Freitag, 05.Mai.2018

Noch am selben Tag, als du nach Biologie Leistungskurs deinen Spind geöffnet und den Zettel gefunden hast, kamst du zu mir. Mit deinen Mathe Hausaufgaben. Du hast gelächelt und eine deiner Strähnen hinters Ohr geschoben. Und du sahst in dem glänzenden Licht der Cafeteria so verwegen aus. Und jeder andere Mensch hätte mich einfach abschreiben lassen, aber du hast dich neben mich gesetzt-was bis jetzt noch niemand getan hat und du hast damit den leeren Platz gefüllt, der stets neben mir war. Und dann hast du mir deine Hausaufgaben hingelegt und hast sie mir erklärt. Ich muss zugeben, dass ich es verstanden habe und ich muss zugeben, dass ich doch lieber schreibe. Und was ich noch zugebe ist, dass die Pause mit dir der Hammer war. Wir haben geredet und du hast mir beim schreiben zu gesehen, weil du gehofft hattest, es wäre einer der Zettel für dich. Weil du gehofft hattest eine kleine preview zu bekommen. Aber so läuft das nicht, Ruby. Und die Pause war auch noch toll, weil du deine Freundinnen weg geschickt hast. Nicht, dass ich sie nicht leiden kann, aber du hast dir nur Zeit für mich genommen, und das hat mich besonders fühlen lassen. In einem ruhigen Moment, ich hab mich gerade von einem tiefen Lachen erholt, hast du mich gefragt, wie ich es schaffe so offen und ehrlich in meinen Texten zu sein. Du hast gemeint, dass du einige der Dinge niemals laut ausgesprochen hättest, weil sie zu privat und intim wären. Und ich hab mich gefragt, welche du meintest, aber darauf gab es keine Antwort. Genauso wenig, wie du eine Antwort auf deine Frage bekommen hast. Nicht weil ich dir keine geben wollte, sondern weil Mathe anfing. Und das tolle an diesem Tag war, dass ich absofort wirklich neben dir sitze. Ich hoffe ich bekomme jetzt dank dir mindestens eine eins! Aber nun gut, kommen wir zu dem roten Faden,Ruby. Heute liegt mir die Antwort auf dem Herzen, die ich dir noch schuldig bin. Manche Menschen nehmen Drogen, oder machen Sport, oder sie lesen, so wie du, um sich abzulenken oder sich auszudrücken. Um irgendwie mit diesen vertrackten Gefühlen klar zukommen, die wir Menschen nun mal haben. Ich schreibe eben. Und wenn ich nicht dass schreiben würde, was meine Finger fast wie automatisch aufs Papier bringen, dann würde es sich nicht mehr halb so gut anfühlen. Es würde sich eben wie Betrug anfühlen und man betrügt nicht das, was einen glücklich macht. Dich würde ich auch nie betrügen.

In Liebe
Der, der nur mit einem Blatt und Stift gnadenlos ehrlich sein kann