Kapitel 55 ~ Verbot
- Hinata -
Ich fühle mich gerade wie damals, als ich auf dem Boden vor dem Haus saß, in dem das Fanmeeting stattfand und Yukis Porträt zeichnete. Nur sitze ich diesmal vor einem Stadion, in dem die Jungs gerade proben und beobachte gelangweilt die Menschen, die vorbeilaufen, um "unauffällig" einen Blick auf die Boygroup zu erhaschen. Über das unauffällige daran, kann man sich streiten.
Mein Vater und ein paar weitere von der Security stehen in meiner Nähe und achten darauf, dass keiner in das Stadion gelangt. Da kein weiterer Erziehungsberechtigter existiert, hatte mein Vater einen guten Grund mich die ganze Woche mit hierhin zu schleppen. Jetzt muss ich den gesamten Unterrichtsstoff allein erarbeiten.
So habe ich jetzt also meinen Rucksack vollgepackt mit Schulbüchern neben mir und versuche mir selbst etwas über Parabeln beizubringen. Ich sollte mir diesen Mist wirklich nochmal von jemandem erklären lassen, der es verstanden hat. Hatte Jimin nicht in seiner Matheprüfung volle Punktzahl? Aber ich darf ja nicht mehr zu den Bangtan Boys.
Hobi hatte Recht. Es ist bei weitem nicht das Selbe normal miteinander zu reden als sich nur von Weitem zuzunicken. Als die Jungs heute hier angekommen sind, war ich mit der Security schon da, genauso wie ein Haufen kreischender Fans. Ich würde es verstehen, wenn die Jungs ihren Vertrag kündigen würden. Der ganze Stress ist ja nicht auszuhalten. Da kann man nur depressiv werden oder auf Abwege geraten.
Ich konnte Hobi nur ein leichtes Lächeln schenken, bevor er in der Menge verschwand. Er hatte die ganze Zeit nach mir Ausschau gehalten. Als er mich dann am Rand stehen sah, hat er seinen Blick einfach nicht mehr abgewendet, sodass es schon auffällig wurde. Hätte Namjoon ihn nicht zurecht gewiesen, wer weiß, welcher kranke Fan dann versucht hätte herauszufinden, wen J-Hope da die ganze Zeit angestarrt hatte.
Ich bin nur froh, wenn die Woche hier vorbei ist. Die laute Musik aus dem Stadion trägt auch nicht gerade dazu bei, dass ich besser lernen kann. Seufzend zeichne ich mit meinem Finger ein kleines Herz in den Dreck vor mir.
"Du kannst heute Nacht zu ihm gehen, wenn wir wieder im Hotel sind."
Erschrocken drehe ich mich zu meinem Vater um, der plötzlich hinter mir steht und mich wissend anlächelt.
"Was- Was meinst du?"
Er nickt zu dem Herz, das ich gezeichnet hatte und meint schmunzelnd: "Ich bin nicht blind und außerdem bin ich dein Vater. Ich weiß über beinahe alles Bescheid. Ich sehe doch, wenn meine Tochter verliebt ist. Es ist Hoseok, oder?"
Vorsichtig nicke ich. Er lächelt einfach nur weiter.
"Du nimmst nachher einfach die Klamotten, die du ihnen noch zurückbringen musst als Vorwand, um zu ihnen zu gehen. Ich sag dir Bescheid, wenn es sicher genug ist."
Meine Augen werden größer. "Woher weißt du das mit den Klamotten schon wieder?"
"Ich wasche unsere Sachen, schon vergessen?", erwidert mein Vater grinsend.
Dann verschwindet er wieder auf seinen Posten. Verwundert schaue ich ihm nach. Das hatte ich wirklich nicht erwartet. Er ist anscheinend doch ziemlich cool.
* * *
"Hast du alles?", fragt mich mein Vater, während er durch den Türspalt auf den Flur schaut, um die Lage zu checken.
Es ist mittlerweile Mitternacht. Wir sind erst vor ungefähr einer Stunde zurück ins Hotel gekommen. Mein Herz rast vor Aufregung. Ich habe einen Stapel Klamotten in den Armen. Die von Jin, Tae und Namjoon. Es wird wirklich Zeit, dass ich die mal zurückbringe. Ein Glück hatte mein Vater die extra eingepackt.
"Alles sicher", meint er da und winkt mich durch die Tür.
Ich fühle mich wie ein Schwerverbrecher, als ich die Gänge entlangschleiche und in den Fahrstuhl steige. Ich bin einfach zu faul die eine Etage nach oben zu laufen. Oben angekommen schaue ich mich erst um, bevor ich auf den leeren Flur trete.
Alles ist still, sodass es mir vorkommt, als würden meine Schritte dreimal so laut an den Wänden widerhallen. Am Ende des Ganges ist das Zimmer von Jin und Hobi. Unsicher stehe ich davor, traue mich nicht zu klopfen. Ich hole einmal tief Luft, zähle bis fünf und klopfe dann leise an.
Hoffentlich haben sie das gehört. Ich habe Glück. Man hört Schritte, dann öffnet Jin die Tür. Er trägt einen gestreiften Schlafanzug und schaut mich verwundert aus müden Augen an.
"Hinata?"
"Darf ich rein?"
Er nickt und lässt mich durch die Tür treten. Das Zimmer ist nicht viel anders als unseres, von der Tatsache abgesehen, dass es größer und teurer aussieht. Jin schließt die Tür hinter mir. In dem Moment kommt Hobi aus dem daneben gelegenen Bad, ebenfalls einen Schlafanzug tragend. Er sieht mich mit großen Augen an und ich winke ihm schüchtern mit meiner freien Hand zu.
"Was willst du? Du weißt doch hoffentlich, dass es riskant ist hierher zu kommen."
Jin steht mit verschränkten Armen hinter mir und sieht mich skeptisch an. Ich nicke beschämt.
"Ich wollte euch eure Klamotten wiederbringen..." Ich sehe Hobi in die Augen, als ich fortfahre: "Außerdem habe ich euch vermisst."
Hobi wird rot bei meinen Worten und kratzt sich verlegen am Nacken. Ich drehe mich wieder zu Jin, nur um ein missbilligendes Kopfschütteln zu bekommen.
"Es ist trotzdem eigensinnig und dumm her zu kommen."
Ich verstehe sein Problem nicht. Es hat mich ja niemand bemerkt. Ich wollte doch nur Hobi sehen und mit ihm sprechen. Ich bin dafür extra länger wach geblieben. Mein Schlaf ist mir eigentlich heilig. Ich würde normalerweise nur meine Schwester vor das Schlafen setzen.
Ich lege den Klamottenstapel auf das große Bett vor mir und verschränke meine Arme ebenfalls, als ich mich vor Jin stelle. Er ist ein ganzes Stück größer als ich. Das ist mir momentan aber vollkommen egal.
"Du siehst deine Freundin ja auch täglich, weil sie in deinem Gesicht rumschmiert! Ich kann ja nichts dafür, dass ich nicht hier arbeite und deswegen weniger Schlaf bekomme, weil ich jemanden sehen will, der mir wichtig ist! Ich muss sogar aufpassen, dass ich nicht tagsüber zu ihm sehe! Du solltest am besten wissen, wie schwer das ist!"
"Das ist trotzdem kein Grund noch einen neuen Skandal auszulösen!"
Jetzt wird es mir zu viel. Ich balle meine Hände zu Fäusten und muss mich anstrengen, nicht auf den Boden zu stampfen. Stattdessen funkle ich Jin nur wütend an.
"Ich verstehe dich nicht. Dir scheint nicht klar zu sein, dass du selbst einen Skandal auslösen könntest. Außerdem bin ich ja wohl diejenige, die am wenigsten will, dass ihr Gesicht überall im Internet auftaucht! Überleg dir doch mal, was du mir da vorwirfst!"
"Hinata, reiß dich zusammen. Es ist für uns alle schwer, das hier unauffällig zu durchleben. Es ist am besten, wenn du vorerst nicht mehr zu uns kommst."
Beinahe vergesse ich, was ich ihm noch alles an den Kopf werfen will, als er diese Worte ausspricht. Ich starre ihn aus großen, runden Augen an. Ich kann nicht fassen, was er da gesagt hat. Ich soll Hobi und die anderen demnächst nicht wieder sehen? Das könnte ihm so passen!
Da ich weiß, dass das nicht richtig ist, würde ich mich aus Vernunft auch von Hoseok fernhalten. Selbst wenn Vernunft nicht gerade das ist, was mich auszeichnet. Aber jetzt werde ich mich aus Prinzip schon öfter bei ihm sehen lassen.
"Hinata. Verschwinde."
"Gut! Ich gehe! Aber denke ja nicht, dass du mich das letzte Mal gesehen hast!" Ich drehe mich um und will gerade zur Tür rausgehen, als Jin noch einen Kommentar loslässt.
"Du tust Hoseok und den anderen nicht gut. Es ist besser, wenn du nicht wieder zu uns kommst."
Wut steigt in mir auf. Ich kann mich nicht mehr kontrollieren. Die Vase, die neben mir auf einem Regal stand, landet laut scheppernd auf dem Boden. Tränen steigen mir in die Augen. Ich verstehe ihn einfach nicht. Er war von Anfang an der freundlichste von allen. Was ist jetzt passiert?
"Ist dir deine Karriere wirklich so wichtig, Jin? Bist du lieber einsam, als dass du dein Ansehen verlierst?"
Ich schüttle noch einmal mit dem Kopf und renne dann aus dem Zimmer. Die Tür schließe ich provokant vorsichtig, dass sie nicht knallt. Die Tränen laufen mir über die Wangen. Ich höre Hobi wie er Jin anbrüllt und versucht mir hinterher zu gehen. Doch Jin hält ihn auf.
Hobi, werde ich jemals wieder richtig mit dir sprechen können?
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-Joiy
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