06 Alpha
"Ich brauche eine Dusche, frische Klamotten und ein Gespräch mit den Sicherheitsleuten!" Meine Forderungen lassen meinen Vater aufbrausen.
"Ich habe mich um die Kameras gekümmert, sie wurden deaktiviert, sobald du den Raum betreten hast."
Er hat keine seiner Handlungen durchdacht und nicht einmal erkannt, welchen Schaden er unserem Ruf zufügt. Vielleicht hätte ich früher handeln sollen, aber ich hoffte trotz aller Widrigkeiten, dass er zur Vernunft kommen und die Führung freiwillig an mich abgeben würde. Stattdessen klebt er daran und jetzt muss ich mit den Konsequenzen leben.
"Dein Vater hat dir eine Tasche mitgebracht. Sie wartet schon in einem der Gästezimmer", informiert mich Alpha Richmond, unser Gastgeber und keckert dann. "Und ich werde meinen Sicherheitsleuten nur zu gerne mitteilen, dass sie dir mit allem zu Diensten sein sollen. Es ist gut zu sehen, dass es in eurer Familie wenigstens einen Alpha gibt, der bereit ist, auf den Ruf seines Hauses zu achten. Das wird meine Entscheidung, ob ich dir meinen Sohn am Ende überlassen soll, positiv beeinflussen."
Mein Vater plustert sich auf und versucht einen Streit darüber anzuzetteln, dass er der Alpha-Anführer unseres Hauses ist, wird jedoch von uns beiden ignoriert. Er hätte wissen müssen, dass die Annäherung an einen Omega in Hitze ohne eigene körperliche Reaktion das Geheimnis über seinen Status enthüllen wird, welches wir seit einer Weile zu bewahren suchen, aber nein. Jetzt kann er sehen, wie er seinen Ruf auf eigene Faust zurückbekommt. Ich werde mich um meinen eigenen kümmern. Das bedeutet, ich werde ihm die Zügel aus der Hand reißen und sollte er nicht freiwillig loslassen, wird er sich womöglich in einer sehr unangenehmen Situation wiederfinden, aber das ist mir jetzt egal. Entweder, du gehst meinen Weg ab sofort mit, Dad, oder du musst lernen mit dem zu leben, was dir andernfalls passiert.
"Nur um das klarzustellen. Du hast mich vielleicht dazu gezwungen, Richmond, aber ich werde mich um meinen Sohn kümmern. Ich möchte in diesem Fall keine Missverständnisse." Jetzt ist er es, der seinen fröhlichen Blick verloren hat. Dabei übersieht er vor Schreck sogar, dass ich die förmliche Anrede als Alpha weglasse. Warum auch nicht? Schließlich sind wir schon bald Familie. Ja, sie haben mich beide unterschätzt und das ist die einzige Warnung, die sie bekommen werden. Jetzt liegt es an ihnen. Sie können mitmachen oder aussteigen. Ich gehe meinen Weg so oder so.
Ich beschließe, zuerst mit der Sicherheit zu sprechen, und Richmond lässt mich dort zurück, nachdem er sich vergewissert hat, dass die Wachleute mir alle Wünsche erfüllen werden.
"Komm zu uns in die Bibliothek, sobald du bereit bist."
"Mach ich."
Der Befehlston amüsiert mich und ich lasse sie in dem Glauben, weiterhin die Oberhand zu haben. Wenn ich die Punkte zählen könnte, würde ich sagen, es steht 2:0 für mich, aber die beiden haben nicht einmal gemerkt, dass ein Wettkampf begonnen hat. Mit einem breiten Grinsen blicke ich auf die beiden Männer in dem Schuhkarton, der sich Überwachungsraum nennt. Ich bin nicht überrascht, dass es zwei sind, aber darüber, dass einer von ihnen ein Alpha ist.
"Als Sie den Raum betreten haben, gab es eine Fehlfunktion, aber wir haben sie nicht weiter untersucht, da uns kurz darauf befohlen wurde, die Kameras ganz abzuschalten. Sehen Sie?" Er zeigt mir die Aufzeichnungen dessen, was passiert ist.
"Nette Show", grinse ich, als wir beobachten, wie die Wachen meines Vaters mich durch die Tür schubsen, bevor weißes Rauschen die Bilder ersetzt. "Kann ich eine Kopie davon haben? Es gibt da einen Freund, dem ich das zeigen möchte."
Der Beta arbeitet bereits daran, während mich der Alpha misstrauisch ansieht. "Warum haben sie nicht gegen die beiden gekämpft?"
Ich verschränke die Arme vor meiner Brust und fordere ihn mit einem spöttischen Blick heraus. Ernsthaft?
"Sind sie jemals in die Nähe eines Omegas in Hitze gekommen? Alles, was ich tun konnte, war zu zeigen, dass dies nicht meine Idee war und das war sie auch nicht. Die beiden zu verletzen, nur weil ich es kann, obwohl die Würfel bereits gefallen sind, das ist nicht mein Stil. Ich beschloss, meinen Kopf lange genug klar zu halten, um mit dem Omega zu sprechen, bevor uns seine Hitze übermannte."
Meine sorgfältig gewählten Worte stellen beide Männer zufrieden. Ich habe dem anderen Alpha im Raum meinen Status bewiesen und dem Beta meine Freundlichkeit gegenüber Seinesgleichen gezeigt.
"Der einzige Omega in Hitze, dem ich einmal nahe gekommen bin, war Silko. Aber er gehört zur Familie und man hat mir erklärt, dass es einen in diesem Fall nicht so hart trifft."
Oh, anscheinend wird auch meine Fürsorge für den Sohn von Silko Richmond geschätzt. Das ist interessant.
"Sie sind mit dem Om des Hauses Richmond verbunden?"
"Wir sind Cousins. Ich habe vier ältere Alpha-Brüder und als Leibwächter mit Silko zu gehen, erschien mir immer als der bessere Weg für mich, statt zu bleiben und um einen Platz zu kämpfen, den ich sowieso nicht will."
Ich nicke verstehend. Ich habe den gleichen Kampf bei einigen meiner Freunde gesehen. Mein Om war lange krank, bevor er vor ein paar Jahren starb, also bin ich ein Einzelkind genau wie mein Omega hier. Aber anders als er, erfülle ich das Bedürfnis nach einem Alpha-Erben. Die Gründe meines Vaters, dieses Spiel zu spielen, haben mit Geld zu tun. Nicht das Geld, das ihm vertraglich zugesagt wird, sondern eine weitere Quelle, die sich nach diesem Deal für ihn erschließt.
Mein Blick schweift über die Bildschirme an der Wand, als ich die Räume zähle und fällt auf den Raum, aus dem ich gerade gekommen bin. Die Kamera ist wieder eingeschaltet und funktioniert einwandfrei. Geistesabwesend gleiten meine Finger über meinen Puls an meinem Handgelenk und das kleine Gerät, das dort unter meiner Haut implantiert ist. Neue Techniken können wunderbare Dinge bewirken, und die Fähigkeit, jede Elektronik in meiner Nähe zu stören, ist eine Funktion, die ich schon früher verwendet habe. Zum Beispiel um mit meinen Freunden zu sprechen, ohne das Risiko einzugehen, belauscht oder aufgezeichnet zu werden. Ich schaltete es aus, als ich den Raum mit den Omegas darin verließ.
"Gibt es in meinem Gästezimmer auch eine Kamera?" Natürlich könnte ich auch diese stören, aber ich benötige einen Ort zum Telefonieren und die Verwendung meines Störgerätes würde auch mein Telefon ausschalten.
Beide Wachen schütteln energisch den Kopf. "Es sieht vielleicht so aus, aber Alpha Richmond spioniert seine Gäste nicht aus. Es ist sein Ehemann, den er rund um die Uhr überwacht sehen will", erklärt mir der Beta näher, um sicherzugehen, dass ich nicht gekränkt bin und ich ihm glaube. Aber das löst eine andere Frage in mir aus, oder Forderung, um ehrlich zu sein.
"Ich stelle das mal nicht in Frage und will auch gar nichts darüber wissen, aber der Om meines zukünftigen Sohnes steht ab sofort unter meinem Schutz. Deshalb müssen Sie unbedingt sicherstellen, dass es keinerlei Aufnahmen von seinen vorherigen Hitzephasen gibt. Nicht. Eine. Kopie."
Sie begreifen sofort und nicken einstimmig. "Darum kümmern wir uns." Ich sehe sie eine Weile so streng wie möglich an und nicke dann auch. "Danke schön." Keiner von ihnen zeigt ein gesteigertes Interesse an solchen Sexvideos, daher bin ich mir sicher, dass sie sich um jede vorhandene Sicherheitskopie kümmern werden.
Mit einer Aufnahme als Beweis, dass ich zu all dem hier gezwungen wurde, folge ich der Wegbeschreibung zu dem Zimmer, das Richmond mir zugewiesen hat. Ich weiß jetzt auch, dass es keine weiteren Abhörgeräte gibt, weil die Kameras mit Audiogeräten bestückt sind und das, nach Meinung des Hausherren, ausreichend für jegliche Überwachung ist. Nach einer schnellen Dusche schlüpfe ich in die frischen Klamotten und greife dann nach meinem Handy. Bevor ich zu Richmond und meinem Vater zurück gehe, muss ich telefonieren.
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