05. 𝓕alsche Entscheidungen
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»Scheiße, war das ein schlechter Anmachspruch.«, entwich es mir keuchend, während sich mein Kopf entschlossen schüttelte. Der warme Wind ließ meine Haare fliegen, die Dunkelheit verursachte eine noch düstere Atmosphäre.
Owen war gefährlich - er roch förmlich danach.
Ich war nicht dumm - ich bemerkte die Narben, die sein Gesicht zierten und die vielen Tattoos. Es war klischeehaft, doch er sah aus wie ein kriminelles Arschloch, welches die Dunkelheit praktisch anzog.
»Anmachspruch?«, er sprach irritiert, hielt kurz inne, bevor er realisierte, worauf ich hinauswollte. Ein leichtes Lachen entwich ihm, derweil seine Finger nach dem Schlüssel in seiner Jackentasche fischten. »Ich will dich nicht verführen, Jagiya.«
Unser Blickkontakt wurde intensiver, doch seine Mimik verriet, dass er die Situation belustigt fand. »Ich will dich kennenlernen.«
Noch verwirrter als zuvor, schenkte ich ihm ein deutlich genervten Blick, kreuzte dabei meine Arme ineinander. »Und wie - Wieso willst du mich kennenlernen?«
Er schmunzelte, bewegte sich jedoch plötzlich in die andere Richtung. Langsam orientierten sich seine Schritte zu dem Parkplatz, bis er sich plötzlich wieder zu mir umdrehte. »Kommst du?«
»Was wenn ich dich nicht kennenlernen will?«, erwiderte ich dieses Mal etwas lauter, aufgrund der gewissen Entfernung zwischen uns.
Sein Grinsen wurde immer breiter, seine Haltung lockerer. »Dann zwinge ich dich, Jagiya. Und jetzt beweg dich hierhin.«
Ich hasste es.
Ich hasste, wie attraktiv er die Worte aussprach. Doch mehr hasste ich, dass sich meine Füße wie automatisch in Bewegung setzten.
Wir liefen zusammen, unsere Schritte waren wie im Einklang. Owen war größer als ich - doch nicht viel. Er trug lockere Sachen, die sich schlicht hielten.
Mir gefiel, wie er sich anzog.
»Willst du mir deinen Namen verraten?«
Wortlos rümpfte ich die Nase, blickte in die leere Ferne, während ich ihm immer noch folgte. »Wenn du mich heute überzeugst, dann vielleicht.«
Es herrschte kurz eine Stille.
»Überzeugen?«, fragte er verwirrt, ich spürte seinen Blick - seinen brennenden Blick.
»Überzeugen, dass du keine schlechten Intentionen hast. Überzeugen, dass ich nicht bereuen muss, dir meinen Namen verraten zu haben.«, ich antwortete ruhig, doch meinte jedes Wort.
Er sah ebenfalls in die Leere, doch nickte wenig später. »Okay.«
Ich sah sein schwarzes Auto von weitem - es war das einzige, was hier parkte. Genau wusste ich nicht, ob er entweder reich war oder das Geld mit anderen Mittel anschaffte - aber sein Auto sah schweineteuer und groß aus.
Er öffnete das Auto, nickte zu der Tür und stieg ein. Ich tat es ihm gleich, nur etwas langsam und vorsichtiger.
Meine Augen blickten sich um, musterten jede Kleinigkeit in dem Wagen.
»Gib mir dein Handy.«
Erschrocken drehte ich mich zu ihm, es war dunkel - ich konnte nur seine Augen erkennen. »Bitte?«
»Die Scheisse soll Spaß machen, also gib mir dein Handy.«, er sprach gelassen - zu gelassen.
Ich hielt inne. Was zur Hölle tat ich hier.
Doch gab ihm tatsächlich mein Handy, welches er ausschaltete und triumphierend auf die Hintersitze legte. »Giada würde dich mit Anrufen bombardieren.«
Meine Augen folgten seinen Bewegungen, wie er das Auto anschaltete und sich weiter nach hinten lehnte.
»Nun ja, ich bin gerade von meiner Schicht weggelaufen. Gefeuert werde ich sowieso.«
»Der Laden schmeckt sowieso nach totem Essen.«
»Ich wusste nicht, dass es totes Essen gibt.«
»Dann solltest du mal die Gerichte probieren, die du servierst.«
Er fuhr los - es war mittlerweile spät.
Zu spät, um mit einem wildfremden Typen durch die Stadt zu fahren.
»Wo bringst du mich hin?«
»Ich zeige dir richtiges Essen.«
Ich schmunzelte, blickte aus dem Fenster und starrte hinaus. Es war sicher, dass ich nach dieser Nacht mit den Konsequenzen leben musste - doch er fühlte sich sicher an. Gefährlich sicher.
»Also, woher kennst du Giada?«
Seine Mimik war wieder ernst, seine Hände griffen stärker nach dem Lenkrad.
»Sie ist-«, er unterbrach sich kopfschüttelnd selbst, blickte für eine kurze Zeit zu mir. »Überzeug mich.«
Meine Augen funkelten ihn an. »Was-«
»Überzeug mich, dass ich es nicht nachher bereuen muss. Nicht bereuen muss, es dir anvertraut zu haben.«
Ich schluckte.
»Okay.«
Owen River war anders. Anders, als ich ihn vor einigen Minuten eingeschätzt hatte. Er war gefährlich, ja. Doch genauso aufmerksam und komplex.
»Wieso willst du mich kennenlernen?«, fragte ich somit erneut, musterte sein Gesicht noch genauer. Doch er schüttelte nur seine Schultern. »Mir ist langweilig.«
Ich wusste nicht, ob ich ihm das glauben sollte. Fuck, ich wusste nicht einmal, wieso ich in sein Auto gestiegen war. Doch Owen war anders. Anders als all die anderen Leute, die ich je kennengelernt hatte.
»Und du bist hübsch. Ich mag hübsche Menschen.«, er drehte sich zu mir, bevor er seinen Blick wieder der Autobahn schenkte.
Meine Lippen pressten sich zusammen.
»Sagst du das zu jedem Mädchen oder soll ich mich geschmeichelt fühlen?«
Er schmunzelte. »Fühl dich geschmeichelt, wenn du willst. Gefühle sind da, um gefühlt zu werden.«
»Das beantwortet nicht meine Frage.«
»Soll es auch nicht.«
Tatsächlich parkte er vor einem kleinen Café, stieg wenig später aus und blickte zu mir. Ich seufzte, tat es ihm jedoch wenig später gleich.
Das Cafe war niedlich, die Wände waren hellgrün angestrichen, die Möbel weiß und die Dekoration pastellfarbig. »Damit hätte ich nicht gerechnet - ein Café.«, flüsterte ich zu ihm, als wir gemeinsam das Gebäude betraten und er sein Portmonee herausholte.
Er grinste, stellte sich vor die Theke und sprach mit der Mitarbeiterin. Scheinbar bestellte er ebenfalls etwas für mich, weshalb ich unbeholfen nach einem Tisch suchte und mich wenig später auf einen Stuhl fallen ließ.
Owen kam mit zwei Bechern wieder, setzte sich gegenüber von mir und überreichte mir ein Getränk. »Probiere das richtige Essen.«
»Ich habe hohe Erwartungen.«, grinsend griff ich nach dem Strohhalm, nahm ein Schluck und blickte zu dem Koreaner.
»Und?«, erwartungsvoll funkelten seine Augen, dabei nahm er ebenfalls einen Schluck.
»Lecker.«, erwiderte ich, setzte mich dabei etwas gemütlicher hin. »Es ist wirklich lecker.«
»Giada kann da nicht mithalten, was?«, er grinste, während er sich an die Sitzlehne lehnte und mich fokussiert musterte.
Meine Haltung wurde ebenfalls lockerer. »Giada ist kein schlechter Mensch.«
»Wir sind alle schlechte Menschen.«
Meine Augenbraue erhob sich, doch kein Wort entwich mir.
»Wie kann ich dich überzeugen? Ich will deinen Namen wissen.«, er kam mir näher, legte seinen Kopf schief.
»Du überzeugst mich, wenn du mir das mit Giada anvertraust.«
Sein Schmunzeln verschwand wieder, seine Mimik wurde ernster. »Du bist wirklich stur.«
Ich kam ihm ebenfalls näher. »War sie auch ein hübscher Mensch?« Meine Augen versuchten seine ironisch zu durchbohren. »Hast du sie auch hier hergebracht?«
»Kein Grund zur Eifersucht, Jagiya.«, er griff nach seiner Zigarettenschachtel, holte sich eine heraus, die er wenig später anzündete.
Seine Zigarette klammerte er sich um die Lippen, derweil seine Hände den Müll der Becher wegräumten. »Du bist auf dem falschen Pfad.«
Verwirrt runzelte ich meine Stirn, zeigte ihm meine Neugier, indem ich meinen Kopf fragend schief legte.
Ein leichtes Grinsen huschte auf sein Gesicht - dieses Mal war es nicht boshaft oder beängstigend, sondern neutral. Er grinste nahezu ohne Emotionen.
»Ich vertraue dir nicht, Jagiya.«, kurz atmete er den Rauch aus, rümpfte die Nase und kam so nahe, dass sich unsere Augen nur wenige Zentimeter voneinander entfernten. »Überzeug mich.«
Ich schluckte, entfernte mich wieder von ihm und lehnte mich lässig nach hinten. »Sehe ich verantwortungslos aus?«
Owen schenkte mir eine irritierte Mimik, lehnte sich ebenfalls an die Sitzlehne. »Nein.«
»Dann erzähl es mir.
»Studierst du?«
Überrascht setzte ich mich aufrecht hin. »Wieso?«
»Du siehst so aus.«
»Wie sehe ich aus?«
»Klug.«
Ein leichtes Lachen entwich mir, unglaubwürdig schüttelte sich mein Kopf. »Du bist unausstehlich.«
»Was studierst du?«
Ruhig blickte ich ihn an. »Kunst.«
Beeindruckt formte er seine Lippen, wippte seinen Kopf. »Kannst du zeichnen?«
»Ich studiere Kunst - Vollidiot.«
Amüsiert nahm er einen Schluck von seinem Getränk. »Zeichne mich.«
Die Umgebung wurde nebensächlich, meine Augen fokussierten sich nur auf ihn. Seine dunkelbraunen Augen, pechschwarzen Haare - seine Lippen.
Ich blieb bei seinen Lippen stehen.
»Ich bin deine Muse.«, schmunzelnd legte er seinen Kopf schief, ich unterdrückte ein Lächeln.
Als ich nach einigen Sekunden nichts erwiderte, sondern nur einen weiteren Schluck nahm, kam er mir wieder näher. »Zeichne mich.«
»Ich zeichne dich - nachdem du mir dein kleines Geheimnis verraten hast.«
Seufzend entfernte er sich, guckte mich griesgrämig an. »Du spielst unfair.«
»Wer hat gesagt, dass wir spielen?«
Seine Augen sahen auf den Tisch, er nahm die Zigarette wieder in die Hand. »Giada-«, langsam befeuchtete er seine Lippe, rieb daraufhin seine Augen. »Ich bin verantwortlich für sie.«
»Ich verstehe nicht.«, verwirrt schüttelte ich meinen Kopf. »Wieso bist du-«
»Sie ist meine Stiefschwester.«
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