Kapitel 11
"Ach komm schon, Cas. Bitte", Dean trat ungeduldig auf und ab, bevor er sich auf sein Bett fallen ließ, "Ich hätte gedacht, du freust dich!"
"Ich weiß die Geste wirklich zu schätzen", hörte er Castiels Stimme am anderen Ende der Leitung und er klang absolut nicht so, als wisse er sie tatsächlich zu schätzen, "Ich gehe nur einfach nicht auf Dates."
"Na toll", verärgert schlug Dean mit der Faust aufs Bett, "Selbst wenn du 'eigentlich nicht auf Dates gehst', ich bin dein Freund und wenn ein Freund einen um so etwas bittet stimmt man zu."
Er seufzte geschlagen und rutschte ein Stück weiter zurück um seinen Hinterkopf gegen die Wand lehnen zu können. Er wusste, dass er eigentlich zu viel verlangte. Wenn Cas nicht wollte, dann hatte er absolut kein Recht, ihn zu zwingen.
"Tut mir leid", entschuldigte er sich schnell, als er das Schweigen auf der anderen Seite bemerkte, "Ich hätte dich nicht drängen sollen. Wenn du nicht willst, dann ist das völlig okay. Ich hatte nur so sehr gehofft, dass du zustimmst...Tut mir leid."
"Also gut", Dean hörte, dass es Cas Schwierigkeiten machte, die Worte tatsächlich auszusprechen, "Ich komme mit. Aber ich schwöre dir, wenn du auch nur auf die Idee kommst, einen Mistelzweig über uns zu halten oder so etwas bescheuertes, dann bringe ich dich um."
"Mache ich nicht, versprochen, "Dean grinste zufrieden die Zimmerdecke an, "Danke, dass du zugestimmt hast. Ich kann mir vorstellen, dass die Frage dich überrascht hat. Bis morgen dann."
"Bis Morgen."
Dean ertappte sich selbst einige Sekunden nachdem Cas aufgelegt hatte noch dabei, wie er vor sich hin lächelte. Er schüttelte den Kopf über sich selbst und ließ sein Handy mit einem geübten Schwung aus dem Handgelenk auf seinem Schreibtisch landen.
Es tat ihm nach wie vor ein wenig leid, dass er Cas tatsächlich gefragt und dadurch in so eine unangenehme Situation gebracht hatte, aber er hatte sich einfach nicht länger gedulden können. Und eigentlich war er sich auch sicher, dass sein Freund damit klar kommen würde. Er hatte allein im letzten Monat kontinuierlich an Selbstvertrauen gewonnen, wie ihm auch Chuck und Jo bestätigt hatten.
Cas konnte das schaffen und sie würden einen angenehmen Nachmittag verbringen, wie Dean für seinen Teil bereits mit vielen Mädchen gehabt hatte. Dieses Mal würde nicht allzu anders sein, da war er sich sicher. Klar, Cas würde sicher zuerst etwas unsicher sein, aber das konnte Dean ihm sicher schnell austreiben.
Der Griff aufs Nachtschränkchen zu seinem Laptop, sowie das Öffnen von Skype waren inzwischen fast schon zu einem Automatismus geworden, ebenso wie das Lächeln das sich auf sein Gesicht schlich wenn er sah, dass Anna online war. So wie jetzt.
Ohne zu zögern setzte er sein Headset auf und rief ihn an.
"Hallo Dean"
"Hey Anna", Dean runzelte die Stirn. Die Begrüßung war an und für sich genauso gewesen wie immer, allerdingshatte sie irgendwie nicht gerade enthusiastisch geklungen, "Störe ich?"
"Nein, nein, ganz und gar nicht!", Anna klang ernsthaft erstaunt, "Im Gegenteil, ich habe gehofft, dass du heute online kommen würdest, wo du gestern Abend so plötzlich weg musstest."
"Tut mir leid", Dean fühlte sich augenblicklich schuldig obwohl er eigentlich nichts getan hatte, "Seit die Weihnachtsferien begonnen haben ist meine Mutter der festen Überzeugung, dass ich viel zu viel Zeit am Laptop verbringe und ich wollte sie nicht unnötig reizen", er grinste, "Gut möglich, dass sie sogar Recht hat. Aber ehrlich, ich bin langsam alt genug, das selbst zu entscheiden. Wenn sie das bei Sammy kontrolliert, okay, aber bei mir?"
"Sammy?", Anna klang für einen Moment verwirrt, "Ist das der kleine Bruder den du irgendwann mal erwähnt hattest?"
"Genau", Dean nickte, auch wenn das unglaublich sinnlos war, "Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass du dich überhaupt noch daran erinnerst. Jedenfalls habe ich im Moment eh nicht viel zu tun, die meisten meiner Freunde besuchen über Weihnachten irgendwelche Verwandten. Und Prüfungsstress kann ich in den Ferien wirklich nicht gebrauchen, deshalb vermeide ich es, zu lernen. Bleibt also nicht viel anderes übrig."
Kurz herrschte Schweigen am anderen Ende und fast schon machte Dean sich Sorgen, dass er etwas Falsches gesagt haben könnte, doch dann ergriff Anna wieder das Wort, merkwürdig besonnen.
"Sag mal, Dean", fragte er und man konnte ihm das Unbehagen wortwörtlich anhören, "Hast du dich jemals infrage gestellt?"
Dean dachte kurz nach, war sich nicht sicher, wie ernst die Frage gemeint war. War das ein Vorwurf? Wollte Anna jetzt einen auf Mutter machen und ihm auch einen Vortrag darüber halten, dass er ungesund viel Zeit mit 'Supernatural' verbrachte?
"Also, ich weiß schon, dass ich teilweise mehr aus mir machen könnte. Ich meine, ich tue nichts für die Schule, schreibe immer nur von meinem Nebensitzer ab, ich verbringe mehr Zeit mit meinem Auto und meinem Laptop als mit meiner Familie, ich habe alleine in diesem Schuljahr schon mit drei Mädchen geschlafen aber war in keiner Beziehung. Ich weiß, dass ich kein perfekter Mensch bin, falls es das ist, worauf du hinaus willst, glaub mir, ich weiß das am besten von allen, auch wenn jeder denkt, dass ich ein Selbstbewusstsein so groß wie die Erde hab und total von mir überzeugt bin und-"
"Um Gottes willen, nein!", Anna klang geschockt und fast tat Dean sein kleiner Ausraster schon wieder leid, "So habe ich das doch nicht gemeint! Das sollte in keiner Form Kritik sein", Anna zögerte kurz bevor er fortfuhr, "Nein, was ich meine...Naja, hast du dich schon mal grundlegend infrage gestellt weil du etwas tun wolltest das du schlecht ist, das absolut inakzeptabel und verboten ist und wovon dir dein ganzes Leben lang gesagt wurde, dass es eines der schlimmsten Vergehen ist, das du begehen kannst?"
"Was zur Hölle, Anna? Hast du vor jemanden umzubringen?", ein ungutes Gefühl hatte sich in Deans Magengrube ausgebreitet. Er sah Anna wirklich als Freund an und der Gedanke, dass der Junge mit dem er stundenlang geredet hatte vielleicht ein komplett durchgeknallter Krimineller sein könnte machte ihm, gelinde gesagt, Angst.
"Bitte was? Nein! Nein, auf gar keinen Fall. Nein, so etwas würde ich nie tun. Nein", Anna klang entschieden, was Dean erheblich erleichterte, "Aber ich...Naja, in der Bibel steht, man solle sich nicht zu Männern hingezogen fühlen und-"
"Gott, Anna, DAS ist dein Problem?", Dean lachte erleichtert, "Für einen Moment dachte ich wirklich schon, es würde etwas nicht stimmen."
Ein kurzes Schweigen folgte.
"Du verstehst das scheinbar nicht...Es verstößt gegen das, was in der Bibel steht. Ich kann immer noch nicht fassen, dass ich es überhaupt ausgesprochen habe. Oh Mann...", Annas Stimme war zum Ende hin immer leiser geworden und Dean fühlte sich augenblicklich schlecht. Aber woher hätte er denn wissen sollen, dass Anna so extrem religiös war?
"So war es nicht gemeint", versuchte Dean, seinen Freund zu beschwichtigen, "Ich meine, schau mal. Es steht in der Bibel. Na und? Das ist veraltet. Ich habe einen Freund, Chuck, und der geht jeden Sonntag in die Kirche und ist auch gläubig, soweit ich weiß, und der steht auch auf Jungen, nicht nur, aber auch, und der hat damit absolut kein Problem. Ich meine, ändern kann man das eh nicht, und es gibt keinen Grund sich nicht damit abzufinden...", Dean wusste selbst, dass er keine große Hilfe war, "Ich meine nur, ich sehe mit sowas absolut kein Problem und wenn dich jemand echt deswegen abwertend behandelt, verdient derjenige es gar nicht, in deinem Umfeld zu sein."
"Dean?", Anna klang nach wie vor unsicher, "Tut mir leid, dass ich so plötzlich das Thema wechsle, aber das ist mir so oder so einfach herausgerutscht, ich wollte das so gar nicht anschneiden...Also, anderes Thema. Wo wohnst du eigentlich?"
"Wow, das war ein extrem gekünstelter Themawechsel", Dean lachte. Er fand die Frage zwar tatsächlich etwas seltsam, aber wenn Anna nicht weiter über seine Sexualität oder sowas sprechen wollte, würde Dean ihn sicher nicht zwingen. Kurz zögerte er dennoch. Er vertraute Anna eigentlich und hatte keinen Grund, ihm nicht zu sagen, wo er wohnte.
"Kansas", sagte er kurz und bündig und fügte dann hinzu, "Lawrence. Wie kommst du jetzt darauf?"
Fast konnte Dean hören, dass Anna lächelte.
"Ganz ehrlich?", die Stimme des Jungen klang durch Deans Kopfhörer etwas blechern und auch lauter, vielleicht war Anna etwas zu nah ans Mikrofon gekommen, aber das war trotzdem um Welten besser als der geknickte Ton den er sonst so oft an den Tag legte, "Ich habe keine Ahnung, ich wollte einfach nur schnellstmöglich das Thema wechseln und das war die erste Frage, die mir eingefallen ist."
"Also gut", Dean grinste übers ganze Gesicht, "Dann verdiene ich mir jetzt aber auch eine Frage. Du weißt schließlich weit mehr über mich als ich über dich. Du könntest praktisch neben mir wohnen und ich wüsste nicht, dass du es bist."
Anna lachte.
"Das war ernst gemeint", entrüstete Dean sich, konnte aber nicht umhin, angesichts Annas fröhlichem Lachen selbst ein wenig amüsiert zu sein, "Also, da du keinen Einspruch erhoben hast, hier ist meine Frage: Wie heißt du? Also, wirklich. Du weißt das bei mir seit bestimmt einem Monat, da habe ich auch ein Recht, es zu erfahren."
Anna zögerte, ein paar Sekunden zu lang, für Deans Geschmack, bevor tatsächlich eine Antwort kam.
"Jimmy", sagte er schließlich.
"Jimmy?", es war eine rhetorische Frage, schließlich hatte Dean sehr wohl verstanden, was Jimmy gesagt hatte, "Das...Passt irgendwie nicht zu dir. Aber alles klar, du heißt also Jimmy. Und wo wohnst du, wenn du das schon von mir weißt?"
"Eine Frage hattest du gesagt, schon vergessen? Aber gut, weil ich ein gnädiger Mensch bin, beantworte ich dir die zweite Frage vage. Ich wohne auch in Kansas. Und, wenn ich das richtig im Kopf habe, tatsächlich sogar nah genug um dich mit einer Zugfahrt zu erreichen. Also nimm dich besser in Acht."
"Alles klar", Dean lächelte. Wer hätte gedacht, dass seine Internetbekanntschaft ihm tatsächlich so nah war, "Ich passe ab jetzt auf, ob mir nicht irgendwo ein Jimmy unterkommt. Und wenn ja, dann werde ich ihn definitiv ansprechen."
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So, das war's schon wieder. Ja.
Bin heute außergewöhnlich früh nach Hause gekommen und kann dementsprechend jetzt endlich das gestern Geschriebene Kapitel hochladen. Yay.
Danke für's Lesen ♥
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