One last achievement
Gedankenverloren saß ich am Strand von Long Island und ließ den, von der Sonne golden beschienenen, Sand durch meine Finger rieseln. Meine Beine hatte ich angezogen und mit einem Arm umschlossen. Der Krieg gegen Gaia und die Riesen war seit einer Woche vorbei und ich war endlich wieder zuhause im Camp bei meinen Freunden und meiner Familie, aber wirklich komplett glücklich war ich nicht.
Die Götter, und auch mein Vater, hatten sich nicht blicken lassen nach dem gemeinsamen Kampf gegen Porphyrion, Enceladus und die anderen Riesen. Mit Poseidon hatte ich seit einem Jahr auch nicht mehr gesprochen.
Das letzte Mal nach dem zweiten titanischen Krieg. Nicht einmal an meinem Geburtstag gestern war er aufgetaucht. Annabeth hatte mit Tyson zusammen wieder einen Schokokuchen mit blauer Glasur gebacken. Und diesmal sah er sogar nicht aus wie ein Ziegelstein, sondern wie ein richtiger Kuchen.
Aber ich weiche vom Thema ab. Ich konnte nicht mehr richtig schlafen, weil mich nachts die Albträume vom Tartarus heimsuchten. Sie quälten mich bis in die frühen Morgenstunden und wenn ich endlich kurz davor war einzuschlafen, ertönte das Muschelhorn, das zum Frühstück rief.
Ich wusste, dass es eigentlich vorbei war, dass es Träume waren, aber ich realisierte es in diesen Momenten nicht, in denen ich mich schweißgebadet von einer Seite auf die andere drehte, nicht wusste was Wirklichkeit und was Illusion war. Annabeth war natürlich aufgefallen, wie müde ich war, aber sie sagte nichts. Sie hatte selber damit zu kämpfen und bedrängte mich nicht, ihr von meinen Ängsten zu erzählen.
Die Enttäuschung über meinen Dad war das Schlimmste. Jedes Elternteil von den sieben Helden hatte uns zumindest einmal Hilfestellung gegeben. Zeus hatte Jason einen Blitz gegeben, geschenkt oder wie auch immer, der Enceladus in die Flucht geschlagen hatte, Hephaistos war Leo im Traum begegnet und hatte ihm Ratschläge gegeben, Ares / Mars hatte Frank geholfen, Pluto Hazel und Athene hatte auch etwas dazu beigetragen, indem sie Annabeth auf die Suche nach dem Zeichen der Athene geschickt hatte. Ja, sogar Aphrodite hatte geholfen.
Was hatte mein Vater getan? Er hatte zugesehen wie ich in die wortwörtliche Hölle gestürzt war, in der sich viele meiner Feinde aufhielten und ich Zielscheibe Nummer 1 war.
Die Sonne war nun fast am Horizont verschwunden. Nur einzelne Strahlen schienen mir noch ins Gesicht, als ich seine Stimme hörte: „Er ist wunderschön, nicht wahr.", Der Sonnenuntergang, dachte ich, er meint den Sonnenuntergang.
„Nachdem du dich endlich mal blicken lässt, ist das dein einziger Kommentar?", Meine Stimme zerschnitt die Stille, klang jedoch fest und stark. Ich traute mich nicht, neben mir hoch zu sehen. Ich hatte Angst beim Anblick meines Vaters in Tränen auszubrechen und diese Schwäche wollte ich ihm nicht zeigen.
„Percy-...", „Nein, ich hab genug davon! Ich kann einfach nicht mehr! Tu nicht so, als ob du um mich besorgt bist.", Verdammt, in meinen Augen bildeten sich Tränen, so viele, dass ich bereits verschwommen sah, aber ich versuchte mit aller Macht sie weg zu blinzeln, spannte meinen Körper automatisch an um keinen Laut über meine Lippen kommen zu lassen.
Ich dachte an den Fluss Kykos, in dem ich fast ertrunken wäre, weil er der Fluss des Wehklagens war und mir böse Gedanken eingeflüstert hatte, an Phlegethon, der mir den halben Rachen weggeätzt hatte, an Arachne, die Annabeth fast getötet hätte.
Poseidon kniete sich vor mich, weshalb ich die Augen fest zusammenpresste und den Kopf zur Seite drehte. „Percy, du bist mein Sohn. Natürlich mache ich mir Sorgen. Dir nicht helfen zu können, war unerträglich, aber Zeus hat uns alle im Olymp zusammengepfercht und uns nicht gehen lassen.", Sanft drehte Dad mein Gesicht zu sich und wischte mir die Tränen mit seinem Daumen von den Wangen.
„Ich wäre fast ertrunken. Zweimal. Hast du eine Ahnung wie es für eines deiner Kinder ist, im eigenen Element umzukommen, in dem man sich immer am Sichersten gefühlt hat?", flüsterte ich und blickte ihm in die Augen, „Nachdem Gaia mich mehrere Minuten unter der Erde fast ersticken lassen hat, hatte ich furchtbare Angst, dass das nochmal passiert. Ich war schon fast paranoid auf der Argo II. Und dann ist es auch wieder passiert. Im Nymphäum in Rom bin ich das erste Mal ertrunken. Meine Luftröhre hatte sich sogar schon mit dem Dreckwasser gefühlt. Und dann im Tartarus im Fluss Kykos bin ich erneut fast untergegangen."
In Poseidons Augen, die meergrün waren wie meine, spiegelte sich Schmerz wieder. „Ich wünschte, ich hätte dir helfen können.", seine Stimme klang überraschend schwach, aber ich war zu wütend, um darauf Rücksicht zu nehmen. „Annabeth war es, der ich mein Leben zu verdanken habe, und Hazel und Piper. Man sollte doch meinen, du hättest mir gegen einen einzigen Gegner helfen können. Die anderen Götter haben es doch auch geschafft. Sogar Zeus. Meine eigenen Brüder haben sich mir in den Weg gestellt. Phineas, bei dem ich übrigens fast getötet worden wäre, Chrysaor, bei dem ich auch fast getötet worden wäre, Skiron, der meine Freunde fast getötet hat, ich habe sogar meine nette Schwester Kymopoleia kennen gelernt, die mich Polybotes ausgeliefert hat, der mich übrigens dreimal fast getötet hätte."
Mein Vater schwieg. In mir stieg wieder ein Schluchzen auf und die Wut war wie weggeblasen. Ich gab auf und ließ den Tränen freien Lauf.
Das war der Moment, in dem mich Poseidon einfach in den Arm nahm. Mein göttlicher Vater umarmte mich das zweite Mal in meinem Leben. Immer wieder flüsterte Dad mir ins Ohr wie leid es ihm täte. Ich bräuchte keine Angst mehr zuhaben. Ich war der Hölle schließlich entkommen. Und ich drückte mich an ihn, weinte bis ich einen trockenen Hals hatte.
Ich brauchte lange bis ich mich wieder beruhigt hatte. Vorsichtig löste ich mich von ihm und betrachtete den inzwischen dunklen Himmel mit den leuchtenden Sternen, die sich im Meer widerspiegelten. Ich entdeckte das Sternbild von Zoë, die tapfere Jägerin der Artemis, die auf dem Mount Tamalpais getötet worden war.
So viele Freunde hatte ich schon sterben sehen... Beckendorf, Bianca, Luke, Silena, Michael, Leo, wobei Letzterer sich mit dem Heilmittel wiederbelebt hatte und Calypso von ihrer Insel befreit hatte.
„Ich weiß, dass du immer noch Albträume vom Tartarus hast, Percy. Ich spüre deine Furcht jede Nacht. Ich kann nichts sagen, was dich trösten kann, denn ich war ja selbst noch nie dort unten, aber...", Poseidon lächelte mich an und sofort wurde mir innerlich ganz warm ums Herz, „Ich bin unglaublich stolz auf dich. Das, was du durchgemacht hast, haben nicht einmal die Götter erlebt. Vermutlich würden wir es gar nicht überleben."
Ich schwieg, lächelte aber. Das erste Mal wieder halbwegs glücklich.
„Du brauchst Schlaf.", meinte Dad, als ich gähnte, „Dringend Schlaf. Ich muss sowieso wieder gehen." Er berührte meine Stirn und alle Last schien davonzuschwimmen. Meine Augenlider wurden schwer, diese Nacht würde ich endlich wieder durchschlafen.
„Mach's gut, mein Sohn. Ich werde immer über dich wachen. Versprochen."
Alles wurde schwarz...
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