Louis - Sonst was?
Desmond baute sich vor mir auf und musterte mich mit abschätzigem Blick. Seine ganze Präsenz war furchteinflößend und ich fragte mich, seit wann das so war. Ich konnte mich an all die Jahre in seinem Haus erinnern, an die gemeinsamen Erlebnisse. In jeder einzelnen Erinnerung war er ein gutherziger, lustiger Mann gewesen. War all das Fassade gewesen? Hatte er sein wahres Gesicht gezeigt, als er erfahren hatte, dass sein Sohn sich für Männer interessierte?
Ich schluckte leicht und reckte das Kinn ein wenig. "Was kann ich für Sie tun?" fragte ich ihn.
Er steckte die Hände in die Taschen der teuren Anzughose. "Ich würde mit dir gern über Harry reden. Er scheint im Moment ein wenig durch den Wind. Ich frage mich, ob du weißt, wo er ist? Er meldet sich nicht bei mir", antwortet er und setzte einen besorgten Blick auf. Bei dem Anblick wurde mir übel. Wusste er nicht, dass ich Bescheid wusste?
"Ich werde mit Ihnen nicht über Harry reden, Mister Styles. Tut mir leid. Es ist nicht meine Aufgabe und wenn Sie mit Ihrem Sohn reden wollen, rufen Sie ihn an."
Ich sah ihn trotzig an und auf seinem Gesicht entstand ein kleines, amüsiertes Lächeln. Er schüttelte den Kopf.
"Du bist kein guter Schauspieler, Louis. Ich kann es dir von den Augen ablesen, dass du lügst. Also frage ich dich noch einmal, wo ist mein Sohn?"
"Ich sage es Ihnen nicht." Ich würde weiter darauf beharren, so viel war klar. Er konnte mich mal. Leider machte er mir Angst, das musste ich zugeben.
"Hör zu, ich weiß von euren...von euch. Lilly hat mir alles erzählt und ich sage dir, ich dulde das nicht. Ich rate dir also, halte dich von meinem Sohn fern, Louis", sprach er leise.
"Sonst was?"
Desmond hob überrascht die Augenbrauen für einen Moment, ehe seine Mimik eiskalt wurde und in seinen Augen Wut aufblitzte. Er sah sich einen Augenblick um, dann kam er mir näher und blickte mir direkt in die Augen. "Sonst werde ich dir deinen Job nehmen, deine Familie und alles, was dir lieb und teuer ist."
Er zog jedes Wort lang und verzog dabei keine Miene. Es war ihm ernst, sehr ernst. Ein Schauer überzog meinen Rücken und ich runzelte verwirrt die Stirn.
"Was soll das alles? Harry kann doch sein Leben gestalten, wie er es möchte", sagte ich leise.
Es war eine surreale Situation. Angst kroch durch meine Knochen, aber gleichzeitig wollte ich nur eine Sache: Harry um jeden Preis schützen. Ich wusste, was er ihm angetan hatte über all die Jahre und ich schwor mir selbst, dass er das nie wieder durchmachen musste, wenn ich es verhindern konnte. Er und ich hatten Jahre ohneeinander verschwendet, hatten nie aufgehört uns zu lieben. Aber das war zweitrangig, denn das Wichtigste war, dass er in Sicherheit war.
"Meine Gründe sind doch deutlich, oder?" fragte Desmond.
Ich schüttelte den Kopf, sah ihn fragend an. Er seufzte genervt. "Mein Sohn ist nicht einer von euch kranken Personen! Er muss es wieder lernen, aber das hat er bereits einmal! Er kann es wieder lernen!"
Erschrocken riss ich die Augen auf. "Sie schicken ihn zurück ins Camp?!"
Desmond nickte.
"Okay, es reicht!" rief ich. "Harry ist sechsundzwanzig Jahre alt! Er ist Ihnen nichts schuldig und er kann tun, was immer er will! Er will weder Lilly heiraten, noch sonst irgendetwas, dass Sie sich für ihn ausgedacht haben!"
Meine Wut wurde größer und sie überschattete die Angst, ließ sie mich kaum noch spüren. "Harry hat es verdient, glücklich zu sein!" setzte ich hinterher und funkelte ihn wütend an. Desmond jedoch grinste nur. "Du willst dir ernsthaft dein Leben kaputt machen?"
Ich schüttelte den Kopf. "Solange ich ihn bei mir habe, ist mein Leben vollkommen."
Desmond lachte auf und schüttelte den Kopf. "Junge, so langsam reißt mein Geduldsfaden. Du sagst mir jetzt, wo er ist, oder ich mache dich und deine Familie fertig. Nur ein Anruf und dein Job ist als erstes weg, Louis."
"Ich bin hier, Vater."
Erschrocken sah ich zu meiner Linken, Desmond tat es mir gleich. Vor uns stand Harry und sah seinen Vater mit emotionslosem Ausdruck an. "Lass Louis in Ruhe", sagte er leise.
Desmond schnaubte und ging einen Schritt auf Harry zu, stoppte jedoch. Er schien sich bewusst zu sein, dass wir an einem öffentlichen Ort waren, riss sich dementsprechend offensichtlich zusammen.
Harry erkannte es auch, er straffte die Schultern und sah ihm in die Augen. "Es ist ab sofort vorbei, Vater. Ich habe keine Angst mehr vor dir. Ich habe Lilly verlassen."
Desmond presste die Lippen aufeinander, starrte Harry an und wirkte wütend, als würde er gleich platzen. "Reiß dich zusammen", fuhr er ihn leise an und ich konnte ein kaum wahrnehmbares Zucken bei Harry erkennen. Ich stellte mich sogleich neben ihn und legte die Hand auf seinen Arm. Der Lockenkopf sah zu mir.
"Geh auf Arbeit, Lou", bat er mich.
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, vergiss es! Ich lasse dich nicht mit ihm alleine!" protestierte ich automatisch und er lächelte mich leicht an. "Bitte, Boo", sagte er leise. "Deine Arbeit ist sehr wichtig für dich. Ich schaffe das hier allein."
Erneut schüttelte ich den Kopf und sah ihn flehend an. "Hazza", hauchte ich ängstlich. Ich hatte so eine scheiß Angst um ihn. Ich wollte ihn beschützen, auf ihn Acht geben. Wie zur Hölle sollte ich arbeiten, wenn ich wusste, dass er ihm allein gegenüberstand?!
Er nickte mir zu. "Geh schon", bat er mich erneut und schließlich nickte ich ergeben. "Bitte ruf mich an, okay?"
Harry nickte erneut und ich sah Desmond an, der ein abfälliges Lächeln aufgelegt hatte. Ich nickte auch ihm zu. "Schönen Gruß an Anne", sagte ich leise und ging schweren Herzens zurück in das große Gebäude.
Ich fühlte mich unwohl. Die Einarbeitung in die neue Stelle zog an mir vorbei wie ein Film, der nebenbei lief, während man andere Dinge tat. Man registrierte ihn im Hintergrund, doch im Grunde war er uninteressant und man wusste nicht, um was es eigentlich ging. Ich hoffte inständig, dass mein neuer Boss, Dylan, nichts davon mitbekam. Er gab sich redlich Mühe, zeigte mir alles und ich schrieb all die Informationen in mein Notizbuch. So konnte ich wenigstens alles noch einmal nachlesen, würde mich morgen an meinem zweiten Tag nicht blamieren. Immer wieder checkte ich mein Handy, doch auch als ich Feierabend hatte, war da keine Nachricht von Harry. Die Sorge in mir wuchs von Sekunde zu Sekunde immer stärker.
Auf dem Heimweg rief ich ihn an, mehrmals hintereinander. An sein Telefon ging er jedoch nicht, auf meine Nachrichten antwortete er auch nicht. Ich war den Tränen nahe und konnte kaum an mich halten, als ich Zayn's Wohnung betrat.
Tief atmete ich durch, um nicht mit dem Weinen anzufangen. Ich zog mir die Schuhe aus und ging in die Küche, am Tisch saßen Zayn und Lydia, sie schienen das Abendessen vorzubereiten. Beide blickten zu mir und Zayn's Miene wurde sofort besorgt, als er mich sah.
"Was ist los, Lou? War der Arbeitsbeginn so mies?" fragte er leise und stand auf. Ich schniefte und schüttelte den Kopf, sah ihn stumm an.
"Louis?" hakte er nach. Auch Lydia schien besorgt, sie stand ebenfalls auf.
"Er meldet sich nicht", hauchte ich.
"Meinst du Harry?" fragte Zayn und kam zu mir, legte die Hand auf meinen Arm.
Ich nickte. "Sein Vater war bei mir auf Arbeit, heute Morgen. Harry kam dazu und er hat mich weggeschickt, damit ich in die Arbeit gehe. Seitdem meldet er sich nicht mehr", erklärte ich leise und Zayn nickte, zog die Augenbrauen zusammen.
"Vielleicht..." Er dachte einen Moment nach, bevor er weitersprach. "Lou, vielleicht reden sie noch."
Sofort schüttelte ich den Kopf. "Es ist etwas passiert, ich weiß es genau. Sonst hätte er mir eine Nachricht geschickt, er hätte sich gemeldet!" Ich wischte mir über die Augen und schüttelte den Kopf. "Es ist etwas passiert", hauchte ich angsterfüllt.
Zayn zog mich in seine Arme und hielt mich fest, während ich meine Tränen nicht mehr unterdrücken konnte und die Angst aus mir herausbrach, jetzt, wo ich zuhause war. Ich musste mich nicht mehr verstecken, jetzt wo ich bei Zayn war.
"Wir finden ihn, okay?"
Ich sah Zayn an. Er nickte und wirkte entschlossen. Lydia stellte sich neben uns, sah mich fragend an. "Kann ich bei der Suche helfen?" fragte sie mich.
Ich schüttelte den Kopf, lächelte sie dankbar an. "Schon gut. Ich weiß selbst nicht, wo ich suchen könnte. Ich weiß weder wo er wohnt, noch wo Desmond jetzt wohnt", antwortete ich ihr verzweifelt und ließ mich auf einen der Stühle fallen, raufte mir die Haare und schluchzte leise, sah wieder zu Zayn und direkt in seine Augen.
"Was, wenn er ihm etwas angetan hat?" hauchte ich ängstlich.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro