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❀ Kapitel 9

»Das Glück wohnt nicht im Besitz und nicht in Gold... das Glück wohnt in der Seele.«
(Demokrit)

Der vor acht Stunden begonnene Freitag zeigte sich wieder von seiner besten Seite und hielt Mags keinerlei Termine vor ihrer Nase.

'Wie soll das bitte klappen, Mags?... Es ist ja nicht so, dass es dafür ein Rezept geben-... würde.'
Beinahe stolperte sie schon über ihren eigenen Gedanken. Schon seit Stunden saß Mags an ihrem Schreibtisch und dachte über das Versprechen nach, was sie ihm vor zwei Wochen im Schweigen gab.

Wie war das noch mit todkranken Menschen, die ihre letzten Momente auf der Erde damit verbrachten, dass zu tun, was ihnen Spaß bereitete?

'Ja, okay. Leonard ist zwar nicht todkrank, aber...-instabil. Ich muss ja keine To-Do-Liste erstellen, aber-'

Es brauchte ihrer Meinung nach nicht viel, um Glücksgefühle zu erleben. Man musste diese lediglich erkennen und tief in sich einen Frieden tragen.

Erst dann konnte man lernen seine Arme wie Flügel in die Luft zu strecken und davon träumen sich im Meer voll Wolken zu verlieren.

Freiheit. Es war leichter gesagt als getan.

Sie saß nach einer Weile vor einem leeren DIN A4 Blatt und überlegte. Das stille Ticken der Uhr in dem Wohnraum rückte den Minutenzeiger dabei immer weiter vorwärts.

Die meisten Menschen hätten an ihrer Stelle wohl ihre Wünsche und Erwartungen niedergeschrieben, welche sie vom restlichen Leben noch einforderten und es lohnenswerter machen sollten, bis sie dann von der Erdoberfläche weggepustet wurden.

Mags überlegte weiter nach Möglichkeiten, doch was sollte sie aufschreiben? Welchen Interessen ging er nach, wo lag bei ihm der Reiz? Es waren meist die kleinen Dinge um einen herum, die für große Freuden sorgen konnten.

'Dinge, die nie verschwinden. Sterne, ein Sonnenuntergang... Lachen.'

Mags' Kopf arbeitete auf Hochtouren, malte sich unterschiedliche Szenarien aus. Dinge, die glücklich machten.

Letztendlich waren Szenarien das richtige Stichwort, setzten eine weitere Idee in den Kopf und ließ neben dem Papier ein Reiseführer von Vancouver auftauchen. Magnolia kramte dafür eine Weile im Bücherregal herum, verfluchte sich innerlich, da sie den Staub nicht eher weggemacht hat, der ihr kitzelnd um die Nase herumflog.

Kaum hatte sie wieder auf ihrem Stuhl Platz genommen, griffen ihre Finger nach dem nächsten Stift und schlugen die erste Seite auf.

Am Rand schrieb Magnolia wichtige Notizen auf, überlegte, an welchem Ort man welche Tätigkeiten unternehmen konnte.

Nach einer weiteren vergangenen Stunde war die 'Stadtrundfahrt' offiziell beendet und Mags war ganz zufrieden mit den unterschiedlichen Ideen, die sie inspirierten. Die unterschiedlichsten Orte innerhalb der Stadt wurden mit Notizen versehen. Aber auch Nationalparks wie der Jasper oder der Lighthouse Park fanden endlich ihre Gunst. Das Ziel ihrer Notizen bestand darin Orte mit Dingen zu verknüpfen, die Freude oder einfach nur Zufriedenheit auslösten. Beim Charleson Park schrieb sie nur 'Teleskop' und 'Sterne' neben dem Infotext. Die Englisch Bay bekam die Überschrift 'Feuerwerk' und 'August'.

Ein wenig erinnerte sie das ganze an das Buch 'Die Karte meiner Träume', der junge Protagonist musste ebenfalls ein paar wichtige Lektionen über das Leben lernen.

Genau das war es gewesen, was sie mit Leonard erreichen wollte.

Nachdem sie sich ihren schwarzen Jumpsuit mit den feinen weißen Punkten anzog, schmiss sie sich eine Jacke über und lief den altbekannten Weg zum Architekturbüro.

Allison schrieb ihr bereits vor einer Woche, dass Leonard wieder regelmäßig im Büro erschien und seither weder sie noch sonst irgendwer ein Wort über den Vorfall verloren hatte. Mags entschied sich demnach auch sich nicht die leiseste Spur anmerken zu lassen, dennoch haftete sich eine deutliche Anspannung an ihren Gliedern fest, als sie endlich vor dem Gebäude stand und in die oberste Etage starrte.

In der Eingangshalle angekommen, spürte Mags keinerlei Veränderungen. Ally befand sich mitten in einem Telefonat und wickelte das Kabel um ihre Finger.

Magnolia blieb still, zeigte mit ihrem Finger nach oben und bildete ohne einen Laut zu verlieren die Worte „Ist er im Büro?" mit ihren Lippen.

Ally nickte hastig mit dem Kopf und winkte Mags mit einer Handgeste in die Richtung des Fahrstuhls.

Ihr Körper war nun an die Fahrstuhlwand gepresst und Zweifel nagten an ihrem Verstand.

War es die richtige Entscheidung? Was sollte es großartig bringen?

Mags drückte den Knopf zur zehnten Etage, doch spielte mit dem Gedanken auf der Treppe wieder umzudrehen.

Entweder sie erzählte Ally erst von ihrem Vorhaben oder sie ließ es ganz bleiben. Einfach, oder?

Stattdessen hielt sie kurz inne und lauschte dem Song, der sich durch den einen Kopfhörer in ihre Gehörgänge spielte.

'Hey, Kind, du bist meine Erlösung.'

Das war der Satz, der den Refrain zu Strumbella's 'Salvation' bildete und gerade nicht von ihrer Seite weichen wollte.

Möglicherweise ein Zeichen? Eine Aufforderung, mutig zu sein und für das Richtige einzutreten?

Was sollte schon schlimmes passieren, als dass Leonard nein sagen konnte?

Mags stand vor der verschlossenen Tür, erkannte Leonards Gestalt dennoch durch die heruntergelassenen Plissees und atmete tief ein, bevor ihre Hand den Griff herunterdrückte.

„Normalerweise warten die Leute solange vor der Tür bis ich sie hereinbitte. Da du aber fernab jeder Normalität bist, lass ich das mal durchgehen."

Mags war völlig unvorbereitet auf seine sarkastische Begrüßung, vor allem als sie feststellte, dass er emotionslos auf dem Bildschirm seines Mac starrte und ihr keines Blickes würdigte.

In diesem Moment hätte sie alles sagen können.

Zum Beispiel eine angebrachte Begrüßung, die er ihr gegenüber definitiv versäumte.

Sie hätte auch darauf anspielen können, wie wichtig die Sache auf seinem Bildschirm zu sein schien, dass er sie einfach ignorierte. Stattdessen platzte die wohl riskanteste Frage aus ihr heraus und drohte die Weiterführung eines Gesprächs völlig zu zerstören.

„Wie geht es dir?"

Es war ihr sofort klar, dass er nie mehr darüber reden wollte. Er konnte nicht den entscheidenen Grund nennen, sich für diese einspurige Entscheidung rechtfertigen. Nicht bei einer Fremden.

Mags wollte ihren Kopf am liebsten gegen die Wand schlagen, als Leonards Augen sich zum ersten Mal vom Laptop abwandten und sich auf sie fixierten. Zu ihrer Überraschung war es keine Wut, die sie in ihnen erkannte, sondern noch immer dieselbe Leere wie zu Beginn an.

„Besser. Danke der Nachfrage."

Selbstmordgedanken waren wohl ein Tabuthema, vor allem für diejenigen, die mit diesem Gedanken schon einmal gespielt hatten. War es Scham? Die Angst vor der Verständnislosigkeit mancher Menschen?

„Tut mir Leid, ich wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen."
Ein kuzer Blickwechsel zwischen den beiden folgte, dann musste Leonard tatsächlich grinsen und Mags erwiderte es.
'Ja, spar dir das Grinsen! Ich weiß, dass ich normalerweise immer direkt die Tür eintrete.'

„Was darf ich für dich tun? Ich denke nicht, dass du extra so früh aus deinem Bett gestolpert bist, nur um zu fragen, wie es mir geht."
„Was, wenn doch? Ich habe eine ziemlich ausgeprägte soziale Ader."
Ihr Blick senkte sich zu der Handtasche, die ihr von der Seite herunterhing. Wissend, dass sich darin der Grund für ihren Besuch befand.

„Daran würde ich auch nie zweifeln. Trotzdem beantwortet das nicht meine Frage."
Der Grafikstift tippte angespannt gegen sein Kinn, geschmückt von seinem Dreitagebart.

Magnolia wusste auf die Schnelle einfach keine Antwort, ihre Gedanken blieben einzig auf dem Inhalt ihrer Tasche hängen. Etwas, dass Leonard sofort bemerkte.

„Na los, sag schon. Welche illegalen Substanzen hast du hier reingeschmuggelt?"

'Toll, was jetzt? Zeig ich ihm nun die Liste oder nicht. Ne, gerade ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt dafür.'

Entschlossen trat die Frau näher an den Tisch heran und bot Leonard einen Deal an.
„Wie wär's, wenn wir uns heute Abend zur selben Zeit im Charleson Park treffen? Dann verrate ich es dir vielleicht."
Leonard grübelte kurz und fragte sich, was sie mit 'derselben Zeit' meinte. Als er aber an die erste nächtliche Begegnung nachdachte, konnte er ihren Gedankengang nur erahnen.
„Was willst du mitten in der Woche zu dieser Uhrzeit im Charleson Park? Es hängt wohl ganz davon ab, wie gefährlich die Sache ist, die du vor mir versteckt hälst."

„Sie ist genauso harmlos wie ich."

Beide lachten, dann legte Leonard schließlich seinen Grafikstift beiseite und schaute ihr direkt in die Augen.
„Kein Hinweis? Ich brauche schon einen Anreiz, sonst werde ich wahrscheinlich gar nicht erst kommen."
„Ich bin also nicht Anreiz genug, hm?"

Mags versuchte den Satz so unschuldig wie es nur ging von ihren Lippen zu lassen. Zum Glück mit Erfolg.

Flirtversuche stießen bei Leonard Tremblay stets auf Granit. Dennoch war es mit Spaß verbunden, es wenigstens mal zu versuchen.

„Na, schön. Findest du nicht auch, dass man am besten die Aussicht im Park genießen kann, wenn kaum mehr einer da ist?"
„Ist das ein billiger Versuch, um mit mir wieder am Wasser über unerwünschte Erinnerungen zu philosophieren?"

Leonard schien unbeeindruckt und hatte wohl das Gefühl, Mags wollte ihn bloß aushorchen.

„Wenn du willst, dann werde ich den Mund halten und einfach nur mit dir aufs Wasser starren."
Leonard gab ihr keine Antwort, sondern lehnte sich zurück in seinen Stuhl und grübelte.
„Ich hab jetzt noch zu tun. Sei morgen bitte pünktlich hier, Michelle ist anwesend."

Er leitete die Unterhaltung auf eine andere Spur, also nickte Mags bloß enttäuscht und schloss die Tür langsam hinter sich zu als sie sich zurück in den Flur begab. Sie dachte weiter nach, während sie den Weg zurück in die Empfangshalle bestritt.

„Tut mir Leid, der Anruf eben war dringend. Jetzt bin ich für dich da. Alles gut?" Ally stand wie immer hinter ihrer Theke, schnitt sich ihren Apfel in Scheiben und bot Magnolia etwas an, doch sie ließ den Snack abblitzen und grübelte lieber weiter herum.
„Alles wie immer. Ich werde mich langsam mal zurück auf den Heimweg machen. Mir fiel gerade ein, dass ich das Hemd von Leonard noch immer bei mir rumliegen habe. Vielleicht vermisst er es schon langsam."

„Dem könntest du genauso gut den Stuhl unterm Arsch wegschnappen und er würde es nicht merken. Er ist momentan in seinem- wie sagt man es so schön; kreativen Modus." Ally wollte ihren Worten durch Handgestiken mehr Kraft verleihen.

Mags musste grinsen und klaute sich dann doch ein Stück Apfel von dem Teller.
„Desto schneller findet sich ein ansprechendes Design für Michelle und der Bau kann endlich starten."
Ally kaute zu ende, während sie über die Worte sinnierte und ein schiefes Lächeln verlor.
„Erst seit ein paar Wochen an Bord und schon denkst du darüber nach wieder zu verschwinden."
„Ich werde die gesamte Bauphase immer mal hier herumspazieren. Ich glaube nicht, dass du mich so schnell los sein wirst."

Zufriedenheit fuhr über Allys Gesicht, als Mags sich ein weiteres Apfelstück klaute und es zwischen die Lippen hielt, da die Hände damit beschäftigt waren in ihrer Tasche herumzuwühlen.

„Das ist auch gut so, denn du schuldest mir noch einen Kaffee."

Diese Tatsache kam Mags zunächst unbekannt vor, jedoch war sie sich sicher, dass sie Ally wohl ein Angebot gemacht haben musste oder so ähnlich.

Bei ihr wusste man es nie so genau.

„Das holen wir auch noch nach, versprochen. Wie wäre es mit Morgen?"
„Sollte klappen."

Bevor Mags durch den Ausgang verschwand, konnte Ally nicht dem Drang widerstehen, ihr nachzurufen.

„Ich trinke übrigens nie auswärts einen Kaffee ohne einen passenden Snack. Denk also bitte an genug Kleingeld."

Ally wusste nicht, ob Magnolia ihre Worte noch hören konnte.

Weder konnte sie wissen, dass sie genau dies tat und grinsend in den offenen Fahrstuhl lief.

Mags atmete die warme Sommerluft ein, erinnerte sich an die langersehnten Ferien zurück, damals in Louisiana.

Der Wind in ihren Haaren, als sie mit ihren Freunden zum Lake Claiborne radelte, um dort campen zu gehen. Es war deren Ritual gewesen und bis zu ihrem Aufbruch für ein neues Leben in Kanada ließen sie nie einen Sommer ausfallen.

'Die Hitze des Lagerfeuers, das Knistern vom Holz. Lautes Gelächter rundherum, der Geschmack von Billigbier auf den Lippen und dann noch-... Ryan. Ich erinnere mich, als wäre der Sommer vor sechs Jahren erst gestern gewesen.'

Ryan.

Aus ihrer Kindheit war er kaum wegzudenken, denn er war schon immer da.

Mags und er waren damals Nachbarn und wuchsen gemeinsam auf. Ihre Eltern waren von Anfang an eng befreundet, dann noch dieselbe Schule.

Natürlich wurde er schnell ihr erster Schwarm.

Ein paar Jahre später auf der Hausparty von Jill, nach etlichen Runden Flunky Ball und anschließendem Flaschendrehen, war es dann soweit und Ryan hatte Mags küssen müssen. Nach der Party, auf dem Weg nach Hause, entschieden sich beide dazu ihren Kuss zu vertiefen und so verbrachten sie die Nacht in Ryans altem Pick Up miteinander.

Der letzte Sommer in Louisiana hingegen verursachte Herzschmerz, nachdem Mags mit dem Wissen konfrontiert wurde, dass Ryan sie heimlich mit Jill betrogen hatte.

Mags schenkte diesem jungen Mann eines der wertvollsten Dinge, das sie besitzen konnte. Er nahm es und warf es zusammen mit ihrem Herzen weg.

Es war eine traurige Rückblende, deshalb drängte Mags diese Erinnerung beiseite und rettete sich stattdessen in die kühle Wohnung.

Henry war nicht anzutreffen, vermutlich ein neuer Termin im Mietstudio. Mags fand sich derweilen in ihrer Küche wieder, ließ einen Espresso durch ihre Maschine laufen und checkte ihre E-Mails.

Die Fotokampagne und dramatische Zwischenfälle hielten sie tagelang von ihrer Arbeit ab, also war die Freude umso größer, als ein Auftrag für das Knipsen von Hochzeitsfotos auftauchte.

In rund zwei Wochen sollte diese stattfinden und das wohlhabene Pärchen setzte ein Treffen mit ihr voraus.
Magnolia fühlte sich angespornt und schrieb deshalb gleich die Antwort auf ihre E-Mail fertig.

Was konnte sie noch den ganzen Tag über machen?

Am Abend nahm sie sich vor im Charleson Park spazieren zu gehen. Für den nächsten Tag brauchte sie einen klaren Kopf und das Sinnieren am False Creek sollte ihr dabei behilflich sein.

In der Zwischenzeit konnte vielleicht ein Telefonat mit Amanda nicht schaden.

Ihre erste richtige Freundin, seit ihren frühesten Tagen in Vancouver, sollte nicht eiskalt die Schulter herunterrutschen.

Auch, wenn sie vielleicht so mit Mags umging.

Ihre Finger schwitzten, als sie zum Telefon griff, aber Mags wusste, dass es das Richtige war. Vermutlich konnte sie sich schon auf eine tränenreiche Story einstellen. Für sie stand fest, dass die toxische Beziehung zwischen Amanda und Luke schon wieder viel zu lange hielt, um nicht mittlerweile aufgelöst zu sein.

Normalerweise ermüdete das immer wiederkehrende Schema ihren Verstand, aber dennoch dachte Magnolia darüber nach, ob Amanda sie nicht einfach in so einer Situation gebrauchen konnte.

„Amanda hier-"

„Hey, Amanda. Ich weiß, es ist schon lange her, aber ich wollte mich einfach nur erkundigen wie es dir gerade geht."

Es folgte ein langes, unangenehmes Schweigen auf der anderen Seite vom Hörer und Mags war kurz davor einfach aufzulegen und sich den inneren Samariter aus dem Gewissen zu schlagen.

Nichts von dem, was zwischen den beiden passiert war, konnte man ihr zuweisen.

„Ich weiß, warum du mich anrufst, Mags. Ich wohne bei ihm. Schon seit zwei Monaten."

Mags war dankbar dafür, dass Amanda sich dafür entschied, ehrlich mit ihr zu sprechen.

Allerdings wollte sie diese Information am liebsten nicht mitbekommen.

„Du weißt, dass ich mich für dich freue, solange du zufrieden bist. Ich mache mir manchmal einfach nur-"

„-das brauchst du nicht, Magnolia. Mir geht es gut."

Wieder folgte eine Stille, in der man spürte, dass beide den Drang hatten einfach aufzulegen, diesem aber nicht nachgingen. Ein Zeichen?

„Hättest du Lust auf einen Spaziergang?"

Zögern. Mal wieder.

„Ich weiß nicht, ob ich es zeitlich schaffe. Wenn Luke von der Arbeit kommt, möchte ich sein Essen fertig haben und bügeln muss ich auch noch. Die üblichen Dinge eben."

'Sein Essen. Seine Hemden. Schon nett, wenn man ein kostenloses Dienstmädchen aufnimmt, was man bei Bedarf auch mit ins Bett nehmen kann.'

„Na, ich kann auch zu dir rüberkommen und dir helfen, dann hast du weniger Zeitdruck."
„Okay."
Dieses Mal dauerte die Antwort nicht sehr lang. Dafür endete das Gespräch mit einem genuschelten 'Bis gleich' ziemlich abrupt.

Mags steckte sich ihr Handy sowie ein paar Dollar ein und lief los. Währenddessen fiel ihr ein, dass sie keine Ahnung hatte, zu welcher Adresse sie laufen musste.

'418 8th Street E, an der Ridgeway Ave. Direkt gegenüber der Grundschule. Freu mich, bis gleich.'

Zum Glück erkannte Amanda das Problem recht schnell.

Es war ein ziemlich altes Haus gewesen vor dem sie stand. Doch die Bemühungen es einigermaßen nett aussehen zu lassen konnte man immerhin sehen.

Es war eine Klingel an der Wand des Eingangs angebracht, aber Mags konnte dem bronzenen Türklopfer mit dem eleganten Löwenkopf nicht wiederstehen. Also zog sie den Ring zurück und schlug ihn mehrmals leicht gegen den unteren Knopf, bis sie ihn langsam losließ und wartete, dass jemand die Tür öffnete.

„Nächstes Mal darfst du auch gerne die Klingel benutzen."

Ihr Vorschlag klang kühl, doch in ihrer Tonlage schwang eine gewisse Belustigung mit, die für Lockerung sorgte.

„Ich konnte Türklopfern noch nie widerstehen."

Es kam zwar zu keiner Umarmung, aber trotzdem fühlte Mags sich gut aufgehoben und folgte Amanda durch das Innere des Hauses. Die beiden beschlossen zum Wohl des Hausfriedens erst die Aufgaben zu erledigen, bevor sie sich zusammen hinsetzten und auf der kleinen Terrasse einen heißen Kaffee genossen. Das Bügeln der Hemden erinnerte Magnolia zudem daran, gegen Abend das Hemd von Leonard in die Reinigung zu bringen und es pünktlich vor dem Termin am nächsten Tag abzuholen.

„Es haben sich ein paar Dinge verändert. In den letzten Monaten. Er hat sich für alles entschuldigt, weißt du."

Die Angesprochene nickte bloß und ignorierte den Drang eine Hasstirade gegen Luke anzufangen.
„Ich werde mich raushalten, Amanda. Wie ich schon sagte, solange du zufrieden bist, bin ich es auch."
„Was ist mit dir? Noch keine Beziehung? Was ist mit Aufträgen?"
„Zum ersten, nein. Zur Arbeit hingegen kann ich dir mehr sagen."

„Alles wie beim Alten also."

Mags grinste und legte los ihr von den verrückten letzten Wochen zu erzählen. Natürlich ließ sie dabei gravierende Details aus.

Das Treffen mit Amanda hat gut getan, definitiv war es ein hoffnungsvoller Start gewesen, um die Scherben der einst tiefen Freundschaft zusammenzufegen und wieder ein schönes Mosaik draus zu machen.

Als Mags nach Hause kam war es halb acht und Henry hatte es sich auf seiner Dachterrasse gemütlich gemacht. Gelächter von weiteren Stimmen war auch zu hören. Er war also nicht allein.

Mags stürmte in ihre Wohnung, um sich aus den unbequemen Schuhen zu befreien und sich fertig für einen Spaziergang im Charleson Park zu machen. Aus dem Schlafzimmer zog es Mags als nächstes in den Wohnbereich, wo ihr als erstes Aberfeldy auffiel, der vor der verschlossenen Glasstür saß und um Einlass flehte.

Henry hörte wohl das Aufschieben der Terassentür nebenan und grinste von Gegenüber zu Magnolia.

„Willst du mir etwa erzählen, dass du jetzt neuerdings joggen gehst?"
„Mach dich nicht lächerlich, Heinrich."

Er zuckte bloß mit den Schultern und zeigte mit der Bierflasche in der Hand auf ihr Outfit.
„Was hast du vor?"
„Ich gehe einfach 'ne Runde im Charleson Park spazieren."
„Du kannst danach auch gerne zu uns rüberkommen."
„Uns beinhaltet wen?"
„Ein paar alte Bekannte aus der Uni. Vielleicht kennst du den einen oder anderen ja auch."

Magnolia blieb dem Vorschlag skeptisch gegenüber, dennoch versprach sie Henry wenigstens kurz für eine Begrüßung zu erscheinen, sollte der Abend eher enden als geplant. In ihrem Fall bedeutete dies, falls Leonard sich wirklich dazu entschlossen hatte nicht zu erscheinen.

Allein der Weg in den Park bereitete bei dem Wetter große Freude. Es wurde zwar immer dunkler, dennoch konnte man aus der Ferne den Sonnenuntergang in all seinen Farben bewundern. Mags blieb kurz stehen, um auf der gut bewachsenen Landbrücke ein Foto zu machen.

Es war noch immer angenehm warm um diese Uhrzeit und da es Freitagabend war, sammelten sich hier natürlich die Menschenmengen. In der großen Masse war es nicht so leicht jemanden gleich ausfindig zu machen, doch Mags war sich ziemlich sicher Leonard nicht darin gesehen zu haben.

Irgendwann war das letzte Sonnenlicht komplett verschwunden und der Mond begann in seiner hellen Pracht aufzugehen.

Magnolia war so vertieft in ihren Gedanken, dass sie die Dunkelheit um sich herum kaum wahrnahm oder bemerkte, wie die Leute um sie herum immer weniger wurden.

Irgendwann konnte sie nur noch das sanfte Rufen der Eulen in den rauschenden Baumkronen vernehmen und entspannte dabei.

Dieser Abend war einfach herrlich.

„Glänzt da etwa eine Sehnsucht in deinen Augen?"

Der Himmel war so schön anzusehen, es war kaum daran zu denken den Blick von ihm zu wenden, um die Quelle der Stimme ausfindig zu machen. Es war weniger die Stimme, die Magnolias Aufmerksamkeit auf sich zog, als viel mehr die Anwesenheit der Person zu der sie gehörte.

„Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du noch kommst." Mags saß auf dem trockenen Gras, streckte ihre Arme für sicheren Halt zurück und wagte einen Blick über ihre Schulter.

„Wollte ich auch nicht, aber der Park liegt genau in meiner Laufstrecke. Eignet sich also gut für kurze Pausen."
„Na, dann. Setz dich."

Leonard hörte auf die knappe Aufforderung und setzte sich neben Magnolia an das Ufer.

Es war ein wirklich schöner Anblick, die Lichter der Stadt. Das sanfte Schaukeln der Segelyachten am Steg. Hier konnte man es für eine Weile aushalten.
„Also, du wolltest mir etwas zeigen.." Selbstverständlich hatte Mags daran gedacht, den Zettel sicher in ihrer Jackentasche zu verstauen.

Allerdings beunruhigte es sie noch immer, dass Leonard sie entschieden hätte abweisen können.

Sie wollte weder ihren erfolgreichen Arbeitsauftrag riskieren noch das langsam aufblühende, fast schon freundschaftliche Verhältnis zwischen den beiden.

'...Hey Kind, du bist meine Erlösung...'

„Ich habe nachgedacht, über-... Dinge."

Die beiden waren von einer Stille umgeben, die harmonisch und bedrückend zugleich erschien.

Leonard wusste genau, worüber Magnolia nachdachte und Mags wiederum war sich im Klaren darüber, dass Leonard bei diesem Thema dicht machte.

Dennoch ließ ihr der innere Drang zu helfen, keine Ruhe mehr. Sie setzte alles auf eine Karte und hoffte auf ein mildes Urteil.

„Hier. Schau selbst."

Endlich brachte sie die Liste zum Vorschein und legte sie Leonard zaghaft in die Hände. Ein Stein fiel ihr dabei vom Herzen. Den schwierigsten Schritt hatte sie überwunden, wie es weitergehen sollte, entschied Leonard von da an allein.

„Sieht für mich aus, wie eine Art To-Do-Liste. Ein wenig simpel, oder? Ich meine, würdest du nicht noch wenigstens ein anderes Land entdecken wollen vor dem Tod? Eine Teezeremonie in Marrakesch oder so etwas in der Art vielleicht. Mags, deine Schlichtheit überrascht mich."

„Diese Liste habe ich nicht für mich erstellt, Leonard."

Magnolia fühlte sich mehr und mehr verunsichert, je länger sie Leonard beim Inspizieren der einzelnen Stichpunkte zusah. Dabei war die Liste nicht einmal vollständig. Die Zeit entschied, um wie viele Ideen sie sich noch erweitern ließ.
„Okay, was soll mir das bringen?"
Mags wollte sich ihre Beweggründe von der Seele reden, das konnte sie aber nicht, weil er sie mit kühlen Augen durchlöcherte.

Magnolia stand von der Grasfläche auf und bewegte sich am Rand des Wassers hin und her, versuchte sich nur auf den Sternenhimmel zu konzentrieren, als sie zu sprechen begann.

„Ich denke, du fühlst dich als wärst du aus deinem eigenen Leben verbannt worden. Deshalb isolierst du dich. Aber Leonard, da ist so viel Liebe um dich herum. Anerkennung von Menschen, die sich danach sehnen, dass du endlich wieder anwesend bist. Ich will dich nicht nerven, aber so wie es jetzt ist, kannst du nicht weitermachen."

Leonard blickte abwechselnd auf die Liste mit den Stichpunkten, welche darin niedergeschrieben wurden und zu der Verfasserin, die nervös am Wasserufer stand und um die richtigen Worte rang. Auch er führte einen Kampf der Gefühle mit sich aus. Es glich dem Szenario wie man es aus Filmen kannte. Zwei kleine Gestalten nahmen auf seinen Schultern Platz und beurteilten die Situation.

Links entschied sich für Wut, Ausgrenzung und Distanz.

'Warum mischt sie sich in mein Leben ein? Sie kennt mich nicht und nur, weil wir für eine gewisse Zeit zusammenarbeiten, ergibt sich mir kein Grund ihr zu vertrauen!'

Zu seiner Rechten fanden Milde, Verständnis und Aufgeschlossenheit Platz.

'Ganz unrecht hat sie nicht, was vor zwei Wochen geschah, ließ sie viel zu tief in mein Leben blicken, als das ich sie jetzt noch wegschubsen könnte.'

Die beiden Illusionen auf seinen Schultern trugen einen Krieg miteinander aus, letztendlich gewann nur der Kompromiss.

Ein Gemisch aus beiden Gefühlsebenen.

„Ich sehe keinen Grund, warum du dich in mein Leben einmischen solltest."
Mags biss sich auf ihre Unterlippe, unterdrückte jegliches Verlangen ihm eine Antwort zu entgegnen, da es vermutlich nur eine heiße Diskussion angezettelt hätte.

„Warum überhaupt der Aufwand? Was erhoffst du dir dadurch?"

Mags dachte an Allys Worte zurück und schluckte.

Fuhren seine Gedanken auf derselben Schiene? Hatte er Angst, sie könnte versuchen wollen, in seine Gefühlswelt einzudringen? In dem Versuch Profit daraus zuschlagen?

Absurde Theorie, dennoch war es besser Licht in die Dunkelheit zu bringen.

„Um ehrlich zu sein, weiß ich es selbst noch nicht genau. Aber ich sehe, wie sehr du unter deinen negativen Gefühlen leidest. Ich denke, das war Grund genug."

Leonard blieb still und fixierte seinen Blick auf das Blatt in seinen Händen. Es standen noch nicht sonderlich viele Stichpunkte drauf. Immerhin waren es aber genug, um zu verstehen, dass Magnolia über jeden einzelnen intensiv nachgedacht hatte.

Als hätte sie ein Bild vor Augen gehabt, wie man welche Dinge wo am besten genießen und erkunden konnte.

„Was lässt dich in dem Glauben, dass ausgerechnet sowas mir helfen soll?"

Es war ein Wunder, dass er noch immer mit ihr das Gespräch aufrecht erhielt. Mags war sich nämlich sicher, dass er den Zettel zerissen hätte und anschließend wieder ohne ein weiteres Wort gegangen wäre.

Streng genommen war dafür auch noch immer Zeit.

„Möglicherweise lässt es dich auf einfachem Wege erkennen, wie viel Gutes dich jeden Tag umgibt. Wie Hilfe dir in den verschiedensten Formen angeboten wird, du sie aber in deiner ganzen Verzweiflung nicht sehen kannst."
Reichte das für eine Überzeugung aus?
Mags sagte nichts mehr, blieb still stehen und beobachtete stattdessen die Boote am Yachthafen.

„Na, schön. Jetzt bin ich hier und sehe mir die Sterne an. Allerdings geht es mir immer noch genauso beschissen wie vor-..."

Leonard brach seinen Satz ab, da er bemerkt hatte, ihr schon viel zu viel gesagt zu haben.
Magnolia akzeptierte seine blockierenden Mauern und hakte nicht weiter nach.

„Geduld, ich weiß, dass es nicht von heute auf Morgen geht. Außerdem schaust du nicht zu den Sternen, sondern auf die Skyline."

Leonard lächelte. Es war schwach, aber es reichte aus, damit sich Mags traute wieder neben ihm Platz zu nehmen.

„Sieh hin. Ist das nicht einfach wunderschön?"

Magnolia zeigte mit ihrem Finger gen Himmel und versuchte irgendwelche Sternbilder zu entdecken, aber damit sie das konnte, musste sie sich erst einmal damit beschäftigen. Außerdem sah man die Sterne von der Stadt aus nicht besonders gut.
Möglicherweise sollte sie den Trip zu den Nationalparks vorverlegen.

„Es ist spät. Ich denke, ich mache mich auf den Heimweg."

Ein kurzer Blick wurde ausgetauscht, danach folgte erneut die absolute Stille und Mags rechnete damit, dass er ohne ein weiteres Wort auf dem Absatz Kehrt machte. So geschah es letztendlich auch und seine Gestalt entfernte sich langsam von ihr, während sie ihm noch nachsah.

Ein Blick über die Schulter verriet allerdings einen Szenenwechsel.

„Mags?"
Er blieb stehen.
„Leonard?"
Seine kühlen blauen Augen erstrahlten sogar in der Nacht.

„Was steht denn für morgen so auf deiner Liste?"

Magnolia konnte kaum glauben, was er sagte. Vor allem war sie so überwältigt, dass ihr kaum etwas einfiel. Für den Anfang genügten kleine Schritte nach Vorne. Es musste simpel sein, ihre Idee fand sie deswegen gar nicht mal so schlecht.

„Du hast doch eine Katze, stimmts?"
Es folgte keine Antwort, sondern ein bejahendes Grummeln.
„Wenn du Morgen früh aufstehst, nehme sie auf den Arm und streichele ihr durchs Fell. Genieße einfach die Nähe, die sie dir schenken wird. Mach es nicht halbherzig, schenk dem kleinen Fellball deine volle Aufmerksamkeit."

Leonard sah nicht sonderlich begeistert vom Vorschlag aus, aber trotzdem entschied er sich dafür dem kleinen Selbstfindungsspiel eine Chance zu geben.

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