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Tatsachen verdrehen


Ich war ja ganz allgemein ein totaler Verfechter von Gerechtigkeit. Und ich würde niemals jemandem absichtlich Schaden zufügen, aber Professor Mitter machte es mir gerade echt nicht leicht.

„Sie meinen", wiederholte ich langsam seine Worte, „dass wir nächste Woche nicht in Ihr Seminar dürfen, weil wir uns geprügelt haben? Dass wir allein an unserem Projekt arbeiten müssen? Nur wir zwei? Nur Fiete und ich?"

Er sah uns ernst an. „Ich dulde keine Gewalt an dieser Hochschule."

Ich schielte zu Fiete hinüber, der regelrecht kochte. Wäre er ein Topf, würde ihm der Deckel im hohen Bogen vom Rand fliegen – und mit so jemandem sollte ich abgeschottet von allen anderen in einem nicht-Seminarraum zusammenarbeiten?

Ich konnte mir absolut nichts Schöneres vorstellen! Temperamentvolle Menschen waren klasse!

„Wir haben uns nicht geprügelt! Das war ein Versehen und das mit dem blauen Fleck war ich auch nicht!" Fiete hatte die Hände an den Seiten zu Fäusten geballt, während er den Blick zu mir flackern ließ. „Sag's ihm, Dante!"

Huch, bei dem Befehlston wurde mir ganz warm ums Herz. Ich glaube, ich war dabei, mich ordentlich in ihn zu verknallen. Besser, ich fand schnell heraus, ob er auch Jungen mochte, sonst verirrte ich mich noch!

„Man soll ja nicht lügen", fing ich an und nahm mir fest vor, für diese Schwindelei irgendetwas ganz Liebes für irgendwen zu tun. „Ich bin genauso Schuld an dem Vorfall wie er. Ich habe ihn geärgert und er hat mir gesagt, dass ich aufhören soll, aber ich habe halt einfach weitergemacht. Da hat er mir eine gelangt."

„Sehen Sie, ich habe gar nichts-" Fiete hielt inne, drehte dann langsam den Kopf in meine Richtung. „Was hast du da gerade gesagt?"

Wenn ich Pech hatte, schlug er mich gleich wirklich.

„Mir tut's leid, wenn's dir leidtut", bot ich freundlich an und reichte ihm meine Flosse. Die er beinahe angewidert begutachtete.

„Du weißt, dass es nur ein Ausrutscher war", zischte er. „Warum erzählst du so einen Scheiß?"

„Weil wir uns gestritten haben." Man, ich würde echt viel gutzumachen haben, wenn das hier vorbei war. Aber er würde mir bestimmt verzeihen, sobald er verstand, dass ich einfach nur Zeit mit ihm verbringen wollte. Er brauchte nur einen kleinen Stoß in die richtige Richtung! Wie Freddy damals.

Wir uns?" Er stampfte mit dem rechten Fuß auf. Himmel, war das anbetungswürdig. Ich verliebte mich nicht nur ordentlich, sondern unwiderruflich! „Du belästigst mich doch seit meinem ersten Tag hier! Ständig fuckst du mich ab und suchst sogar auf dem Gelände nach mir, damit du genau dort weitermachen kannst, wo du vorher aufgehört hast!"

Oh. Dann hatte Freddy tatsächlich recht gehabt. Fiete dachte, ich würde ihn mobben wollen. Wie kam er denn nur darauf?

„Warte!" Ich hob sofort abwehrend beide Hände und schüttelte heftig den Kopf. „So war das alles nicht gemeint! Ich wollte mich nur mit dir anfreunden."

„Indem du mich bedrohst, oder was?"

Ich trat einen Schritt auf Fiete zu, um ihm einen Arm um die Schultern zu legen, weil ich das mal im Fernsehen gesehen und es dort als beruhigende Geste geklappt hatte, aber Professor Mitter deutete mal wieder alles falsch.

„Wollen Sie sich jetzt auch noch direkt vor meinen Augen an die Gurgel gehen?" Jeder von uns beiden bekam eine Hand gegen die Brust gedrückt, bevor er uns voneinander trennte und sich im Anschluss wenig grazil zwischen uns quetschte. „Sie sind doch keine kleinen Kinder mehr!"

„Er hat angefangen!" Fiete warf mir einen giftigen Blick zu.

„Aber ich wollte doch bloß-"

„Stopp, alle beide!" Professor Mitter ließ von uns ab und nahm das Nasenfahrrad von seinem Zinken, putzte es seufzend am Saum seines Pollunders. Als er es wieder aufsetzte, lagen seine Augen auf mir. „Sie sind schon seit dem ersten Semester ein furchtbarer Unruhestifter, aber ich habe Sie nie für jemanden gehalten, der gegenüber anderen handgreiflich wird."

„Bin ich auch nicht." Ich schob die Unterlippe vor.

Vielleicht hätte ich doch nicht lügen sollen. Es war die eine Sache, wenn wir ein bisschen Stress bekamen, aber eine ganz andere, wenn ausgerechnet der Studiengangsleiter dachte, ich würde auf die falsche Schiene abrutschen. Zumal er durch einen sehr, sehr blöden Zufall mitbekommen hatte, was bei mir daheim los war.

„Herr Vehring", er senkte die Stimme, „ich würde gerne unter vier Augen mit Ihnen reden."

Da musste ich nicht lange überlegen. Seine Anfrage abzulehnen, würde ihn bloß misstrauisch machen. Außerdem wollte ich nicht, dass er weiter über dieses Thema sprach, wenn Fiete in der Nähe war. Oder sonst jemand. Das würde meine Eltern ungerechtfertigt in ein falsches Licht rücken.

„Okay." Ich nickte hastig. „Jetzt gleich?"

„Ja." Er wandte sich kurz um, musterte Fiete. „Sie sind entlassen."

Der Zwerg grummelte etwas in seine nicht vorhandene Gesichtsbehaarung hinein und machte schließlich auf dem Absatz kehrt, um einen dramatischen Abgang aus dem Seminarraum hinzulegen, der schließlich davon zerstört wurde, dass er keine zwanzig Meter vom Campusgelände entfernt stehenbleiben und auf den Bus warten musste. Ich beobachtete ihn durch eines der vielen Fenster, wie er den umstehenden Studenten Todesblicke zuwarf. Wobei das Bild in etwa das gleiche Level an Bedrohung ausstrahlte, wie ich es verspürte, wenn ich mir zur Aufmunterung Fotos von Baby-Küken im Internet anschaute.

Ich wollte ihn einmal heftig durchknuddeln.

„Wenn Sie sich setzen würden?" Professor Mitters leicht erschöpfte Stimme schleuderte mich aus einem sehr angenehmen Tagtraum zurück in die Gegenwart, in der Fiete nicht dick eingepackt in meiner Bettdecke neben mir saß und wir gemeinsam irgendeine saublöde Komödie verfolgten, bis er irgendwann an meine Schulter gelehnt einschlief.

„Mhm", summte ich leise und rückte mir einen Stuhl direkt an das Dozentenpult heran. „Finden Sie nicht auch, dass er ultra süß aussieht, wenn er sich aufregt?"

Er atmete lautstark aus. „Also wirklich! Ich werde keine Ihrer Kommilitonen – oder Kommilitoninnen – als ultra süß bezeichnen. Ich bin Dozent."

Uh, da hatte ich wohl etwas Dummes gesagt.

„Sorry, fehlende Impulskontrolle." Ich grinste schief und setzte mich artig hin, wartete, bis er die Hände auf der Tischoberfläche miteinander verschränkte hatte und seine Miene etwas weicher geworden war.

„Ist bei Ihnen zuhause etwas vorgefallen?"

„Nein." Ich lächelte ihn fröhlich an. „Alles bestens."

„Ich verstehe." Irgendwie erwiderte er mein Lächeln trotzdem nicht. „Sie wissen, dass ich Ihnen nur helfen will, nicht wahr? Selbstverständlich zwingt Sie niemand, mit mir zu reden, wenn Sie das nicht möchten. Sie sind ein erwachsener, junger Mann. Aber es bereitet mir Sorgen, wenn ich sehe, dass Sie auf Gewalt zurückgreifen."

Ich schüttelte den Kopf. „Und Sie wissen doch, wie grobmotorisch ich sein kann. Ich wollte mich wirklich bloß mit ihm anfreunden, aber er hat alles in den falschen Hals gekriegt."

Er betrachtete mich eine ganze Zeit lang, als müsste er sich versichern, dass ich ihn nicht anlog. Dann seufzte er. Schon wieder. „Ich erwarte, dass Sie beide sich zukünftig benehmen. Wäre es mein Wunsch gewesen, fremde Kinder zu erziehen, hätte ich mich an einer Grundschule um eine Stelle beworben und nicht in der Erwachsenenbildung."

„Okidoki, keine Erziehungsmaßnahmen für uns." Ich formte mit Zeigefinger und Daumen das OK-Zeichen und schwang mir meinen Rucksack über die Schultern, schon halb auf dem Weg ins Treppenhaus. Vielleicht erwischte ich Fiete noch, wenn ich mich beeilte! „Darf ich gehen?"

„Eine Sache noch."

„Ja?" Ich blieb an der Tür stehen, die Klinke bereits mit meinen Fingern umschlungen.

„Reden Sie mit jemandem, wenn Ihnen etwas auf dem Herzen liegt. Auf Dauer ist es ungesund, alles in sich hineinzufressen."

„Ich weiß." Eine gehobene Hand zum Abschied. „Machen Sie sich keinen Kopf. Mir geht es super!"

Damit ging ich, seinen sehr wohl noch besorgten Blick im Nacken. Da war dieses Kribbeln, das man instinktiv verspürte, sobald man heimlich beobachtete wurde. Aber Herr Mitter brauchte sich wirklich überhaupt keine Sorgen zu machen. Es würde irgendwann alles gut werden, das wusste ich einfach. Ich würde heiraten, Kinder haben und glücklich sein. Keine Streitereien, sondern eine kleine, harmonische Familie mit zwei Elternteilen, die sich bedingungslos liebten.

Ich straffte die Schultern.

Und ohne Geldprobleme.


Fiiiiiete<3: Morgen um Punkt acht Uhr auf dem Campusgelände bei den Bänken vor der Bibliothek

Fiiiiiete<3: Mir egal, ob du da Zeit hast, wir bringen das jetzt hinter uns

Er wollte sich morgen schon mit mir treffen! Und hatte sich dafür sogar die Mühe gemacht, meine Nummer aus dem Studiengangs-Chat herauszusuchen!

Ich raste die Treppen zu meiner Wohnung hoch, während ich blind auf meinem Handy herumtippte. Ein Wunder, dass ich mich dabei nicht auf die Nase legte!

ICH: für dich nehme ich mir extra gaaaaanz viel zeit :3

Fiiiiiete<3: Großartig.

Ich strahlte mein Display an, hatte ausgezeichnete Laune, während ich die Tür nach drinnen aufstieß, und sie wurde auch nur minimal davon getrübt, dass mein Vater mit einem Weinglas in der Hand auf der Couch hockte, während im Hintergrund eine Dokumentation über Wale lief.

„Ich bin in meinem Zimmer."

Brummen.

Ich deutete das Geräusch als Zustimmung und huschte zwei Räume weiter, schleuderte Rucksack und Jacke auf den Boden und schmiss mich wie eigentlich jeden Abend mit dem Laptop aufs Bett, in der stummen Hoffnung, dass Trashy mich in den Untiefen des Darkwebs nicht allein versauern ließ.

Was er nur leider Gottes tat.

Eigentlich hatte ich keinen Grund, deswegen enttäuscht zu sein, weil er meistens erst spät online ging, aber ich war es trotzdem – vor allem, als irgendein Typ mich anschrieb und fragte, ob ich auch für andere Dinge verfügbar wäre, mit einem Link zu einer ziemlich heftigen Pornoseite. Ich sollte definitiv aufhören, Verweise anzuklicken, von denen ich keine Ahnung hatte. Ich meine, im schlimmsten Fall holte ich mir einen Virus auf den Laptop und dann war Sense. Oder eine Spy-Software, mit der der Kerl locker meine Adresse herausfinden könnte. Und ich wollte nicht, dass meiner Familie etwas passierte, nur weil ich unvorsichtig war.

Deswegen verfasste ich eine ganz liebe und höfliche Absage, während ich betete, dass ich damit keinen Massenmörder verärgerte, bevor ich weiter darauf wartete, dass Trashy sich blicken ließ. Im Hintergrund lief Pop-Musik von YouTube und durch die Wände drang das Hupen unzähliger Autos zu mir. Ich mochte das Farbspiel nachts, wenn ihre Scheinwerfer durch die Dunkelheit tanzten. Nur die Insekten taten mir leid. Die mussten verwirrt sein, plötzlich so viele künstliche Sonnen überall zu haben.

Ich dachte an kleine, umherschwirrende Motten und wälzte mich in meinem Bett herum. Es lenkte mich so komplett ab, dass ich mich fast erschreckte, als eine Einladung zu einem Telefonanruf auf meinem Bildschirm aufploppte.

Hastig krabbelte ich zurück in eine aufrechte Position und tastete das Laminat nach meinem Headset ab. Ich fand es in der Nähe des Fußendes und stülpte es mir über die Ohren. Irgendwann würde ich mir eines mit Bluetooth-Funktion holen, aber momentan sparte ich auf einen fahrbaren Untersatz hin, also musste das noch warten.

Ich verband das Teil mit meinem Laptop und nahm die Anfrage an. „Hallo!"

Kurz ertönte Rauschen, dann Gemurmel und schließlich war Trashys Stimme zu hören – oder zumindest die, die er sich ausgesucht hatte. „Hallo."

Wie schrecklich unenthusiastisch!

Ich stellte die Lautstärke höher und machte es mir im Schneidersitz bequem. „Bist heute früher dran als sonst", meinte ich. „Hast du mich etwa vermisst?"

„Nein." Trashy schnaubte. „Ich muss morgen nur ungeplant etwas eher aufstehen, deswegen."

„Obwohl Samstag ist?"

„Familienangelegenheit."

„Klingst nicht unbedingt glücklich drüber." Ich spielte mit meinen Zehen. „Ich muss morgen auch früh raus, aber nicht wegen Familienangelegenheiten."

„Und warum sonst?"

„Hab' mir Ärger aufgehalst. Aber guten Ärger. Ich freue mich voll!"

„Was zum Teufel soll guter Ärger sein?" Er machte Krach auf der anderen Seite.

Ich summte vor mich hin, unsicher, ob es schlau wäre, ihm davon zu erzählen. Trashy war, seinem Profil nach, ein Junge und ich wusste nicht, ob er eventuell Vorurteile gegenüber der LGBTQIA-Community hatte. Wäre blöd, wenn ich ihn dadurch verscheuchte.

„Ist ein Geheimnis", antwortete ich schließlich. „Aber vielleicht verrate ich es dir, wenn du mir mehr über dich erzählst." Damit ich herausfand, wie er zu diesen Dingen stand.

„So dringend muss ich es nicht wissen."

Ich zog eine Schnute und wollte mich gerade beschweren, als es irgendwo hinter meiner Tür laut wurde.

„Wart' mal kurz, Trahsy." Schnell legte ich das Headset neben mich und sprang auf die Beine. Ich hatte so eine dumpfe Ahnung, was los war – also steckte ich den Kopf in den Flur und lauschte.

Würgen. Aus dem Bad.

Meine Finger legten sich fest um den Türrahmen. „Papa?"

Einen Moment lang ging das Ächzen und Spucken weiter, dann wurde die Toilettenspülung betätigt und der Wasserhahn ging an. Ich blieb still stehen, wartete, bis mein Vater in den Flur hinaus trat.

Er schien überrascht, mich zu sehen. „Dante?"

„Ja, ich bin's." Meine Fingernägel gruben sich in das Holz. „Ist alles in Ordnung?"

„Mh", grunzte er und schlurfte an mir vorbei. „Mir war'n bisschen schlecht. Muss mir den Magen verdorben haben. Vielleicht was Falsches gegessen."

Klar, was Falsches gegessen. Warum war er mir gegenüber nicht einfach ehrlich? Er konnte doch mit mir reden, vielleicht könnte ich ihm sogar helfen.

„Brauchst du was? Soll ich dir einen Tee machen?", fragte ich, aber er beachtete mich kaum, war schon wieder bei der Couch im Wohnzimmer angekommen.

„Hab' noch was zum Trink'n", nuschelte er mir noch zu, bevor er sich schwerfällig auf seinen Hintern fallen ließ und nach der Fernbedienung griff, um wahllos durch die Kanäle zu zappen.

„Okay." Ich beobachtete kurz von meinem Platz aus, wie der TV zackige Lichtfiguren auf sein Seitenprofil warf, ehe ich mich schließlich abwandte.

Ich wurde die leise Angst nicht los, dass er sein Limit irgendwann übersteigen und einfach einschlafen würde. Ohne wieder aufzuwachen. Dass er erstickte, weil er es nicht einmal mehr schaffte, sich zu übergeben.

„Okay", wiederholte ich, dieses Mal an mich selbst gerichtet, und pflanzte mich erneut vor meinen Computer, setzte das Headset auf. „Bin zurück!"

„Habe ich gemerkt", erwiderte er trocken, bevor er laut schnaubte. „Und sag' nicht Trashy zu mir. Das klingt scheiße."

„Aber HumanTrashAssistant ist so furchtbar lang."

„Nicht mein Bier."

„Er wird aber zu deinem, wenn ich dich deswegen Trashy nenne", feixte ich und rollte mich auf den Bauch. „Sag mir einfach, wie du heißt, und schon ist das Problem gelöst."

Er murmelte irgendetwas vor sich hin. „Christopher", knickte er letztlich nach einigem Hin und Her ein, wobei ich überhaupt nicht verstand, weshalb er deswegen so unsicher klang. Das war doch ein verdammt schöner Name!

„Christopher." Ich ließ mir die Buchstaben auf der Zunge zergehen. „Chris. Dein echter?"

Christopher lachte, aber nicht glücklich. „Denkst du, ich bin dumm? Ich gebe meinen echten Namen nicht an irgendeinen Fremden im Netz weiter."

Ehrlich, der Junge brachte mich viel zu oft zum Schmollen.

„Wenn das so ist, verrate ich dir auch nicht meinen richtigen."

„Und? Mir scheißegal." Christopher wirkte tatsächlich total uninteressiert. Gut, dass ich bei solchen Dingen eine wahre Engelsgeduld hatte!

„Dann bin ich ab jetzt Vergil", meinte ich, was nun doch sein Interesse zu wecken schien. Sogar seine Stimme schnellte in einen Bereich, den man wenigstens als wach umschreiben könnte. Soweit das Stimmenverzerrmodul es eben zuließ.

„Du hast Dantes Inferno gelesen? Die göttliche Komödie?" Er klang erstaunt. Zurecht, ich hatte keinen blassen Schimmer, worüber er sich da gerade freute.

„Die was?"

Schweigen, bevor Christopher leise aufseufzte. Sehr enttäuscht aufseufzte. „Wegen dem Namen? Vergil?"

Ich kam mir mit jeder verstrichenen Sekunde ein bisschen dümmer vor, aber gleichzeitig fand ich's auch witzig, dass es scheinbar ein Buch mit meinem Namen im Titel gab, also schob ich das negative Gefühl von mir weg und konzentrierte mich auf die angenehmeren Aspekte unserer Unterhaltung.

„Nope, nicht wirklich." Ich zuckte mit den Schultern, konnte mich einfach nie rechtzeitig daran erinnern, dass er mich ja gar nicht sehen konnte. „Das ist der Bruder von Dante aus Devil May Cry."

„Ah." Ich bildete mir ein, ein Schmunzeln aus seinen Worten herauszuhören. „Und hier dachte ich gerade, du wärst gebildet."

„Hey, ich bin gebildet", beschwerte ich mich. „Nur eben ... in anderen Bereichen."

„Mit Sicherheit." Er gluckste und das wiederum zauberte mir ein Lächeln in die Mundwinkel.

„Obwohl ich es ja ganz toll finde, dass ich dich irgendwie aufgeheitert habe", ich senkte die Stimme etwas, immerhin war Papa zu Hause, auch wenn er vermutlich im Kopf nicht ganz anwesend war, „können wir trotzdem das Thema wechseln und, ähm, ich meine, ... darüber sprechen?"

„Deswegen machen wir den Mist doch überhaupt erst, du Spätzünder."

„Alles klar, okay, cool." Ich nickte eifrig, überlegte kurz, was jemand anderes in meiner Lage jetzt fragen würde, schließlich musste ich legitim wirken! Ich entschied mich für das einzige, das mir auf die Schnelle einfiel: „Gibt es ... hast du eine bevorzugte Wahl? Oder etwas, das du gar nicht willst?"

Er schwieg kurz, schien nun genauso verunsichert, wie ich mich fühlte, obwohl er gerade noch einen auf extra-entspannt gemacht hatte. Das beruhigte mich, immerhin war das eine Premiere für meine Wenigkeit. Wobei, für ihn ja auch, immerhin konnte er schlecht zweimal sterben. Das konnten nur Vampire in Büchern.

„Ich will nur nicht, dass du danach noch ... Zeug mit meinem Körper anstellst."

„Zeug?" Ich runzelte die Stirn. „Was für Zeug denn?"

Er zögerte. „So ... sexuelles Zeug."

Ich spürte, wie mir prompt Blut in den Schädel schoss. „Um Himmels Willen, das würde ich niemals tun! Echt nicht. Also, wirklich absolut nicht. Das ist ... bäh. Furchtbar!"

„Gut." Er klang erleichtert. „Ansonsten soll es wie ein Unfall aussehen. Meine Familie soll unter keinen Umständen erfahren, dass das alles geplant war."

„Wieso nicht?"

„Kannst du dir das nicht denken? Sie wären verfickt traurig, wenn sie wüssten, dass ich sterben möchte, und sich hundertprozentig irgendwie die Schuld dafür geben. Ich will, dass sie denken, dass ich glücklich gewesen bin."

Ich blickte auf das Display, auf Christophers Profilseite. „Werden sie nicht eh traurig sein, egal, wieso du stirbst?"

Stille und ich verfluchte mich innerlich für meine vorschnelle Zunge, weil das Letzte, das ich wollte, war, ihm ein schlechtes Gewissen einzureden, wenn es ihm sowieso schon schlecht ging.

„Hör mal", begann ich eilig, „vergiss einfach, was ich gerade gesagt habe! Das war nicht so-"

„Ich muss off. Mein Bruder ruft mich."

Tuten, dann wurde der grüne Kreis neben seinem Namen rot.

Mist!

Seufzend ließ ich mich nach hinten fallen. Das hatte ich ja ganz toll hinbekommen. „Aber wenigstens", munterte ich mich selbst auf, „wartet morgen noch Fiete auf mich."

Und mit diesem Gedanken im Kopf sah die Welt schon gleich etwas weniger schwarz aus!

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