1 - Wetten abschließen für Dummies!
Die grünen Augen meines Gegenübers starrten in meine blauen, während ich den Lärm um uns herum ausblendete. »Jeder macht es, Elena«, versuchte Trent, mein bester Freund, mich zu überreden.
Es war ein Tag wie jeder andere im kalten Chicago. Zumindest wie fast jeder andere. Heute Abend stand ein heißer Kampf an, den ich auf keinen Fall missen wollte. Alle, die von den illegalen Underground Fights wussten, kannten den Herausgeforderten, Danny Capristo. Er war Student und Starquarterback der Chicago State University, an der auch mein bester Freund und ich studierten. Aber niemand von uns, nicht einmal Danny, kannte den Herausforderer. Blake, der Typ, der sich um die Wetten, Kampfansagen und um die Verbreitung von Nachrichten kümmerte, hatte die Sache um einiges interessanter gemacht, indem er beschlossen hatte, niemandem zu verraten, gegen wen Danny überhaupt antreten würde.
Vielleicht lag es am Nervenkitzel, aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich nicht auf Danny Capristo setzen sollte. Möglicherweise war ich heute einfach nur besonders risikofreudig.
»Elena, versteh doch, es ist eine dumme Idee.«
»Trent, mach dir keine Sorgen, ich weiß, was ich tue. Ob du es glaubst oder nicht. Vertraue mir.«
Er fuhr sich mit einer Hand durch seine hellbraunen Haare und sah mich missmutig an, bevor er laut seufzte. »Wenn du das sagst. Aber wenn du falsch liegst, dann werde ich dir in den Hintern treten, verstanden? Außerdem wirst du dir wochenlang anhören müssen, dass ich recht hatte und du falsch lagst.«
»Damit kann ich leben.« Obwohl ich die Zustimmung meines besten Freundes nicht brauchte, um diese Wette abzuschließen, weil er nicht mein Vater war und es sich um mein eigenes Geld handelte, verspürte ich das starke Bedürfnis ihm klarzumachen, wieso ich es tat. Er sah meine Entscheidung nicht ein, aber zumindest meckerte er nicht mehr, weil ich nicht so handelte, wie er es erwartet hatte.
PJ verwaltete die Wetten, die von unserer Schule aus gingen und gab sie vor dem Kampf weiter an Blake. Nicht viele wussten, wer Blake genau war, ob dies sein echter Name und ob er überhaupt Student an irgendeiner Universität war, aber er war derjenige, der die Kämpfe organisierte. Danny und noch ein paar mir unbekannte Jungs saßen an PJs Tisch, als ich diesen ansteuerte.
Ich konnte PJs Grinsen schon aus einigen Metern Entfernung entdecken und wollte schon umdrehen, als mir wieder bewusst wurde, wieso ich mich überhaupt auf den Weg zu ihm gemacht hatte. »Womit kann ich dienen, meine Schöne?«, fragte er und lehnte sich im roten Plastikstuhl zurück.
»Spar dir dein Süßholz, PJ, ich bin nur für das Übliche hier.« Mit großer Kraft versuchte ich, nicht genervt von ihm und seiner vermeintlich »coolen« Art zu klingen. Meinen Kontakt zu dem Rotschopf musste ich hegen und pflegen.
»Schade«, begann er gespielt bestürzt. »Dabei dachte ich, dass du hergekommen bist, um mich zu einer Pyjamaparty einzuladen.«
Meine Stimme war zuckersüß, als ich sagte: »Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, PJ.«
»Macht nichts.« Ein dreckiges Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und er fuhr sich mit einer Hand durch sein dunkelrotes Haar. »Vergeben und vergessen, wenn du kurz auf die Knie gehst und deine tollen Lippen um PJ junior legst und ihn wie einen Lolli lutscht.« Er lachte dröhnend und seine Freunde stimmten mit ein. Am Ende klang es wie eine Horde Gorillas, die sie sich über eine ihr zugeworfene Banane freute.
PJ, der eigentlich Peter James Stetson hieß, wurde von Außenstehenden meist als schmächtiger Nerd wahrgenommen und nicht als draufgängerischer Typ, der Wetten für illegale Underground Fights regelte. Der erste Eindruck täuschte.
Ich war ziemlich angeekelt und brachte all meine Kraft auf, um mich nicht vor Abscheu zu schütteln. »Zu dumm, dass ich immer in meine Lollis reinbeiße, weil ich so schnell wie möglich an den Kaugummi kommen will.« Sein Grinsen verging ihm und meine Laune hob sich beträchtlich. »Sei so nett und behalte deine dummen Sprüche für dich, okay? Nimm einfach das verdammte Geld und setz auf Dannys Herausforderer.«
»Bleib ruhig, Brauner«, kicherte er. »Du kannst dich auf mich verlassen, das war doch nur Spaß. Weißt doch, dass ich dich gut leiden kann. Bist immerhin einer meiner besten Kunden.«
»Schieb's dir sonst wo hin.«
Am Tisch mit meinem besten Freund angekommen, ließ ich mich seufzend in den harten Stuhl fallen. Ich konnte den Tag meines Abschlusses gar nicht abwarten. Dann müsste ich mich endlich nicht mehr mit so Typen wie PJ und anderen dubiosen Gestalten abgeben. Ich könnte endlich einen normalen Job annehmen und mein Leben in Ruhe weiterführen.
»Hat er wieder einen dummen Spruch fallen lassen?«, fragte Trent.
»Ja«, brummte ich. »Schade, dass ich ihn noch brauche und nicht einfach meine Faust in sein Gesicht rammen kann.«
»Dito.«
»Ich verstehe nicht, wie ausgerechnet PJ an Blake kommen konnte. Blake sieht wie jemand aus, der PJ das Essensgeld wegnimmt, bevor er ihm die Fresse poliert«, meinte Mac, Trents Cousin. Die beiden sahen sich sehr ähnlich und waren vom Charakter her auch nicht sehr unterschiedlich – die meisten hielten sie für Zwillinge. Sie hatten ihr hellbraunes Haar ihrer Großmutter Tracy zu verdanken, die ihnen zudem auch ihre vollen Lippen und die dichten Augenbrauen vererbt hatte. Die grünen Augen jedoch kamen von ihrem Großvater George, der gerne Geschichten über den Vietnamkrieg erzählte.
»Angeblich ist sein großer Bruder ein guter Freund von Blake und deshalb kennen sich die beiden so gut«, antwortete Trent.
»Anders könnte ich mir auch gar nicht vorstellen, dass PJ überhaupt eine Chance zwischen all diesen Typen hätte«, mischte ich mich ein.
Zwei Stunden später saß ich zu Hause vor dem Fernseher. Vom Programm bekam ich nicht viel mit, denn ich zermarterte mir das Gehirn, ob ich meine zweitausend Dollar heute Nachmittag richtig investiert hatte oder ob sich ein großes Loch in meiner Geldbörse bilden würde. Vielleicht hatte Trent recht und es war eine der dümmsten Ideen, die ich je gehabt hatte. Es bestand aber auch die Möglichkeit, dass ich heute Abend mit der zehnfachen Summe nach Hause kommen könnte.
In der Hoffnung, dass das Glück heute auf meiner Seite war, zwang ich mich dazu ein wenig von meinen Nudeln zu essen, um heute Nacht wenigstens nicht zu verhungern.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro