9. Kapitel
»Lucy's Sicht«
Der nächste Tag brach für uns schon um 5Uhr an. Wir befanden uns am Set um eine Performance für Studio Choom zu drehen. Fertig gestyled und in unseren Outfits standen wir in unserer Gaderobe. Wir drei waren viel zu müde, um uns auch nur über irgendetwas unterhalten zu können. Vor allem ich war müde.
„Leute, wie seht ihr denn aus? Ich brauche mehr Energie und Motivation", rief Jinho, als er zur Tür herein kam und klatschte kräftig in die Hände. Ich zuckte zusammen. „Wir sind bloß müde, die Nacht war nicht gerade lang", meinte Mira. „Das kann ich verstehen. Kommt ihr in zehn Minuten ans Set?", sagte Jinho. Jisoo zeigte unserem Manager einen Daumen nach oben, währenddessen sie einen Schluck von ihrem Kaffee nahm. „Wo warst du eigentlich die ganze Nacht? Du hattest noch viel weniger Schlaf als wir beide", hakte Mira plötzlich nach und sah mich an. „Ich war höchstens eine Stunde weg, übertreibe bitte nicht", korrigierte ich meine Sitznachbarin. „Mit wem hattest du denn telefoniert?", hakte Mira nach, was sie schon einmal getan hatte. Diesesmal hatte ich nicht vor, die Wahrheit zu verschweigen.
„Mit meinen Eltern", beichtete ich und biss mir auf die Unterlippe. „Ich wusste es", rief Jisoo triumphierend und sprang von dem Stuhl auf, auf dem sie saß. „Ich hab's dir gesagt Mira, ich hab's dir gesagt", mit einem Finger zeigte unser Leader auf Mira und freute sich. „Ist ja schon gut", zischte Mira. „Es waren wirklich deine Eltern?", sie drehte sich in meine Richtung, „Was wollten sie denn? Die rufen doch nie an." Ich musste auflachen. „Genau so waren auch meine Gedankengänge", sagte ich. „Die beiden wollten uns nur ihre Glückwünsche zu unserem Win aussprechen. Das wars", erzählte ich und hoffte, dass sie mir dies abkauften. Im Endeffekt taten sie das auch. Die beiden gehörten zu den Menschen, die nicht alles von dem Verhältnis zu meinen Eltern wussten und das sollte auch am Besten so bleiben.
Die zehn Minuten waren rum und wir liefen ans Set, wo wir die Performance von unserem Debüt Song aufnahmen. Die Aufnahme ging relativ schnell vorbei, sodass wir nach drei Stunden zum nächsten Termin fahren konnten.
Der ganze Tag war vollgepackt mit Terminen, bis 22:00Uhr. Um Punkt 22:00Uhr saßen wir in unserem Van und waren auf dem Weg nach Hause. Ich packte schnell mein Handy aus und hatte bereits zwei ungelesene Nachrichten und einen verpassten Anruf von Jisung. Ich öffnete seinen Chat und schrieb ihm:„Tut mir leid, es hat etwas länger gedauert, als erwartet. Wir sind jetzt erst auf dem Weg ins Dorm. Ich kann dich zurückrufen, wenn ich zu Hause bin." Daraufhin bekam ich direkt eine Antwort:„Ja klar, alles gut. Ich warte auf dich."
Aus irgendeinem Grund erwärmte sich mein Körper, nachdem ich diese Worte gelesen hatte. Jisung war schon immer ziemlich verständnisvoll und das hatte sich anscheinend nicht geändert. Es freute mich zu sehen, dass sich seine Persönlichkeit kaum geändert hatte.
Der Van stoppte und wir wurden vor unserem Dorm hinaus gelassen. Jisoo, Mira und ich betraten das Gebäude und liefen die Treppen zur Etage hoch, in dem sich unser Dorm befand. Jisoo schloss die Haustür auf. Sofort verteilten wir uns. Mira lief in unser Zimmer und Jisoo lief auf die Küche zu, in der sie sich was zu essen zubereiten wollte.
„Ist es okay, wenn ich im Wohnzimmer einige Zeit telefoniere?", rief ich durch's Dorm. Von beiden meiner Mitbewohnerinnen kam ein lautes 'Ja'. Also lief ich ins Wohnzimmer, wo ich mich auf die Couch setzte. Ich zückte mein Handy hervor und schrieb Jisung, dass ich jetzt soweit wäre. Kurz darauf erschien Jisung's Anruf auf meinem Handy, welchen ich entgegennahm. Ich hielt mein Handy an mein Ohr. „Hi", sagte ich vorsichtig. „Hey", ertönte Jisung's Stimme am anderen Ende der Leitung. Für einen kurzen Moment blieb es still.
Ich konnte hören, wie mein Herz gegen meine Brust schlug. Es war komisch nach so langer Zeit wieder mit ihm zu telefonieren und allgemein zu reden. Ich wusste nicht, inwiefern er sich verändert hatte und wie er sich in dieser Situation fühlte. Um ehrlich zu sein, wusste ich selber nicht, was ich gerade fühlte. Alles war einfach nur unangenehm und fremd.
„Wie geht's dir so? War dein Tag sehr anstrengend?", fragte Jisung. „Es ist soweit alles gut. Ich bin bloß ziemlich müde und erschöpft. Meine Nacht war nicht die längste", antwortete ich. Jisung lachte am anderen Ende auf. „Das kenne ich irgendwoher", meinte er. „Und wie geht es dir so? Ist alles okay?", stellte ich ihm dieselbe Frage. „Ja, alles okay. Wir hatten heute nicht allzu viele Promotions, also auch dementsprechend wenig Stress", erklärte Jisung. „Mhm", gab ich von mir und wartete darauf, dass er weiter erzählte. Seine Stimme hatte schon immer irgendwas beruhigendes an sich. „Ich habe gehört, das ihr auch bei Studio Choom wart? Wir durften dort auch mit ihnen drehen. Das war spaßig", führte Jisung die Unterhaltung fort. Er fing leicht an zu lachen, was ein Lächeln in meinem Gesicht erschienen ließ. „Seungmin hat Wasabi in Changbin's Kaffe getan und das nicht gerade wenig. Hyunjin hat das ganze heimlich gefilmt. Ich muss dir das Video nachher unbedingt senden", lachte Jisung und wurde ganz enthusiastisch. „Mach das, das muss ich unbedingt sehen", lachte ich. Im Anschluss daran erzählte Jisung noch mehrere Geschichten, die an demselben Tag passiert waren. Die Jungs waren immer noch genauso chaotisch, wie vor zwei Jahren. Diese Tatsache beruhigte mich sehr.
Mit der Zeit fiel die Anspannung von mir ab. Es fühlte sich normal an mit Jisung zu telefonieren und ihm beim Reden zu zu hören, sowie früher. Ich war kaum noch nervös, im Gegenteil, ich fühlte mich entspannt. In diesem Moment konnte ich die Realität und all meine Sorgen einfach so vergessen. Jedoch gingen uns die Gesprächsthemen aus und Jisung fragte schließlich:„Warum wolltest du eigentlich so dringend mit mir telefonieren?" Mein Herz blieb stehen, da ich plötzlich wieder zurück in die Realität gerissen wurde. „Achso, ja genau", murmelte ich und ordnete währenddessen meine Gedanken. „Es ist so, meine Eltern hatten gestern angerufen. Sie haben Dinge gesagt, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Da ich dir vor einiger Zeit die ganze Geschichte erzählt hatte, habe ich gedacht, dass ich vielleicht mit dir darüber reden könnte. Ich weiß, Yumi hätte sich auch angeboten. Jedoch hatten wir beide nur so lange keinen Kontakt mehr und ich dachte, du würdest etwas objektiver an die Sache heran gehen. Ich möchte dich aber nicht damit belasten. Du hast bestimmt schon genug zu tun. Ich weiß-", Jisung unterbrach mich Mitten im Satz. „Es ist okay, du kannst mir alles erzählen. Wir sind schließlich Freunde. Also, was haben sie gewollt?", redete Jisung sanft.
Ich holte einmal tief Luft und erzählte ihm dann von dem Gespräch. Ich erzählte ihm, was meine Eltern gesagt habe, wie ich mich gefühlt hatte und wie ich mich immer noch fühlte und was ich geantwortet hatte.
„Sie wollen ein Treffen mit dir? Wie lange habt ihr euch nicht mehr gesehen?", hakte Jisung nach. Er hörte sich ziemlich überrascht an. „Bestimmt schon drei Jahre nicht mehr. Ich möchte ihnen auch keinen Vorwurf machen. Wir hatten alle viel zu tun", antwortete ich. „Und was willst du jetzt machen? Hast du schon mal darüber nachgedacht, dich mit ihnen zu treffen?", stellte Jisung weitere Fragen. Ich zuckte mit meinen Schultern. „Ehrlich gesagt, habe ich nicht drüber nachgedacht und werde es wohl auch nicht. Die Tatsache, dass ich bei ihren Assistenten einen Termin machen muss, sagt schon vieles aus", meinte ich. Ich ließ mich gegen die Rückenlehne der Couch fallen. „Ich kann es schon verstehen, sie sind schließlich viel beschäftigt. Ein Unternehmen leitet sich nicht von alleine. Du solltest wirklich mal über ein Treffen nachdenken. Wer weiß, vielleicht wird dann alles gut? Sie könnten ihre Fehler einsehen", sagte Jisung. Das Problem an dem was er sagte, war das es stimmt. Es stimmte. Ich sollte wirklich über ein Treffen nachdenken. „Und was ist, wenn das Treffen nicht so wird, wie ich es mir vorstelle?", fragte ich Jisung. Ich biss mir auf meine Lippe. „Darüber muss du dir jetzt nicht deinen kleinen Kopf zerbrechen", sagte er. „Weißt du was wir jetzt machen? Du rufst sobald es geht diesen Assistenten an und machst das Treffen aus. Danach schreibst du mir, wann ihr euch trefft. Wenn du möchtest, können wir uns davor treffen und du erzählst mir von deinen Sorgen und alles was dich bedrückt. Ich bereite dich auf alle Eventualitäten vor. Wenn nichts gehen sollte, dann kannst du ja vielleicht Yumi zum Treffen mitnehmen? Wie klingt das?", Jisung erklärte mir vorsichtig seinen Plan. „Mhm, okay. Wenn du meinst", stimmte ich halbwegs zu. „Sehr gut. Du schreibst mir, sobald es etwas Neues gibt. Für Heute wars das erstmal von mir. Du solltest jetzt schlafen gehen und den Schlaf von der vergangenen Nacht aufholen", sagte Jisung. „Gute Nacht, Lucy", meinte er daraufhin. „Gute Nacht, Jisung", sagte auch ich. Danach entfernte ich mein Handy von meinem Ohr und beendete den Anruf. Ich rutschte an der Rückenlehne herunter, sodass ich mich auf der Ecke der Couch lang machen konnte. Ich starrte an die Decke. Mein Bauch kribbelte und ich wusste nicht, was der Auslöser dafür war. War es die Aufregung, dass ich bald meine Eltern treffen würde oder weil ich mich vielleicht mit Jisung treffen werde? Waren es Jisung's Worte? Ich wusste keine Antwort auf diese Fragen und das war mir für's Erste auch egal.
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1561 Wörter
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