König Drosselbart...Kapitel 13
...und sie lebten glücklich...
Trish stellte ihre Tasche auf die Couch und sah sich verblüfft um. Was war mit der kleinen Wohnung geschehen?
Die Wände waren gestrichen worden und statt den vergilbten Tapeten, die auch noch ein schreckliches Muster hatten, waren nun weiße Tapeten zu finden, die allerdings durch bunte Bahnen nicht ganz so streng wirkten. Es roch sogar noch nach frischer Farbe. Die alten Möbel waren durch neue ersetzt worden, allerdings waren sie nicht so protzig oder neumodisch, wie man es von einem Millionär vielleicht erwartet hätte. Nein, sie waren praktisch und nicht überladen.
Sie drehte sich einmal um ihre eigene Achse und lächelte leicht.
Da hatte sich wirklich jemand Mühe gegeben, um ihr neues Zuhause so nett wie möglich zu machen.
In der Küche erwarteten sie auch einige Veränderungen. Eine davon ließ sie auf der Stelle herumhüpfen und in die Hände klatschen. Es gab eine moderne Kaffeemaschine. Trish fragte sich, ob Shawn genug von dem Instant-Kaffee hatte und grinste vor sich hin.
Auf dem Küchentisch fand sie eine Nachricht, die sehr geschäftsmäßig verfasst war.
Sehr geehrte Miss Willmorth,
wir hoffen sehr, Sie werden sich in Ihrem renovierten Heim wohlfühlen.
Da ich kein Unmenschen bin, werde ich heute nicht darauf bestehen, dass Sie damit beginnen die Stunden nachholen, die noch offen sind.
Trish schnaubte. Es waren gar keine Stunden offen und das wusste Shawn genau. Sie hatte von Ihrem Vater erfahren, dass die Gerichtsverhandlung gespielt war. Das Shawn immer noch auf diese Stunden bestand, war seltsam. Aber Trish konnte sich denken, dass er sie so hierherlocken wollte. Und sie war auch ehrlich neugierig, was er zu sagen hatte.
Sie las weiter:
Bitte finden Sie sich morgen früh um 9.00 Uhr im Gebäude der Ryan Cooperation ein. Man wird sie erwarten, um über das weitere Vorgehen zu informieren.
Mehr stand nicht in dem Brief. Und wieder war der Brief sehr geschäftlich gehalten.
Trish grinste. Sie hatte keine Ahnung, was Shawn vorhatte, aber wenn er es so angehen wollte, würde sie mit ihm mitziehen.
Sie nahm ihre Tasche von der Couch und ging ins Schlafzimmer. Auch hier hatte sich einiges geändert. Es sah nicht mehr wie ein Junggesellenzimmer aus, sondern wie ein Zimmer für eine junge Frau. Auch das Badezimmer hatte nicht mehr die hässlichen Kacheln, sondern war nun modern und in einem neutralen Weiß gehalten.
Trish duschte sich und zog einen weiten Pulli und eine Stoffhose an. Gerade, als sie es sich gemütlich machen wollte, klingelte es an der Tür. Verwundert betätigte sie den Türöffner und horchte auf die Schritte, die sich schnell die Treppe hoch bewegten.
War es Shawn?
Nein, es war ein Pizzabote, der ihr feierlich eine Schachtel übergab und wieder schnell verschwand.
„Moment! Ich habe doch gar nichts bestellt."
Der Kerl blieb stehen.
„Es wurde bestellt und alles bezahlt. Sogar Trinkgeld habe ich bekommen. Wenn sie die Pizza nicht wollen...?"
Er grinste, als ihr Magen knurrte. Trish grinste zurück.
„Ich denke, ich werde sie behalten."
Sie verabschiedete sich und ging zurück in die Wohnung.
Seltsam.
Sie stellte die Schachtel auf den Küchentisch und öffnete sie.
„Was...ist...das?"
Zuerst starrte sie auf den Inhalt der Schachtel, dann lachte sie schallend.
Es war eine große Pizza, aber eigentlich war sie schlich belegt. Es war nur ein Schriftzug drauf, den man mit kleinen Salamischeiben geformt hatte.
ES TUT MIR LEID!
Darunter hatte man ein kleines Männchen aus Gemüse geformt, dass den Kopf komisch hängen ließ. Und um die Schrift waren kleine Rosen verteilt, die man aus Gemüse geformt hatte.
Trish bekam sich beinahe nicht mehr ein vor Lachen.
Also eines musste man Shawn lassen, er war wirklich sehr einfallsreich.Statt eines Strauß Rosen, schickte er Pizza und Gemüserosen.
Dass er die Wohnung renoviert hatte, war zwar schön, hatte sie aber nicht unbedingt beeindruckt. Trish wusste, dass er sehr reich war und diese Renovierung wohl eine Kleinigkeit für ihn darstellte. Aber diese Pizza, die wahrscheinlich nicht so viel gekostet hatte, war ihr mehr wert.
Sie nahm ihr Smartphone und tippte eine Nachricht an die Nummer, die sie eigentlich nie wieder wählen wollte. Sie wusste selbst nicht, warum sie sich Cords, beziehungsweise Shawns Nummer des alten Smartphones merken konnte und vor allem konnte sie es sich nicht erklären, warum sie diese Nummer eingespeichert hatte. Sie war sich nicht einmal sicher, ob Shawn dieses Smartphone noch hatte, aber einen Versuch war's wert.
Vielen Dank für die Pizza.
Sie setzte sich gerade wieder hin, als ihr eine Nachricht gesendet wurde.
Bitte schön. Hat sie denn geschmeckt?
Sie lachte leise und schickte erneut einen Text.
Ich komme nicht dazu, sie zu essen. Du unterbrichst mich doch.
Nun, ich könnte ja auch nach oben kommen. Ich habe sogar eine weiße Fahne bei mir.
Wieder lachte sie, doch dann las sie sich noch einmal den Satz durch. Er könnte nach oben kommen?
Sie ging an das Küchenfenster und schaute auf die Straße. Shawns Auto stand tatsächlich vor dem Haus und er lehnte sich an die Motorhaube. Sobald er sie am Fenster entdeckte, hob er zögerlich die Hand.
Trish seufzte leise. Eigentlich dachte sie, ihr würden noch ein paar Stunden Zeit bis zu ihrem Treffen mit Shawn bleiben. Aber auf der anderen Seite: was brachte ihr das, wenn sie sich alles genau überlegte, was sie ihm sagen wollte? Warum es sich nicht gleich hinter sich bringen?
Komm nach oben. Aber ich sage das nur, weil es zu viel Pizza für mich alleine ist!
Sie beobachtete, wie Shawn auf das Smartphone starrte und dann zum Eingang rannte, wie ein kleiner Junge, dem man ein Spielzeug versprochen hatte.
Sie hörte, wie er die Treppe nach oben hastete und öffnete die Tür. Er stand vor ihr und sein Atem ging schwer, als ob er einen Marathon gelaufen wäre.
Trish sah ihn eine ganze Weile an. Er sah immer noch aus wie Shawn, allerdings fand sie auch viel von Cord. Der Bart, obwohl er nun gestutzt war und sehr gepflegt wirkte. Die legere Kleidung, die sie an Shawn nie gesehen hatte. An Cord hatte sie diese Kleidung wiederum häufig gesehen. Ein Shirt, dass schon bessere Tage gesehen hatte und eine normale Jeans, wie sie jeder finden kaufen konnte. Es gefiel ihr.
Auch er betrachtete sie stumm, dann sah er nach unten zu seinen Sneakers. War Shawn Ryan etwa verlegen?
„Ich dachte, du wolltest mich morgen in deinem Büro treffen.", fing sie an.
Er nickte, ohne den Kopf zu heben.
„Können wir das in der Wohnung bereden? Du weißt, die Pizza schmeckt nur warm."
Sie lachte und ließ ihn herein.
Wie selbstverständlich ging er in die Küche und holte Teller aus dem Schrank. Sie grinste. Nun ja, als Cord hatte er das ja auch sehr oft gemacht. Sie holte die Getränke und nach einer Weile saßen sie sich gegenüber und aßen die Pizza. Beide schwiegen, als ob keiner so richtig wusste, wie man das Thema anschneiden sollte.
Irgendwann wischte sich Trish die Hände ab und sah zu Shawn.
„Also gut. Dann fang mal an."
Sein Gesichtsausdruck wirkte ehrlich überrascht.
„Womit soll ich anfangen?"
Trish hob eine Augenbraue.
„Ist das jetzt dein Ernst? Ich erwarte eine Erklärung, Shawn. Du hast mich eine ganze Weile verarscht. Nicht einmal, als ich mich in Cord verliebte, wolltest du die Situation aufklären, obwohl das in jeder Hinsicht anständig gewesen wäre. Was ist nur in deinem Kopf vorgegangen?"
Er räusperte sich und wischte sich nun selbst die Finger sauber.
„Ja, ich bin dir wohl wirklich eine Erklärung schuldig."
Er nahm einen Schluck Wasser und setzte sich gerade hin.
„Ich habe ganz ehrlich nicht bedacht, dass es so weit gehen würde. Als ich die Anfrage von deinem Vater erhalten habe, war ich wirklich der Meinung, er will mich hereinlegen. Dennoch war ich neugierig und nur deswegen flog ich nach New York, um zu sehen, was hinter der ganzen Aktion steckte. Du weißt selbst, wie unsere Begegnung abgelaufen ist. Ganz ehrlich, ich wollte dich an dem Tag übers Knie legen, obwohl du nicht viel jünger bist als ich. So viel Respektlosigkeit ist mir noch nie untergekommen."
Sie senkte beschämt den Kopf.
„Das weiß ich. Ich war ein gemeines Biest."
Er lächelte leicht.
„Das warst du wirklich und ich wollte so schnell wie möglich von dir wegkommen. Doch der Sekretär deines Vaters hat es irgendwie geschafft, dass ich dich doch nicht einfach davonkommen lassen wollte. Allerdings war mir auch bewusst, dass du dich gegen mich gewehrt hättest. Also verwandelte ich mich in Cord."
Trish lachte.
„Du wusstest ganz genau, dass ich Cord verachten werde. So oberflächlich wie ich damals war, konntest du nichts anderes annehmen."
Er nickte.
„Das ist richtig. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du dich in kürzester Zeit so verändern würdest. Zuerst hat es auch nicht so ausgesehen. Als Murph mir erzählte, dass du gleich ins Fettnäpfchen getreten bist, hatte ich ja meine Bestätigung dafür, dass du sehr verwöhnt warst. Doch dann war Andrea voller Lob für dich. Selbst die strengsten Mitarbeiter der Kleiderkammer haben bedauert, dass du nur einen Tag bei ihnen warst."
Sie nickte.
„Wenn ich ehrlich sein soll, dann hat Cords...deine Standpauke mir etwas die Augen geöffnet. Ich wollte nicht so sein, wie du mich gesehen hast. Und auf einmal wurdest du netter zu mir."
Er stutzte.
„Ich war nicht nett als Cord. Ich habe mich so verhalten, wie ich es früher getan habe, als ich mit meiner Mutter noch in dem Armenviertel gelebt habe. Man musste aufpassen, dass man nciht zu viel von sich preis gab."
Sie riss die Augen auf.
„Also war das nicht gänzlich gespielt?"
Er lachte.
„Nein! War es nicht. Die Leute, die du kennengelernt hast, kamen alle aus der unteren Schicht, wie man es so schön nennt. Und sie haben alle ihren Weg gemacht. Einschließlich mir. Obwohl ich zugeben muss, dass ich es nur getan habe, um meinem Vater eines auszuwischen."
Er biss herzhaft in sein Pizzastück.
Trish überlegte einen Moment.
„Ich habe mich also geändert. Du hattest Erfolg. Aber was machen wir jetzt?"
Er kaute langsamer und sah sie dabei an. Es dauerte eine Weile, bis er den Bissen herunterschluckte und wieder einen Schluck Wasser trank.
„Zuerst hoffe ich, dass du mir verzeihst. Ich weiß, dass es blöd von mir war, aber als ich dich geküsst habe..."
Sie lachte und wackelte mit dem Zeigefinger vor ihm herum.
„Ich habe dich geküsst. Besser gesagt Cord. Ich fand deine Haare seltsam und wollte schauen, warum das so war. Und als ich in deine Augen sah...keine Ahnung. Ich musste dich küssen. Aber eigentlich begann alles mit der Perücke."
Er rieb sich über sein Haar, die jetzt länger und modisch geschnitten waren.
„Ich hasste die Perücke. Es wurde so warm."
Sie grinste ihn an.
„Und du hattest Kontaktlinsen, richtig?"
Er nickte.
„An meinen Augen hättest du mich doch sofort erkannt. Ich habe außerdem einem Arbeiter in New York die schmutzigen Klamotten abgekauft und tatsächlich an dem Vormittag, bevor ich zu euch nach Hause gekommen bin, in einer Werkstatt gearbeitet."
Sie lächelte.
„Du hast mich hereingelegt. Als ich es herausgefunden habe, war ich wirklich sehr traurig und wütend."
Seine Hand fuhr über die Tischplatte und berührte sanft ihre Fingerspitzen.
„Und jetzt?"
Sie lächelte und kam ihm etwas entgegen und strich über seine Finger.
„Ich bin hier in Atlanta, oder etwa nicht?"
Er zuckte mit den Schultern.
„Ich wusste nicht, ob du einfach nur hierhergekommen bist, um mir ins Gesicht zu spucken. Ganz ehrlich, ich habe mir für morgen eine tolle Rede ausgedacht. Und ich wollte dich beeindrucken mit meinem Büro, meinen Angestellten und was weiß ich. Aber als ich hörte, dass du hier bist, fand ich die Idee nicht mehr so toll."
Sie nickte.
„Du hättest mich damit nicht so beeindruckt. Ganz ehrlich, ich finde die Wohnung zwar nun wunderschön, aber die Pizza war eine sehr gute Idee."
Erleichtert seufzte Shawn.
„Dann hast du mir verziehen? Das ist mir das Wichtigste erst einmal, Beatrice."
Sie nickte, denn wie konnte sie ihm noch länger böse sein?
Er lachte und verschränkte vorsichtig seine Finger mit ihren.
„Dann kann ich dich wirklich nicht mit meinem Reichtum beeindrucken, aber mit einer Pizza schon?"
Sie lehnte sich weiter zu ihm vor.
„Ich denke, dass wirst du schon mit der Zeit herausfinden was mich wirklich beeindruckt, oder etwa nicht?"
Shawn grinste sie an.
„Ich bin sehr zielstrebig. In allem, was ich tue."
Er beugte sich zu ihr und küsste sie. Trish seufzte leise.
„Oh, davon bin ich überzeugt, Shawn Ryan!"
5 Jahre später
Er sprach ihr freundlich zu: "Fürchte dich nicht, der Spielmann und ich, der mit dir in dem elenden Häuschen gewohnt hat, sind eins. Dir zuliebe habe ich mich verstellt, und der Husar, der dir die Töpfe entzwei geritten hat, bin ich auch gewesen. Das alles ist geschehen, um deinen stolzen Sinn zu beugen und dich für deinen Hochmut zu strafen, womit du mich verspottet hast." Da weinte sie bitterlich und sagte: "Ich habe großes Unrecht getan und bin nicht wert, deine Frau zu sein." Er aber sprach: "Tröste dich, die bösen Tage sind vorüber, jetzt wollen wir unsere Hochzeit feiern." Da kamen die Kammerfrauen und taten ihr die prächtigsten Kleider an, und ihr Vater kam und der ganze Hof und wünschten ihr Glück zu ihrer Vermählung mit dem König Drosselbart, und die rechte Freude fing jetzt erst an. Ich wollte, du und ich, wir wären auch dabei gewesen.
Trish hielt inne und las sich noch einmal die letzten Sätze des Märchens durch.
„Mama? Ist etwas passiert?"
Cathy, ihre kleine Tochter, blickte fragend zu ihr hoch.
Trish liebte diese Momente, wenn Cathy mit einem Märchenbuch ankam, sich auf ihren Schoß setzte und verlangte, dass sie ihr vorlas.
„Nein, nein, mein Schatz. Es ist alles in Ordnung. Ich habe nur..."
Shawn, der es sich auf der Couch mit einer Zeitung bequem gemacht hatte, sah sie forschend an.
„Alles in Ordnung, Trish?"
Sie nickte.
„Ja, aber das Märchen hier...König Drosselbart...das erinnert mich irgendwie an uns."
Cathy lachte laut auf.
„Daddy ist doch aber kein König!"
Trish küsste ihre Tochter auf die Stirn.
„Da bin ich mir manchmal nicht ganz sicher."
Shawn grinste und kam zu seiner Frau und Tochter. Er nahm beide in seine Arme und strich über Trish's gewölbten Bauch, bevor er sie küsste.
„Na zumindest eines stimmt...und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende. Das habe ich auch vor."
Sie grinste.
„Ich weiß. Und du bist wirklich sehr zielstrebig!"
Er zog beide zu sich und kitzelte Cathy.
„Oh ja. Das habe ich ja schon ein paar Mal bewiesen!"
-ENDE-
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https://youtu.be/ZxgMGk9JPVA
Hallo meine Lieben,
das war nun also mein erster Versuch ein Märchen modern umzuschreiben. Ich hoffe, es ist mir gelungen.
Ich danke meinen beiden Atlaten @NancyBieler und @lucylell die mich wieder tatkräftig unterstützt haben.
Die Musikauswahl habe ich mal wieder so ausgesucht, wie ich gerade lustig war. *GRINS*
Wie ich diese Woche ja leider schon zugeben musste, bin ich im Moment..nicht schreibfaul...aber...keine Ahnung...ich fange viel an, aber bringe nie mehr als 5 Seiten, bis ich es doch doof finde. Ich habe so viele Ideen, aber richtig aufs Papier bringe ich nichts. Was das nächste wird, kann ich also nicht sagen. Es könnte was Romantisches werden, etwas in Richtung Fantasy, etwas Abenteuerliches...keine Ahnung. Ich bemühe mich aber, dass ich euch so schnell wie möglich etwas liefere.
Und nun danke ich euch fürs Lesen und hoffe, ihr hattet etwas Spaß. (Das nächste Märchen könnte Allerleirau werden. Das mag ich auch, aber das ist etwas schwer umzusetzen.)
Bis irgendwann dann
Eure Maike
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