Kapital 8
Teeladen
Anna war sehr nervös, schließlich war es das erste Mal, das sie komplett mit Alan alleine war. Sie ging in das Bad und frischte sich noch einmal auf. Sie betonte ihre Wimpern mit Mascara, den Rest ließ sie natürlich.
Alan wartete bereits im Auto auf sie, es war noch viel zu früh, aber er wollte sie auf keinen Fall warten lassen. Scheinbar war sie ebenso ein überpünktlicher Mensch, denn da kam sie schon um die Ecke des Gebäudes gelaufen. Anna sah wirklich sehr hübsch aus, dachte sich Alan. Als sie einstieg, wehte wieder ihr besonderer Duft in seine Richtung. Es kam ihm so vor, als hätte er ein Date mit ihr, aber sie würde sicher kein Interesse an ihm haben. Verwirrt über seine eigenen Gedanken, startete er den Motor und fuhr Richtung London.
Anna war noch immer sehr nervös. In so einem teuren Auto war sie noch nie gewesen und dann auch noch ausgerechnet mit Alan! Auf diesen kleinen Raum war sein typisches Parfum noch präsenter und er sah einfach gut aus. Er war wie immer leger gekleidet, es stand ihm einfach gut.
Sie sah ihm so unauffällig wie möglich beim Autofahren zu und sie fühlte sich wirklich sicher bei ihm, er hatte einen angenehmen Fahrstil. Anna sah auf seine langen schlanken Finger, die auf der Gangschaltung lagen. Diese taten es ihr an, wie sie sich wohl anfühlten? Sie musste sich unbedingt gedanklich ablenken! In letzter Zeit dachte sie immer öfter an derlei Dinge, wenn sie sich in seiner Gegenwart befand. Deshalb entschied sie sich dafür, besser aus dem Fenster zu sehen.
Alan wusste selbst nicht, was mit ihm los war, aber er hätte am liebsten seine Hand auf ihren Oberschenkel gelegt. Das ging nun wirklich nicht, trotzdem kribbelte es in seinen Fingern.
Als sie nach einer halben Stunde Autofahrt am Teeladen angekommen waren, parkte er seitlich am Geschäft. Als sie hineingingen, wurde er sofort freundlich empfangen und eine Papiertüte mit allerlei Teesorten war schon für ihn vorbereitet.
Neugierig sah die Verkäuferin auf Anna und dachte sich wahrscheinlich ihren Teil. Zumindest empfand Anna die Musterung als sehr unangenehm.
Geduldig und mit voller Hingabe zeigte ihr Alan alle möglichen Teesorten und hielt sie ihr unter die Nase. Es waren köstliche Aromen dabei. Natürlich waren alle Sorten lose und wurden nach Gramm gekauft. Anna suchte sich vier verschiedene Tees aus und ließ sich jeweils davon 50 Gramm abwiegen. Anna beglich schnell ihre Rechnung und ging zusammen mit Alan zurück zu seinem Auto.
Plötzlich drehte sich Alan zu Anna und sagte: „Ich hoffe es stört dich nicht, aber ich müsste noch kurz nach Hause, bevor wir wieder retour in das Studio fahren. Ich habe in der Eile ein Skript liegen gelassen und dadurch vergessen, es mitzunehmen."
„Natürlich stört es mich nicht. Wir haben alle Zeit der Welt, ich habe heute sowieso nichts mehr vor. Egal wie lange du brauchst, es ist in Ordnung für mich", antwortete Anna sofort darauf.
Insgeheim war sie schon sehr neugierig, wo er wohnen würde. Wenigstens würde sie sein Haus von außen sehen.
Wieder im Auto fuhren sie in das Nobelviertel Notting Hill. Dort reihten sich die Luxushäuser aneinander, trotz allem war es sehr gediegen und ruhig, abseits der Touristenpfade. Bäume und Parks vermischten sich mit den schönen Häusern. Sie bogen ab, fuhren in die Lansdowne Road und blieben schließlich vor einem schönen Einfahrtstor stehen.
Alan wollte für die paar Minuten, die er brauchte, nicht extra in seine Einfahrt fahren und blieb deshalb vor seinem Tor stehen. Da er nicht unhöflich sein wollte, lud er Anna ein, kurz mitzukommen. Sie gingen durch den kleinen Vorgarten, der sehr gepflegt war.
Anna staunte nicht schlecht, Alan war eigentlich recht bodenständig und locker, nie hätte sie gedacht, dass er so luxuriös wohnen würde. Beide traten in den Flur, aber weiter kamen sie nicht, als Anna die gut ausgestattete Küche sah, war sie einer Ohnmacht nahe.
„Hey, was für eine tolle Küche du da hast! Sie sieht aber nicht gerade sehr benutzt aus, ich beneide dich darum", staunte Anna.
„Bis jetzt hat sich noch niemand bereit erklärt, für mich zu kochen", meinte er eher beiläufig.
„Na, dann ist es ja gut, dass du mich jetzt kennst", und ein Schmunzeln überzog Annas Gesicht, „du musst wissen, kochen ist mein Hobby. Nur bin ich hier in England leider noch gar nicht dazu gekommen", sprach sie.
„Soso, dann kannst du dich ja hier einmal austoben und wenn für mich dabei auch etwas übrig bleibt, wäre es doch perfekt", schlug Alan spontan vor.
„Abgemacht! Bei einem freien Tag deiner Wahl werde ich für dich italienisch kochen", sagte Anna keck.
Alan hatte das eher aus Spaß zu ihr gesagt, aber warum eigentlich nicht, der gemeinsame Tag könnte sicher nett werden. Doch ein kleiner Stich durchfuhr ihn, hatte er sich doch früher immer gewünscht, dass Mary für ihn hier einmal kochen würde.
Er holte schnell die Unterlagen aus seinem Arbeitszimmer, da gingen sie auch schon wieder ins Freie und fuhren wieder retour zum Studiogelände.
Als Anna wieder alleine in ihrer kleinen Wohnung saß, dachte sie über den heutigen Tag nach. Es war wirklich sehr nett mit ihm gewesen. Sie verstand sich einfach super mit Alan und auf das Essen freute sie sich besonders. Sie hatte sich sofort in seine Küche verliebt, aber vor allem freute sie sich auf einen gemeinsamen Abend mit ihm, das musste sie sich nun endlich eingestehen.
Auch wenn sie von Alans Luxus in seinem zu Hause etwas eingeschüchtert war, zeigte es ihr doch indirekt, wo sie selber wirklich stand. Sie war eine einfache Angestellte, mehr war sie nicht. Aber das war für Anna nicht so wichtig, sie beurteilte nicht danach. Alan gab sich auch nicht hochnäsig, im Gegenteil, er war sehr bodenständig. Sie würde schon sehen, was der Abend mit sich bringen würde.
Alan hatte Anna abgeliefert und gab noch schnell sein Skript im Büro des Leiters ab, danach fuhr er wieder nach Hause. Während er sich durch London staute, überlegte er, was diese ganze Situation mit Anna zu bedeuten hatte und in welche Richtung das Ganze ging.
Er konnte sich noch gut daran erinnern wie er sich am Anfang des Jahres geschworen hatte, etwas an seiner derzeitigen Situation zu ändern. Aber war es das, was er wollte? Er konnte es noch nicht so richtig greifen, aber seine Gedanken waren wie in letzter Zeit reichlich durcheinander. Tief atmete er ein und fuhr sich durch sein Haar. Er bildete sich ein, Annas Duft immer noch wahrzunehmen, das war doch alles irgendwie verrückt, wohin sollte das nur hinführen?
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