69.
Wie betäubt schaue ich auf und beobachte meine Mutter dabei, wie sie sich auf ihren üblichen Barhocker hochzieht.
"Ich ... ich muss nochmal los. Wartet nicht auf mich", sage ich und habe schon fast die Eingangshalle durchquert.
Mein Herz pocht gegen meine Rippen, gleichzeitig schnürt sich mein Hals noch weiter zu.
Die Stimme meines Vaters dringt kaum zu mir durch.
"Ophelia! Bleib stehen! Du wirst jetzt nicht einfach gehen. Deine Mutter ist gerade erst gekommen."
Ich höre seine Schritte hinter mir immer näher kommen, aber ich drehe mich nicht um.
Mein Handy in der rechten Hand scheint zehn Kilo zu wiegen und ein Loch in meine Haut zu brennen.
"Ophelia!"
Aus einem dummen Reflex schnellt mein Kopf zurück und ich sehe Dad ein Wasserglas in der Hand halten, das bei seinen Bewegungen überschwappt.
Seine Muskeln spannen sich an, als er sieht, dass ich bereits meine Schlüssel von der Anrichte gegriffen habe und einen Fuß in meine weißen Sneaker zwänge.
Ich halte seinem Blick stand, begegne ihm nicht mehr mit Unterwerfung, sondern hebe das Kinn.
"Es ist dringend, Dad. Ich muss."
Die Tür ist offen und die warme Juliluft schmeichelt um meine Knöchel.
Ich höre noch die aufgebrachten Worte: "Es wird schon nicht so wichtig sein, wie du es jetzt erachtest. Du hast hier zu bleiben, das haben wir so abgesprochen. Ich brauche dich doch. Ophelia!"
Da ist die Haustür zugefallen.
Sie werden schon in der Lage sein, ein Gespräch ohne mich zu führen.
Mein ganzer Körper zittert und ich verliere wertvolle Sekunden, als ich den Schlüssel nicht gleich ins Zündschloss bekomme.
Ich fahre los, ohne mich anzuschnallen.
Egal. Alles ist egal.
Hauptsache, ich finde Jace nicht wie beim letzten Mal. Am Boden und bewusstlos.
Ich überfahre eine gelbe Ampel - das mache ich sonst nie!
In meinem Kopf nur dieser eine Gedanke: Jede Sekunde zählt.
Ich atme nicht tief genug durch, raube mir selbst den Sauerstoff.
Vor meinem inneren Auge liegt Jace am Boden, egal wie sehr ich mir auch einrede, dass der Notfall nicht ganz so dramatisch ist.
Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Dass echt Bild zu kennen und damit arbeiten zu können oder sich verschiedene, schreckliche Varianten auszumalen, weil die Fantasie auf einer nicht mal fünfzehnminütigen Autofahrt durchgeht.
Ich erreiche die Stadtmitte und parke mit zitternden Händen vor dem kleinen Wohnhaus ein.
Warum konnte Jace auch nicht spezifischer sein. Wie zum Beispiel: Mir ist schwindelig oder ich glaube, ich habe wieder eine Überdosis genommen.
Da ist noch so viel, was wir noch nicht besprochen haben.
Ich greife nur mein Handy und eile die drei Treppenstufen empor und drehe den Zweitschlüssel, den Tante Jennifer mir nachgeschickt hat, im Schloss um.
Dabei versuche ich mir Jace nicht auf dem Badezimmerboden vorzustellen.
Das Treppenhaus begrüßt mich mit seiner üblichen Frische und ich hechte die Treppe hoch.
Das Holzgeländer knarrt, als ich mich etwas zu ruckartig daran hochziehe.
Beinahe falle ich lang ausgestreckt in den oberen Flur, als Jace mir aus der offenen Wohnungstür entgegengrinst.
Ich komme zu einem abrupten Halt.
"Was zum -"
Ich ringe nach Luft und entlasse die Spannung aus meinen Schultern.
Jace trägt ein schwarzes T-Shirt und eine kurze Shorts. Seine Locken werden von einem Bandana aus seinem Gesicht gehalten.
Er grinst immer noch, als ich die letzte Distanz zwischen uns überwinde und auf seine Brust einschlage.
Alles, was er tut, ist mich am Ellenboden in die Wohnung zu ziehen.
"Bevor du mich anschreist: Ich weiß, deine Mutter ist heute nach Hause gekommen und ich dachte mir, du könnest eine kleine Auszeit gebrauchen."
Er legt den Kopf zur Seite und seine grünen Augen liegen auf mir, lassen mich unter seinem intensiven Blick weich werden.
"Und außerdem habe ich dieses Essen schon viel länger geplant, als deine Mutter ihre Ankunft. Und!"
Sein Zeigefinger schiebt sich unter meine Nase.
"Wenn ich nicht geschrieben hätte, dass es sich um einen Notfall handelt, wären die Nudeln kalt geworden."
Ich bin sprachlos und streife einfach meine Schuhe ab.
"Ich hasse dich", bringe ich nach einer Weile hervor und lege meine Hand über mein Herz. Es hat sich beruhigt.
"Gleich hoffentlich nicht mehr. Du kannst dich schon mal setzen."
Jaces Stimme hat etwas Kommandierendes. Deswegen spähe ich erst gar nicht in die Küche, sondern nehme am gedeckten Esstisch Platz.
Pastellgelbe Teller stehen zusammen mit hellblauem Kristall auf dem massiven Holz.
In ihrer Mitte eine Kerze.
Ein Essen also.
Seufzend lehne ich mich auf dem Stuhl zurück und blicke in den Himmel.
Jace kommt mit einer dampfenden Pfanne und strahlendem Gesicht zu mir.
"Lass es dir schmecken."
Mit diesen Worten wird unser heutiges Mittagessen vor mir abgestellt.
Muschelnudeln, mit Gurken, Aubergine, Tomaten, Oliven und ...
"Ist das Ziegenkäse?", frage ich und zeige begeistert auf die Pfanne.
Jace nickt.
Entzückt greife ich nach meinem Löffel und bediene mich.
Mein Gastgeber betrachtet mich von seinem Platz mir gegenüber, seine Gabel bewegungslos in der Hand.
Ich schmecke Olivenöl, toskanische Gewürze und frisches Gemüse.
Meine Augen weiten sich bevor ich sie schließe und ein wohliges Stöhnen von mir gebe.
Als ich Jace wieder anblicke, hat sich sein Blick verdunkelt. Sein Grübchen ist zu sehen.
"Das schmeckt fantastisch! Wo hast du gelernt, so zu kochen?"
Noch bevor er antworten kann, ist die nächste Portion in meinem Mund verschwunden.
"Das ist das erste Gericht, das mir meine Mom beigebracht hat. Ich habe es schon eine Ewigkeit nicht mehr gekocht."
Kurz bleibe ich still, weiß nicht, was ich sagen soll, sagen kann.
"Wie ist deine Mom so? Neben dem Fakt, dass sie eine fantastischen Köchin versteht sich."
Ich schenke Jace ein ehrliches Lächeln und lege meine Hand auf die kühle Tischplatte, halte sie davon zurück, mir diese köstliche Nahrung zuzuführen.
Jace kaut seine Nudeln und mustert mich, schluckt.
"Sie ist ... sehr liebevoll. Der herzlichste Mensch, den ich kenne. Sie hat uns dazu erzogen, unser Leben so zu leben, wie wir es für richtig halten. Solange wir uns selbst dabei nicht aus den Augen verlieren."
Das Lächeln auf meinen Lippen wird breiter.
Das hört sich wundervoll an. Frei und doch geborgen.
Etwas das ich in meinem Elternhaus noch nie erfahren habe.
Sollte Jace seine Glückskekssprüche etwa von seiner Mutter haben?
"Wir sind am Sonntag immer raus in die Natur gegangen und haben einfach Zeit miteinander verbracht."
Jace, seine Mutter und seine Schwester.
Mir ist aufgefallen, dass er seinen Vater noch nie erwähnt hat.
Hat er sie verlassen?
Nach zwei weiteren Bissen, die mich wieder genüsslich die Augen schließen lassen und Jace ein leises Lachen entlocken, blicke ich auf und frage: "Warum hast du sie verlassen?"
Er seufzt.
Aber er macht nicht dicht, seine Augen weichen mir nicht aus.
"Die Wahrheit ist, dass wir nicht gerade gut gefüllte Brieftaschen hatten. Und als ich meine Diagnose bekommen habe, habe ich entschieden, sie weder emotional noch finanziell zu belasten."
Meine Mundwinkel ziehen sich nach unten.
"Das ... war sicherlich keine leichte Entscheidung", flüstere ich und bahne mich damit an all den Worten vorbei, die ich eigentlich sagen wollte.
Aber ich kann ihm meine wahre Meinung jetzt gerade nicht gegen den Kopf werfen.
"Ich rechne es dir hoch an, dass du das gesagt hast", grinst mir Jace von der anderen Seite des Tisches entgegen und ich senke lachend den Kopf.
Er versteht mal wieder die Dinge, die ich nicht sage.
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Song: Apocalypse - Cigarettes After Sex
Guten Abend meine Lieben :)
Da diese späten Updates kein Zustand mehr sind, werde ich mir mal wieder 4 Tage frei nehmen.
Am Samstag spielt wieder Deutschland, also werde ich da abends sowieso nicht zum Schreiben kommen xD Jetzt drücken wir erstmal England die Daumen. Schottland aber auch ...... xD
Wir lesen uns also am Mittwoch in aller frische wieder.
Wobei ... nicht ganz. Denn morgen lade ich unsere Community-Aktion ENDLICH hoch :) :)
Ich hoffe, ihr habt heute nicht allzu viel geschwitzt und seid keine Treppen hoch gerannt, so wie Ophelia xD
Über uns zog ein Gewitter, aber nur mit Donnern und 6° Abkühlung. Kein Tropfen Regen, ich saß die ganze Zeit über im Garten.
Wo war es heute am heißesten??
Bei mir waren 36°!
Oh & noch was.
Wir haben neue Nachbarn in der Straße. Und die Frau ist leider Gottes in einer Big Band & diese probt jetzt immer im Garten besagter Nachbarn. Jeden Freitag.
Ich darf mir gerade zum zwanzigsten Mal "Dancing Queen" anhören - Nichts gegen den Song! Der ist Kult!
In diesem Sinne,
All my Love,
Lisa xoxo
Oh, and damn, 11k are looking good on us!!
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