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1 Erste Wochen

Es ist jetzt einige Tage her.

Tage, in denen ich von einem Extrem ins andere schwankte. Von einer Minute zur anderen Lebte. Von Atemzug zu Atemzug. Und doch drohte ich zu ertrinken. Schwappten die Wellen über mich hinweg und machten mich hilflos. Verwirrten mich.

In einem Moment durchströmte mich übermächtige Freude, Euphorie und Glück und schon im nächsten Furcht, Angst, Erregung oder Trauer.

Manchmal auch Wut.

Wut auf mich selbst. Wut auf ihn. Und Wut auf sie. Wut auf die Ärzte, die uns sagten, dass wir uns Zeit nehmen sollten. Zeit um alles zu verarbeiten. Zeit, damit wir wieder zusammenwachsen konnten. Zeit, damit auch ihre Beine wieder zu neuer Kraft kommen konnten.

Einer Kraft, die uns manchmal fehlte. Ich versuchte mich zu beherrschen. Es war schwer. Sehr schwer. Doch wurde es mit jedem Tag schwerer.

Schwerer, weil ich sie nicht berühren konnte. Schwerer, weil ich sie nicht küssen, sie nicht im Arm halten konnte.

Und das schlimmste war, dass sie mich gebeten hatte ihr nicht immer zu sagen, wie sehr ich sie liebte. Jetzt konnte ich nicht einmal mehr das. Und allein, dass sie das gesagt hatte, machte es für mich noch schwerer.

Schwerer darauf zu warten, dass sie sich an mich erinnerte. An unsere gemeinsame Zeit. An unsere Gefühle. Ihre Gefühle für mich und die meinen für sie.

Ich versuchte ihr diese Zeit zu geben. Versuchte sie nicht zu bedrängen. Versuchte nicht, sie zu etwas zu drängen, was sie nicht konnte.

Aber es war schwer. Sehr schwer. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum sie sich nicht an mich erinnerte. Warum sie einfach ALLES vergessen hatte.

Oder war es vielleicht doch so, dass sie sich gar nicht an mich erinnern wollte?

Hatte ich vielleicht doch recht gehabt mit dem, was ich schon vor ihrem Unfall vermutet hatte? Liebte sie mich vielleicht doch nicht?! War es das? War dass das Problem? War sie mir nur nachgerannt, weil sie mir sagen wollte, dass sie sich anders entschieden hatte? Gegen mich? Und für IHN?!

Ich wollte diesen Gedanken gar nicht denken. Hatte ihn schon etliche Male beiseitegeschoben und mir ihre Worte ins Gedächtnis zurück gerufen. Ihre Worte die sie mir mit schmerzvoller, brüchiger Stimme zugeflüstert hatte, als sie blutüberströmt auf der Straße gelegen hatte.

Sie hatte mir gesagt, dass sie mich liebte, doch vielleicht hatte sie ja auch noch mehr sagen wollen. Nur hatte ihr die Kraft, die Luft dazu gefehlt.

Was...was, wenn sie mir hatte sagen wollen, dass sie mich liebte. Mich sehr liebte, doch das sie IHN mehr liebte als mich. Was, wenn sie mir hatte sagen wollen, dass es ihr leid tat aber sie es nicht ändern konnte. Nicht ändern, dass sie für ihn mehr empfand als für mich?

Ich konnte keine Antwort darauf finden. Vor einer Woche nicht, vor einem Monat nicht. Auch nicht in den Tagen nach dem Unfall.

Doch selbst jetzt, wo sie wieder wach ist; aus dem Koma erwacht; auch da finde ich noch immer keine Antwort auf diese Frage.

Und sie kann sie mir auch nicht beantworten. Nicht, dass ich sie nicht danach hätte fragen wollen, doch würde sie sie mir gar nicht beantworten können, weil sie sich schlicht nicht erinnerte.

Nicht an mich. Nicht an ihn. Nicht einmal an ihre Eltern. Auch ihre Schwester erkannte sie nicht. Vielleicht sollte ich mich doch mit dem Gedanken abfinden, dass sie sich nicht erinnern kann und nicht immer meine Zeit damit vergeuden zu denken, dass sie es nicht will.

Warum sollte sie es auch nicht wollen. Sie hat ja schließlich nichts zu verlieren. Vielmehr hätte sie viel zu gewinnen.

Ich weiß, dass ihre Freunde sie vermissen. Selbst mein dämlicher Bruder vermisst sie. Und die Mädchen aus ihrer Klasse. Und auch meine kleinen Schwestern vermissen sie. Ständig liegen sie mir in den Ohren und fragen nach ihr. Nach ihrer Musik. Nach ihren Bildern. Und ob sie bald mal wieder kommt.

Sie sind klein. Verstehen nicht, was es heißt wirklich krank zu sein und so fragen sie immer wieder. Jedes Wochenende wenn ich für einige Stunden nach Hause Fahre. Und jeden zweiten Abend am Telefon.

Ich genieße diese Zeit. Einerseits. Andererseits hasse ich sie.

Ich hasse es, dass ich froh bin aus dem Krankenhaus rauszukommen. Hasse es, dass ich es erleichternd finde, für einen Moment vergessen zu können. Sie vergessen zu können. Ihren Schmerz. Ihre Stimme. Ihre fehlende Erinnerung. Und ihre fehlenden Gefühle für mich.

Meine Gefühle für sie kann ich jedoch nicht vergessen. Es ist, als hätte ich mein Herz verschenkt. Verschenkt an jemanden, der es verloren hatte. Verloren, ohne zu wissen wo. Doch daran, dass sie es weggeworfen hatte, wollte ich nicht denken.

Ich war mir nicht sicher, doch ich würde alles in meiner Macht stehende tun, um es wiederzufinden. Mit ihr. Und dann würde ich es ihr wiedergeben, selbst, wenn sie es nicht wollte. Ich würde ihr mein Herz wieder und wieder zu Füßen legen, nur damit sie es eines Tages aufheben könnte um es mir zurückzugeben. Oder um es zu behalten.

Ohne sie würde dieses kleine, unscheinbare Ding ohnehin keinen Sinn mehr machen. Ich hatte sie gesucht. Lange hatte ich nach ihr gesucht und dann hatte ich sie unter einem Haufen schwarzem und weißem Holz gefunden. Unter Massen an Papier und Noten. Musik.

Oder hatte sie doch mich gefunden? Hatte sie mich vielleicht genauso gesucht, wie ich sie? Und hatten wir uns gegenseitig gefunden und aus einem Berg von Sorgen befreit? Ich weiß es nicht. Werde es wohl auch niemals wissen. Nur eines wusste ich!

Ich würde nicht aufgeben es herauszufinden und sollte es noch Jahre dauern hinter dieses Geheimnis zu kommen.

Und wenn es auch schwer werden würde, ich würde mich immer wieder aufrappeln. Ich würde mich hinstellen und weitergehen. Ich würde Rückschritte in Kauf nehmen müssen. Vielleicht unüberwindbare Hindernisse aus dem Weg räumen müssen, doch eines würde ich sicher nicht. Das konnte ich gar nicht. Ich wollte nicht einmal daran denken. Doch aufgeben kam für mich nicht in Frage.

Sie würde sich an mich erinnern! Und dann, wenn es soweit war, würde ich ihr die alles entscheidende Frage stellen.

Eine Frage, die mich entweder zum Glücklichsten Menschen dieser Welt machen, oder mich zerstören würde.

Doch ich würde ihr diese Frage stellen, so sehr ich mich auch vor der Antwort fürchtete.

Ich würde sie Fragen, ob sie mich liebte. Noch immer. Oder eben nicht.

Allerdings musste diese Frage warten. Vielleicht noch Jahre. Vielleicht nur Wochen. Die Ärzte konnten uns nicht sagen, wie lange es dauern würde, bis ihre Erinnerungen zurückkehren würden, oder ob überhaupt.

Was jedoch wiederkommen würde, wäre die Kraft in ihren Beinen. Die Muskeln, die ihr fehlten und die sie derzeit noch an den Rollstuhl fesselten.

Die acht Wochen, die sie im Koma verbracht hatte, hatten ihr diese Kraft genommen, doch die Krankengymnastik, sollte ihr dabei helfen wieder neue Muskeln aufzubauen.

Und sie war wirklich fleißig. Übte unermüdlich. Schenkte sich nichts. Biss die Zähnen zusammen und trainierte, doch gab es Tage, an denen wurde ihr alles zu viel. Zu viel Training für die Beine. Zu viel Training für den Kopf. Zu viel dass sie lernen musste und das sie an den Rand ihrer Möglichkeiten brachte. So wie heute.

"Hör auf!", kann ich ihre Stimme aus dem Trainingsraum hören, "Verdammt! Ich schaff das heute nicht! Kapier das doch! Ich kann nicht mehr!"

Ihr Trainer scheint etwas zu antworten, doch spricht er in normaler Lautstärke, so dass ich ihn nicht verstehen kann. Sie hingegen schon.

"Nein, hab ich gesagt!", brüllt sie beinahe.

Ich höre ein Poltern. Dann einen schmerzverzerrten Schrei, der mich aufrüttelt. Mit einem Satz bin ich auf den Beinen und reiße die Tür auf. Ich bin mal wieder zu besorgt. Immerhin ist sie nicht allein, doch kann ich es nicht ertragen, sie leiden zu sehen. Oder in diesem Fall das Leid in ihrer Stimme zu hören. Leid, dass ihr erspart geblieben wäre, wenn ich nicht vor ihr davon gelaufen wäre. Wenn ich mir angehört hätte, was sie mir zu sagen hatte. Doch so ist es nicht mein Leid, dass mir das Herz zerreißt, sondern ihres.

Mein Blick huscht durch den Raum. Ich sehe den Barren und auch viele andere Geräte, die die Therapeuten brachen, doch sie übt das Gehen oft an diesem Barren, weshalb mein Blick sofort in diese Richtung schwenkt.

Sie liegt auf dem Boden auf einer weicheren Matte. Brian steht gleich daneben und will ihr aufhelfen, doch schlägt sie seine Hand weg.

"Lass mich!", faucht sie ihn mit Tränen in den Augen an, die mir ins Herz schneiden. Ich will ihr helfen. Nur wie, weiß ich nicht.

Eilig gehe ich auf sie zu, während Brian, ihr Trainer, sich neben sie kniet.

"Marie. Komm schon. Nur noch ein, zwei Mal hin und her, dann hast du es geschafft. Oder willst du lieber ein paar Übungen an der Beinpresse machen?", schlägt er vor und erntet prompt ein patziges

"Hörst du nicht zu oder was?! Ich habe gesagt es reicht! LASS mich in RUHE!"

"Ich hab dir schon zu gehört, doch wenn du nicht übst, dann wirst du noch sehr lange in diesem Rollstuhl sitzen. Willst du das?", fragt er sie und hebt skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. Sieht sie fragend an und wartet. Auch ich bin stehengeblieben und sehe sie besorgt an.

Die Blicke der Beiden huschen kurz zu mir. Ihr Blick verfinstert sich, der von Brian wird resignierter, als sie recht sauer sagt: "Ja! Vielleicht will ich das ja. Wäre auch kein Beinbruch! Ich kann mich ja auch nicht erinnern. Was macht es da für einen Unterschied, wenn ich auch nicht laufen kann!"

Am Ende ihres Satzes bricht ihre Stimme. Tränen rollen ihr über die Wangen, die sie mit einer hecktischen Geste beiseite wischt.

"Also schön.", sagt er schließlich, "Machen wir Schluss für heute.", dann wendet er sich an mich.

"Bringst du mal den Rollstuhl Ian?"

"Sicher.", sage ich ruhig und gehe zu Mias fahrbarem Untersatz hinüber und bringe ihn zu den Beiden, doch kaum stehe ich vor ihnen und ziehe die Bremsen an, funkelt mich Mia wütend an.

"Hast du eigentlich nichts Besseres zu tun, als den ganzen Tag um mich herum zu schleimen? Ich kann mich nicht an dich erinnern, da kannst du mir so oft du willst irgendwelche Storys erzählen, die ich angeblich gemacht habe. Ich erinnere mich nicht an dich! Kapiert?! Lasst mich endlich alle in RUHE!", ihre Stimme wird zum Ende immer lauter. Und auch schriller, doch weiß ich, dass sie es nicht so meint...oder...?

Ich hoffe es zumindest. Immer häufiger scheint die Wut sie aufzufressen. Wut auf sich selbst. Wut auf mich und alle anderen.

Ich nehme ihre Schlechte Laune hin. Ignoriere sie schlicht und helfe Brian dabei sie in den Rollstuhl zu heben.

Ich hätte es auch allein geschafft, doch lässt Mia mich kaum an sich heran. Mit jedem Tag wird es schlimmer.

Zumindest kommt es mir so vor.

Als sie vor einigen Wochen aus dem Koma erwacht ist, da nahm sie alles noch ruhig hin. Hörte den Ärzten zu, wie sie ihr erzählten, was passiert ist. Warum sie sich nicht erinnern könnte und das das vermutlich mit der Zeit wieder werden würde, doch hatte sie sich wohl zu große Hoffnungen gemacht. Wie ich. Wie ihre Eltern. Wir alle eigentlich. Hoffnungen, die mit jedem Tag, der verging, schwanden.

Ich sah es ihr an. Die Verzweiflung. Die Angst. Eine Angst, die auch mich erfüllte. Einfach, weil ich dachte, wenn sie sich nicht erinnerte, würde ihre Liebe zu mir für immer verloren gehen.

Daran, dass sie sich vielleicht neu in mich verlieben könnte dachte ich nicht. Warum wusste ich nicht, doch hoffte ich mit jedem Tag, den ich bei ihr verbrachte, dass ihre Erinnerungen zurückkehren würden.

Doch bisher...weit gefehlt...

Sie erinnerte sich nicht einmal an meinen Namen. Nicht an den ihrer Eltern. Wusste nicht, dass sie Adoptiert wurde und auch nicht daran, wie man Klavierspielte. Sie wusste tatsächlich gar nichts mehr.

"Bringst du Marie auf ihr Zimmer?", fragt Brian mich und ich nicke zustimmend. Was bleibt mir auch anderes übrig.

Ich meine nicht, dass ich sie bringen müsste, sonder das nicken. Ich würde sie überall hin begleiten. Ganz gleich ob zu den Untersuchungen oder zu ihren Therapien. Selbst wenn sie es nicht will. Und dass sie nicht will, zeigt sie mir nur allzu deutlich.

"Lass das, Idiot! Ich schaff dass alleine!", fährt sie mich wütend an und schlägt meine Hand beiseite, mit der ich nach den Griffen fassen wollte und schiebt sich selbst Richtung Ausgang.

Ich folge ihr schweigend.

Ich weiß nicht, was ich ihr getan habe. Doch bin ich einfach nur froh, dass sie wieder wach ist. Das sie lebt und atmet. Das sie spricht. Dass sie mich anpflaumt finde ich allemal besser, als wenn sie noch immer im Koma liegen würde und deshalb finde ich ihre schlechte Laune beinahe erfrischend und genieße sie regelrecht.

Vor allem den Klang ihrer Stimme, auf den ich seit Monaten sehnsüchtig gewartet habe.

Gemächlich gehe ich neben ihr her und lausche ihrem erregten Atem. Meine Schritte hallen auf dem Linoleumboden und brechen sich an den grünlichen Wänden. Auf dem Boden markiert eine rote Linie den Weg, den wir gehen, bis wir zu den Aufzügen kommen.

Als sich die Türen öffnen rollt sie hinein und versperrt mir den Weg.

"Hör mal.", beginnt sie recht sachlich, doch funkeln ihre Augen bedrohlich, als sie mir ins Gesicht sieht. Ich sehe sie an. Ziehe fragend eine Augenbraue in die Höhe und frage mich, was jetzt wohl kommen wird.

"Du meinst das sicher nett und so, aber...also...hau ab! Bitte!", knallt sie mir recht unhöflich vor den Kopf und obwohl sie ein 'Bitte' mit eingefügt hat, höre ich, wie gereizt sie ist.

Im ersten Moment bin ich wie erstarrt. So deutlich hat sie mir bisher noch nicht gesagt, dass sie mich nicht mehr sehen will. Doch versuche ich mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich ihre Worte verletzten.

"Klar könnte ich das. Aber ich tu's nicht.", sage ich achselzuckend und schiebe sie samt Rollstuhl beiseite. "Ich habe Brian nämlich versprochen dich sicher in dein Zimmer zu bringen. Und was man verspricht muss man schließlich halten."

Ich zwinkere ihr zu. Versuche ihre schlechte Laune zu vertreiben, doch bin ich mir nicht sicher, ob ich das richtige tue.

Vielleicht sollte ich tatsächlich einfach gehen. Immerhin bin ich jeden Tag hier. Hänge fast die ganze Zeit bei ihr rum und versuche ihr zu helfen. Ich und auch Mara und Pascale haben ihr schon viel erzählt. Vieles, das uns wichtig erschien. Dinge, von denen wir dachten, sie sollte sie wissen. Von mir weiß sie allerdings nur, dass ich ihr Freund bin. Also eher ein Freund. Ich wollte sie nicht mehr unter Druck setzen, als sie es selbst schon tut.

Anfangs hat sie uns ausgefragt, doch inzwischen scheint sie alles zu wissen, was sie wissen wollte, oder sie hat die Hoffnung aufgegeben, dass ihr die Informationen helfen. Denn nichts, wie es scheint, hilft ihr dabei sich zu erinnern.

Weder ich, noch ihre Eltern, doch geben ich die Hoffnung nicht auf. Und nur weil sie es tut, heißt das nicht, dass ich mich dem Anschließe.

Und deshalb betätige ich den Knopf für den siebten Stock und begleite sie nach oben. Sie funkelt mich wütend an, sagt aber nichts mehr.

Auch nicht als wir oben ankommen. Nicht, als sie sich in ihr Zimmer rollt durch die Tür, die ich ihr aufhalte und auch dann nicht, als sie sich an das Zimmer ihres Fensters stellt und hinausschaut.

Auch als ich sie Frage, ob sie etwas zu trinken möchte antwortet sie mir nicht.

Meine Versuche sie aufzumuntern ignoriert sie auch und das obwohl ich mich echt zum Affen mache. Ich schneide sogar Grimassen, was ich nicht mehr gemacht habe, seit dem ich acht war, doch entlocke ich ihr damit nicht einmal ein müdes Lächeln. Nur ein gereiztes Schnauben und sie wendet sich noch weiter von mir ab.

Resigniert gebe ich auf. Mit ihr ist heute echt nichts anzufangen. Dabei war sie vorhin eigentlich noch ganz zuversichtlich, als ich sie nach unten zu ihrem Training begleitet habe.

"Ich geh mir mal was zu trinken holen.", ziehe ich mich schließlich doch von ihr zurück. Ich ertrage diese Zurückweisung einfach nicht mehr.

Klar. Ich hab sie verdient. Nur wegen mir ist sie hier, aber manchmal wird mir das dann doch alles zu viel.

Oder vielleicht braucht sie ja doch nur mal eine Auszeit. Zeit mal nicht darüber nachzudenken, warum sie sich nicht erinnert und wie wir das ändern können.

Einfach mal eine Pause. So wie ich.

Als ich mich von ihr abwende scheint sie wirklich erleichtert zu sein und so trotte ich wie ein begossener Pudel nach draußen.

Na, zumindest innerlich fühle ich mich so. Äußerlich wuschele ich ihr durch die Haare und amüsiere mich über ihr verärgertes Schnauben.

"Und komm ja nicht wieder!", ruft sie mir hinterher, als ich die Tür ins Schloss ziehe.

Vor der Tür sacke ich beinahe in mich zusammen. Heute ist echt ein scheiß Tag!

Langsam gehe ich den Flur hinunter zurück zum Fahrstuhl. Als sich unten die Türen öffnen steht Mara vor mir. Charlie auf dem Arm.

"Hey Ian.", freut sie sich mich zu sehen, "Was machst du denn für ein Gesicht?", sie runzelt die Stirn und schließt mich in die Arme.

"Hallo Mara.", erwidere ich ihren Gruß und drücke die beiden an mich. Nehme ihr Charlie ab, die sich in mein T-Shirt gekrallt hat und drücke der Kleinen einen Kuss auf die Stirn. Ihre Wärme spendet mir einen gewissen Trost und macht mein Herz ein wenig leichter.

Seit Mia aufgewacht ist sehe ich Charlie sogar noch häufiger als vorher, denn inzwischen schlafe ich in Mias Zimmer und nehme Mara die eine oder andere schlaflose Nacht ab, wenn ich mal wieder nicht schlafen kann.

"Mia ist etwas schlecht drauf. Das ist alles.", erkläre ich meine betrübte Mine.

"Was hat sie denn?", fragt Mara irritiert und zieht mich Richtung Kiosk, wo sie kurzerhand zwei Kaffee bestellt.

Woher sie wusste, dass der mir jetzt gerade recht kommt ist mir ein Rätsel, doch bin ich ihr unheimlich dankbar.

Mit Charlie auf dem Schoß sitze ich ihr gegenüber und lasse das Mädchen auf meinem Bein reiten.

"Ich denke, es wird ihr alles etwas viel in letzter Zeit.", sage ich ratlos ohne den geringsten Schimmer, ob ich damit recht habe. Dass sie mich nicht mehr sehen will sage ich nicht. Sie würde sich nur noch mehr um mich sorgen, als sie es sowieso schon tut. Sie behandelt mich als wäre ich ihr Sohn, was zwar lieb, manchmal aber auch anstrengend ist.

"Es ist ja auch nicht ganz einfach für sie.", versucht Mara mich aufzuheitern, was ihr nicht wirklich gelingt.

"Ich weiß.", sage ich seufzend und nehme einen Schluck aus meinem Becher. Charlie greift zielsicher danach, doch ebenso zielsicher hindere ich sie daran.

Ich stelle den Becher ab und beginne das Mädchen zu kitzeln, das sich glucksend auf meinen Beinen windet.

Mara lächelt uns liebevoll an, bevor sie weiter spricht.

"Es ist nicht einfach für sie. Und wer weiß, wie es sich anfühlt, wenn man sich wirklich an gar nichts mehr erinnern kann. Nicht an dein Leben. Nicht daran, was du mochtest oder wen. Stell dir mal vor, da kommen dir wildfremde Menschen und sagen 'Hey. Ich kenn dich. Warum du mich nicht?' Ich glaube mich würde das fertig machen.", versucht sie Mias Verhalten zu erklären, doch ist mir das alles selbst klar.

"Ich weiß ja, dass es schwer ist. Aber warum stößt sie mich weg Mara? Warum will sie denn nicht, dass ich da bin. Es geht mir doch nicht darum, dass sie weiß, wer ich bin. Nur darum, dass sie in meiner Nähe ist. Darum, dass sie mich wieder kennenlernen kann. Mehr nicht.", sage ich verzweifelt und seufze leise. Ich verstecke den Laut, in dem ich so tue, als würde ich meine Nase in Charlies Haaren vergraben, was die kleine zum Lächeln bringt.

Doch wie Mütter nun mal so sind, bemerkt Mara meine Verzweiflung.

Tröstend legt sie ihre Hand auf meinen Arm, der auf dem Tisch zwischen uns liegt und steht langsam auf.

"Lass ihr ein bisschen Zeit Ian. Sie wird sich schon an dich erinnern.", sagt sie zuversichtlich, "Ich geh mal hoch. Ich hab ihr was mitgebracht. Behältst du Charlie eine Weile hier? Ich würde gern mal in Ruhe mit Mia reden. Charlie wird immer so schnell unruhig.", fragt sie mich unnötigerweise.

"Sicher. Du weißt, ich liebe die Kleine."

Mit einem gequälten Lächeln sehe ich sie an, dann beugt sie sich zu Charlie hinunter. Gibt ihr einen Kuss und streicht mir dankbar über die Schulter, dann geht sie.

Ich bleibe noch sitzen. Trinke meinen Kaffee aus und albere etwas mit der Kleinen herum, was mich deutlich fröhlicher stimmt. Und weil es draußen so schön ist gehe ich mit ihr noch eine Weile auf den kleinen Spielplatz, bevor sie anfängt quengelig zu werden.

Mit Charlie auf dem Arm fahre ich wieder in den siebten Stock und will gerade Mias Zimmer betreten, als ich mal wieder ein Gespräch belausche, das wohl nicht für meine Ohren bestimmt ist.

"Ich will nicht, dass er immer hier ist, Mara. Er...ich weiß auch nicht...es nervt einfach!", sagt Mia energisch, "Ständig turnt er um mich herum und behandelt mich wie ein Kleinkind. Ich werde mich auch nicht schneller an ihn erinnern, wenn er ständig an mir dran hängt und so wie er ist, kann ich mir nicht einmal vorstellen, dass wir jemals Freunde waren! Er geht mir tierisch auf die Nerven!"

Verstört weiche ich vor der Tür zurück, die nur angelehnt ist. In meiner Brust schmerzt es. Und das, wo sie nur denkt, dass wir befreundet waren. Was würde sie nur sagen, wenn sie wüsste, dass wir ein Paar waren?! Hoffentlich klärt Mara sie nicht auf. Ich sollte einschreiten. Am besten sofort, doch sind meine Füße wie in den Boden betoniert, so dass ich mich nicht bewegen kann.

"Mia. Sag so etwas nicht.", kann ich Maras Stimme hören. Sie klingt etwas tadelnd, und vielleicht auch traurig, doch als sie weiterspricht ist ihre Stimme fest, "Ian ist ein toller Junge. Und ich weiß, dass du ihn sehr mochtest. Er vermisst dich. Und er macht sich fürchterliche Sorgen um dich. Seit deinem Unfall ist er dir nicht einen Tag von der Seite gewichen. Schick ihn bitte nicht einfach so weg.", redet sie ihr ins Gewissen, doch kommt das nicht gerade gut bei Mia an.

"Mag ja sein, dass er hier war. Mag sein, dass er sich Sorgen macht, aber es nervt! Versteh das doch! Ich bin kein kleines Kind mehr, das man bemuttern muss! Ich habe lediglich mein Gedächtnis verloren und ich kann nicht mehr laufen, aber...", sagt sie aufgebracht, doch unterbricht Mara sie.

"Ganz recht. All das hast du verloren, doch wenn Ian nicht gewesen wäre, dann wärst du jetzt Tot!", ich höre, wie ein Stuhl über den Boden geschoben wird, dann ein Geräusch, das sich anhört, als würde etwas sehr energisch auf den Tisch gelegt.

"Denk mal drüber nach! Und wenn es dich interessiert sieh dir die Bilder an, die ich dir mitgebracht habe. Ganz gleich, ob du dich an sie erinnerst oder nicht. Das da bist du! Ob du willst oder nicht!"

Plötzlich kann ich energische Schritte vernehmen, die auf mich zukommen, doch kann ich nicht schnell genug reagieren, bevor Mara die Tür aufreißt und zu mir nach draußen tritt.

Überrascht bleibt sie stehen und sieht mich mit funkelnden Augen an, die einen traurigen Zug bekommen, als sie eins und eins zusammenzählt.

"Du hast sie gehört, nicht wahr?", fragt sie leise und zieht die Tür hinter sich zu, dann nimmt sie Charlie auf den Arm, die sich in ihre Richtung lehnt und ihre kleinen Arme nach ihr ausstreckt.

"Ja.", sage ich mit belegter Stimme und muss mich erst einmal räuspern.

"Ja. Ich habe gehört, was sie gesagt hat.", wiederhole ich seufzend und lasse den Kopf ein wenig hängen. Es schmerzt. Und das nicht wenig.

"Ian.", sagt Mara eindringlich und fasst nach meinem Arm. drückt mich aufmunternd. "Wir müssen darauf vertrauen, dass sie sich erinnert. Und wenn nicht...", unbehaglich bricht sie ab. Fasst sich dann aber ein Herz, "Wenn nicht, wird sie uns halt neu kennenlernen müssen. Ich bin sicher, unsere Mia ist da drinnen irgendwo und ich weiß, sie wird gar nicht anders können, als sich wieder in dich zu verlieben. Das weiß ich!", sagt sie bestimmt und schiebt mich auf den Ausgang zu.

Noch einmal werfe ich einen Blick zu ihrem Zimmer.

"Eigentlich wollte ich noch mal...", beginne ich zögerlich, doch unterbricht Mara mich.

"Nein Ian. Soll sie sehen, wie es ist, wenn du nicht da bist. Nicht um sie herum bist. Wenn sie allein ist. Für heute hast du Krankenhausverbot. Du siehst ohnehin müde aus. Und beginnt das Studiensemester nicht auch nächste Woche? Du solltest dich mal ein bisschen um dich selbst kümmern. Page dreht mir den Hals um, wenn ich nicht auf dich aufpasse.", sagt sie mit einem belustigten Schnauben, dass mich resigniert Schmunzeln lässt.

"Also schön.", gebe ich mich geschlagen, "Ich komm mit. Aber morgen gehe ich ihr weiter auf die Nerven."

"Wir werden sehen. Ich bin sicher ein bisschen Zeit allein tut euch beiden mal ganz gut.", sagt Mara herzlich und weist mir den Weg zu ihrem Auto, wo sie Charlie in den Kindersitz setzt und ich mich auf den Beifahrersitz, bevor sie auch schon losfährt.

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4193 Worte
29.05.17

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