Eine neue Familie
Der Mann gestern hatte gar nicht so unrecht gehabt, denn am nächsten Tag wurden wir wirklich freigelassen. Na ja, nicht so ganz, sondern gefesselt. Es gingen immer zwei Menschen nebeneinander. Wir wurden wieder in so einen stickigen Transportwagen gequetscht. Natürlich versuchten ein paar Mutige zu entkommen, doch ihre Belohnung dafür war der Tod. Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken und mein Magen drehte sich um, als ich sah, wie diese Leute umgebracht wurden.
Die Fahrt dauerte dieses Mal noch länger. Als die Türen aufgingen und das Tageslicht hereinschien, wurden wir zu drei nebeneinander stehenden Flugzeugen geführt. Scheiße! Noch weiter weg von unserer Heimat, die wahrscheinlich eh gar nicht mehr existierte. Als wir alle einen Platz in den Fliegern zugeteilt bekommen hatten, schlossen sich die Türen und man konnte hören, wie draußen die Düsen des Flugzeuges starteten.
Ich hatte ein sehr mulmiges Gefühl im Magen. Justin, wo bist du nur?!
Ich wurde in den Sitz gedrückt und wenig später befanden wir uns in der Luft. Ich hatte Angst. Normalerweise flog ich mit einem Flugzeug nur in den Urlaub ...
Nach ewigen Stunden des Leidens (manche Leute hatten es nicht mehr ausgehalten und einfach auf die Person neben oder vor ihnen gekotzt), kam die Nachricht, dass wir in wenigen Minuten landen würden. Außerhalb des Fliegers traf mich eine Hitzewelle. Das Atmen fiel mir in den ersten paar Augenblicken schwer, doch dann gewöhnte ich mich daran. Wir waren auf einem kleinen Flughafen. Rund herum konnte ich Wüste erkennen. Sind wir in Afrika oder was?
In Zweierreihen wurden wir hinausgeschleppt und in Busse verfrachtet.
"Ruhe! Hallo, Ruhe hab ich gesagt!", brüllte eine tiefe Männerstimme. Einige andere - darunter ich - zuckten erschrocken zusammen.
"Gut, geht doch. Wir sind in Afrika, näheres müsst ihr nicht wissen. Ihr werdet immer zu dritt oder zu viert Familien zugeordnet, denen ihr helft. Beim Jagen, beim Putzen, beim Schlachten und so weiter. Wenn sich jemand weigern sollte, wird ihm eine Strafe erteilt. Ihr könnt euch bereits vorstellen, welche ich meine. Geraucht und gesoffen wird nicht, Drogen sind tabu. Okay, dann viel Spaß!"
"Spinnt ihr?!" "Nein, das tu ich nicht!" "Scheiße!"
Die Leute rund um mich flüsterten, murmelten und schrien Beschimpfungen, Angstrufe und was nicht noch alles. Ich war einfach ruhig und akzeptierte, dass mein Leben zu Ende war.
Es wurde gar nicht darauf geachtet, wer mit wem in einer Gruppe war; sie nahmen einfach die Personen, die sowieso schon nebeneinander standen. Immer weniger Leute probierten, sich zu wehren. Sie wussten, dass es null Sinn hatte. Ich kam mit zwei Männern, die ich auf Dreißig schätzte und einer Frau,die etwas älter als ich aussah, in die Gruppe. Mit Jeeps fuhren wir durch eine Wüstenlandschaft und kamen zu einem art Dorf. Ich musterte die Hütten und die davorstehenden Leute. Mein Mut und meine Hoffnung waren nun entgültig verschwunden.
(Bild oben angehängt)
Langsam stiegen die zwei Männer und die eine Frau aus dem Auto aus. Ich wollte nicht. Was würde geschehen? Würde der Jeep sofort wegfahren und uns hier für immer zurücklassen? Doch ich wurde aus dem Auto hinausgezerrt. Meine Schuhe waren nicht mehr die Neuesten und ich spürte durch die Sohlen den heißen Sand. Die Einheimischen starrten uns an. Ich stolperte zu meiner neuen Familie und starrte zurück. Plötzlich brummte etwas. Wir vier drehten uns gleichzeitig um.
"NEIN!", schrien wir wie aus einem Mund und wollten dem Jeep nachlaufen, doch er war zu schnell.
"Das hat keinen Sinn! Wir kommen ihnen sowieso nicht nach", meinte der größere Mann von meiner Gruppe.
"Ich bin übrigens Oliver", fügte er noch hinzu. Der andere sagte ebenfalls seinen Namen. Anton. Die Frau hieß Emily. Okay, also hatten ab heute Oliver, Anton, Emily und Tara eine neue Familie ...
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