-13-
Das Kämpfen hatte ich aufgegeben. Es gab sowieso keine Möglichkeit mehr für mich, aus dieser Schlinge zu entkommen, die sich so fest um meinen Hals gelegt hatte.
Regungslos lag ich auf dem schwarzen Teppich und starrte zur Decke über mir, während düstere Gedanken mich voll und ganz einnahmen. Ich machte mir Sorgen - Sorgen um meine Eltern, deren Rudel vollkommen aus dem Gleichgewicht geraten war. Sorgen um meine beste Freundin, die sicher aufgrund meines Verschwindens durchdrehte. Sorgen um mich selbst - denn ich hatte Angst, mich in dieser finsteren Hölle zu verlieren.
Der Kreislauf dieser Gedanken setzte sich immer wieder fort und ich bekam nur nebenbei mit, wie Petra mir einen Teller Essen auf den breiten Schreibtisch am Ende des Raumes stellte. Der herrliche Geruch von gegrilltem Fleisch und Gemüse nahm schlagartig dieses gesamte Schlafzimmer ein - doch egal wie sehr mein Magen bereits rebellierte. Keinen Bissen würde ich herunter würgen!
Weitere Stunden vergingen ohne jegliche Vorkommnisse. Die grausame erste Nacht zog unaufhaltsam an mir vorbei und erst, als sich die Tür an diesem verregneten Morgen erneut öffnete, drehte ich mich auf meine Seite und sah ohne Ausdruck zum Türrahmen.
Natürlich war es Damien, der gemeinsam mit der Blondine ins Zimmer kommen wollte. Sie blieb jedoch plötzlich genau an der Schwelle stehen und sah zu Damien herüber. Ich hatte keine Ahnung, warum sie von jetzt auf gleich so unsicher wirkte - jedoch war es mir auch egal.
"Hast du dich beruhigt?"
Damien riss seinen Blick von ihr los, um fragend zu mir herunter zu blicken. Ich antwortete ihm aber nicht, sondern ließ meine Augen stur ins Leere gerichtet, bis er aber noch näher an mich herantrat.
"Wenn sie das Kieran erzählt, dann-"
"Sei still!", unterbrach Damien die Blondhaarige und nahm sie auf ihre Worte hin feindseelig ins Visier. "Sie wird keinen Ton sagen, Misha, also halt deine Fresse!"
Ungläubig wandte ich meinen Blick zu ihm auf und da wurde mir mit einem Schlag etwas bewusst. Kieran hatte mich gestern schon vor ihm verteidigt, als er nur seine Hand an mich gelegt hatte. Wüsste er, was er mir diese Nacht angetan hatte, dann würde Damien vermutlich auf ewig verbannt werden ...
"Steh auf!", wies Damien mich schroff an und riss mich dabei aus meinen Gedanken heraus. Ich reagierte jedoch immer noch nicht auf seine Worte und drehte mich nur lächelnd auf meinen Rücken, wodurch ich ihn wütend ausschnauben hörte.
"Ich werde keinen Ton sagen?", spottete ich triumphierend und spürte dabei diese unglaublichen Schmerzen an meinem Hals. Doch auch sie hielten mich nicht mehr auf. "Ich werde so laut singen! Glaub mir und du-", setzte ich nach und zeigte dabei zu ihm auf. "Du wirst sehr viel Schlimmeres durchmachen als ich!"
"Sie hat Humor. Das muss man ihr lassen", lachte er auf uns drehte sich kurz zu Misha herum, um sich anschließend genau über mich zu stellen. "Was dein Freund wohl dazu sagen wird ..."
Ich hatte keine Ahnung, wovon - oder eher gesagt, von wem er sprach und setzte mich vorsichtig auf, wodurch Damien genau neben mir in die Hocke ging. Seine Augen lagen auf meinen, doch ich wich ihm nicht aus.
"Ich habe keinen Freund", stellte ich klar und dachte, er wolle mich nur reinlegen, da schmunzelte er aber und klatschte so erfreut in seine Hände, dass ich leicht zusammenzuckte.
"Gut zu wissen. Dann ist dieser Charlie, den wir hier gefangen halten, also nicht dein Freund?"
Ach du scheiße ...
Ich versuchte wirklich, keinerlei Emotion in meinem Gesicht durchblicken zu lassen - doch es schockierte mich, dass sie Charlie genau wie mich mitgenommen hatten. Was hatte er ihnen nur getan? Er war zwar ein riesiger Vollidiot, doch das hatte er sicher nicht verdient.
"Na also. Sie kennt ihn wohl doch."
Mein Schweigen war ihm wohl Antwort genug und ich spannte meinen gesamten Körper an, als er plötzlich einen Schlüssel hervorholte und die Schlinge um meinen Hals öffnete. Ich rang sofort nach Luft und legte mir meine Hand schützend an meinen Kehlkopf, während Damien aufstand und warnend zu mir herab sah.
"Kieran kommt heute schon wieder nach Hause. Ein einziges Wort über das, was hier passiert ist und du wirst Charlie lebe wohl sagen! Sei einfach ein liebes Frauchen und sorge dafür, dass Kieran dich von sich aus ablehnt. Komm, Misha."
Die beiden verschwanden eilig wieder aus dem Zimmer und obwohl ich nur zu gerne auch abgehauen wäre, fehlte mir die Kraft dazu. Nicht nur die körperliche - sondern auch die seelische. Ich brauchte Zeit. Zeit um all das zu verarbeiten ...
Unter großer Anspannung, zog ich mich am Bettpfosten hoch auf meine Beine und sah mich überfordert im Zimmer um. Ich hatte keine Ahnung mehr, was ich als erstes tun sollte. Hatte keine Ahnung, wie es weitergehen und für mich enden würde. Ich wusste nur, dass Kieran wohl mein kleinstes Übel war - denn dieser Damien, war wohl wirklich ein absoluter Soziopath!
Tief durchatmend ließ ich mich auf der Kante des Bettes nieder und schloss für einen Moment meine Augen. Meine Gedanken flogen zu Charlie und obwohl er mir egal sein sollte, war er es nicht. Zumindest nicht in der Hinsicht, wenn es um sein Leben ging. Dieser Damien hatte es wirklich geschafft, mich vollkommen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Doch meinen Willen würde er auch mit tausend Drohungen nicht brechen können!
"Dieses miese-"
"Sag nichts, was du irgendwann bereuen wirst", unterbrach mich schlagartig die dunkle Stimme von Kieran und mit weit aufgerissenen Augen starrte ich zur Tür herüber. Bevor ich überhaupt nachdenken konnte, wollte ich schon auf ihn los, um ihm gleichzeitig alle möglichen Beleidigungen an den Kopf zu werfen - doch ich bekam bei seinem Anblick keinen Ton mehr heraus.
"Was ist passiert?", hauchte ich erschrocken und musterte ihn von oben bis unten. Seine Klamotten - zerissen und voller Blut. Sein Gesicht wies einige Verletzungen auf. Die sonst so wuscheligen Haare - verklebt und ebenso rot gefärbt wie alles andere an ihm.
"Sorgst du dich etwa um mich?"
Er stellte mir zwar diese Frage, schien aber gedanklich nicht ganz da zu sein. Seine Augen inspizierten den gesamten Raum und blieben eine kurze Zeit am Fenster hängen, an das der Regen immer heftiger prasselte. Erst, als ich vom Bett aufstand, drehte er sich wieder zu mir und schenkte mir seine ganze Aufmerksamkeit.
"Was machst du überhaupt hier?"
Tja ... was tat ich hier ...
"Ich habe mein Zimmer zerstört und wirklich alles in Einzelteile zerfetzt", erklärte ich mit einem Grinsen und verschränkte dabei meine Arme. "Und heute wollte ich bei deinem weiter machen."
Obwohl ich ihm am liebsten die Wahrheit gesagt hätte, wollte ich noch abwarten. Warten darauf, Charlies Aufenthaltsort herauszufinden, um mit ihm gemeinsam wieder nach Hause zu verschwinden.
"Gefällt mir", meinte Kieran plötzlich auf meine Worte hin und zog sich dabei sein halb zerfetztes Shirt über den Kopf, um es direkt zwischen uns zu Boden fallen zu lassen. Ich wollte zwar herunter sehen, doch diese vielen Tattoos auf seiner Haut ... sie waren nicht nur wunderschön, sondern schienen auch voller Bedeutung für mich zu sein. Es war, als hätte ich sie schon einmal gesehen - diese ganzen feinen Linien ...
Viel zu lange starrte ich ihn an und wandte meine Augen erst wieder auf seine, als er sich räusperte.
"Aufgepumpt und angemalt. Hab schon besseres gesehen", gab ich unbeeindruckt von mir und wollte einfach nur schnell an ihm vorbei aus diesem Zimmer raus, da stellte er sich mir aber ruckartig in den Weg.
Unsicher sah ich zu ihm auf und erschrak leicht, als er mit seinen Fingern über die Haut an meinem Hals strich.
"Weißt du was, kleine Gefährtin. Wir spielen jetzt ein Spiel."
"Ein Spiel? Eine Wölfin spielt nicht mit Kötern", entgegnete ich ihm, da umfasste er mich aber etwas fester und zog mich nah an sich heran.
Ich riss darüber nicht gerade erfreut meine Augen auf und spürte im selben Moment seinen Herzschlag genau an meiner Brust, während er mich fest an sich hielt und seine Hitze meinen gesamten Körper erwärmte.
"Wahrheit oder Pflicht, Marcelina ...", raunte er an mein Ohr und biss mir im Anschluss leicht in mein Ohrläppchen, was mich wütend aufknurren ließ.
"Nimm deine dreckigen Pfoten von mir du-"
"Du was?!", wurde er lauter und schnappte sich gleich darauf meinen Nacken, um sein Gesicht genau vor meinem zu platzieren. Die Dunkelheit seiner Augen waren gleichermaßen von Lust, Leidenschaft, Zorn und Belustigung eingenommen. Er schien so voller Emotion, doch ich war einfach nur scheiß wütend.
"Pflicht - du ziehst genau wie ich dein Oberteil aus ...", erklärte er und wollte gerade seine freie Hand dazu nutzen, an meine Seite zu fassen. Ich schlug seine Hand jedoch weg und fletschte bereits meine Zähne.
"Vergiss es!"
"Gut, dann Wahrheit!", setzte er nach und ganz plötzlich, da waren all die guten Emotionen aus seinen Augen verschwunden. Zurück blieb nur der Zorn. "Warum verdammt noch mal hast du solche Spuren am Hals?!"
-
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro