinata -
Still laufe ich neben meinem Vater her zum Parkplatz neben dem Entertainment. Auf meiner Unterlippe kauend grüble ich darüber nach, wie ich Jin überzeugen kann, dass sie alle auf unseren Geburtstag kommen. Er hat ja nicht ganz Unrecht zugegebenermaßen.
"Was bist du so still?", fragt mich mein Vater, als wir im Auto nach Hause fahren. Ich zucke mit den Schultern. "Jin will nicht, dass die Jungs zu unserem Geburtstag kommen..."
Mein Vater zieht die Brauen hoch, während er weiter starr auf die Straße schaut.
"Unserem?" Scheiße. Verraten. Etwas unwohl rutsche ich auf meinem Sitz hin und her.
"Naja, weißt du. Da gibt es vielleicht etwas, das ich dir erzählen muss."
Ich schaue ihn vorsichtig von der Seite an, um seine Reaktion abzuschätzen. Doch er bleibt ganz ruhig, wartet, bis ich weiterspreche. Also tue ich das, jedoch ohne einen weiteren Blick zu ihm zu riskieren.
"Yuki war vor nicht mal einem Monat hier. Mit Josi. Sie wohnten für drei Wochen in einem Hotel. Deswegen kannten die Jungs Yuki auch. Jetzt wollen sie wieder kommen. Sie machen ein Auslandsjahr und da wollten wir gemeinsam unseren Geburtstag feiern."
* * *
Drei Wochen nach meinem Geständnis stehe ich zusammen mit meinem Vater im Foyer des Flughafens und warte auf Yuki und Josi. Ich hatte ihm alles ausführlich erklären müssen. Natürlich befürwortet er es nicht gerade, dass meine Schwester einfach von zu Hause abgehauen ist. Aber ich sehe, wie er sich freut sie wieder zu sehen.
Um Schwierigkeiten zu vermeiden, musste ich ihm auch erzählen, dass ich versucht hatte, selbst etwas über das Testament herauszufinden - und dass das nicht wirklich geklappt hat. Er hätte es so oder so mitbekommen, wenn Yuki mit einem Haufen uralter Fotoalben anrückt.
Letztendlich sind wir zu dem Schluss gekommen, das Geheimnis als Familie zu lösen. Ich hatte Yuki gemeinsam mit unserem Vater angerufen, um ihr alles zu erklären. Sie hatte wirklich Angst vor einem heftigem Streit und dass Vater es unserer Mutter verraten würde, dass Yuki in Korea war. Aber er versprach aus uns unerklärlichen Gründen, es für sich zu behalten. Vielleicht will er einfach nur nicht mit ihr sprechen.
Die Ziffern der Digitaluhr am Rand des Foyers springen auf Siebzehn Uhr Fünfundvierzig. Eine Menge Koreaner kommen mit Riesenkoffern und Gepäckbergen aus der Richtung, in der die Landebahn ist. Hoffentlich würden die beiden uns finden. Unsicher stehen wir am Rand und wissen nicht so ganz wohin mit uns.
Da sehe ich die blonden Haare der beiden Mädchen aus der ansonsten dunklen Menge hervorstechen. Aufgeregt tippe ich meinen Vater mit dem Finger an und zeige in ihre Richtung.
"Da sind sie!" Auf Zehenspitzen stehend winke ich ihnen entgegen.
Yuki kommt auf uns zu gerannt. Josi wird von ihr hinterher gezogen und fällt dabei beinahe hin.
"Hinata! Papa!"
Grinsend kommt sie zum Stehen, umarmt mich stürmisch, nur um dann etwas unsicher unseren Vater anzuschauen. Doch der lächelt sie nur an und zieht sie seinerseits in eine Umarmung. Erleichtert lehnt sie sich an ihn. Josi steht daneben und grinst glücklich vor sich hin.
Als sie meinen Blick bemerkt, dreht sie sich zu mir.
"Annyeonghaseo!"
Entgeistert starre ich sie an. "Wie-?"
Josi lacht nur. "Ich habe angefangen Koreanisch zu lernen. Ich kann fast noch nichts sagen, aber zum Begrüßen sollte es reichen."
Jetzt grinse auch ich. Auch Josi bekommt eine Begrüßungsumarmung verpasst. Ich bin so froh, dass die beiden endlich hier sind.
"Also?" Alle drei schauen wir zu unserem Vater auf. "Wo müsst ihr hin?"
Yuki und Josi haben sich für ihr Auslandsjahr eine Wohnung gemietet. Das hat mein Zwilling uns bei unserem letzten Telefonat erklärt. Sie nennt uns die Adresse. Es ist gar nicht mal so weit von unserem Appartement. Darauf haben sie extra geachtet.
* * *
"Also gut. Was habt ihr schon?"
"Bis jetzt noch nicht viel. Nur einen halben Stammbaum und ein paar alte Fotoalben."
Verstehend nickt unser Vater. Zu dritt sitzen wir in unserem Wohnzimmer. Auf dem Couchtisch zwischen uns liegen die Bücher von Yuki und das Testament. Josi ist in der Küche. Sie wollte unbedingt für alle ein paar Snacks machen.
Vati fährt sich überlegend am Kinn entlang.
"Ich schätze mal, ihr habt das Gedicht schon gelesen, oder?" Etwas nervös nicken wir.
"Gut, gut. Also ich habe es versucht zu interpretieren, bin mir bei einigen Dingen aber noch nicht im Klaren."
Als Yuki das Wort "interpretieren" hört, stöhnt sie gespielt. Belustigt grinse ich sie an. Wie ich das doch vermisst habe. Auch unser Vater lächelt und greift nebenbei nach dem schon etwas älterem Blatt Papier.
"Also hier steht: Glänzend, wie der Mond.
Es ist also etwas... Glänzendes. Vielleicht Schmuck oder dergleichen.
Weiter hat er geschrieben:
Vom Staub verdeckt.
Ein altes Geheimnis
Zwischen Mauern versteckt.
Ich schätze mal, es, was auch immer wir suchen, ist an einem verfallenen Ort versteckt. Der Rest der ersten Strophe scheint mir allerdings noch etwas kryptisch. Es kann allerdings sein, dass Großvater uns mit dem "Schleier der Vergängnis" sagen möchte, dass wir in der Vergangenheit suchen müssen."
Jetzt schaut er uns wieder an, um zu prüfen, ob wir soweit mitkommen. Beide nicken wir.
"Die zweite Strophe bedeutet höchstwahrscheinlich auch sowas mit Vorfahren."
Ich deute auf die entsprechenden Zeilen.
Deine Ahnen musst du finden.
Empfinde sie nach.
Meine beiden Mitdenker stimmen mir mit gerunzelter Stirn zu. Josi kommt um die Ecke, ein Tablett mit wirklich gut aussehenden Leckereien balancierenden.
"Ich störe doch nicht?", fragt sie auf Deutsch.
Ohne sie anzusehen, schüttelt die ganze Familie den Kopf. Josi stellt die Snacks neben unseren Unterlagen ab und setzt sich zu uns.
Nach kurzem Schweigen wendet sie sich an mich.
"Ist das dein Kompass, der im Flur auf der Kommode liegt? Er ist wirklich schön."
Stimmt. Ich hatte ihn da letztens liegen gelassen, warum auch immer. Vater sieht mit großen Augen auf.
"Kompass?"
~~~
-Joiy
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