Alea wollte gerade auf Cassaras zulaufen, da hielt Lennox sie schon fest. "Noch nicht", flüsterte er. Er wollte Cassaras, der gerade die Tür zur Hütte öffnete, noch ein Weilchen beobachten, um sicher zu stellen, dass keine Gefahr bestand. Alea konnte jedoch nicht mehr klar denken, sie musste unbedingt zu ihrer Schwester. Sie versuchte sich von Lennox' Griff zu befreien, doch er war zu stark. Zu sehr wollte er sie beschützen. So lange er nicht wusste ob sie in Gefahr waren, ließ  er auf keinen Fall zu, dass Alea ihm von der Seite wich. Unbeholfen fuchtelte sie mit den Händen. Dabei war sie jedoch zu laut. "Wer ist da?", brüllte Cassaras aggressiv. Er nahm seinen Bogen vom Rücken und spann gleich mehrere Pfeile. Alea hörte wie er langsam auf sie zu ging. "Kommt raus!", rief er ins Leere. Alea überlegte was sie tun sollte. Sie kam zum Entschluss, dass er sie nicht verletzen würde. Lennox war damit beschäftigt Cassaras unauffällig zu mustern. Wie ferngesteuert nutzte Alea ihre Chance und sprang mutig von dem Felsen hervor. "Was machst du denn da?", schimpfte Lennox. Er wollte sie noch aufhalten, doch es war schon zu spät. Cassaras hatte sie bereits gesehen. Sie stand gleich in seiner Schussbahn. Als hätte er es schon tausend Mal getan zielte er augenblicklich auf ihre Stirn. Seine Hände wussten genau was sie taten und sein Blick war koordiniert, doch dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Sobald er Alea erkannte, nahm er irritiert seine Waffe runter. "Alea? Was machst du denn hier?", fragte Cassaras wütend und ging einen Schritt auf sie zu. Sofort sprang Lennox aus seiner Deckung und stellte sich zwischen die beiden. Kalt funkelten sie sich an. Wenn Blicke töten könnten, so wäre in diesem Augenblick vermutlich ein Serienkiller unterwegs gewesen. Cassaras wurde jedoch abgelenkt. Kurz erhaschte er einen Blick nach hinten, bevor er wieder Lennox ins Visier nahm. Als wäre dort etwas, was er unbedingt vor ihnen verstecken musste. "Ihr solltet nicht hier sein", fauchte der Nixenprinz. Nun trat Alea hinter Lennox hervor. "Ich weiß bescheid", stellte sie klar. Hinter Cassaras' Pokerface verzog sich keine Miene. "Du weißt gar nichts", spuckte er spöttisch zurück. Alea ließ sich jedoch nicht einschüchtern. "Ich weiß, dass Anthea hier ist", ergänzte sie. Nun durchbohrte sie ihn mit ihrem Blick. Für einen kurzen Augenblick schwieg er. Konnte Alea ihn etwa mit diesen Worten aus der Fassung bringen? War er besorgt um Thea? Was tät Alea nicht alles um seinen Stimmungsspiegel sehen zu können. "Ich hab euch doch gesagt ihr sollt nicht nach Thea suchen. Du hast keine Ahnung was du da anrichtest", knurrte er und sah dabei Lennox an. Es wirkte beinahe so, als hätte er erwartet, dass zumindest er seine Warnung ernst nehmen würde. "Wir sind nicht mehr in Gefahr", verteidigte sich Lennox als könne er seine Gedanken lesen. Skeptisch zog Cassaras eine Augenbraue hoch. Seine breiten Arme waren verschränkt. "Der Peilsender ist zerstört", erklärte Alea, "und das Schiff getarnt". Cassaras schwieg weiterhin und Alea sah ein, dass sie den Nixenprinz so wohl nicht klein bekam. "Ich brauche Anthea um wieder eine Meermädchen werden zu können. Von ihr hängt alles ab. Nur so können die Meere gerettet werden", verkündete sie mit starker Stimme. Ihr war klar wie viel ihm daran lag, dass Thea wieder ins Wasser könne, vereint mit ihrer richtigen Familie lebt und ein unbeschwertes Leben führt. Cassaras schnaufte laut. Als würde er sich für seine Entscheidung hassen. Er drehte sich widerwillig um und ging zur Tür. Langsam öffnete er diese und nickte Alea zu. Er wollte, dass sie rein ging!!

Schlagartig wurde ihr heiß und kalt zu gleich. Ihre Knie fühlten sich wie Wackelpudding an. Beruhigend nahm Lennox ihre Hand. Warm lächelte er sie an. Sie atmete langsam durch. Gemeinsam mit Lennox stolperte sie zur Tür. "Ich muss dir jemanden vorstellen", gebärdete Cassaras, während er gleichzeitig sprach. Schließlich war Thea taubstumm. Alea traute sich kaum rein zu gucken, doch dann tat sie es doch. An einem klapprigen Tisch saß ein Mädchen. Sie trug eine dreckige Jeans und ein gelbes Oberteil mit Rüschen. Dieses hatte jedoch auch schon mehrere Flecken. Vermutlich Staub und Erde. Sie hatte mittellanges wallendes dunkel braunes Haar und klar grüne Augen. 

"Wer ist das?", fragte das Mädchen neugierig. Sie betrachtete Alea. "Finde nur ich das wir uns unwahrscheinlich ähnlich sehen?", witzelte sie und ging einen Schritt auf Alea zu. "Nein, unwahrscheinlich ist es längst nicht", sagte Cassaras. Verwirrt blickte Thea ihn an. "Ihr seid Schwestern", ergänzte er. Irritiert sah sie zu Alea, dann wieder Cassaras, zurück mit ihrem Blick zu Alea. Kalt nickte er. Thea geriet ins Schwanken. Unbeholfen hielt sie sich ihren Kopf und taumelte nach hinten. Beinahe stolperte sie über eine Schachfigur. Bevor sie hinfallen konnte zog Alea sie rasch nach vorne. "Es ist wahr", stammelte sie, "wir sind Zwillinge". Thea traute ihren Augen nicht. Sanft legte sie ihre Hand auf Aleas Gesicht. Sie sah Alea an als würde sie in ihren eigenen Erinnerungen nach etwas wichtigem suchen. "Das mag vielleicht verrückt klingen. Doch ich spürte schon immer ein fehlendes Puzzleteil in meinem Herzen... Warst du das?", stammelte Thea. Sie gebärdete deutlich langsamer als zuvor. Sei es, weil sie den beiden anmerkte, dass sie nicht so schnell hinterher kamen, oder weil sie so aufgebracht war.  Alea nickte energisch. "So ging es mir auch immer!", bestätigte sie aufgeregt.

"Wir lassen euch dann mal allein", schlug Lennox vor und ging zur Tür. Cassaras folgte mit einer gewissen Gleichgültigkeit. Nur Keno sträubte sich zu gehen. "Jetzt wird es doch erst so richtig spannend", beschwerte er sich. Lennox forderte ihn erneut auf mit zu kommen. Schließlich fügte sich der grüne Kobold seiner Bitte und ging mit ihnen nach draußen, sah dabei aber alles andere als zufrieden aus. 

Noch immer überwältigt setzte sich Thea auf ein altes Klappbett. Alea zog sich einen Stuhl vom Tisch und platzierte diesen gleich vor Thea. Zittrig setzte sie sich. Alles in ihr kribbelte. Jeder Muskel, jeder Finger, jedes Wort. Aufgeregt stellte Thea ihr sofort mehrere Fragen und Alea konnte es kaum erwarten ihr alle zu beantworten.