
Kapitel 5
Erste Woche des 6. Schwangerschaftsmonats, drei Tage nachdem Aleks und Zack aus dem Schlaf nach der Erschaffung des ersten Schlüssels erwacht waren...
Aleks schmiegte sich an seinen Dämon. Sein Bauch hatte schon eine deutliche Rundung angenommen, die er unter einem normalen Oberteil nicht mehr verstecken konnte. Aber das war bei einer Schwangerschaft im sechsten Monat auch zu erwarten.
Belial drehte sich zu seinem Engel und gab ihm einen Kuss. „Guten Morgen, Tsuka." Dann wanderte er nach unten und drückte Aleks einen Kuss auf den Bauch. „Guten Morgen, Tsuki."
Aleks lachte leise. Ihr Kind hatte seinen Gefährten bereits jetzt schon um den Finger gewickelt.
Sein Dämon wanderte wieder nach oben. „Hunger?", fragte er mit einem Lächeln.
Aleks nickte und wanderte mit seinen Lippen zu Belials Hals, dann biss er zu.
Er hatte wenige Wochen nachdem er Shin begegnet war, kleine Fangzähne entwickelt - Richelle nannte sie auch Proto-Zähnchen. Völlig unerwartet hatte er Belial beim Sex gebissen und sein Blut getrunken. Er hatte nicht einmal bemerkt, was er getan hatte, er war völlig weggetreten gewesen. Instinktiv hatte er an Belials Nacken geleckt und ihn dann angezapft.
Richelle führte es auf die sehr wahrscheinlich dämonische Rasse ihres Kindes zurück. Zunächst hatte er nur zwei bis drei Mal die Woche von Belial getrunken, doch nun trank er täglich. Dieser Akt war sehr intim und stärkte die Verbindung, die sie teilten.
Aleks begann, sich an ihm zu reiben, und Belial konnte die Erregung seines Gefährten riechen. Hölle, er wird mein Ende sein. Er zog seinen Engel an die Lippen und küsste ihn zärtlich. Gerade als er mit seinen Fingern nach unten wanderte, hörten sie ein lautes Kreischen. Ein Rabe mit roten Augen saß vor ihrem Fenster und klopfte dagegen.
„Was?", begann Aleks, brach aber ab. Ihm war klar, dass es ein Bote von Nix war. Vorsichtig stand er auf und öffnete das Fenster, um den Raben hereinzulassen. Der Rabe hopste auf Aleks' Arm und starrte ihn an.
„Ich hoffe, ich habe nicht gestört, ihr Turteltauben", erklang Nix' Stimme.
Belial trat hinter Aleks und umarmte ihn. „Doch Nix, das hast du", grollte er.
„Tja, kann man nichts machen. Ich werde in einer halben Stunde bei euch eintreffen. Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen", sagte Nix. Mit diesen Worten begann der Rabe zu flattern und flog aus dem Fenster. Auf eine Antwort hatte das Orakel nicht gewartet.
„Irgendwann werde ich diesem kleinen Scheißkerl den Hals umdrehen", knurrte sein Dämon.
Himmel, Belial hat mal richtig schlechte Laune. Eine halbe Stunde war nicht viel Zeit, aber mehr als nichts. Zumal sich Zack und Lucan für später angekündigt hatten. Die beiden zogen sich an und Aleks frühstückte. Er nahm einen von Richelles unglaublich widerlichen Nährstofftränken zu sich und machte sich dann auf dem Weg zum Empfangszimmer. Sie machten es sich auf dem Sofa gemütlich, wobei Aleks sich an seinen Dämon lehnte.
Bald schon öffnete sich die Tür und das Orakel trat ein. Er seufzte und setzte sich so weit entfernt, wie er konnte.
„Was bringt dich her?", fragte Aleks freundlich, auch wenn er den finsteren Blick seines Dämons spürte.
Nix legte den Kopf schief. „Nicht so mürrisch, mein Guter. Nun aber Spaß beiseite, mein Besuch hat einen triftigen Grund." Er wurde ernst. „Der erste Schlüssel wurde gefunden und für den zweiten werde ich bald die Reise beginnen, doch der dritte macht mir Sorgen."
Aleks schaute das Orakel unsicher an und fragte: „Weshalb machst du dir Sorgen?"
Nix schaute zu Aleks. „Ganz einfach, kleiner Engel, der dritte Schlüssel ist verschollen und niemand weiß, wo er ist, nicht einmal ich. Alles, was ich weiß, ist, dass gewisse Ereignisse eintreten müssen, damit wir mehr über ihn erfahren. Aber dafür musst du handeln."
Belials Gesicht verfinsterte sich.
„Hölle, Schatten, ich weiß, dass du deinen schwangeren Gefährten beschützen willst, doch es gibt keine andere Möglichkeit." Dieses Mal richtete Nix seinen Blick auf Aleks und sprach: „Aleksander, du musst mehr über deine Herkunft in Erfahrung bringen. Du musst deine Wurzeln ergründen und diesen bis zu deinem Ursprung folgen. Wenn du dort ankommst, wird sich der Aufenthaltsort des dritten Schlüssels und der dritte Träger offenbaren."
Die beiden schauten Nix schweigend an. Aleks brach es als erstes. „Heißt das, dass ich in die Menschenwelt reisen und nach meinen Verwandten suchen muss?"
Nix nickte. Mehr konnte er aber auch nicht sagen, denn er wusste es nicht.
Nachdenklich schaute er zu Belial. „Dann sollten wir so schnell wie möglich los, solange meine Schwangerschaft noch nicht fortgeschritten ist."
Belial schaute ihn fassungslos an. „Tsuka, ich werde einen Teufel tun und dich in der Weltgeschichte umherreisen lassen", sagte er aufgebracht.
„Dann begleite mich."
Belial konnte gar nicht so schnell antworten, wie Nix darauf antwortete. „Ich verstehe deine Bedenken, Schatten, doch es geht nicht anders. Wenn ihr eine Welt wollt, in der euer Kind aufwachsen kann, müsst ihr diese Reise antreten. Doch bedenkt, weiht so wenig wie möglich darin ein, damit euch niemand in die Quere kommt. Das war alles, was ich zu sagen habe." Dann stand Nix auf und ging zur Tür, ließ die beiden nachdenklich zurück.
In diesem Moment klopfte es und als Nix nach außen trat, standen Lucan und Zack vor der Tür.
Nix schaute die beiden an und lächelte. „Ich gehe dann, vergesst nicht, was ich gesagt habe." Dann lief das Orakel an ihnen vorbei, hielt aber kurz inne. „Astaroth als Name ist doch veraltet, aber mit Asta wird sie, denke ich, glücklich", sagte Nix mit einem Grinsen.
Nach dem Gespräch mit Lucan und Zack hatte Belial seinen Freund zur Seite genommen und ihm das Versprechen abgerungen, Zack für den Zeitraum, in dem er und Aleks fort sein würden, zu beschäftigen. Er fühlte sich nicht wohl dabei, doch es ging nicht anders. Beide schwiegen nachdenklich.
„Bel, wir sollte so früh wie möglich aufbrechen. Kannst du das organisieren?", fragte Aleks.
Belial nickte. „Tsuka, wo willst du deine Suche beginnen?"
Aleks hatte noch kurz mit Zack gesprochen, was er über seine Familie wusste, leider war das herzlich wenig gewesen. Er wusste, dass seine Großmutter Seraia Bishop hieß, aber ihren Mädchennamen kannten sie nicht. Aber immerhin war das ein Anfang. Sie würden zunächst das Waisenhaus aufsuchen, in dem er aufgewachsen war, und Rika fragen, ob sie mehr über Zacks Vater oder seine Mutter wusste.
Gemeinsam packten sie eine kleine Tasche und organisierten einen Verschleierungszauber für Aleks' Bauch.
Shin lag am Ende des Bettes und schaute Aleks zu, wie er packte. Gehst du auf eine Reise, Dāvana?
„Ja, Shin, wir werden für eine Zeit in die Menschenwelt gehen."
Shin ging von Zeit zu Zeit zu seinem Rudel in den Wäldern von Belials Territorium. Es hatte sich dort angesiedelt und blühte langsam auf. Er war jedes Mal glücklich, wenn er zu Aleks zurückkehrte.
Auch wenn er immer wieder sagte, er könne mehr Zeit bei seiner Familie verbringen, so bestand der Byakko-Dämon darauf, an Aleks' Seite zu bleiben. Die Angestellten hatte sich bereits an ihn gewöhnt, auch wenn er am Anfang viel Aufsehen erregt hatte. Er hatte begonnen, als Sparringpartner für Belials Krieger herzuhalten und hatte durch seine Fähigkeiten deren Respekt verdient. Auch Richelle liebte den Dämon, denn mithilfe seines Giftes konnte sie ein neues Narkosemittel herzustellen, was ihr ihre Behandlungen um einiges erleichterte.
Er hat das geschafft, was ich in fast einem Jahr nicht geschafft habe. Aleks seufzte. Er war nicht wirklich eifersüchtig auf seinen Freund, oder? „Am besten ist, dass du zu deinem Rudel zurückkehrst, während wir fort sind. Ich kann dich nicht mit in die Menschenwelt nehmen." Man stelle sich vor, er würde einfach dort auftauchen, dann wäre die Hölle los, im wahrsten Sinne des Wortes.
Shin gefiel das gar nicht, doch er konnte auch nicht gegen Aleks' Willen handeln.
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Als sie alles vorbereitet hatten, machten sie sich auf den Weg in die Menschenwelt. Sie stellten ihr Gepäck in Aleks' Wohnung ab. Irgendjemand hatte seit ihrem letzten Besuch alles wieder so hergerichtet, wie es war.
Aleks zog sich ein weites Hemd und eine Hose aus seinem Schrank an, Belial hatte sich bereits gekleidet und seine Haare zurückgebunden. Auch so sah er nicht wie von dieser Welt aus. Es war seine Aura, die jedem intuitiv mitteilte, dass er ein Raubtier war.
„Gut, dann wollen wir", sagte er und ergriff die Hand seines Dämons. Sie würden zunächst dem Waisenhaus einen Besuch abstatten. Rika war leider auf einer Schatzsuche und die anderen Sukkubi wussten nicht, wann sie wiederkommen würde. Das würden sie also aufschieben müssen.
Gemeinsam fuhren sie mit dem Taxi zu der katholischen Kirche, neben der sich das Waisenhaus befand. Es war ein Klosterkomplex der Nonnen des Marienordens. Sie bezahlten den Taxifahrer und gingen gemeinsam die Stufen der Kirche hinauf. Aleks blieb stehen und schaute zu Boden. „Hier haben sie mich damals gefunden", sagte er mit trauriger Stimme.
Belial schloss ihn in die Arme und drückte ihm einen Kuss auf den Scheitel. „Ich werde immer bei dir sein, Tsuka", sagte er mit einer weichen Stimme.
Aleks nickte und ergriff seine Hand. Gemeinsam liefen sie auf die mit Eisenkreuzen verzierte Holztür zu und öffneten diese.
Die Kirche hatte an der Außenfassade gotische und romantische Elemente. Sie hatte den typischen rechteckigen Grundriss und hohe Fassaden, die mit zahlreichen Buntglasfenstern, Statuen und Verzierungen geschmückt waren. Strebepfeiler stützten den Bau zu beiden Seiten, die ebenfalls mit Verzierungen versehen waren. Zudem hatte sie die typischen Spitzbögen, die von beeindruckenden Säulen umrahmt waren.
Der Innenbereich war genauso beeindruckend. Alle Seitenschiffe hatten die gleiche Höhe, sodass das Kirchenschiff einer riesigen Halle ähnelte. Hohe verzierte Säulen trugen die Decke in Form eines Rippengewölbes. Zwischen diesen Säulen verliefen die Holzbänke, auf denen die Gläubigen platznehmen konnten. Die Enden Der Bänke waren mit schnörkeligen Schnitzereien verziert. Zwischen diesen verlief der große Mittelgang, der Boden aus quadratischen Steinplatten und an den Wänden waren handgemalte Bilder von Engeln und Szenen aus dem Himmel. Vorne links war die Kanzel, die entlang einer Säule in der Höhe schwebte. Diese war ebenfalls aus Stein und mit zahlreichen Figuren und Stuck verziert.
Vorne war der Steinaltar, der mit einem weißen Tuch bedeckt war. Dieser hatte ebenfalls zahlreiche kleine Verzierungen. Hinter dem Altar waren drei große Buntglasfenster, die farbiges Licht auf den Altar und auf das sich daneben befindliche Taufbecken warfen. Der Altar unter diesen bestand aus kleinen runden Marmorsäulen mit kleinen Engeln, die auf die Marienfigur mit dem Jesuskind zeigten, die den Mittelpunkt bildete. Darüber ein Kreuz aus Gold.
Belial war beeindruckt von dieser architektonischen Meisterleistung der Menschen.
Eine Nonne kniete in der ersten Reihe und betete gerade einen Rosenkranz. Langsam näherten sie sich ihr. Die Nonne war in ihr Gebet vertieft und schien sie nicht zu bemerken, also warteten die beiden höflicherweise, bis sie fertig war.
Als die Nonne ihr Gebet abgeschlossen hatte, begrüßte Aleks sie freundlich: „Hallo, Schwester Corinna."
Die Frau drehte sich zu ihm und ein Strahlen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Sie war Ende sechzig und ihre Haare hatten nun eine vollständige Graufärbung angenommen. Sie war kleiner als Aleks, doch das störte niemanden, als sie ihn in eine herzliche Umarmung zog. „Mein Sohn, du kommst uns besuchen. Schwester Maria wird sich freuen", sagte sie glücklich.
Aleks lächelte und erwiderte die Umarmung. „Ich bin auch auf der Suche nach Schwester Maria und die Ordensoberen. Sind sie im Haus?", fragte er sie.
Die Nonne nickte und schaute zu Belial. Ihre Augen verengten sich. „Wer ist der Herr, der dich begleitet?", fragte sie.
„Das ist mein Mann", sagte Aleks lächelnd, was Überraschung auf das Gesicht der Nonne verursachte.
„So, so. Dann hast du also den Bund der Ehe geschlossen?", fragte sie.
Aleks nickte verlegen. Der Bund war das dämonische Äquivalent der Ehe, also war es nicht gelogen.
Belial lächelte und verneigte sich vor der Dame. „Mein Name ist Belial, es ist mir eine Ehre, eine so reizende Dame wie Sie kennenzulernen."
Corinna wurde leicht rot. „Er hat Anstand", sagte sie und drehte sich um. Beide folgten ihr aus dem Hinterausgang und kamen in den Hinterhof, von dem Aleks ihm bereits erzählt hatte.
Es hat sich nichts geändert... Es war alles wie damals. Die Apfelbäume hatten zwar bereits ihre Blätter verloren, doch sie standen immer noch an derselben Stelle. Sie liefen durch den langen überdachten Gang, dessen Dach von Säulen am linken und rechten Rand getragen wurde.
Sie blieben vor dem Hauptgebäude stehen. Schwester Corinna holte einen Schlüssel hervor, schloss die Türe auf und ging hinein. Aleks und Belial folgten ihr. Das Gebäude war recht schlicht. Ein grauer Steinboden und weiß verputze Wände, an denen Bilder und Skulpturen hingen, die von kleinen Kindern gemalt worden zu sein schienen.
Aleks lächelte, als er vor einer kleinen Engelsstatue stehen blieb. Belial schaute neugierig zu dieser. „Was ist das, Tsuka?", fragte er seinen Engel.
„Das, Bel, ist eines meiner künstlerischen Meisterwerke, die ich als Kind angefertigt hatte", sagte er lachend. „Unglaublich, dass sie immer noch hier steht."
Schwester Corinna ging zu ihr und lächelte. „Du hast damals die schönsten Skulpturen geschaffen. Wir waren alle erstaunt von deinen Fingerfertigkeiten. Im gleichen Maße waren wir überrascht, dass du dich für den Beruf des Arztes entschieden hast und nicht diesen Pfad weiterverfolgt hast."
Auf Aleks' Gesicht erschien ein trauriger Ausdruck.
Alles in Ordnung, Tsuka?, fragte ihn sein Dämon.
Alles gut. Ich war nur etwas sentimental. Lass uns gehen.
Aleks ging schweigend weiter. Corinna ging einen Gang entlang und blieb vor einer Tür stehen. Vorsichtig klopfte sie. Eine Stimme aus dem Innern bat sie einzutreten.
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Aleks muss seine Wurzeln ergründen, der erste Halt ist das Waisenhaus.
Wie könnte das Gespräch mit der Oberen laufen?
Was könnten sie über Aleks' Vergangenheit erfahren?
Eure Mausegöttin
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