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Windlesen (7|1)

Ein neues Jahr ist angebrochen und die Frühlingswinde umschwirren die Türme und Zinnen Albenheims wie neugierige Tempelschülerinnen.

Ich sitze mit den anderen Albenmädchen auf einer Terrasse über dem Innenhof von Schloss Lumisade. Das Schloss – eigentlich ist es mehr eine Anordnung aus Zimmern, Treppen und Türmchen, die an der Westflanke aus dem pfeilerförmigen Korpus der Stadt herausragen – gehört Haus Aurelian. Oriane, die Tochter des Hauses, ist ungefähr in meinem Alter. Wir könnten uns jedoch nicht unähnlicher sein.

Neidisch sehe ich zu, wie sie mit halb geschlossenen Augen auf den Wind lauscht, der ihr sanft durch die langen, hellblonden Haare streicht. Mit einem entrückten Lächeln auf den Lippen berichtet sie unserem Windlesen-Lehrer, einem strengen Alb mit aufwendig verknoteten Zöpfen, von den Geheimnissen, die der Wind ihr zuflüstert und die mir wohl ewig verborgen bleiben werden.

Während die anderen Mädchen bereits ohne Hilfsmittel auskommen, bin ich noch immer auf die Gloribel angewiesen, die von der Dachkante herabbaumeln und leise im Wind klimpern. In den vergangenen Monaten habe ich gelernt, den einzelnen Tönen eine Bedeutung zuzuordnen. Jedes Klirren und Bimmeln ist so individuell wie der Luftzug, der es erzeugt hat. Dazu kommt das Gefühl des Windes auf der Haut und in den Haaren. Angeblich können die Erwachsenen allein aus der Art, wie sich ihre Haare bewegen, eine ganze Geschichte herauslesen. Ich dagegen höre nur einzelne Wörter und nichts ergibt einen Sinn. Wenn der Wind mit mir spricht, dann klingt er wie ein Säufer mit geschwollener Zunge.

Unser Lehrer hat mich längst aufgegeben. Immer wenn ich ihm eine Frage stellen will, winkt er genervt ab. Für ihn – und für die meisten anderen hier – bin ich keine Albin, sondern nur ein dummer Halbling. Die Erwachsenen machen sich keine Mühe, mir etwas beizubringen, und ich habe jedes Interesse am Lernen verloren. Stattdessen vergrabe ich mich in Lehrbüchern über die Welt der Menschen und die Geschichte Hertlands oder lasse meinen Blick schweifen, um die älteren Alben zu beobachten, die unten im Innenhof trainieren. 'Sich vorbereiten', heißt es in der Sprache der Alben. Ich weiß nicht, auf was sie sich vorbereiten, aber es muss irgendwas Gefährliches sein.

Letzten Herbst haben sie noch mit Holzstöcken und Stoffbällen geübt, jetzt sind es Klingen aus federleichtem Iarann-Stahl und Kugeln aus Armorin oder Estellit. Ich kann hören, wie die Geschosse in Mauern, Wände und Boden einschlagen. Im Gegensatz zu der anmutigen Art, mit der die Alben ihre Schwerter schwingen, haftet dem Maribel-Kampf etwas ungewöhnlich Rohes und Brutales an. Die Besten der jungen Krieger handhaben nicht nur eine Maribel. Mein ältester Bruder prahlt damit, dass er mal ein halbes Dutzend gleichzeitig gelenkt habe.

Nevellin gilt in ganz Albenheim als das vielversprechendste Krieger-Talent. Aber vielleicht sagen die anderen Alben das auch nur, weil sie den König nicht vor den Kopf stoßen wollen. Hinter vorgehaltener Hand reden sie vor allem über den ältesten Sohn aus Haus Aurelian: Eldastin.

Anders als meinen Bruder loben sie ihn nicht nur für seine Stärke, Gewandtheit und Ausdauer, sondern vor allem für seine Weitsicht, seine Disziplin und seine Fairness. Auch heute ist Eldastin unten im Innenhof und trainiert zusammen mit seinem jüngeren Bruder Boreas.

Boreas Aurelian ist nicht oft in der Öffentlichkeit zu sehen. Es heißt, er leide unter einer seltenen Erkrankung. Sie nennen es 'die Schwere'. Angeblich könne er sich nicht so leicht bewegen wie die anderen Alben, weder gleiten, noch schweben oder auf den Winden reiten. Irgendwie macht ihn das in meinen Augen sympathisch. Doch die meisten reinblütigen Alben meiden Boreas. Vielleicht befürchten sie, sich bei ihm anzustecken. Sie reden sich heraus, indem sie behaupten, er besäße ein launisches und jähzorniges Temperament. Ich würde ihn trotzdem gerne treffen, aber das ist mir leider nicht gestattet. In Albenheim herrscht eine strikte Geschlechtertrennung. Warum, weiß ich nicht. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn und seinen älteren Bruder von der Terrasse aus zu beobachten.

Eldastin ist groß und schlaksig. Irgendwie erinnert er mich an einen Weidezweig, der sich mit dem Wind biegt. Jede seiner Bewegungen ist weich und fließend und im Einklang mit den Luftströmungen, die sich im Innenhof fangen und an manchen Wintertagen lustige Wirbel ins Schneegestöber malen.

Im Gegensatz zu seinem Bruder ist Boreas eher klein und untersetzt gebaut. Ein bisschen so wie ich. Manchmal stelle ich mir vor, dass er auch ein Halbalbe ist und sich genauso verloren fühlt wie ich mich fühle. Doch natürlich ist das nicht die Wahrheit. Boreas mag nicht selbst auf den Winden reiten können, aber er kann sie heraufbeschwören und lenken, genau wie die reinblütigen Alben.

Heute trainieren er und sein Bruder jedoch den Schwertkampf. Dabei werden Boreas' Mängel schnell offensichtlich, doch anders als mein Windlesen-Lehrer verliert Eldastin nicht die Geduld mit ihm. Immer wieder redet er auf seinen Bruder ein und als dieser schließlich frustriert seine Waffe über den Hof schleudert und davonstürmt, sammelt er sie auf und rennt ihm hinterher. Kurz darauf kehren die beiden gemeinsam zurück.

Inzwischen sind auch die anderen Mädchen auf Eldastin und Boreas aufmerksam geworden.

»Er ist so plump und ungelenk wie ein Mensch«, bemerkt die rotblonde Anemone aus dem Haus Bealtian.

Auch wenn die Beleidigung Boreas gilt, versetzt sie mir einen schmerzhaften Stich.

»Und du bist so laut und dumm wie ein Frosch«, erwidert Oriane mit honigsüßer Stimme und einem Lächeln wie zwei Wochen Sonnenschein.

Die anderen Mädchen kichern pflichtschuldig.

»Sag das nochmal und meine Mutter erfährt davon«, zischt Anemone. »Dann kann dein Vater seine Allianz vergessen.«

»Welche Allianz?«, fragt Oriane über ihre Schulter. Der Wind spielt mit ihren Haaren und formt Kringel und Löckchen als wäre sie eine exotische Algenart. »Mein Vater macht keine Allianz mit dem Haus Bealtian. So wenig wie Wölfe und Schoßhunde miteinander auf Jagd gehen.«

Anemone schnellt in die Höhe, doch noch bevor sie sich ein weiteres Mal verbal an Oriane oder ihrer Familie vergehen kann, schreitet unser Lehrer ein.

»Ich muss doch sehr bitten, junge Dame«, tadelt er Anemone.

Mein Blick wandert zurück in den Innenhof. Eldastin und Boreas haben ihr Training unterbrochen, die Köpfe in den Nacken gelegt und scheinen in den Wind zu lauschen.

Ich mache es ihnen nach, konzentriere mich auf das klimpern der Gloribel und tatsächlich ... da ist etwas. Ein dumpfes Summen, das die kleinen Glassteinchen in Schwingung versetzt. Es klingt wie ...

Sie ... kom ... men.

Ich konzentriere mich noch etwas mehr. Die Windspiele beginnen zu klimpern. Alle durcheinander. Disharmonisch. Es schmerzt in meinen Ohren.

»Na los, Mädchen«, sagt unser Lehrer. Seine Stimme ist leise, aber kein Flüstern. »Geht rein. Schnell.«

»Was ist denn los?«, frage ich, während Oriane, Anemone und die Anderen aufstehen und zur Tür gehen.

Aus dem Augenwinkel kann ich sehen, wie Eldastin sich auf die Mauer, die den Innenhof umgibt, katapultiert. Von der Mauerkrone aus späht er nach Westen. Dort erheben sich die schneebedeckten Bergmassive Gronflors. In der Ferne ist die schartige Spitze des Wrisja zu erahnen – und direkt dahinter die niedrigere Kuppe seines Bruders Twereg.

»Hörst du das etwa nicht?«, erwidert Oriane von der Türschwelle aus. Offenbar erwartet sie keine Antwort auf diese Frage. »Das sind die Vindr, die nach Albenheim gekommen sind, um zu sterben.«

Sie hat den Satz kaum beendet, da kommt ein starker Wind auf. Die Gloribel tanzen wie wild und klimpern manisch.

Ein Vindr-Angriff. Von Nevellin weiß ich, dass die Vindr alle Alben hassen und unser Zuhause gerne dem Erdboden gleich machen würden. Bislang ohne Erfolg. Auch weil wir über eine ausgezeichnete Schutzmaßnahme verfügen.

Die Böen werden stärker. Unbarmherzig peitschen sie über die Dächer der Stadt, zerren an den hervorstehenden Türmen, pfeifen durch Fenster und Mauerlöcher. Dabei wirbeln sie feinen Puderschnee von den tiefer gelegenen Bergkämmen auf und reißen alles los, was nicht fest verschraubt oder angebunden ist.

Ich weiche an den Rand der Terrasse zurück. Dachschindeln lösen sich und zerplatzen vor meinen Füßen auf den Fliesen. Der Sturm hat sich zu einer rotierenden Masse verdichtet. Grauschwarz mit weißen Windkronen. Heulend und donnernd umkreist er die Stadt. Ich muss mich am Geländer festhalten, um nicht davongerissen zu werden.

Die anderen Alben sind bereits im Innern des Palastes verschwunden und haben die Tür hinter sich geschlossen. Da ich den Wind nicht kontrollieren kann, bin ich dem Sturm vollkommen ausgeliefert. Ich versuche zu schreien, doch die Böen reißen mir die Worte von Lippen. Die Haare werden mir ins Gesicht gewirbelt. Ich bekomme keine Luft mehr. Meine Fingernägel kratzen über den weißen Stein. Meine Beine verlieren die Bodenhaftung, meine Hände den Halt. Kälte bläst mir ins Gesicht. Tränen laufen aus meinen Augenwinkeln und gefrieren auf meinen Wangen zu Eistropfen. Ich weiß, ich werde sterben, wenn der Sturm mich erfasst. Und offenbar scheint das niemanden zu stören.

Als würde mir dieser Gedanke alle Kraft rauben, rutschen meine nackten Füße ab. Ich schwebe wie ein Brett in der Luft. Überschlage mich. Meine Finger fassen ins Leere. Der Innenhof taucht unter mir auf. Schloss Lumisade aus einer ungewohnten Perspektive. Die weißen Mauern Albenheims, die sich viele Meter hoch in den Himmel ranken, höher als alle Berge Hertlands zusammen. Ich fliege. Sehe die Stadt, wie ich sie noch nie gesehen habe. Der Anblick ist zu schön, um ihn in Worte zu fassen. Kurz vergesse ich sogar, dass ich gleich sterben werde. Dann ist der Moment vorbei und die Panik erfasst mich mit voller Wucht. Ich rudere mit den Armen und kreische. Doch der Sturm zerrt mich in den Himmel hinauf, um mich zwischen seinen Böen zu zermalmen.

Und dann – ganz plötzlich – eine warme Luftströmung. Sie scheint aus dem Nichts zu kommen, umspült mich wie eine Brandungswelle und zieht sich wieder zurück. Ich schließe die Augen und lasse mich von ihr tragen. Zurück nach Albenheim. Zurück auf die Terrasse.

Dort lande ich auf allen Vieren und krabbele zur Tür. Zum Glück ist sie nicht verschlossen. Zitternd und ungläubig, weil ich nicht fassen kann, dass ich noch am Leben bin, stolpere ich hindurch, vorbei an Oriane und den anderen Mädchen, die mir spöttisch nachsehen.

Kurz bevor ich durch die nächste Tür entschwinden kann, höre ich Orianes bedrückt klingende Stimme. »Du hast ihr damit keinen Gefallen getan.«


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