20🐺
Dass Noah so heftig reagierte, machte Callen unsicher. Hatte er etwas falsch gemacht, als er seinem Gefährten sagte, dass er ihn liebe? Nachdenklich ging er hinunter zu seinen Eltern, die ihn fragend ansahen.
„Wo ist denn der Kleine?“, fragte sein Vater und blickte die Treppe nach oben.
Callen folgte dessen Blick und zuckte ratlos mit den Schultern. „Nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich ihn liebe, meinte er, dies alles wäre ihm gerade zu viel und ist nach Hause abgehauen.“
Man hörte Traurigkeit aus Callens Stimme und seine Mutter löste sich aus den Armen ihres Mannes, um ihren Sohn zu umarmen. Dieser schmiegte sich tatsächlich kurz an sie, was den Alpha und seine Gefährtin völlig erstaunte. Callen hatte sich schon seit Jahren nicht mehr in den Arm nehmen lassen. Er musste diesen Jungen wirklich von ganzem Herzen lieben, wenn dieser ihren Sohn so sehr verunsichern konnte.
„Lass ihm etwas Zeit. Das alles war möglicherweise etwas zu viel für ihn“, warf sein Vater zu seinem Erstaunen ein. „In Menschengestalt ist er aber auch wirklich ein Knirps. Dass er sich tatsächlich getraut hat, gegen mich anzugehen, bewundere ich an ihm. Tja, mein Sohn, allem Anschein nach hast du da einen willensstarken, jungen Mann an deiner Seite“, meinte sein Vater und Callen nickte zustimmend.
„Oh ja, Dad. Er ist unglaublich und ich bin so froh, dass du ihn akzeptierst.“ Callen hatte sich aus den Armen seiner Mutter gelöst und stand endlich wieder als der stolze Alpha, der er nun mal war, vor seinen Eltern. „Na gut. Er bekommt Zeit bis morgen, um sich zu fangen. Dann will ich ihn wieder in meinen Armen halten.“
„Das ist mein Junge! Genau so will ich das von dir hören.“ Samuel schlug seinem Sohn freundschaftlich auf den Rücken.
„Du solltest ihn aber zu nichts zwingen, Callen. Katzen sind sehr sensibel und unter bestimmten Umständen auch sehr nachtragend.“ Bianca sah ihn liebevoll an und streichelte ihm über die Wange. Sie genoss es sichtlich, ihren Sohn mal wieder so zu berühren. Dies hatte er schon länger nicht mehr zugelassen. Sein Mate hatte anscheinend Callens sanfte Seite wieder zum Vorschein gebracht.
„Habt ihr euch schon verlinkt?“ Sein Vater hatte ihm diese Frage gestellt und Callen sah ihn verwirrt an.
„Wie meinst du das? Ich meine, ist das denn möglich? Er ist doch eine Katze und ich ein Wolf.“ Ratlos blickte er zwischen seinen Eltern hin und her. Normalerweise konnten sich nur Rudel oder größere Gruppen gleicher Art durch ihren Anführer untereinander verlinken.
„Das ist egal, wenn ihr Mates seid. Er kann zwar nicht mit dem Rudel verlinkt werden, aber ganz sicher mit dir.“ Seine Mutter hatte das Wort ergriffen.
„Und wie mache ich das? Ich meine, ihn mit mir verlinken?“ Callen rieb sich ratlos über den Nacken.
Seine Eltern grinsten ihn an. „Das, mein Lieber, musst du selbst herausfinden. Aber eins kann ich dir verraten. Es hat mit einem weiteren Biss zu tun.“ Sein Vater lachte leise, dann zog er seine Frau mit sich ins Wohnzimmer.
Bianca drehte sich noch einmal zu ihm um und formte einen Satz mit den Lippen. „Gemeinsamer Orgasmus, gemeinsamer Biss!“ Dann folgte sie lächelnd ihrem Mann, dem gegenwärtigen Alpha.
Zurück blieb ein verwirrter Callen, der langsam wieder in sein Zimmer ging. Dort dachte er über das soeben Gehörte nach. Sollte er sich mit Noah tatsächlich verlinken können?
Seine Gedanken kreisten immer wieder um dieses Thema und die Art und Weise, wie der Link zustande kommen sollte. Gemeinsamer Orgasmus und dabei ein gemeinsamer Biss? Das könnte interessant werden.
Da er nicht weiter kam und seine Sehnsucht nach Noah stärker wurde, entschied er sich nach einiger Zeit letztlich dazu, in den Wald zu gehen, um in seiner Wolfsgestalt zu laufen.
Auf der Terrasse hinter ihrem Haus zog er sich aus, streckte sich, verharrte einen Moment, dann fing er an sich zu verwandeln. Knochen knackten, Sehnen und Muskeln verschoben sich und kurz darauf stand ein wunderschöner Wolf mit silbernem Fell, schwarzen Ohren und schwarzer Schnauze da. Er schüttelte sich einmal kurz, dann sprang er von der Veranda und verschwand im Wald, der direkt an ihr Grundstück grenzte.
*****
Noah kam zu Hause an und kletterte durch das Fenster in sein Zimmer, wo er sich wandelte und nackt, wie er war, auf sein Bett warf. Den ganzen Heimweg schimpfte Cian in den lautesten Tönen mit ihm.
„Scheiße, Noah! Wie kannst du uns das antun? Ich will zurück zu Callen. Du hast es doch selbst gehört. Wir gehören jetzt auch zum Rudel.“ So fing es an, als er dort aus dem Fenster kletterte.
„Geh zurück. Ich will zu ihm. Geh zurück. Ich will zu ihm!“ Mit jedem verdammten Sprung, den er auf dem Weg nach Hause machte, kam eine dieser Bemerkungen. Noah war sich sicher, dass sein Leopard ihn damit in den Wahnsinn treiben wollte.
Jetzt lag er auf dem Bett und versuchte das Gezeter in seinem Inneren zu überhören, indem er sich ein Kissen über den Kopf zog. Das hätte er aber genauso gut bleiben lassen können, denn das Geschrei in ihm wurde dadurch auch nicht leiser.
„Steh gefälligst auf, du Nichtsnutz. Ich will endlich zurück zu unserem Mate. Ich kann einfach nicht glauben, dass du den gleichen Fehler noch einmal machst.“ Mittlerweile tobte Cian noch lauter in ihm und Noah hatte das Gefühl, sein Kopf müsse gleich platzen.
„Jetzt beruhige dich doch erst einmal. Du weißt ganz genau, warum ich davongelaufen bin“, versuchte Noah sich zu erklären, doch seine Katze gab einfach keine Ruhe, weshalb Noah seufzend einlenkte. „Lass mich mit Maddy telefonieren und ich verspreche, dass wir zu ihm zurückgehen werden. Aber bitte, halte dich bei dem Telefonat etwas zurück.“
„Na gut“, murrte der Schneeleopard in ihm und verstummte endlich.
Noah nahm sein Handy und wählte die Nummer seiner besten Freundin.
„Na, Hase. Was hast du dieses Mal wieder verbockt?“, wurde er begrüßt.
Kurz schwieg er, bevor er antwortete. „Du kennst mich einfach zu gut, Maddy“, seufzte er.
„Tja. Das liegt vielleicht auch daran, dass du mich nur dann anrufst, wenn du einen Rat brauchst oder Scheiße gebaut hast.“
„Du hast recht und es tut mir leid“, gab Noah kleinlaut zu.
„Na los. Was hast du nun wieder angestellt?“, forderte Madeleine ihn resigniert auf.
„Ich bin wieder einmal abgehauen. Ich habe Callens Vater angegriffen, weil ich dachte, ich müsste meinen Gefährten vor dem Alpha beschützen. Danach hat er mir seine Liebe gestanden. Oh, Maddy! Das alles wurde mir auf einmal zu viel. Cian hat mich den ganzen Heimweg verflucht und mit mir geschimpft. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll“, erzählte Noah die ganze Geschichte, ohne dass Maddy ihn auch nur ein einziges Mal unterbrochen hatte.
„Du machst schon wieder den gleichen Fehler?“, fragte ihn seine Freundin, genau wie Cian zuvor.
„Sieht ganz danach aus. Ich weiß nicht, wie ich mit all dem umgehen soll. Wir kennen uns noch nicht so lange und er sagt mir bereits, dass er mich liebt? Woher will er das denn so genau wissen?“
Kurz herrschte Schweigen. Maddy schien zu überlegen. „Was fühlst du, wenn du Callen siehst?“, forderte sie ihn schließlich auf.
„Was meinst du?“ Noah war ratlos.
„Beschreibe mir mal, was in dir vorgeht, wenn du ihn riechst, er dich berührt, du ihn schmeckst. So was halt.“
Noah überlegte einen Moment, bevor er sprach. „Er riecht fantastisch und ich, sowie Cian möchten ständig an ihm schnuppern. Wenn er mich berührt, dann habe ich das Bedürfnis, mich anzuschmiegen und zu schnurren. Von seinem herrlichen Geschmack will ich gar nicht erst reden“, fing Noah an zu schwärmen. „Er ist so ein Riese und trotzdem fühle ich mich neben ihm nicht klein. Ich habe das Gefühl, er könne mich vor allem beschützen. Eigentlich möchte ich ihm immer nahe sein, auch wenn er durch seine Anhänglichkeit manchmal echt nervt“, beendete Noah seine Ausführungen.
„Jetzt sag mir noch eins. Schnurrst du viel bei ihm?“
„Ja, schon. Warum fragst du mich das?“
„Überleg doch mal. Normalerweise habe nur ich es geschafft, dich bisweilen zum Schnurren zu bringen. Ist es nicht so? Ich würde mal behaupten, nicht nur der Wolf hat sich in dich verliebt, sondern du auch in ihn“, meinte seine Freundin. „Oh, sorry, Hase. Ich muss los. Ich treffe mich noch mit Jolie zum Eis essen. Wir sehen uns dann bald. Und jetzt geh zu ihm und nimm ihn in den Arm. Er wird das brauchen, nachdem du wieder einmal davongelaufen bist. Ciao.“ Damit hatte sie aufgelegt.
Noah blieb noch einen Augenblick sitzen und starrte vor sich hin. Seine Freundin hatte ja Recht. Niemand brachte ihn so schnell zum Schnurren, wie sein Mate. Aber konnte das schon Liebe sein? Wenn er jedoch daran dachte, Callen zu verlieren. Nein, undenkbar. Darüber wollte er erst gar nicht nachdenken.
„Maddy hat recht. Du liebst unseren Wolf. Und jetzt lass uns zu ihm zurückgehen. Ich will mit ihm schmusen“, meldete sich Cian wieder zu Wort.
Noah seufzte ergeben. „In Ordnung. Ich hoffe nur, er ist mir nicht allzu böse.“
„Dann besteche ihn einfach mit Sex. Da er kaum die Finger von dir lassen kann, klappt das bestimmt“, schlug sein Leopard vor und Noah musste kichern.
Er krabbelte zum Fenster hinaus und verwandelte sich. Dann sprang er hinüber zum Baum und kletterte behände nach unten. Im Eiltempo rannte er zurück zu Callens Haus, wo er zögernd vor dem offenen Fenster sitzen blieb.
Als Cian ihn drängte, endlich weiterzugehen, verwandelte er sich in seine menschliche Gestalt zurück und kletterte schließlich in Callens Zimmer.
Suchend blickte Noah durch den Raum, doch von seinem Gefährten war keine Spur zu sehen. Plötzlich maunzte die kleine Tigerkatze zu seinen Füßen und er bückte sich, um diese zu streicheln.
„Na, Kleine. Weißt du, wo dein Besitzer hin ist?“ Noah wusste, dass er keine Antwort bekommen würde und musste über sich selbst lachen. Da die Tigerkatze ihre Babys rufen hörte, machte sie sich sofort auf den Weg zurück in den Schrank.
Noah richtete sich wieder auf und wusste nicht, was er tun sollte, also beschloss er kurz zu duschen und sich dann ins Bett zu legen.
*****
Mit einem Handtuch um die schmalen Hüften geschlungen, verließ Noah eine Viertelstunde später wieder das Badezimmer.
Er überlegte, nackt ins Bett zu schlüpfen, da entdeckte er ein graues Shirt von Callen, welches über einem Stuhl hing. Sofort griff er danach und steckte seine Nase hinein. Mit geschlossenen Augen inhalierte er den wundervollen Duft seines Mate, der noch in dem Stoff hing.
Schnell schlüpfte er hinein und spürte, wie seine Katze sich wohlig in ihm räkelte. Auch Cian liebte diesen körpereigenen Geruch ihres Gefährten.
Noah zog sich das Handtuch von den Hüften, warf es auf den Stuhl und kletterte in das große Bett. Auch hier hing Callens Geruch noch in der Wäsche. Zufrieden seufzend, kuschelte er sich in das Kissen.
Er hatte eigentlich vorgehabt, wach zu bleiben und auf Callen zu warten, aber der beruhigende Geruch seines Mate, Cians zartem Schnurren in ihm und seine eigene Erschöpfung, durch die Anspannung des Tages, ließen ihn schläfrig werden. Langsam schlossen sich seine Lider und er driftete ab in einen traumlosen Schlaf.
**********
Nun ist es tatsächlich mal Noah, der nachgibt.
Mal sehen, wie Callen reagiert, wenn er nach Hause kommt und unverhofft seinen Gefährten in seinem Bett vorfindet. 😊
Wird Noah auch bei der nächsten Krise wieder davon laufen?
Und wie oft macht Callen das überhaupt noch mit?
Noah kann echt froh sein, das sein Mate so Geduldig mit ihm ist.
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