12. Kapitel
Mit nur einem Schlag nimmt Graf Bylom der Fee die gute Laune, schließlich ist er nicht auf dem Kopf gefallen.
„Sagtest du nicht, dass dir kein Zauber bekannt ist, solch ein Unwetter zu stoppen? Aber genau das hast du mit diesem Ding ..."
„Ein Mondstein", nimmt sich Sina die Frechheit, ihn zu unterbrechen.
Kasimirs Augen werden bedrohlich dunkler, für gewöhnlich unterbricht ihn niemand.
„...Du hältst eine gefährliche Macht in deinen Händen, Sina."
„Ich entschuldige mich für Ihr Verhalten, Graf Bylom", beschließt der Alchemist schlagartig.
Die Anspannung ist deutlich zu spüren und Clive verübelt dem Grafen sein Misstrauen und seine Furcht ihr gegenüber nicht. So etwas erlebt man nicht alle Tage, Hexerei ist die einzige vernünftige Erklärung.
„Du musst dich nicht für mich entschuldigen", Sina ist empört.
Clive lächelt sie flehend an. In der Hoffnung, dass sie es bei seiner Entschuldigung belässt.
Kasimirs Worte richten sich an die Fee: „Wenn Ihr nur wüsstet, welches Glück Ihr habt, einen Freund wie Clive zu haben, Hexe."
Der Alchemist würde sich am liebsten die Haare raufen, jetzt fängt der Graf auch noch an, die Fee zu provozieren. Sina erdolcht Kasimir bereits mit einem tödlichen Blick, dennoch schweigt sie. Wofür Clive so dankbar ist.
„Du bist sicher erschöpft, Clive. Dennoch muss ich dich bitten, verlasse umgehend diesen Ort mit Sina. Das mag ein Überfall sein, aber diese Hexerei darf ich keinen momentlang länger dulden", kaum spricht der Graf zu Ende, blickt er vorwurfsvoll zu Sina.
Die Fee dampft bereits wie ein Teekessel vor Wut, die Zornesröte hat sich in ihrem Gesicht breitgemacht.
Verständnisvoll nickt Clive dem Grafen zu und gibt nach: „Wie Ihr wünscht, Graf Bylom."
„Möge ein Schutzengel über dich wachen, Clive. Sei wachsam und vertraue auf Cunos Schutz", fast schmerzlich bringt Kasimir den Abschied über seine Lippen.
Auch der Alchemist würde gerne noch länger verweilen und sich für all die Hilfe erkenntlich zeigen. Doch seine Reise hat Vorrang und bevor sie dem Grafen Ärger bereiten, sollten die beiden jetzt diese Chance zur Abreise besser wahrnehmen.
Beide Freunde hätten sich den Abschied sicherlich herzlicher vorgestellt, seine Beine fühlen sich an, als wären sie aus Blei. Jeder weitere Schritt fällt dem Alchemisten vom Herzen schwer, so viele unausgesprochene Worte liegen ihm auf der Zunge. Dennoch ist Kasimirs Zeit kostbar, er darf jetzt nicht egoistisch sein und dem Grafen seine Zeit stehlen.
Eine kurze, warme Berührung an seiner Hand lässt ihn aufblicken, Sinas große Augen mustern ihn besorgt. Ihre schmalen Lippen formen ein kleines Lächeln, das ihn aufmuntern soll. Ihre zierliche Hand nähert sich seiner verdächtig nahe, bevor ihre Finger in seine Fingerlücken gleiten. Seine Herzfrequenz verdoppelt sich, als ihre Hand in seiner liegt. Clives Wangen fangen an zu glühen und seine Schritte werden langsamer, woraufhin Sinas Lächeln breiter wird.
Die Fee zieht ihn nun wie ein kleines Kind hinter sich her, dabei entgeht dem Alchemisten der verblüffte Blick des Paladins. Die Welt um ihn herum ist für einen Moment vergessen, gerade jetzt hat Clive nur Augen für Sina. Ehe er sich versieht, befindet sie sich im Gästezimmer.
Ihre Hand gleitet aus seiner und schon beginnt er ihre Nähe zu vermissen. Schockiert wird ihm bewusst, wie viel ihm die Fee bereits bedeutet. Der Gedanke, dass sich ihre Wege in Zukunft trennen werden, bringt ihn fast um den Verstand.
Wird er sie jemals gehen lassen können?
Kann er gegen diese Gefühle überhaupt angehen?
Während er sich den Kopf zerbricht, ist Sina fleißig. Sie bringt ihm seinen geliebten Koffer.
Sie unterbricht seine Gedanken, indem sie sanft zu ihm spricht: „Clive, wir sollten Cuno nicht warten lassen. Dein Koffer."
Ein Blick in ihr wunderschönes Gesicht zeigt, dass sie ebenfalls etwas beschäftigt.
Also spricht der Alchemist sie daraufhin: „Was bedrückt dich, Sina?"
„Ich bin der Grund, warum du jetzt von hier verjagt wirst. Ich bereite dir Ärger. Ich weiß, du willst nicht fort. Verleugne es nicht, dein Blick in seinem Büro hat mehr wie tausend Worte gesagt. Entschuldige, dass ich dir ein Klotz am Bein bin. Ich ...ich kann auch allein weiterreisen. Du musst mich nicht begleiten."
Sein Herz hämmert gegen seinen Brustkorb, als wolle es mit Gewalt ausbrechen. Entschlossen fängt der Alchemist die Hände der Fee ein, mit errötetem Gesicht betrachtet er sie.
Bevor er sich in ihren Augen verliert, erinnert Clive sie daran: „Ich habe dir bereits versprochen, dich nach Hause zu bringen. Außerdem bist du mir kein Klotz am Bein, sei nicht so streng mit dir."
Nun ist es ausgesprochen und nun darf er sich auch in dem himmelblauen Spiegel zu ihrer Seele verirren. Ihre Augen funkeln schöner wie Diamanten. Wenn er nur könnte, dann würde er sich für immer dort verlieren.
„Idiot!", wirft sie ihm gegen den Kopf.
Überrascht blinzelt Clive sie an und spult sämtliche Erinnerungen zurück, um einen Anhaltspunkt zu finden, der erklären könnte, warum sie ihn gerade jetzt beleidigt.
Noch während Sina sich vorwurfsvoll erklärt, erinnert er sich bereits an das bereits Gesagte: „Unmöglich, du kannst kein Portal erschaffen. Ich bezweifle, dass irgendein Mensch dazu in der Lage sein wird."
„Dann aber eine Hexe", spricht er seinen Gedanken laut aus.
Sie missversteht ihn und erinnert ihn erzürnt daran: „Ich bin keine Hexe, sondern eine Fee!"
Sina ist wirklich schnell reizbar, sie hat einen feurigen Charakter. An ihr wird er sich sicher noch die Finger verbrennen.
„Ich rede nicht von dir, Sina. Es mag vielleicht ein dummer Einfall sein, aber vielleicht kann uns eine richtige Hexe weiterhelfen."
Die Fee hebt misstrauisch eine Augenbraue, während sie sich seine Idee durch den Kopf gehen lässt. Zustimmend nickt sie die Sache ab, auch hier findet er den Anblick der nachdenklichen Sina zum Anbeißen.
„Ein Versuch ist es wert", stimmt sie dem zu.
„Deine Himbeerpflanze", erinnert der Alchemist sie und möchte sich ihr Gepäck schnappen.
Nur ein Flüstern erreicht sein Ohr, als sie ihn beim Namen nennt. Verwundert sieht er zu ihr auf, jetzt wirkt die Fee ganz verlegen.
„Ja bitte?", spricht Clive sie neugierig an.
Als sie ihm die Fliege erneut richtet, atmet er ihren traumhaften Blütenduft ein. Er genießt jede Sekunde, die sie damit verbringt, die Schleife zu richten. Es freut ihn, dass sie Gefallen an dem Accessoire gefunden hat.
Routinemäßig möchte er ihr danken, dafür gibt sie ihm keine Gelegenheit. Ehe er sich versieht, liegen ihre Lippen auf seinen. Mit der unvergesslichen Berührung ihrer weichen Lippen rieseln heiße Schauer durch seinen Körper. Sie belässt es bei einem kurzen Kuss – ein Kuss, der dem jungen Alchemisten den Atem raubt.
Mit einem schüchternen Lächeln haucht sie ihm folgende Worte ins Ohr: „Ich danke dir für alles."
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