- Taehyung -

Ich schaue aus meinem Fenster und versuche, irgendwo in mir Inspiration für einen Songtext zu finden. Mit gerunzelter Stirn starre ich auf das weiße, leere Blatt vor mir. Keine Ahnung, wie lange ich so dasitze, aber auf einmal höre ich, wie es anfängt zu regnen. Erst nieselt es nur, aber schnell entwickelt es sich zu einem ausgewachsenen Regenguss. Es schüttet wie aus Kübeln.

Gedankenverloren folge ich den dicken Tropfen an meiner Fensterscheibe mit den Augen. Dann schaue ich wieder auf die Straße. Es sind immer noch viele Leute unterwegs.

Plötzlich klingelt es und ich springe sofort auf, um zur Tür zu gehen. Ein willkommener Grund, um keinen Song schreiben zu müssen, wenn auch ein bisschen seltsam, wenn bei uns mal die Haustür klingelt. Da kommen eigentlich nur zwei Möglichkeiten in Frage: Das Entertainment und - schnell schließe ich sie auf. Draußen im Regen steht Hinata, das schwarze Haar hängt ihr nass und strähnig in die Stirn und ihre Klamotten tropfen.

"Hey, Hinata." Ich grinse sie an und ziehe sie in eine Umarmung, wobei ich ganz nass werde.
"Was machst du bei diesem Wetter auf der Straße?"

Sie zuckt nur mit den Schultern, befreit sich aus meinen Armen und zieht ihre dunkle, nasse Jacke und die Schuhe aus.

"Ich war bei einer Freundin und wollte gerade nach Hause, als dieser verdammte Regen angefangen hat. Der Weg zu euch ist kürzer, als nach Hause zu gehen."

Ich muss kichern, als sie schon wieder beginnt zu fluchen.

Zusammen gehen wir in das Wohnzimmer. Als Jin Hinata hereinkommen sieht, komplett aufgeweicht und frierend, bleibt er geschockt stehen und befiehlt  in einem Ton, bei dem man weiß, dass man besser nicht widersprechen sollte: "Setz dich auf das Sofa und wickle dich in eine Decke ein. Ich mache dir heiße Schokolade. Tae, geh und hole ihr was trockenes zum Anziehen."

Mit diesen Worten verschwindet er in der Küche und Hinata und ich müssen uns stark zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Da kommen Hoseok, Jimin und Jeonggukie ins Wohnzimmer und Hoseok ruft mit einem amüsierten Grinsen auf den Lippen Richtung Küche: "Bekommen wir auch heiße Schokolade, Jin-Hyung?"

Aus der Küche ist ein genervtes Stöhnen zu hören.

"Ich hole dir erstmal was zum Anziehen, sonst wird Jin noch böse", sage ich laut, damit er es auch ja hört und verschwinde nach oben in mein Zimmer.

Oben angekommen wühle ich in meinen Schränken herum, auf der Suche nach irgendetwas, das Hinata einigermaßen passen könnte. Schließlich entscheide ich mich für eine schwarze Jogginghose, die ihr wahrscheinlich zu groß sein wird, und einen weinroten Hoodie, der mir etwas zu klein ist.

Währenddessen klingelt es schon wieder an der Haustür. Verwirrt runzle ich die Stirn. Was ist heute bloß los? Ich höre, wie die Tür aufgemacht wird und dann ist erstmal für kurze Zeit Stille. Leises Gemurmel und der Neuankömmling geht mit dem, der aufgemacht hat, wahrscheinlich  ins Wohnzimmer. Ein überraschter Schrei von Hinata ist zu hören und dann reden alle irgendetwas durcheinander.

Schulterzuckend will ich schon mein Zimmer verlassen und runter zu den anderen gehen, als mein Blick auf meinen leeren Schrank fällt, vor dem jetzt ein Berg Klamotten liegt. Soll ich die wegräumen? Wenn ich's nicht tue bekomme ich bestimmt Ärger von Jin, andererseits bin ich wirklich neugierig, wer da gerade zu uns gekommen ist.

Schließlich gewinnt meine Neugierde und ich mache einfach das Licht aus - jetzt sieht man in meinem Zimmer nichts mehr, auch nicht den Klamottenberg. Begeistert von meinem Einfall renne ich polternd die Treppen runter. Vor der Stubentür steht ein großer, dunkelgrüner Koffer. Ich öffne die Tür - und bleibe wie angewurzelt stehen. Mit offenem Mund starre ich Hinata an - dann schaue ich neben sie und sehe sie nochmal? Zweimal Hinata?

Diese Schockstarre dauert nur ungefähr zwei Sekunden, dann habe ich mich wieder gefangen, renne grinsend auf die beiden zu und nehme sie zusammen in den Arm.

"Zwei Hinatas zum Knuddeln", rufe ich begeistert, wobei die echte Hinata die Umarmung schmunzelnd erwidert, ihr blonder Doppelgänger jedoch sich schnell freistrampelt, von dem Sofa aufsteht und sich in einigen Schritten Abstand hinstellt.

Sie murmelt irgendwas mit "zu viel Körperkontakt" und Hinata beginnt zu lachen.

Die anderen haben sich mittlerweile um uns herum versammelt und schauen das blonde Mädchen fragend an. Nachdem sie eine Weile nur etwas verunsichert in die Runde geschaut hat, beginnt sie schließlich zu erzählen, wobei ihr Blick ausschließlich auf Hinata gerichtet ist.

"Also - nach dem Telefonat mit dir hab ich so eine Art - plötzliche Eingebung gehabt. Ich hab mich von Onkel Frank wegen eines nervlichen Zusammenbruchs drei Wochen krank schreiben lassen. Mum hab ich gesagt, dass ich während dieser Zeit gleich zu ihm ziehe und dann bin ich hierher geflogen."

Das Unbehagen ist ihr deutlich anzusehen.

"Und wie hast du unser Haus gefunden?", frage ich neugierig.

"Hinata hat mir ein Bild davon geschickt und da war zufällig so 'ne komische Statue mit drauf. Ich hab eine Frau gefragt, ob sie weiß, wo das ist. Sie hat die Statue erkannt und mir die Adresse genannt."

"Und ich nehme an, du bist Hinatas Zwilling? Wie heißt du?", fragt Jimin und schaut sie ebenfalls fragend an.

"Yuki", meint sie nur kurz.

Da steht Hinata auf, geht zu ihrer Schwester und schließt sie in ihre Arme. Diesmal wehrt sie sich nicht. Wie unfair! Beleidigt schaue ich vor mich hin, doch da stupst mich Hoseok vorsichtig an und deutet mit einem Grinsen auf die beiden. Ich verstehe und gleichzeitig rennen wir nun auf die Schwestern zu, nehmen sie in den Arm und rufen: "Gruppenkuscheln!"

Die Anderen stehen lachend daneben und schauen uns zu.

"Na dann, willkommen in der Familie, Yuki", meint Jin lachend und Yuki strahlt über das ganze Gesicht.

~~~

-Mie

Ich wünsche euch eine wunderschöne Adventszeit ❤