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Lebende Tote (9|4)

Hätte ich eine Wahl gehabt, wäre ich wohl lieber in meinem Käfig geblieben. Immerhin hatte ich etwas zum Nachdenken. Aber Chatte ließ nicht mit sich diskutieren. Also wurden mir Gewichte an die Füße geschnallt und meine Hände mit einem stabilen Strick gefesselt. Chatte wollte wohl ganz sicher gehen, dass ich nicht vom nächsten Windstoß davongeweht werden würde.

Anschließend wurde ich wie eine widerborstige Ziege aus dem Käfig ins Freie geführt. Meine Muskeln schmerzten vom langen, zusammengekauerten Sitzen. Mit verzerrtem Gesicht blinzelte ich in das rotgoldene Licht der tief stehenden Spätsommersonne, das von der Albin-Säule in alle Richtungen reflektiert wurde. Ein seltsamer Geruch lag in der Luft: Brühe, Fett, Bier, Seife und Schwarzpulver. Aus dem Innern des Reitenden Recken drang das Grölen Betrunkener. Ich reimte mir zusammen, dass es sich um Volksweisen zur heutigen Sienada handeln musste. Das Fest war albischer Herkunft, aber die Menschen hatten Datum und Namen übernommen und mit ihren eigenen Herbstbräuchen vermischt – mit dem Resultat, dass die Sienada in jeder Region Hertlands auf andere Art und Weise gefeiert wurde.

»Du wirst uns keinen Ärger machen«, knurrte Chatte, während Ayk die Gewichte an meinen Fußknöcheln überprüfte.

»War das eine Frage?«, erwiderte ich missmutig.

Ich glaubte, hören zu können, wie Chatte die Krallen ausfuhr. »Das war eine Feststellung. Andernfalls revidiere ich meine Einstellung zum Töten von Alben. Verstanden?«

Widerwillig stimmte ich zu.

Aus dem Augenwinkel konnte ich Ayks süffisantes Grinsen erahnen. Offenbar genoss er es, dass er mich mit seinen Andeutungen über meine Mutter aus der Fassung gebracht hatte. Diesen Triumph würde ich ihm nicht gönnen.

Mit zusammengekniffenen Lippen und gestrafften Schultern folgte ich meinen Entführern ins Innere des Reitenden Recken. Die restlichen Bandenmitglieder waren bereits vorausgegangen, hatten zwei Tische in der Nähe des Tresens belegt und in den Gesang der anderen Gäste miteingestimmt. Während sie ihre Drachenkrieger-Rüstungen lockerten und anzügliche Lieder grölten, musste ich mich erst wieder an die Körperlichkeit der Menschen gewöhnen. Das Innere des Gasthauses triefte förmlich vor Stofflichkeit. Überall gab es etwas zu sehen, zu riechen oder zu fühlen. Der Gestank von fettigen Suppen, gebratenem Fleisch und saurem Männerschweiß verdrängte alle anderen Gerüche. Ich unterdrückte einen Würgereiz und war dankbar dafür, dass Chatte und Ayk einen Tisch abseits des Getümmels ansteuerten. Dort konnte ich mich hinsetzen und die vielen Eindrücke auf mich wirken lassen, bis ihre brachiale Gewalt langsam abklang.

Als es soweit war, ließ ich meinen Blick schweifen.

Das Innere des Reitenden Recken war so unpersönlich wie eine Bahnhofshalle. Ganz anders als im Pittapott, dem Jonnas' liebevolle Fürsorge aus jeder Fuge quoll. Möglicherweise hing dieser Mangel an Atmosphäre damit zusammen, dass der Recke erst seit Kurzem an diesem Ort stehen musste. Vermutlich war er noch am Tag des Sphärenbruchs aus dem Boden gestampft worden, um die vielen Händler und Artefaktsucher mit Speisen und Getränken zu versorgen. Wie es trotzdem schon so schmuddelig aussehen konnte, war mir ein Rätsel.

Den Gästen schienen die Pfützen auf dem Boden, die Flecken auf den Tischen, die Spinnenweben und Staubfäden unter der Decke jedoch nichts auszumachen. Sie nahmen davon wahrscheinlich nicht einmal Notiz. Hauptsache, der Braten war saftig und die Kehlen blieben feucht.

»Was ist?« Ayk stieß mich mit dem Ellenbogen an. »Willst du auch was zu trinken?«

»Zuckersirup?«, fragte ich hoffnungsvoll.

Ayk zog die Augenbrauen hoch, wodurch seine Stirn Falten warf wie eine alte Gardine. »Ich habe keine große Hoffnung, aber ich werde meinen Handschuh für dich in den Ring werfen.«

Mit diesen Worten zwängte er sich aus der Sitznische, die so niedrig war, dass er nicht aufrecht stehen konnte, und trottete durch den Gastraum zur Theke.

Chatte saß derweil neben mir und nestelte mit den Pfoten am Saum seines Umhangs herum. Seine Beine baumelten in der Luft und er wirkte nervös. Ein ungewohnter Anblick, auch wenn ich noch nicht genug Zeit mit ihm verbracht hatte, um das wirklich beurteilen zu können.

Ich unterdrückte den Impuls, ihn nach dem Grund seiner Nervosität zu fragen, weil ich mir ohnehin keine ehrliche Antwort ausrechnete, und wandte mich stattdessen wieder dem Gastraum zu. Die meisten Gäste waren menschliche Arbeiter, die Leibchen oder Anstecker mit dem Wappen einer Handelsgesellschaft trugen. Vermutlich suchten sie im Auftrag der Komerse oder der Varietät nach Artefakten und anderen wertvollen Materialien. Estellit ließ sich teuer verkaufen und aus Haize – einem seltenen Erz – ließ sich der federleichte und vor allem bei den Vindr sehr begehrte Windstahl herstellen, aus dem auch die Klingen der Albenschwerter gemacht waren. Die anderen Materialien, die Ayk so liebevoll weiße Pampe genannt hatte, verschmähten die Menschen. Sie waren nicht leicht zu bearbeiten oder in Form zu bringen. Wie mit meinem Volk kam man am besten mit ihnen klar, wenn man sie nicht verbiegen wollte.

Ein dumpfes Lachen machte mich auf einen Mann mit offensichtlichen Niederling-Wurzeln aufmerksam, der seine behaarte Pranke um die schmale Taille einer zierlichen Brünetten gelegt hatte. Die Frau war aufreizend gekleidet und ein wenig zu stark geschminkt – jedenfalls für eine Bäuerin oder Arbeiterin. Das ließ für mich nur den Schluss zu, dass es sich bei ihr um eine Hure handeln musste.

Kaum hatte ich das gedacht, konnte ich überall zwischen den Gästen des Reitenden Recken junge, spärlich bekleidete Frauen herumgehen sehen, die mir vorher gar nicht aufgefallen waren. Unauffällig, aber zielgerichtet bewegten sie sich durch das Getümmel. Sie wussten offenbar genau, bei wem es etwas zu holen gab. Vermutlich lernte man das instinktiv, wenn man auf Gedeih und Verderb von männlicher Lüsternheit abhängig war.

Ich verfolgte den wiegenden Gang einer Schwarzhaarigen zu einem Tisch ganz in der Nähe. Die dort versammelte Menge machte der Frau Platz, sodass mein Blick auf einen der Männer fiel, die an dem Tisch saßen. Zu meiner Überraschung handelte es sich um einen Alb. Er hatte das rabenschwarze Haar und die zimtfarbene Haut, die dem Wasservolk nachgesagt wurde.

Die Gelehrten vermuteten, dass der dunkle Teint der Wasseralben mit der warmen Gegend zu tun hatte, in die es sie nach dem Großen Sturz verschlagen hatte. Noch immer hielten sie große Festungen in Terebien und vor der Sandalusischen Küste.

Der junge Alb gab sich keine Mühe, seine Oberling-Herkunft zu verbergen. Vollkommen ungezwungen saß er zwischen den Menschen, scherzte, lachte und ließ sich von den Huren die dichten, matt glänzenden Haare zerzausen. Unwillkürlich fragte ich mich, was Eldastin in seiner Situation getan hätte. Vermutlich wäre er schneller wieder zur Tür hinaus gewesen, als ihm eine geübte Diebin das Geld aus der Tasche hätte ziehen können.

Bei dem Gedanken musste ich schmunzeln.

Ich wollte mich schon wieder abwenden, da drehte der Alb plötzlich den Kopf und blickte in meine Richtung. Wir sahen uns an. Seine Überraschung spiegelte meine eigene.

Das kann nicht sein, dachte ich. Nein, vollkommen unmöglich. Es war Jahre her, dass ich ihn zuletzt gesehen hatte, und damals war er in keinem guten Zustand gewesen, aber die Ähnlichkeit war einfach zu offensichtlich. Ich wusste, dass ich richtig lag.

Vor mir saß Kyano. Der Alb, der von Eldastin am Tag unserer Verlobung von der Spitze Albenheims gestürzt worden war.


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