03. 𝓜itternachtsgepräche
✎ᝰ┆LIAH
Die Menschen in meinem Umfeld waren schon immer verbitterte Biester gewesen, die durch den giftgrünen Neid anderen Menschen kein Glück der Welt gönnten.
Während die einen töteten, klauten und sich miteinander bekriegten, versuchten die anderen ängstlich hier ein normales Leben zu führen.
Meine Eltern gehörten schon immer der kriminellen Seite an.
Nur schwer konnte ich mich an eine gute Erinnerung erinnern, die mit ihnen verbunden war. In meinen Augen waren sie schon immer selbstsüchtige Crackheads gewesen, die Kinder nur in die Welt setzten, um sich bedienen zu lassen.
Ihnen ging es nie um Liebe,
ihre Augen leuchteten, wenn sie Geld sahen.
Mein Bruder sparte viel - verstaute alles in einer kleinen Spardose, die er fürsorglich versteckte. Malik ging monatelang mühsam Zeitung austragen, passte auf Kinder auf und ging mit den vielen Hunden aus unserer Nachbarschaft Gassi. Er nahm jeden Job an, den er für sein Alter ausführen konnte.
Und trotz der vielen Schulden meiner Eltern, lernte er, wie man mit Geld umging - wie man sparte. Er war nicht viel älter als ich, doch war weiser als jede Person, die ich kannte. Er war mein Held - mein einziges Vorbild.
Ich erinnerte mich als wäre es gestern;
Maliks verzweifeltes Nuscheln, die vielen Schweißperlen auf seine Stirn, als er frustriert unser Zimmer durchsuchte. Doch von dem Geld war keine Spur.
Meine Eltern waren schneller als er.
Immer einen Schritt voraus, um ihm das Leben zur Hölle zu machen.
»Liah, wir müssen - fuck.«, er hatte sich verzweifelt durch seine pechschwarzen Haare gefasst, immer wieder auf sein Oberschenkel gehauen, bevor er sich erschöpft auf den Boden fallen ließ und ich seine erste Träne bemerkte.
»Liah, wir müssen doch noch hier bleiben.
Ich habe es wirklich versucht - wirklich.«
Ich war noch so jung, doch ich konnte ihn verstehen. Ich konnte all seine Emotionen spüren, all seinen Frust und die Wut, die tief in ihm schlummerte.
Und deshalb nickte ich.
»Ich weiß, Malik.«
Ein leichtes, schwaches Lächeln entwich ihm, bevor er mir näher kam und wortlos eine Haarsträhne aus meinem Gesicht strich. »Ich hole dich hier raus, Liah - ich schwöre es dir.«
MITTLERWEILE war eine Stunde vergangen, seitdem ich mich von Denvers Geburtstagsfeier gezwungenermaßen entfernte und durch den prasselnden Regen den Weg nachhause einschlug. In Seoul regnete es zurzeit wie aus Strömen - ein Zeichen für die bevorstehende Hitze.
Die Wohnung meiner besten Freundin befand sich nur einige Meter weiter entfernt, weshalb es leicht war zwischen dem Restaurant und meiner momentanen Unterkunft zu pendeln. Zwar würde ich nach meinem Studium eine eigene Bleibe suchen, doch das Zusammenleben mit Areum klappte gut - abgesehen von ihrer überaus schlimmen Putzsucht.
»Areum, bist du wach?«, meine Stimme war überraschend laut, mein Schlüsselbund landete auf der Kommode, währenddessen meine Schuhe unbekümmert in der nächstbesten Ecke Platz fanden. »Ich hab Essen - italienisches Essen.«
Keine weitere Sekunde verging, als meine beste Freundin mit zerzausten Haaren und einem pinken Pyjama vor mir landete und aufgeregt in die Hände klatschte. »Ich verhungere.«
»Du musst morgen früh arbeiten. Wieso schläfst du nicht?«, ein Lächeln zierte mein Gesicht, während ich die Plastiktüte auf den Esstisch stellte und ins Badezimmer verschwand, um mir meine Hände zu waschen.
»Ich konnte nicht. Ich war beschäftigt.«, sie sprach mit vollem Mund, war wahrscheinlich schon dabei, die Pizza zu essen, die eigentlich für mich vorgesehen war.
»Beschäftigt mit?«, fragte ich neugierig, begab mich erneut in die Richtung der Küche und ließ mich wenig später auf den Stuhl fallen.
»Nachdenken.«, ihre braunen Augen huschten zu mir, versuchten meine zu durchbohren. »Nein, heute nicht - keine ernsten Gespräche, um diese Uhrzeit.«, ich schüttelte mein Kopf, fasste gespielt an meine Stirn. »Ich habe Kopfschmerzen.«
»Liah!«, beleidigt haute sie mir gegen die Schulter, griff erneut nach einem weiteren Pizzastück. »Wenn du Kopfschmerzen hast, solltest du nicht so lange arbeiten.«
Ich verzog meine Miene, biss großzügig in meine Pizza. »Nachts zu arbeiten macht viel mehr Spaß.«
Die Dunkelheit, die Musik und die lockere Stimmung - mein Nebenjob bei Giada verbreitete mir größtenteils gute Laune.
Plötzlich huschten meine Gedanken zurück in die vorherige Situation.
Fast hatte ich es vergessen.
Das Lächeln, welches nahezu mein ganzes Gesicht bedeckte, verschwand ruckartig, als ich aufhörte weiter zu kauen und stumm in die ewige Leere blickte.
Fast hatte ich seine Augen vergessen,
sein boshaftes Lächeln und seine düstere Aura.
Denvers Neffe.
»Areum.«, entwich es mir, mein Blick immer noch fokussiert auf die pastellgrüne Küchenwand. »Kennst du noch Denver - Cheon Denver?«
Ich spürte ihren Blick.
»Der im Knast war?«
»Ja, der im Knast war.«
Ihre Nase rümpfte, bevor sie für einen kurzen Moment stumm blieb. »Ja, ich kenne ihn noch.«
Unbeholfen biss ich mir auf die Unterlippe, fasste mir wenig später an den Hinterkopf. »Jedenfalls hat er heute seinen Geburtstag mal wieder bei Giada gefeiert.«
»Nichts Neues - der Typ hat sonst keine anderen Probleme. Sitzt dort jeden Tag im Restaurant.«
»Übertreib nicht.«, mein Blick wich ernst zu ihr. Ich wollte sie fragen - fragen, ob sie Owen kannte.
»Sein Neffe war plötzlich dort.«, ich wusste nicht genau, wieso ich überhaupt auf das Thema kam. Doch es war unerklärlich schwer eine passende Begründung zu finden, ohne Verwirrung aufzubringen.
»Er war dort und - er war scheisse still, weißt du? Ich habe mich wirklich gewundert, wie ein lauter alter Mann, so einen introvertierten Neffen haben kann. Aber Areum.«, ich hielt inne, ihre Augen sahen mich endlich an, zeigten verwirrte Gefühle.
Ich wollte ihr sagen, dass er unfassbar attraktiv war, dass seine Haare weich aussahen und er Klamotten trug, die teurer wirkten, als ich mir je vorstellen konnte. Doch ihre Augen schüchterten mich plötzlich ein.
»Aber Areum?«, wiederholte sie meine Worte, wartete auf eine Antwort, während sich ihre Augenbraue in die Höhe nahm.
Es herrschte eine kurze Stille, bevor ich mich selbst wieder schnappte und nach meinem Wasser griff. »Ich weiß nicht. Er war gruselig.«
Sie lachte kurz auf, schob ihren Teller zur Seite und hüpfte von ihrem Stuhl. »Und du wunderst dich noch? Ich hätte mir die Verwandtschaft von Denver noch viel schlimmer ausgemalt. Du weißt schon - kriminelle Schweine halt.«
Kriminell. Kriminell, wie meine Eltern.
Leute, die man lebenslang meiden sollte.
Ich rümpfte die Nase, versuchte dabei nicht emotional zu reagieren. »Areum, manchmal sind Vorurteile unpassend. Menschen werden in Familien reingeboren - man sucht sich nicht aus, mit einem widerlichen Arschloch verwandt zu sein.«
»Ich dachte, wir führen heute keine Gespräche mit ernsthaften Themen.«
Kurz herrschte Stille.
»Ich gehe schlafen, Freak. Mach überall das Licht aus.«, sie kam mir näher, fuhr durch meine glatten Haare, bevor sie aufseufzte. »Und Liah?«
»Hm.«
»Malik würde dich umbringen, wenn du noch einmal mit Denver sprichst.«
Unglaubwürdig lachte ich leise auf, schob ebenfalls meinen Teller zur Seite.
»Malik kümmert sich einen Scheiß, um andere.«
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