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Some Place Quiet

Die nächste halbe Stunde schwanke ich irgendwie zwischen War-doch-alles-nicht-so-wild und verspäteter Todesangst. Immer wieder muss ich mir vorsagen, dass wir überlebt haben. Dass Joe nur eine Fleischwunde abbekommen hat. Dass wir in Sicherheit sind.

Dann sehe ich wieder vor mir, wie Dom nach hinten umgekippt und im Gras gelandet ist. Tot.

Ich bin nicht wirklich traurig darüber – und trotzdem erfüllt mich die Endgültigkeit seines Abgangs mit kaltem Grauen. Ein Menschenleben wurde beendet. Unwiderruflich. Es mag vielleicht ein beschissenes Leben gewesen sein, aber ganz egal, welches Potential auch in Dom geschlummert hat (ob zum Guten oder zum Bösen), es ist verloren.

"Hier, Kitty ..." Dylan drückt mir eine Decke in die Hand und trotz der stickigen Wärme, die in seinem winzigen Appartement herrscht, lege ich sie mir um die Schultern. Es ist auch keine Wärme-Decke, sondern eine Tröst-Decke. Hellblau, flauschig, mit Wolken und Regenbögen darauf.

Noch bevor ich mich bedanken kann, ist Dylan auch schon wieder weitergezogen, zu Joe, der auf der anderen Seite des Esstischs sitzt und die Wunde an seinem Oberschenkel begutachtet. Er sieht aus, als wollte er im nächsten Moment mit dem Zeigefinger darin herumbohren.

"Sie blutet gar nicht mehr", bemerkt er. "Das ist doch ein gutes Zeichen, oder?"

"Wir müssen sie trotzdem verbinden", erwidert Dylan. "Und du musst ins Krankenhaus."

"Kein Krankenhaus", protestieren wir unisono.

"Sonst findet Rayner uns noch", schiebe ich hinterher. "Außerdem können wir uns das nicht leisten."

"Seid ihr nicht versichert?", fragt Dylan, während er in seinen altmodischen Küchenschränken nach Verbandszeug kramt.

Nicht altmodisch, korrigiere ich mich in Gedanken. Heutzutage nennt man das wohl Shabby Chic (Gott ... wie sehr ich mir wünschte, ein Maß an Wohlstand zu erreichen, bei dem ich es mir leisten könnte, meine Möbel absichtlich alt und heruntergekommen aussehen zu lassen).

"Nein. Nicht mehr", murmele ich.

"Ach, in ein paar Tagen ist das wieder verheilt", sagt Birdie und durchsucht ihrerseits die Schränke. Vermutlich nach Alkohol. Wenn Dylan sich nicht verändert hat, wird sie bei ihm höchstens ein paar Limo-Dosen finden. Mein Ex ist förmlich süchtig nach dem süßen Zeug. Ein Wunder, dass er noch so aussieht wie er es tut. Ich könnte bestimmt nicht so viel Big Red, Mountain Dew oder Pepsi in mich reinschütten, ohne einen Schwabbelbauch zu bekommen.

Aber warum eigentlich nicht?, frage ich mich.

Nachdem ich heute so knapp dem Tod entronnen bin, habe ich eine ganz neue Sicht auf das Leben. Ich sollte jede Sekunde genießen. Das bedeutet: Big Red, Mountain Dew und Pepsi wann immer ich es will. Dazu am besten noch Tacos, Burritos und Cupcakes. Das Leben ist wirklich zu kurz, um sich alles zu verbieten.

"Hast du Schmerzen?", fragt Dylan.

"Nein", antwortet Joe, auch wenn sein Gesicht aschfahl ist. Vielleicht zehrt er noch vom Endorphinrausch, der bei mir so langsam abebbt.

Dylan scheint ihm genauso wenig zu glauben wie ich und kramt ein paar Tabletten aus dem Schrank.

Birdie nimmt sie ihm ab und wirft einen Blick auf das Etikett. "Hast du nichts Stärkeres? Oxy zum Beispiel? Und vielleicht ein bisschen Wodka?"

"Alkohol und Tabletten. Wirklich?", wende ich ein.

"Ganz ruhig, Schätzchen. Ich weiß, was ich mache."

"Sicher? Nicht, dass wir dich nochmal verbuddeln müssen."

Birdie lacht wie eine Krähe. Dann scheint sie das Interesse an uns zu verlieren, gibt Dylan die Tabletten zurück und lässt sich in den zerknautschten Lesesessel am Fenster fallen. Auf dem Tisch daneben liegen ein Kreuzworträtselheft und ein Kugelschreiber. Sie greift danach, zieht die Knie an, streift ihre Schuhe ab und scheint alles um sich herum zu vergessen.

Ich wende mich an Dylan, der einen Verband um das Bein meines Bruders wickelt. "Soll ich dir helfen?"

Dylan sieht von seiner Arbeit auf und lächelt mir zu. Die hellbraunen Haare stehen ihm zerzaust vom Kopf ab und seine Augen sind von dem leuchtendsten Grün, das ich je gesehen habe. Er trägt noch immer seine beigefarbene Polizeiuniform mit den Schulterklappen und aufgesetzten Taschen. Nur seinen schweren Gürtel und die Waffe hat er beim Betreten der Wohnung abgelegt. "Nein, ich komme schon zurecht." Nach einer kurzen Pause ergänzt er: "Aber du könntest mir erklären, was da eigentlich los war."

Mein Blick zuckt zu Birdie. Sie kritzelt in dem Rätselheft herum und scheint uns gar nicht zu hören.

Also erzähle ich Dylan alles, was vorgefallen ist. Ich finde, dass er ein Recht darauf hat.

"Und ihr seid nie auf die Idee gekommen, die Polizei anzurufen?", fragt er, als ich geendet habe.

"Doch schon", gebe ich zu. "Aber du hast Godinski doch erlebt." Ich zucke mit den Schultern. "Rayner hat die Polizei in der Tasche."

"Mich hat niemand in der Tasche", bemerkt Dylan.

"Mag sein. Aber deine Vorgesetzten ganz bestimmt."

Ich sehe Dylan an, dass er gerne protestieren würde, aber er weiß, dass ich nicht ganz Unrecht habe. Rayner hat viel Einfluss. Und wenn es stimmt, was Mika gelegentlich andeutet, dann geben sich viele mächtige Polizeifunktionäre im Saloon die Klinke in die Hand.

"Na schön", sagt Dylan, wischt sich die Hände an der Hose ab und betrachtet sein Werk. "Ich gehe kurz in die Apotheke. Die ist nur einen Block entfernt. Wenn ich zurückkomme, entscheiden wir, was wir als Nächstes machen." Er mustert uns der Reihe nach. "Schließt die Tür ab und lasst niemanden rein, ja?"

Joe und ich nicken.

"Vergiss den Wodka nicht!", ruft Birdie unserem Gastgeber nach.

Dylan rollt mit den Augen und verschwindet zur Tür hinaus.

"Kitty ...?", flüstert mein Bruder in die entstandene Stille.

"Ja?"

"Als wir da draußen auf dem Feld waren ..."

Ich presse die Lippen zusammen. Irgendwie weiß ich schon, was er sagen will.

"Da hab ich Mom gesehen."

"Ja ... ich auch", murmele ich.

"Wirklich?"

"Na ja ... eher gerochen und gehört."

"Es war so echt." Joe wirft mir einen hoffnungsvollen Blick zu. "Denkst du, sie wartet irgendwo da oben auf uns?"

Joe weiß, dass ich nicht an Gott oder einen Himmel glaube. Und das hat sich durch mein Erlebnis draußen auf dem Feld nicht geändert. Bestimmt habe ich mir Mom nur eingebildet. Muss der Stress gewesen sein, sage ich mir. Und doch ist da dieser winzige Funken Hoffnung, dass es vielleicht irgendwann ein Wiedersehen geben könnte.

"Was ist mit eurer Mom?", fragt Birdie, lässt das Rätselheft sinken und wischt sich mit einer Hand über die glänzende Stirn. Ihre Finger zittern ein bisschen. Ich vermute, dass sie Entzugssymptome hat.

"Sie ist tot", antwortet Joe. "Ein Autounfall."

"Sie ist von einem Laster überrollt worden", erkläre ich, weil Autounfall dafür irgendwie das falsche Wort ist.

"Wann war das?", will Birdie wissen.

"Vor fünf Jahren."

"Ist das der Grund, warum euer Vater so depressiv ist?"

Ich zucke zusammen. Natürlich ist mir klar, dass Dad sowas wie Depressionen haben muss, aber es so unverblümt ausgesprochen zu hören, ist nochmal was Anderes. Und dann auch noch von Birdie ... sie kennt ihn gerade mal ein paar Stunden und hat schon erkannt, was mit ihm (und uns) nicht stimmt.

"Er vermisst Mom", antwortet Joe und reibt seine Hände aneinander, als wollte er sich an einer imaginären Feuerstelle wärmen.

"Das muss verdammt hart sein", sagt Birdie.

Ich weiß nicht, ob ich von Birdie bemitleidet werden will. Sie hat echt genug eigene Probleme.

"Was ist mit deinen Eltern?", fragt Joe.

Birdie zuckt mit den Schultern. "Keine Ahnung. Mein Vater ist abgehauen, als ich sieben war. Mit vierzehn bin ich dann von Zuhause weggelaufen, weil ich mit dem neuen Mann meiner Mutter nicht klar kam." Sie zupft einen Wollfaden aus der Armlehne des Sofas und flitscht ihn auf den Vinyl-Boden. "Und mit Anfang zwanzig habe ich meinen Sohn verloren. Das hat mich damals ziemlich aus der Bahn geworfen. Ich meine, noch mehr als ..." Sie lässt den Satz unvollendet und starrt ins Leere.

"Wie ist das passiert?", hakt Joe nach.

Birdie blinzelt sich in die Realität zurück. "Er hatte eine Krankheit. Wäre sowieso nicht alt geworden."

Ich kann nicht verhindern, dass mir das Herz schwer wird. Manchmal vergesse ich, dass andere Menschen auch ihr Päckchen zu tragen haben. "Das tut mir wirklich leid."

"Ach ..." Birdie winkt ab. "Ist schon lange her." Sie strafft die Schultern und setzt sich aufrecht hin. "Die Toten sind tot und wir müssen für uns selbst sorgen. Also ..." Ihr Blick wandert zwischen Joe und mir hin und her. "Worauf warten wir noch?"

"Moment mal", wende ich ein. "Was hast du vor?"

"Wir müssen diese Speicherkarte holen und zu Bandy-Bandy bringen."

"Und wo ist diese Speicherkarte?"

"Tja ..." Birdie schnalzt mit der Zunge. "Hier wird es kompliziert."

Ich verschränke die Arme vor dem Körper. Das Mitleid, das ich bis eben noch mit Birdie hatte, verflüchtigt sich wie Rauch im Wind.

"Sieh mich nicht so vorwurfsvoll an", murrt Birdie. "Ich hatte keine Wahl. Rayner hat mitbekommen, dass ich das Treffen zwischen ihm und seinem neuen Lieferanten gefilmt habe. Ich musste die Karte schnell verstecken und da-"

"Und da?", frage ich scharf.

"Habe ich sie Mika zugesteckt."

"Das bedeutet?"

"Die Karte ist jetzt in Mikas Spind."

"Und wo?"

"Im Saloon."

"Im Saloon?", wiederhole ich, während mir langsam klar wird, was das bedeutet. "Im Saloon?!"

"Ich weiß, ich weiß ... das klingt jetzt wie ein Problem, aber eigentlich ist es genial." Birdie lächelt uns an. "Ich meine, wo würde Rayner auf keinen Fall nach uns suchen?"

"Das ist Wahnsinn", hauche ich.

"Du weißt ja wohl hoffentlich, was man über Genie und Wahnsinn sagt ..."

"Aber wie sollen wir das anstellen?"

"Keine Angst, ich weiß schon wie, aber wir müssen jetzt aufbrechen und uns vorbereiten."

Birdie springt auf und katapultiert dabei aus Versehen das Rätselheft durch den Raum.

Ich bücke mich danach und hebe es auf. "Was ist mit Dylan?"

"Ganz ehrlich ...?", seufzt Birdie. "Ich kann verstehen, was du an ihm findest. Ich meine ... diese Augen ... dieser Arsch ... aber er ist nunmal ein Cop und wird uns nur im Weg stehen."

"Er hat eine Waffe", wende ich ein.

"Wir brauchen keine Waffe", erwidert Birdie und mustert mich von Kopf bis Fuß. "Jedenfalls keine richtige Waffe."

Ich habe keine Ahnung, was sie meint, und irgendwie auch Angst, nachzufragen. Mein Blick fällt auf das aufgeschlagene Kreuzworträtsel in meiner Hand. Zu meiner Überraschung muss ich erkennen, dass Birdie es komplett gelöst hat.

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