Kapitel 109
Charlie Puth - Titanium
Freitag, 23. Oktober
Es ist eine Menge Zeit vergangen. Es ist so viel Zeit vergangen und das schnell. Ich habe das Hammerexamen geschrieben und bestanden und auch Can durfte es dank der Schulerprobung schreiben und hat ebenfalls bestanden. Er hat schnell einen guten Eindruck hinterlassen, weil er ja eben nicht mehr irgendwie gestört war. Demnach durfte er auch nach fast vier Monaten entlassen werden. Alles ist seitdem gut. Es gab bis jetzt keine Probleme und Ranja und Nadim haben sogar geheiratet und auch Derya ist nun verheiratet. Can und mir geht es Gott sei Dank gut, Soufian wurde erfolgreich abgeschoben, wir haben uns seitdem nicht mehr stark gestritten. Weder meinen noch seinen Geburtstag haben wir gefeiert, weil er da noch in der Behandlung war. Ich habe ihm einfach einen Kuchen gebacken und mit unseren Freunden und ihn in der Klinik den Tag genossen. Unsere Eltern haben uns oft besucht und auch wir waren bei ihnen, sobald Can die Möglichkeit hatte. Der Winter kommt leider bald wieder. Tom und Marcel wollen im März oder April heiraten, weil sie einen Todesfall in der Familie hatten. Sie sind mir echt ans Herz gewachsen und haben uns auch schon besucht, was mich immer sehr freute. Can und ich arbeiten jetzt im Krankenhaus für das eine Jahr. Unsere anderen Jobs haben wir gekündigt. Ich bin seitdem komplett zufrieden, habe mein Gewicht zurückerlangt und sogar ein wenig zugenommen, nur gibt es eine Sache, die mich ein wenig bedrückt. Ich warte einfach nur auf Can, damit ich mit ihm darüber reden kann. Er würde sicherlich nicht wütend reagieren, aber wie soll ich das schaffen? Can ist im Krankenhaus, wegen seiner Untersuchung. Bis jetzt ist kein Rezidiv vorhanden und der Tumor ist komplett weg. Wieso braucht er so lange? Sonst dauert es nie so lange. Er ist schon seit einer Stunde weg. Das Essen wird noch kalt. Ich rufe ihn lieber an. Gerade will ich nach meinem Handy greifen, als Cans Mutter mich anruft.
"Ja?", gebe ich lächelnd von mir.
"Shana", schnieft sie. Sofort rutscht mir mein Herz in die Hose. Ist Can etwas passiert?
"Was ist los?", flüstere ich und höre sie wimmern, was mir Tränen in die Augen ruft.
"Ist Can schon zu Hause?", schnieft sie wieder. Ich schüttele den Kopf. Mir wird flau im Magen.
"Nein, wieso?" Mein Brustkorb zieht sich zusammen. Was ist los?
"Sein Vater ist gestorben." Mir wird kalt. Nein, das darf nicht sein. Unwillkürlich steigen mir die Tränen auf und ich weiß nicht, was ich sagen soll.
"Wie? Wann? Warum?" Ich stehe auf und weiß nicht, was ich tun soll. Can ist außer sich, Can weint sicherlich. Mein Herz zieht sich zusammen.
"Sein Herz hat versagt, er ist im Restaurant umgefallen." Ich wische mir die Tränen weg und schaue an die Decke. Sein Vater war doch ein so lieber und gutmütiger Mensch.
"Sind meine Eltern schon bei euch? Wann ist die Beerdigung?", frage ich schniefend.
"Es wird die Tage sein. Bitte pass auf Can auf. Ich weiß doch, wie sensibel er ist", gibt sie heiser von sich, weswegen mir mehr Tränen aufsteigen. Meine Unterlippe bebt.
"Ich kümmere mich um ihn, bleib stark, Mutter. Wir kommen heute oder morgen schon", gebe ich angebrochen von mir.
"Dankeschön, meine Tochter. Gib mir bitte Bescheid, wenn er zu Hause ist."
"Mache ich... ciao." Ich wische mir die Tränen weg und lege auf.
"Oh Gott", flüstere ich. Mein Hinterkopf schmerzt schon vom Druck. Wo ist Can? Was genau geht gerade in ihm vor? Wie soll er das alles vertragen? Er liebt seinen Vater doch so sehr. Ich mache mir solche Sorgen um Can. Er hat doch immer noch Verlustängste. Er wird sicherlich Fieber bekommen. Schnell schaue ich nach, ob wir noch Fiebersaft besitzen und kontrolliere dann, ob wir Suppe dahaben. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Diese Nachricht kam so plötzlich und mit voller Wucht. Sein Vater ist gerstorben. Sein so lieblicher Vater, der immer Verständnis zeigte. Ich fahre mir seufzend über mein Gesicht, nehme mir mein Handy und versuche Can zu erreichen, der aber nicht an sein Handy geht. "Scheiße", flüstere ich. Sein Schmerz lässt mich so verdammt sentimental werden und auch der Schmerz seiner Mutter macht mich verrückt. Ich muss aber die Ruhe bewahren. Emotionaler Stress tut mir nicht gut - es tat mir noch nie gut. Wieder und wieder rufe ich Can an, doch er geht kein einziges Mal dran, sondern lässt sein Handy anscheinend klingeln. Wo ist er? Trinkt er? Raucht er? Weint er? Ich will ihn einfach nur in die Arme nehmen und ihn trösten. Ich will meinen Can so schnell es geht wieder glücklich machen. Ich verweile auf dem Sofa, male mir in Gedanken aus, wo Can nur ist, bis dann die Tür aufgeschlossen wird. Ich stehe sofort auf und sehe in seine geröteten Augen, die mich ausdruckslos anschauen. Das bricht mir das Herz. "C-can", flüstere ich vorsichtig. Er schaut auf den Boden, zieht sich seine Schuhe aus und läuft ins Badezimmer. Ich laufe ihm ganz langsam nach, weil ich nicht weiß, wie genau ich an die Sache rangehen soll. Ich wollte mit ihm doch heute sprechen. Wie soll ich das machen?
Seine Jacke liegt auf dem Boden, seine Hose auch und auch sein T-Shirt. Nur in Boxershort steht er unter der Dusche und stützt seinen Kopf ab. Ich ziehe mir schnell das Oberteil aus und steige in die Wanne. "Can", flüstere ich. Er schaut gequält auf die Wand. Ich sehe ihm an, dass er versucht sich zu beherrschen. "Lass es raus, Can. Ich bin für dich da." Ich lege vorsichtig meine Arme um ihn und küsse seine Schulter. Sein Kiefer ist stark angespannt und seine Augenbrauen sind zusammengezogen. Ich spüre das Beben in seiner Brust und das schwache Zittern seines Armes. Soll ich es sagen? Was ist, wenn es ihn weiter belastet? Aber das würde es sicherlich nicht. Ich bin mir trotzdem unsicher, weil ich Can nicht etwas erzählen möchte, wenn er jetzt schon außer sich ist. Was ist, wenn er wegen seiner Trauer nicht wirklich oder falsch reagiert? "Wir lassen uns alle Zeit der Welt, Can. Sag mir bitte, wenn du etwas brauchst. Sag mir bitte, wenn du alleine sein möchtest und sag mir bitte, wenn du mich brauchst." Ich lege meine Hand auf seine Wange und will sein Gesicht zu mir drehen, doch er bewegt sich nicht. Ich schaue zu ihm hoch. Seine Atmung geht schneller. Innerlich ist er stark angespannt. Das tut mir im Herzen so weh. Ich bin ebenfalls angespannt. Can hat seinen Vater verloren, ich habe meinen Schwiegervater verloren, der noch so vieles mit uns hätte erleben können. Ich erinnere mich noch an das erste Mal, wo Can mich in das Restaurant geführt hat. Er war so herzlich und so verdammt süß. Mir steigen wieder die Tränen auf, als ich mich an unser erstes Gespräch erinnere. "Es wird alles wieder gut, Can. Ich bin für dich da", flüstere ich. Meine Tränen vermischen sich mit dem Wasser und plötzlich habe ich eine Verbindung, weswegen sich meine Augen weiten. "Can." Wieder versuche ich sein Gesicht zu mir zu drehen, doch er lässt es nicht zu.
"Can, ich bin schwanger." Sofort dreht er sich zu mir.
Mein Herz schlägt aufgeregt. Seine Augen sind geweitet, die Rötungen sind besser zu sehen. "Ich wusste es selber nicht." Mir steigen wieder die Tränen auf. "Ich war wegen des Stäbchens zur Kontrolle da und dann hat sie es herausgefunden. Ich bin in der dreizehnten Woche, es ist ein Junge." Ich lächele unsicher, schaue in seine Augen, die langsam glasig werden. Er atmet schneller, lächelt und wirkt dabei immer noch traurig. "Du... du bist schwanger?", fragt er rau und ungläubig. Er wirkt plötzlich viel jünger. Ich nicke lächelnd. Er gibt hysterisch-freudige Laute von sich und rauft sich sein Haar. "Ein Junge, es ist ein Junge. Du bist schwanger und es ist ein Junge." Ich nicke und drücke seine Hände. Er lacht leicht und wirkt langsam wieder hysterisch. Cans Gefühle brechen aus, weswegen er anfängt zu weinen und mich sofort in seine Arme zieht. Für mich ist das Rätsel mit der Totgeburt gelöst. Es ist Schicksal, dass ich heute erfahre, dass ich ein Kind kriegen werde und dass Cans Vater gestorben ist. Das kann doch nur ein Zeichen sein. "Es wird alles wieder gut, Can", flüstere ich mit Tränen in den Augen, weil er leise schluchzt. Ich lege meine Hand auf seinen Hinterkopf und setze einen Kuss auf seinen Nacken. "Es wird alles wieder gut, Can. Ich verspreche es dir." Ich spüre, wie er stark nickt. "Ein Kind, ein Baby, ein Junge", murmelt er. Er wischt sich seine Tränen weg. Mir steigen neue auf. "Ja", hauche ich. Ich fühle mich so befreit. Es wird alles wieder gut. Das Kind wird uns helfen, es ist unser Engel. Langsam löst er sich von mir und schaut sich meinen Bauch an. "Ich glaube, ich habe doch nicht zugenommen, sondern es liegt an ihm", lächele ich. Can nickt schniefend. Ich halte sein Gesicht in meinen Händen und wische die Tränen weg, die aus seinen schönen Augen treten.
Ich küsse ihn und fahre über seine Wangen, sowie er es sonst bei mir macht. Ich will ihn stärken, ich will ihn lächeln sehen. Ich werde Can in dieser Zeit zur Seite stehen und mich über jedes Lächeln, über jedes Schmunzeln erfreuen. Wir werden es schaffen. Unser Kind wird uns helfen. Oh Gott, wie sich das anhört. Unser Kind! Das muss ich Asman erzählen. Wenn ich wieder an ihn denke, steigen mir wieder die Tränen auf, was gepaart mit dem Tot meines Schwiegervaters keine gute Kombination abgibt. Kurz löse ich mich von ihm, nur um ihn dann wieder zu küssen und dann durch seine Haare zu fahren. Ich lehne meine Stirn gegen seine und kraule seinen Nacken. "Wir werden das durchstehen, Can. Wir werden es schaffen." Ich will nicht, dass Can weiter weint, auch, wenn ich es ihm nicht verübeln kann. Es fühlt sich einfach nur besser an, wenn er nicht weinen würde. Ich kann es nicht sehen, wenn Can weint. Vor allem, da ich so etwas nicht oft bei ihm sehe. Ich will ihn nur glücklich sehen. "Soll ich dir die Haare waschen?" Can setzt sich auf den Boden und umarmt meinen Bauch. Ich lächele und lege meine Hand auf seinen Kopf. Es wird alles wieder gut, Can. Wir schaffen das. Ich nehme sein Shampoo zur Hand und massiere es in seine Kopfhaut ein. "Sollen wir heute zu deiner Mutter fahren?" "Ich... ich kann sie in dieser Lage nicht sehen", flüstert er. "Aber es ist deine Mutter. Sie braucht dich und hat sich um dich gesorgt, als sie mich angerufen hat." Mir steigen wieder die Tränen auf, die ich schnell wegblinzele. "Ich würde es dann auch heute verkündigen. Wenn du nicht erschöpft bist, dann lass uns über das Wochenende doch bitte zu ihr. Ich möchte sie nicht alleine lassen." Er nickt und küsst meinen Bauch.
Ich shampooniere seine Haare noch zwei weitere Male und nehme seinen Duschschwamm zur Hand, lasse es schäumen und knie mich zu ihm hinunter. Langsam lasse ich es über seine Brust wandern und dann über seinen Nacken. "Hat die Untersuchung nichts gezeigt?", frage ich leise, was er mit einem Kopfschütteln verneint. "Wann hast du es erfahren?" Er atmet tief durch und lehnt sich zurück, als ich mit dem Schwamm über seinen Bauch fahre. "Ich bin aus dem Krankenhaus gelaufen, als mich meine Mutter angerufen hat. Sie... sie hat geweint und... nein, ich will nicht." Ich nicke verständnisvoll und küsse seine Schläfe. "Das ist okay. Wir haben Zeit." Ich nehme ihn wieder in den Arm und fahre mit dem Schwamm über seinen Rücken. Er zieht tief meinen Duft ein und seufzt. "Darf ich weiter nach unten?", frage ich, als ich an der Mitte seines Rückens angekommen bin. "Aber bitte vorsichtig." Ich nicke lächelnd und fahre sachte über seine empfindliche stelle, spüre, wie er sich leicht verspannt. Wird er jemals komplett entspannt bleiben, wenn ich ihn dort irgendwie berühre? Das wäre sehr schön, das würde mich sehr stolz machen. Das wäre ein sehr großer Fortschritt, aber man muss bedenken, dass es sich um eine posttraumatische Belastungsstörung handelt, die es seit fast zwanzig Jahren gibt und erst neu behandelt wird. Ich fühle mich mit Can wie in einer Blase, weil ich trotz der traurigen Nachricht ein gutes Gefühl habe. Wir werden es schaffen. Ich bin mir so sicher, dass wir es schnell hinkriegen. Wir haben so vieles geschafft. Wir sind so verdammt stark, unsere Liebe ist so verdammt stark. Nachdem wir fertig sind, setzen wir uns in neuer Kleidung ins Wohnzimmer. Ich gebe ihm die Ultraschallbilder, die er die ganze Zeit betrachtet.
"Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich ihn nach deinem Vater benenne?" Eine Mischung aus Schmerz und Freude leuchtet in seinen Augen auf. Er schüttelt seinen Kopf und ist wieder den Tränen nahe. "Ich habe das Gefühl, er wird die Geduld und das Verständnis deines Vaters bekommen." Er nickt zaghaft. Eine Träne kullert aus seinem Auge. Sofort nehme ich ihn wieder in den Arm. Wir werden bald Eltern, das fühlt sich so verrückt an! Can wird Vater und ich werde Mutter. Ich wollte eigentlich nie Kinder haben, habe Kinder sogar verabscheut, aber nach meinem ersten Verlust habe ich das erste Mal mütterliche Gefühle gehabt. Ich habe sogar bei Can mütterliche Instinkte, wenn er Angst hat. Ich will ihn immer gegen meine Brust drücken, weil ich immer das Gefühl habe, dass mein Herzschlag ihn beruhigt. So unsicher ich mir auch bin, so sicher bin ich mir, dass ich trotz Impulsivität eine gute Mutter werde. "Was wird aus dem Restaurant deines Vaters, Can?" Ich drücke seine Hände und fahre mit meinen Daumen über seine Fingerknöchel. "Ich will nicht, dass es geschlossen wird. Ich will es behalten. Wir werden das sicherlich mit seinen Geschwistern klären. Ich würde es gerne übernehmen, ich liebe dieses Restaurant. Es ist ein Teil meiner Kindheit... der guten Seite meiner Kindheit." Und sofort steigen mir wieder die Tränen auf, nach seinem gemurmelten Satz. "Das hört sich gut an." Ich wische mir schnell die Tränen weg. Wie emotional ich dann werde, wenn meine Stimmungsschwankungen einsetzen? Es wird still und ich habe einen Wunsch. "Können wir Asmans Grab besuchen?" Can lächelt und steht auf. Angezogen, mit gefüllten Mägen, gepackter Tasche und mit einem Blumenstrauß gehen wir zu Asman und stehen vor seinem schönen Grab. Ich lege den Strauß hin und küsse seinen Grabstein, woraufhin wir für ihn beten. Ich werde heute so verdammt schnell sentimental.
"Hallo, Asman, du kriegst einen kleinen Bruder", flüstere ich. Ich presse meine Lippen aufeinander und unternehme nichts gegen die Tränen, die meine Sicht verschwimmen lassen. "Und jetzt ist dein Opa bei dir." Ich lächele und schniefe. "Er ist sehr gütig und so ein lieber Mensch. Du wirst ihn lieben." Mir kommen immer mehr Tränen hoch, die aus meinen Augen tropfen. "Wir werden deinen Bruder auch nach deinem Opa benennen. Amir wird er heißen. Er fängt genau wie du mit A an." Ich atme tief durch, weil sich mein Herz immer öffnet, falls ich mit Asman spreche. Ich verspüre wirklich das Gefühl, dass sich mein Herz öffnet. "Und wenn wir gemeinsam in unserem Traumhaus leben, wirst du in einem wunderschönen Garten sein und von wunderschönen Rosen umgeben werden." Meine Unterlippe bebt. Ich will nicht weinen, weil ich Angst habe, dass ich meinem zweiten Kind Schaden zufüge, aber ich kann nicht anders. "Dann sind wir alle zusammen", schniefe ich lächelnd. "Du siehst bestimmt so gut aus. Vielleicht hast du die schönen Augen deines Vaters und meine Grübchen. Die Engel schmeißen sich bestimmt nach dir", lächele ich. Meine Tränen fließen weiter und weiter, aber es fühlt sich gut an zu reden. "Du sorgst sicherlich dafür, dass deinem Bruder nichts passiert, nicht wahr?" Ich nicke und beiße mir auf meine Lippen. Ich schaue zu Can hoch, der sich seufzend die Augen reibt. "Du machst alles immer so emotional." Ich lache kurz. "Willst du nicht auch etwas sagen?", frage ich und fahre über den schönen, schwarzen Granitstein, der im Sommer immer so schön geleuchtet hat. "Lässt du mich mit ihm alleine?", murmelt Can geniert. Ich lächele. "Tschüss, Asman." Ich küsse zum zweiten Mal seinen Grabstein, lächele stärker und stehe auf, gehe auf Abstand, sodass ich nichts höre. Er spielt an seinem Ring herum und nimmt seine Patronenkette in seine Hand, als er irgendetwas sagt. Er schraubt sie auf, weswegen sich meine Augen weiten. Schmunzelnd schaut er zu mir. "Umdrehen bitte." Och nö. Ich schmolle, tue ihm aber den Gefallen. Was ist da bloß drin? Ich komme einfach nicht drauf.
"Möchtest du noch etwas sagen?", fragt er mich kurze Zeit später, woraufhin ich mich umdrehe. Ich schüttele den Kopf. Er küsst einmal den Grabstein, nimmt dann meine Hand und läuft zum Wagen. "Wie fühlst du dich?", möchte ich wissen. "Ich fühle mich besser", seufzt Can. Die Fahrt über sind wir meistens still, kaufen mir eine Kleinigkeit zu essen und kommen vor der Haustür an, wo viele Schuhe im Flur stehen. Die Mutter öffnet die Tür und nimmt uns in den Arm. Sie schnieft und möchte uns gar nicht mehr loslassen. "Kommt rein, meine Kinder." Sie küsst meine Schläfe. "Ich habe vergessen dir Bescheid zu geben, tut mir leid." "Nicht schlimm, du hast dich anscheinend um ihn gekümmert. Er wirkt nicht zerstört, das freut mich sehr. Danke, Shana." Ich lege meinen Arm um ihre Taille und gehe ins Wohnzimmer, wo ich unsere Familien begrüße. Die Familie seiner Cousine ist auch hier, die ich noch von Shevins Hochzeit kenne, welche ich ebenfalls begrüße. Mir wird flau im Magen, weil ich eigentlich die Schwangerschaft verkünden wollte. Die Trauer ist Cans Geschwistern stark anzusehen. Sie tun mir so verdammt leid. Can drückt meine Hand. Aus dem Bad tritt ein Deryas Mann. Can und ich stehen auf, um ihm die Hand zu geben. Can musste sich an Mohammed gewöhnen. Ich erinnere mich noch an den Tag, wo er Derya total angeschrien hat, als er sie beim Telefonieren erwischt hat. Er möchte am liebsten, dass seine Schwestern bis zu ihrem Tod single bleiben. Ich flüstere ihm die Anekdote zu, weswegen sich Cans Kiefer anspannt. "Bleib ruhig", flüstere ich. Er schaut zu mir und nickt. "Helft mir beim Bereitlegen", sagt Cans Mutter mit einem müden Lächeln. Ihre so schönen Augen sind angeschwollen vom Weinen. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn Can stirbt. Ich würde ebenfalls sterben wollen. Ich verbanne diesen Gedanken sofort.
Wir essen im Wohnzimmer, schieben den Tisch weg und legen die Folienabdeckung auf den Boden, ehe wir alles bereitstellen und anfangen zu essen. Wenn jemand redet, dann ist es mein Vater, der mit Cans Onkel über den Islam redet. Ich esse zwei Teller, was für mich unüblich ist. Sonst esse ich immer einen Teller Reis. Ich muss schmunzeln. Das ist mir nie aufgefallen. Ich dachte einfach, dass sich mein Magen vergrößert hat, nachdem Can mich radikal gefüttert hat. Can tippt mich an, schaut fragend und mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. "Ich esse mehr." Ich zeige auf den Teller, was ihn strahlen lässt. Er freut sich so sehr über das Kind, dass es den Schmerz über seinen verstorbenen Vater mindert. "Wieso lächelt ihr?", fragt Cans Mutter mit einem kleinen Lächeln. Oh Gott, mein Bauch kribbelt vor Aufregung. Soll ich es jetzt sagen? Ich schaue innehaltend zu Can, der lächelnd nickt. "Also..." Mein Herz schlägt aufgeregt schneller. "Ich bin... schwanger", flüstere ich. Unsere Mütter schauen uns mit großen Augen an. Beiden steigen die Tränen auf. "Ich habe es erst heute erfahren", füge ich hinzu und spüre, wie ich erröte. "Komm her, ich muss dich umarmen", schnieft meine Mutter. Lachend erhebe ich mich und lasse mich von unseren Müttern, Geschwistern und meinem Vater umarmen. Ich fühle mich so stolz, weil mein Kind trotz des Schicksals Freude herbeibringt. Es ist unser Licht in der Dunkelheit. "Wann weißt du, welches Geschlecht es ist?", fragt meine Mutter, die sich ihre Tränen wegwischt. Ich mache es ihr nach. "Es ist ein Junge. Ich wollte ihn Amir nennen." Ich schaue schüchtern zu Cans Mutter, welche sich ihre Tränen wegwischt. "Das wäre schön." Oh Mann, ich muss weinen. Lachend schniefe ich. Ich bin plötzlich so fröhlich und will mit Can herumknutschen, aber wir sind nicht alleine und außerdem wäre es jetzt unangemessen.
"In der wievielten Woche bist du?", fragt Derya mich, als wir uns in ihrem Zimmer befinden. Es sind mehr Verwandte gekommen, weswegen Can bei den Männern im Wohnzimmer sitzt und ich mit den Frauen im Schlafzimmer. Ich fühle mich so toll, weil sich jeder trotzdem freut über mein Baby freut. "In der dreizehnten. In wenigen Wochen werde ich einen kleinen Bauch haben", lächele ich. Sie schaut seufzend. "Hättest du das nicht gesagt, dann wäre die Stimmung immer noch so schlimm. Es..." Sie blinzelt gen Decke. "Es ist so schlimm, mein Baba ist ein so guter Mann", flüstert sie brüchig. Ich nehme sie in den Arm und fahre ihr über ihren Kopf. "Wir schaffen das. Amir wird uns helfen. Ich habe ein so starkes Gefühl, dass er nach ihm kommen wird." Cans Mutter lächelt. "Fühlst du dich bereit, Mutter zu werden?" Seufzend zucke ich mit den Schultern. "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Es ist so verdammt neu und ich hoffe sehr, dass ich das mit dem Arbeiten gut hinbekomme. Ich brauche viele Tipps von euch und..." Ich halte inne, will meine kleine Angst doch nicht sagen. "Was?", fragt meine Mutter lächelnd. Ich fahre über ihre ausgeprägten Wangenknochen, die einen eifersüchtig machen könnten. "Ich habe so Angst, dass ich ihn auch verliere, genau wie bei... Asman." Ich atme tief durch, versuche optimistisch zu bleiben. "Nein, das lasse ich nicht zu. Mein Enkel wird gesund auf die Welt kommen", sagt meine Mutter. Ich nicke lächelnd. Mein Sohn wird gesund zur Welt kommen und uns mit seiner Anwesenheit so viel Freude schenken, dass es nie wieder einen Tag der Trauer gibt. Mein kleiner Amir. Ich fühle mich wieder so stolz, weil er jetzt schon eine so große Auswirkung auf uns hat. Wie unsere Freunde wohl reagieren werden? Sie werden sich so freuen und Ramazan wird sicherlich durchdrehen.
Am Ende des Tages liegen Can und ich im Wohnzimmer auf Matratzen. Ich lege meinen Kopf auf seine Brust und kraule seine Brust, während er meine Kopfhaut krault. "Meine Mutter sieht schon viel besser aus, nachdem du es gesagt hast", murmelt Can leise, weil wir nicht alleine im Wohnzimmer schlafen. "Ja, ich habe mich so stolz gefühlt. Ich bin so glücklich, Can. Das hätte ich niemals erwartet", flüstere ich. Er umarmt mich und küsst meine Stirn. "Du bist also ungefähr im vierten Monat." Ich nicke. "Du musst es dann irgendwann im..." Ich muss nachdenken, zähle nach, weil ich es sonst nicht hinkriege. "August oder so geschafft haben." Er lacht leise. "Ich glaube eher im Juli, sonst wärst du ja noch im dritten Monat." "Lass mich in Ruhe, ich kann kein Mathe." Er lacht wieder. Hoffentlich schlafen die anderen tief und fest. Ich stelle mir vor, wie Amir genauso grottig in Mathe ist, wie ich. Er muss Cans Mathekenntnisse vererbt bekommen. Den Rest kann er von mir bekommen - außer die Größe. Ich freue mich schon, wenn ich Mutter werde. Urplötzlich habe ich Lust ganz viele Babysachen zu kaufen. Oh Gott, am liebsten würde ich eine kleine Mütze für sein kleines Bonbon anfertigen lassen. Und ein großes für Cans Zauberstab. Ich grinse und beiße Can in die Brust. "Was machst du da?", murrt er. "Ich bin hyperaktiv, ich will joggen gehen und ich habe Hunger." Seufzend steht er auf und geht mit mir in die Küche, wo er die Tür schließt und mein Grinsen sieht. Ich kann nicht anders, auch, wenn es vielleicht unangemessen ist. "Tut mir leid, falls ich lächele." Er schaut verwirrt und macht mir ein Brot. "Wieso?" "Wegen deinem Vater." Er seufzt. "Ich will dir nicht die Freude verderben. Wenn du Stimmungsschwankungen hast, dann muss ich damit klarkommen." Ich kneife in seinen Po und summe. "Mehr Mayo." Er schaut mich kritisch an. "Los, Sklave. Mein Baby hat Hunger." Ich setze mich hin und schaue auf Cans Po.
"Musstest du dich nicht übergeben?" "Erstaunlicherweise nicht. Manchmal hatte ich leichte Übelkeit, aber das verging sehr schnell. Dafür danke ich dir, Amir." Ich fahre mir stolz über meinen Bauch und sollte ihn massieren, damit sich meine Haut auf die Dehnung vorbereiten kann. Ich strecke mich und spreize meine Gliedmaßen. "Ich glaube in Zukunft musst du mir beim Rasieren helfen." "Liebend gerne. Es überrascht mich, dass du dich nicht genierst." Stimmt. Danke an die Hormone. "Ich bin eine selbstbewusste Frau, ich brauche mich für meine Natur nicht zu schämen", trotze ich und schaue schnaubend zur Seite. Can summt bestätigend und legt mir das Sandwich hin. Ich schaue ihn skeptisch an. "Was ist das?", frage ich trocken. "Ein Sandwich." "Und dieser Krümel soll mich satt machen?" Er dreht sich seufzend um und macht mir noch eins, was mich kichern lässt. "Das schmeckt gut. Ich liebe dich, Can." "Ich dich auch." "Sag meinen Namen dabei", murre ich. "Ich dich auch, Shana." Nun grinse ich zufrieden. Can ist schon verdammt sexy. Aber ich kann ihn jetzt nicht überfallen. Das ist unanständig. Vielleicht in einer Stunde. Was rede ich da? Nein, er hat seinen Vater verloren! Diese Hormone sind unanständig. Unanständig, ich muss kichern. Das ist ein lustiges Wort. Lüstern beobachte ich Cans Bewegungen und schaue auf sein Becken, als er das Sandwich auf meinen Teller legt. "Dankeschön", summe ich anzüglich. Can tätschelt meinen Kopf und lehnt sich gegen die Arbeitsfläche gegenüber von mir. Ich fokussiere sein Becken und versuche durch seine Kleidung durchzusehen. Gucken darf ich ja. Oh Gott, was ist los mit mir? Diese Hormone machen mich ja ganz verrückt. Ich muss lächeln, weil ich wieder an Amir denken muss und schaue zu Can auf, welcher verträumt seinen Mundwinkel anhebt. Ich spüre das Kribbeln und das gute Gefühl im Bauch.
Unser Kind wird Wunder vollbringen.
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Bald kommt also ein Baby 🌚
N O M I N I E R U N G
15 Fakten über mich:
1. Ich kann Nationalismus auf den Tod nicht ab.
2. Wenn man mich wirklich einmal irgendwie wütend gemacht hat, dann kann ich mich locker flockig von der Person für immer distanzieren.
3. Ich liebe, liebe schöne Aussichten von weit oben, vor allem, wenn es kurz vor Sonnenuntergang ist 💓
4. Ich habe neben meiner Laktoseintoleranz, meiner Neurodermitis, meinen Allergien und Unverträglichkeiten jetzt auch noch eine craniomandibuläre Dysfunktion - bald findet auch meine Willkommensfeier dafür statt
5. Ich glaube an Horoskope und war letztens baff, als mir eine Freundin einen Ausschnitt aus einem Buch für chinesische Astrologie gezeigt hat, wo stand, dass Schlangen (Das ist mein Zeichen laut dieser Astrologie) gesundheitlich nicht die besten sind und unter anderem zu ALLERGIEN neigen. Zudem sind sie wohl sehr erfolgreich in ihrer Karriere und reich, hehe
6. Ich sehe oft Leute in anderen Büchern, die die Schreiberin korrigieren wollen und verspüre dann immer den Drang, sie zu korrigieren, weil sie beispielsweise denken, dass es nur Pizzen als Plural gibt. Nein, Pizzas ist auch korrekt - auch, wenn es sich hässlich anhört
7. Durch das Schreiben habe ich Einfühlsamkeit gelernt
8. Ich habe bei den tollen Kommentaren zu Kapitel 108 so fett gegrinst - ich liebe fette Texte und fordere ganz viele, wenn der Epilog steht 🌚
9. Ich habe schon Angst mich zu verlieben - HELAN WILL NICHT
10. Ich glaube, ich wäre in meiner ersten Beziehung von den Stimmungsschwankungen wie eine Hochschwangere und würde wegen jeder kleinen Abweisung weinen #Crybaby
11. Ich mag es nicht, wenn man mich irgendwie abweist, z.B bei Umarmungen oder so. Das bezieht sich nicht auf alles, aber ich hoffe, ihr könnt es irgendwie verstehen - ist nur bei Nahestehenden so
12. Ich bin romantisch - weiß nur niemand -, brauche viel Liebe und viel Aufmerksamkeit, hehe
13. Ich hasse es übertrieben, wenn ich glücklich bin und mir jemand von der Seite ankommt und meint, dass ich chillen soll. Ich habe im Pädagogikkurs die Zwillingsschwester einer Schülerin gesehen und mich voll gefreut, weil sie identisch waren und da kommt mir so ein beschissener Junge von der Ecke, der meint, dass ich chillen soll. Natürlich bin ich ausgerastet, das ist doch selbstverständlich.
14. Ich hasse es allgemein, wenn ich irgendwie emotional bin und irgend ein gottverdammtes Stück Scheiße zu mir sagt, dass ich chillen soll. DENKST DU ICH HÖRE AUF DICH? SIEHST DU NICHT, WAS LOS MIT MIR IST?
15. Ich freue mich so sehr, wenn ich ein Auto habe. Direkt alle Feinde überfahren MUHAHAHAHA 😈
- Helo
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