DER BLAUE (WriCha 4)
Gewidmet an meine Geschwister
Er stand neben den anderen seiner Artgenossen und sah stolz um sich. Er war der schönste von allen. Die anderen hatten hellbraune und dunkelbraune Haut, seine war strahlend blau, dunkelblau um genau zu sein. Die anderen trugen schicke Seilketten, sehr modern in letzter Zeit. Ihm wurde ein weißes Band angelegt. Er wollte nicht protzen, doch er konnte es einfach nicht lassen. Immerhin war er der schönste von allen. Und er war auch der Liebling seiner Menschen.
Der Schuppen öffnete sich und vier kleine Kinder drängelten sich hinein. Sie schubsten sich gegenseitig aus dem Weg und alle rannten zu ihm. Er sagte es doch. Er war der beliebteste. Die Kinder zogen aneinander und quengelten durcheinander.
Das älteste Mädchen zwängte sich durch eine Lücke und entkam der Hand des älteren Bruders, der ihre Haare packen wollte. Sie hastete zu dem Blauen, er wusste ja, wie wunderschön er war, und riss ihn an sich. Sie hatte ihn für den Tag beschlagnahmt.
Die anderen mussten auf die Holzschlitten und die Porutscher ausweichen. Hätte er einen Mund, hätte der Blaue den anderen die Zunge rausgestreckt. Er hatte es gut. Er wurde geliebt.
Die vier Kinder zogen los und quasselten fröhlich durcheinander. Als einer zu pfeifen begann, beschwerte sich die Schwester mit dem blauen Schlitten, die anderen hingegen stiegen in das Pfeifkonzert mit ein.
Sie erreichten den Hügel und ein wunderbarer Wintertag begann. Im Gegensatz zu seinen Artgenossen glänzte der blaue Schlitten in der Sonne, die erst am Nachmittag hinter dicken Schneeflockenwolken verschwand.
Wind trieb die vom Himmel fallenden Schneeflocken in die Gesichter der Kleinen. Es wurde immer dunkler, doch niemand wollte nach Hause. Das kleinste Geschwisterchen nervte damit, dass es so kalt war. Der Älteste wollte noch eine Runde mit dem guten Schlitten fahren.
Der Blaue fühlte sich geehrt und gewertschätzt. Er fuhr die Ehrenrunde. Er wollte ja nicht vor den anderen protzen, aber er hatte schon immer gewusst, dass er ganz besonders war. Gut aussehend, beliebt und auch furchtbar schnell.
Als der Älteste und der Jüngste auf den Schlitten stiegen, feuerten die anderen ihn an. Die Jubelrufe galten ganz sicher ihm, dem Blauen. Das bezweifelte der Schlitten keine Sekunde.
Im nächsten Moment rasten sie drei den Hügel hinab. Der älteste Bruder lenkte in die eine und in die andere Richtung, doch er zog die Bremsen nicht. Stattdessen fuhren sie weiter.
Der Blaue spürte nur den Wind auf seiner glänzenden Oberfläche, er sah einfach strahlend aus, und erkannte die Gefahr zu spät.
Sie fuhren auf einige Hügel und Haufen zu. Es ging auf und ab, ab und auf und plötzlich krachte der Blaue mit voller Wucht auf einen Hügel. Der große Bruder lehnte sich nach hinten und der Schlitten knackte in der Mitte durch.
Der Blaue wusste, dass er besonders war. Attraktiv und rasend schnell, das ganz sicher. Aber nie hätte er sich ausgemalt, dass er vor allen anderen zerbrach. Zuletzt blieb das Besonderste an ihm, dass er so schnell sein Leben verlor.
Seine Artgenossen aber, die hielten der Kinder Leben lang.
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