Kapitel 103
Lewis Capaldi - Lost On You
Donnerstag, 7. Mai
Can
Shana ist im Arbeitszimmer. Shana will die Scheidung... das ist nicht gut. Aber ich habe doch gar nichts getan. Ich habe sie nur beschützt. Ich mache doch gar keine leeren Versprechen. Ich tue die Dinge einmal und wenn Shana etwas dagegen hat, tue ich sie nie wieder. Oder sind die neuen Sachen für sie genauso schlimm? Es war schlimm, dass ich ihr wehgetan habe, als diese Nacktbilder aufkamen. Das tut mir auch wirklich leid. Aber ich will keine Scheidung. Shana spricht es zum Glück gar nicht mehr an. Vielleicht macht sie es doch nicht. Ich wäre dann wieder der glücklichste Mann dieser Welt. Ich lasse mir den Tumor entfernen. Für Shana tue ich das. Shana hat Angst und sie isst wenig und ich hasse es, wenn sie wenig isst. Sie hängt nur noch am Lernen und isst ihre beschissenen Butterkekse, die ich ihr nicht wegnehme, weil ich sie nicht noch wütender oder trauriger machen möchte. Ich kaufe ihr Geschenke, die sie lächeln lassen, aber sie sieht trotzdem so müde aus. Es ist doch alles vorbei. Die Waffe ist weg, die MoKo hat bis jetzt immer noch nichts und meine Onkel sind bereit, um zu zahlen. Das wird schon wieder und wenn nicht, dann gehe ich halt in die Anstalt und lasse es durch Korruption verkürzen. Ich darf das Hammerexamen nicht verpassen. Hat Shana wieder Hunger? Sie hat sich gestern wieder so wenig in ihren Teller gemacht. Ich lasse mir doch den Tumor entfernen. Wieso ist sie dann nicht wieder glücklich? Das verstehe ich nicht. Ich tue doch, was sie möchte. Ich würde alles tun, um mich nicht von ihr scheiden zu lassen. Als ich diesen Zettel gesehen habe... nein, das war nicht gut. Es hat wehgetan... überall. Das darf sie nicht tun. Ich werde das nicht zulassen. Shana darf mich doch nicht verlassen, sie hilft mir doch.
Unsicher lege ich meine Schreibsachen zur Seite und laufe ins Arbeitszimmer. Ich habe über mehrere Stunden nicht gehört, dass sie rausgegangen ist. Sie hat bis jetzt keinen Tag freigenommen. Soll sie sich doch heute den Tag freinehmen. Ich stehe unsicher vor der Tür. Die Scheidung hat mich ruhiggestellt. Ich frage sie immer, bevor ich etwas tue. Unsicher fahre ich über meine Knöchel, klopfe dann an der Tür. Ich höre ihre Stimme. Sie sagt, dass ich reinkommen soll. Ihre braunen Augen schauen mich an. Sie sieht so müde aus. Ich will sie glücklich machen. "Sollen wir Pause machen und raus?" Sie schaut auf den Boden. Shana soll bitte zustimmen. Ich will sie wieder ausführen. "Bitte, frische Luft tut doch gut. Das Wetter ist doch so schön", murmele ich. In diesem Winkel sieht man ihre Augenringe stark. "Was ist, wenn dich jemand erwischt?", flüstert sie. Ich schüttele den Kopf. Das passiert nicht. "Nein, dazu wird es nicht kommen." Ich gehe langsam zu Shana, fahre über ihre Schultern. Ich sehe eine gelbe Packung, weswegen sich mein Kiefer anspannt. "Butterkekse." Ich ziehe die Luft ein, damit ich nicht meckere. "Ein Dönerteller wird dir guttun." Ich hebe mit zwei Fingern ihr Kinn an. Nachdenklich schaut sie zu mir hoch. Heute soll sie einfach nur frei sein. Vielleicht kauft sie sich eine neue Hose, da ihre alte zwischen den Beinen schon etwas gerissen ist. Ich war lange nicht mehr mit Shana in der Stadt. Die Wärme macht sie doch immer so glücklich. Und sie macht mich glücklich. "Ich lese nur schnell das Kapitel zu Ende, okay?" Ja! Ich nicke lächelnd, drücke ihre Wangen zusammen. Heute wird sie wieder Kalorien zu sich nehmen. Völlig zufrieden gehe ich aus dem Arbeitszimmer raus, in das Schlafzimmer und hole für Shana T-Shirt und Jeans raus. Das T-Shirt ist weiß und die Jeans dunkelblau, die unbedingt ersetzt werden muss. Dann hole ich noch die Kette, die ich ihr zum Jahrestag geschenkt habe. Shana sieht so gut aus, wenn sie Schmuck trägt. Ihr steht einfach alles. Ich nehme mir dasselbe Outfit raus. Wir haben sofort die Kleidung gewechselt, als wir von der Uni kamen. Hätten wir sie doch lieber anbehalten. Ich ziehe mich schon an und warte, bis Shana kommt. Sie sieht so müde aus. Langsam zieht sie sich an. Ihr Bauch ist eigentlich immer aufgebläht, weil sie so viel isst, aber jetzt nicht mehr. Das stört mich verdammt stark. Das bereitet mir ja regelrechte Komplexe. Gleich wird es so sein. "Warte", murmele ich.
Ich nehme mir die Halskette ab und mache sie um ihr Handgelenk. Dann nehme ich die für sie ausgesuchte Kette und binde sie ihr um. "Eng oder locker?" Sie zuckt mit ihren Schultern. "Eng." Das wusste ich. Sie trägt die meisten Ketten eng am Hals. Jetzt ist auch Shana fertig. Sie richtet ihre Kleidung etwas, stopft sich das T-Shirt in die Hose und begutachtet sich im Spiegel. Ich brumme leise. Wieso muss sie immer ihren Arsch freilassen? Egal, ich will sie nicht noch trauriger machen. Wir nehmen uns beide Parfüm und gehen dann die Schuhe anziehen, als sich Shana ihre Tasche nimmt. Sie ist schon etwas kaputt und den Seiten. Wieso kauft sie sich keine neue? "Soll ich dir eine neue Tasche kaufen? Guck mal, am Griff geht das Leder auch langsam ab." Shana verneint es, setzt sich zu mir auf den Boden und zieht sich ihre Schuhe an. Ich will mir meine Schnürsenkel zubinden, aber ich sehe alles verschwommen. Drecks Tumor. Ich blinzele schnell, aber es ist trotzdem alles verschwommen. Ich lege den Kopf in den Nacken und blinzele wieder so schnell. Jetzt geht es wieder. Jetzt sehe ich alles wieder normal. Shana sieht mich monoton an, schüttelt dann ihren Kopf. "Ich werde ihn mir entfernen, wirklich!" Shana ignoriert mich und bindet mir meine Schnürsenkel zu. Ich helfe ihr hoch und fahre über ihren Rücken. "Dankeschön", sage ich. Ist sie jetzt wieder wütend? Vorsichtig küsse ich ihre Schläfe. Sie tut nichts dagegen. Ob ich wohl ihre Hand nehmen darf? Sie hat vor Tagen auch nicht dagegen getan. Ich nehme ihre Hand und verschränke meine Finger mit ihren. Sie lässt es zu. Das ist toll. "Möchtest du etwas holen?", frage ich sie. Shana schüttelt den Kopf. Doch, sie wird sicherlich etwas finden. Unten vorm Auto kommen wir an. Ich halte Shana die Tür offen und schnalle sie sogar an. Danach stoße ich mir den Kopf, was sie schmunzeln lässt. Scheiß Auto. Das tut weh. Ich will meinen Finger auf ihr Grübchen legen. "Du magst es, wenn ich mir wehtue, nicht wahr?", frage ich und halte mir den Hinterkopf. Shana nickt lächelnd. Sie lächelt so süß. Ich liebe es, wenn sie lächelt. Sie ist so schön. Ich fahre los, ziehe einmal an ihrem Gurt. Ich lege meine Hand auf ihren Oberschenkel. Das tut gut. "Sollen wir uns heute einen Dönerteller gönnen?" Ich schaue kurz zu Shana. "Ja." Das wollte ich hören. "Mit viel Salat und Soße?" "So und nicht anders." "Das ist mein Mädchen." Ich küsse ihre Hand. Sie lächelt. Das fühlt sich echt gut an. Es fühlt sich so gut an, sie zum Lächeln zu bringen. "Sicher, dass du nichts kaufen willst? Du wirst sicherlich etwas finden." Ich fahre zum Elbe-Einkaufszentrum. Shana wird sicherlich Schmuck kaufen.
Denkt Shana immer noch über die Scheidung nach? Ich muss sie doch ebenfalls unterschreiben, damit die Scheidung durchgeführt werden kann oder nicht? Ich werde sie niemals unterschreiben. Ich will wissen, wo Shana die Papiere hingelegt hat, damit ich sie verbrennen kann. Niemals werde ich diese Scheidung passieren lassen. Nein, ich will keine Scheidung. Wenn ich schon wieder daran denke, verspanne ich mich. Nein, eine Scheidung kommt nicht in Frage. Shana liebt mich doch. Shana will doch ein Traumhaus. Ich will doch so vieles mit ihr machen. Ich will mit ihr alleine in den Urlaub. Wir hatten keine Flitterwochen. Und Kinder? Doch, ich will Kinder. Shana will jetzt zwar keine, aber irgendwann will sie doch auch welche bekommen. Ich mache alles, damit Shana bei mir bleibt. "Der Termin für die OP steht noch nicht ganz fest", sage ich. "Dr. Merzinger muss sich die MRT Bilder noch einmal richtig anschauen. Ich soll am Samstag früh ins Krankenhaus, wo wir dann alles besprechen. Der Tumor wird entfernt, keine Angst." Shana seufzt. Wird sie die Scheidung jetzt fallen lassen? Ich muss es wissen. Ich traue mich aber nicht zu fragen. Ich frage gleich. Wir sind ja sowieso gleich da. Ich muss nur einen freien Parkplatz finden. Aber, wenn sie doch die Scheidung will, was könnte ich dann dagegen unternehmen? Ich würde doch nur verrückt werden. Ich schüttele den Kopf und konzentriere mich auf das Parken. Heute soll es ein schöner und entspannter Tag werden. Wir steigen aus, dann nehme ich ihre kleine Hand. Soll ich jetzt fragen? Aber ihre Antwort könnte meine ganze Laune zerstören. Ich räuspere mich und drücke nervös ihre Hand. Sofort schaut sie zu mir hoch. "Was ist?" "Wirst du mich trotzdem verlassen?", sprudelt es aus mir heraus. Ihre kleinen Augen weiten sich. "Das... du lässt dir doch den Tumor entfernen?" Also doch nicht? Also bleibt sie bei mir? "Also keine Scheidung?" Ohne auf ihre Antwort zu warten, hebe ich sie hoch und umarme sie dabei kräftig. Sie keucht deswegen erschrocken. "Danke, Shana. Ich schwöre, so etwas kommt nie wieder vor." Ich drücke mein Gesicht gegen ihren Hals, damit ich ihren süßen Duft einziehen kann. Mein Herz schlägt so schnell und mein Bauch bebt wieder. Sie bleibt!
"Alles ist gut, Can", flüstert sie. Ihre Hand fährt über meinen Kopf. Sie verlässt mich doch nicht mehr. Ich lasse mir den Tumor entfernen und alles ist wieder gut. Ich mache nie wieder etwas, was Shana zu solchen Maßnahmen greifen lässt. Ich lasse sie langsam wieder runter. Es zieht leicht am Kopf, aber ich bin glücklich. "Willst du neue Schuhe? Jordans? Was möchtest du haben?" Ich lege meine Hände auf ihre Wangen. Ihre Augen glänzen. "Nichts", flüstert sie. Shana blinzelt schnell und nimmt meine Hand. Ich beobachte sie, als sie sich über ihre Augen wischt. "Hey, was hast du?" Ich bleibe vor dem Eingang stehen. Shana schüttelt ihren Kopf. "Nichts, lass uns einfach an nichts Negatives denken und den Tag genießen." "Sag es mir." Wieder schüttelt sie ihren Kopf. "Komm, ich will gucken, ob ich doch etwas finde." Ich nicke einfach. Wenn Shana nicht darüber reden möchte, dann akzeptiere ich es einfach. Das ist besser so. "Wir schreiben in weniger als zwei Monaten das Hammerexamen", sagt Shana. "Ich dachte, wir denken heute an nichts Negatives?" Sie schmunzelt. Ich küsse ihre Schläfe. "Hast du keine Angst, dass jemand dich jetzt irgendwie festnimmt?", fragt Shana extra leise. "Nein. Mir kann nichts passieren. Anstalten erweisen sich als recht angenehm." Shana seufzt. "Wie kannst du es so locker sehen?" Ich zucke mit meinen Schultern. "Vielleicht drückt der Tumor ja auf eine gewisse Stelle meiner Amygdala, sodass ich apathisch werde." Shana schaut mich trocken an. Das war wohl keine gute Aussage. "Tut mir leid?" Schnaubend schaut sie nach vorne. "Hey, sei nicht sauer." "Ich verspüre gerade keine Wut." Shanas Stimme ist eintönig. "Wir denken an nichts Negatives", summe ich etwas ahnungslos.
"Wo kaufst du dir deine Hosen? H&M?" Shana verzieht ihr Gesicht und rümpft ihre Nase. "H&M hat anscheinend nur Hosen für große Mädchen. Wenn meine Schenkel dort in eine Hose passen, dann habe ich noch genügend Platz, um einige Lebensmittel vorne in die Hose zu stecken, weil die dann am Bauch locker sitzen. Ich kaufe meine Hosen eigentlich nur von Pull & Bear und eigentlich aus Gina Tricot, aber hier gibt es irgendwie kein Gina Tricot." "Sollen wir dafür in eine andere Stadt fahren?" Sie schüttelt ihren Kopf. "Okay, lass uns dann Pull & Bear suchen." Das war doch ein gutes Gespräch. Es hatte keine Spur von Negativität. "Ich gehe morgen zu JD", gibt sie mir Bescheid. Okay, das ist auch nichts Negatives. "Wann möchtest du Kinder haben?" Shana schaut überrascht zu mir hoch. "Das ist noch zu früh, Can. Ich will das Examen und das PJ hinter mich bringen." Shana wäre so süß mit einem großen Bauch. Aber ihre Stimmungsschwankungen will ich nicht erleben. Ich muss wieder an ihre Weisheitszahn-OP denken. Das lässt mich schmunzeln. "Weißt du noch, als dir die Weisheitszähne gezogen wurden?" Sie schüttelt lächelnd ihren Kopf. "Ich weiß nur, dass ich dein Bett vollgeblutet habe und du so verdammt süß zu mir warst." Sie lächelt verträumt. Sie sieht so schön aus, wenn sie lächelt. "Und dann hast du mir von deinem Autounfall erzählt." Es war verrückt, dass ich es ihr erzählen konnte. Ich konnte es einfach. Sonst ist es mir immer schwerer gefallen. Und ich konnte sogar etwas Gutes daraus ziehen. Ich habe Mama beschützt. Sie meinte, ich sei ein Held. Ich muss stolz lächeln. Top Down, das ist ein Top Down. "Wirst du morgen mit Dr. Al-Kon über den Fall reden?" Ich verneine es, finde den Laden, wo Shana ihre Hosen kauft.
Shana läuft vor mir. So habe ich einen guten Blick auf ihren süßen Arsch. "Oh, das ist ein schönes Blau." Sie schaut sich das Etikett an. "Und auch noch high-waisted. Genau das, was ich brauche." Sie sucht sich ihre Nummer raus und will zur Kabine laufen. "Warte, vielleicht findest du noch etwas. Wir haben doch am Anfang des Monats Geld bekommen." Sie nickt. "Stimmt." Sie nimmt sich noch ein gestricktes Oberteil und läuft dann zur Kabine. "Nimmst du meine Tasche?" Ich nicke und sehe zu, wie sie hinter der Gardine verschwindet. Sofort trete ich zu ihr heran und stecke meinen Kopf in die Kabine. Sie sieht so gut aus, wenn sie sich ihre Hose aufknöpft. An ihrem Bauch sind rote Striemen, die von der Hose kommen. "Wird da jemand dick?", necke ich sie. Shana schlägt sich trotzig auf ihren Po. Das sollte sie öfters machen. Mir gefällt das sehr. Und sie sollte sich öfters so beugen, wie sie es jetzt tut. Ich ziehe an ihrer Unterhose, was sie brummen lässt. "Hand weg", flüstert sie meckernd. Sie nimmt sich die neue Hose zur Hand, zieht sie sich etwas angestrengt über die Beine und springt, damit sie besser in die Hose kommt. "Wieso sind neue Hosen immer so eng?", seufzt sie. Schmollend schaut sie in den Spiegel. Herrgott, sieht sie süß aus. "Ich kriege die Hose nicht weiter hoch." Lachend trete ich zu ihr in die Kabine und helfe ihr, die Hose weiter über ihre Schenkel zu ziehen. "Dein Arsch will nicht rein." Ich ziehe weiter an der Hose, bis Shana mir sagt, dass es reicht. Sie geht kurz in die Hocke und schaut dann auf ihren Arsch. "Der wirkt leicht eingequetscht. Ich muss ein wenig warten." Ich sollte öfters mit Shana nach Hosen gucken. "Wird mein Po betont?" "Kommt es dir nur darauf an?" Shana nickt. "Wozu kauft man sich denn Hosen? Sie müssen doch passen." Ich murre. Neue Hosen wirken mir zu betont. Shana dreht sich mit dem Po zum Spiegel und fährt sich über ihre Backen. "Ich sehe das nicht so richtig." "Ich sehe es." Jetzt dreht sie ihren Arsch zu mir. "Wie sieht mein Po in der Hose aus?" "Fickbar." Sie dreht sich zu mir und schlägt mir mit einem empörten Ausdruck gegen die Brust. Ich höre einige leise lachen. "Die anderen lachen schon", flüstert Shana, die schon rot ist. Lächelnd küsse ich sie. "Raus, du Perversling." Lachend trete ich aus der Kabine und warte, bis sie fertig ist.
"Du bist unmöglich, Can", sagt Shana, als wir aus dem Laden treten. "Wieso? Ich darf doch das sagen, was ich denke." Sie schüttelt ihren Kopf. "Dann musst du das nächste Mal Klebeband mitnehmen." "Mache ich auch." Shana besucht noch einige Läden, ehe wir dann zu unserem Stammdönerladen fahren. "Wieso hast du dir nichts gekauft?" "Habe nichts gefunden", antworte ich. "Du hast dich doch gar nicht umgeschaut." "Ich wollte dich nur auf andere Gedanken bringen, Shana." Ich schaue kurz in ihr nachdenkliches Gesicht. "Ich wollte, dass du raus gehst und dich wieder richtig bewegst. Du sahst so krank aus, als wir zu Hause haben und jetzt hast du deutlich mehr Farbe im Gesicht. So ein Tag tut dir wirklich sehr gut." Sie weiß gar nicht, wie kränklich sie wirkt. Shana nickt. "Danke." Ich küsse ihre Hand. "Das mache ich immer wieder gern für dich." Ich will nur, dass sie glücklich und unbeschwert ist. Sie soll sich durch den Freitag nicht deprimieren lassen. Dann habe ich diesen Bastard angeschossen, na und? Er hat sie töten wollen und ich habe ihn töten wollen. Somit habe ich es ausgeglichen. Was mit ihm jetzt passiert ist, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass er noch im Krankenhaus liegt. "Und jetzt essen wir und gönnen und danach noch einen Nachtisch. Das hört sich doch gut an, nicht wahr?" Shana nickt lächelnd. Ich halte ihr die Tür auf und begrüße Shivan, der uns singend begrüßt. "Shana, meine Schöne", singt er. "Shana min. Wieso nimmst du Can?" Lachend zuckt Shana mit ihren Schultern. "Can, çana min. Wie geht es dir? So groß, mashallah. Çave xode te bit." Shana schaut mich lächelnd an. "Ja, Gott soll wirklich ein Auge auf ihn haben", seufzt sie. Ich ziehe an ihrer Haarsträhne. Ich weiß, was sie meint. "Was kann ich meinen Schätzen bringen?" Shivan lächelt uns an. "Wir nehmen zwei Dönerteller und danach dein leckerstes Kunafeh", sage ich. Shivan schickt uns Luftküsse. "Ser çava! Ich mache euch das leckerste Kunafeh, das ihr je probiert habt. Ich war in Nablus und habe es von einem Palästinenser höchstpersönlich gelernt. Wenn es euch nicht schmeckt, dann gehe ich zurück nach Nablus und schlage ihn, okay?" Shana nickt belustigt. "Sehr schön. Geht euch setzen. Wollt ihr jetzt schon Getränke?" "Nein, wir holen sie uns gleich selber", antwortet Shana, die sich an die Fensterseite setzt.
"Shivan macht immer so gute Laune", seufzt sie. "Mache ich dir keine gute Laune, Shana min?" Schmunzelnd schaut sie zur Seite und versucht nachdenklich zu schauen. "Ich weiß nicht so recht." Ich nicke schnaubend. "Çana min", säuselt sie. "Bei deinem Namen gibt es eine Verwechslungsgefahr. Çana min heißt meine Schöne oder mein Schöner, aber ich will mein Can sagen und du bist leider Gottes nicht schön." "Warte ab, bis wir zu Hause sind." Shana fängt an zu lachen und schickt mir einen Luftkuss. Ich freue mich, dass sie gut gelaunt ist. Das tut so gut. Auch, wenn ich es über mich ergehen lasse, dass sie mich ärgert. "Sollen wir heute Acrylfarbe kaufen?" Sie schnippst mir zu. "Stimmt, ich wollte dich doch einmal bemalen." "Eigentlich wollte ich deine Tigerstreifen bemalen", schnurre ich. "Wir können uns ja gegenseitig bemalen." Wir könnten auch andere Dinge tun. Shanas Wangen wirken jetzt wieder - wie sonst eigentlich immer - gerötet. Die Tage waren sie nämlich nicht mehr so. "Ich habe mir überlegt, dass wir so eine Art Medizinspiel machen. Weißt du noch, als wir bei dir diese Wettbewerbe gemacht haben und Derya uns Symptome genannt hat? Sowas finde ich echt gut für das Lernen." Ich beuge mich seufzend nach vorne. "Heute wird nicht an Medizin gedacht, okay?" Shana spitzt ihre Lippen. "Enterostoma." Ich stöhne genervt auf und hole zweimal Cola für uns. Shana muss mir auch immer widersprechen. Shivan kommt mit unseren Tellern und singt dabei. "Wollt ihr Brot oder extra Soßen?", singt er. "Extra Soßen sind immer gut." "Und was möchtest du für Soßen, Shana min?" Sie lächelt wieder. "Mayo, Zaziki und Cocktail." Shana ist eine der Personen, die eine Pommes oder ein Nugget mindestens fünf Mal in die Soße tunken muss. Sie kann es nicht verstehen, wieso es man nur einmal tut. "Das riecht so gut", murmelt sie, als sie ihren Gürtel und den Reißverschluss öffnet. Wenigstens bedeckt ihr T-Shirt das, was nicht gesehen werden darf. Shivan bringt uns die Soßen und wünscht uns auf Kurdisch einen guten Appetit. "Ramazan und Meryem wollen wohl erst im nächsten Jahr heiraten und Tom und Marcel auch. Das wird schön und ich werde sehen, wie die Libanesen wortwörtlich an die Decke gehen." Und ich werde dir dann die hübschen Kleider vom Körper ziehen und dich genüsslich durchnehmen. Zufrieden atme ich durch. Der Tag ist gut. Es ist ein guter Tag. Morgen werde ich Dr. Al-Kon davon berichten. Shana will sich doch nicht von mir scheiden lassen. Ich könnte wirklich vor Freude weinen deswegen. Unsere Zukunft bleibt bestehen. Shana wird bei mir bleiben und mir helfen voll und ganz gesund zu werden. "Wir müssten mal einen Dönerladen aufmachen, damit ich immer gratis dort essen kann", sagt Shana mit vollem Mund. Ich nicke einfach nur.
"Das macht echt Spaß. Das beruhigt einen." Shana malt gerade auf meiner Brust herum. Das fühlt sich schon gut an. "Jetzt ist dein Nippel eine Sonne", lächelt sie. Ich schaue zu meiner Brust hinunter. Ja, sie hat eine Sonne aus meinem Nippel gemacht. "Ich habe einmal gehört, dass man in der psychiatrischen Einrichtung bestimmte Therapien macht. Unter anderem Maltherapien." "Denk nicht daran." Sie nickt mit gespitzten Lippen. "Mal meinen anderen Nippel lieber zu einem Mond." "Ich verstehe gar nicht, wieso mir unsere Kunstlehrerin nur vierzehn Punkte gegeben hat. Ich habe Mandy aus dem Kunst-LK gefragt und sie konnte so verdammt gut zeichnen und malen. Na ja, ich studiere ja das, was ich will." Shana malt summend den Mond und noch einige Wolken auf meinen Oberkörper. "Jetzt bin ich fertig. Warte, hier müssen noch einige Punkte hin." Shana fügt noch die Details hinzu und schießt dann einige Fotos. Vorsichtig setze ich mich auf und lehne mich gegen das Bett. "Arsch zu mir." Ich ziehe ihr die Short hinunter und ziehe ihre Unterhose hoch." "Wieso hast du keinen Tanga an?" "Wieso sollte ich?" "Weil ich dann mehr Spaß hätte", summe ich zufrieden. Wenn sich ihre Haut dehnt, sieht man die Dehnungsstreifen besser. "Das Kissen riecht nach deinem Parfüm." Sie drückt ihr Gesicht ins Kissen und schaut dann zur Seite. "Beweg dich nicht." Ich nehme mir den dünnsten Pinsel und rote Farbe. "Der Tag ist schön geworden", murmelt sie. "Ja, es ist ein guter Tag. Du wirkst vitaler und willst doch keine Scheidung", murmele ich zum Schluss. Shana spitzt ihre Lippen. Ich glaube, das war ein Stimmungskiller. "Ich dachte, heute wird nichts Negatives angesprochen." Ich nicke. "Stimmt, nichts Negatives." Heißt das, dass sie sich nicht sicher ist? Sie hat es nämlich nicht bestätigt. Ich konzentriere mich auf die Tigerstreifen. Nein, es kommt nicht zur Scheidung. Alles ist vorbei. "Das fühlt sich gut an", schnurrt Shana, die ihre Backen wackeln lässt. "Still." Ich kneife in ihre Backe, was sie quietschen lässt. "Sei sanft!", murrt sie.
Ich konzentriere mich auf die Streifen, weil meine Sicht leicht verschwommen ist. Das macht mich total aggressiv, aber für Shana reiße ich mich zusammen. "Willst du irgendwann Kinder?", frage ich, um mich abzulenken. "Irgendwann sicherlich. Ich will meine Gene weitergeben, damit die Menschheit nicht komplett verblödet." Das lässt mich schmunzeln. "Wird da jemand eingebildet?" "Ich verstehe gar nicht, wieso man sofort eingebildet ist, nur weil man weiß, was oder wie man ist. Wenn ich sage, dass ich hübsch bin, dann kommen mir irgendwelche Idioten und sagen, dass ist total selbstverliebt und peinlich. Mein Gott, nur weil du dich hässlich findest, muss ich mich nicht auch direkt hässlich finden." Ich lache zustimmend. "Oder wenn man jemanden widerspricht, was auf die Person oder sonstiges bezogen ist. Willst du mir ernsthaft weismachen, dass du mich besser kennst? Ich kann nicht einstecken? Nein, ich lasse es doch nicht einfach auf mir sitzen, wenn eine Dummheit etwas Falsches über mich sagt. Als wir neu in der elften Klasse waren, meinte wohl eine von Aleynas Hündinnen, dass ich wohl etwas sehr Schlimmes gemacht habe. Ich warte immer noch auf das Schlimme, was ich getan habe." Sie seufzt frustriert. "Lass es raus, Shana." Ich greife schmunzelnd zur pinken Farbe. "Hattest du noch nie mit so etwas zu kämpfen?" "Natürlich, aber nach zwei Schlägen ins Gesicht kann man schwer reden." Shana fängt an zu lachen, weswegen die eigentlich gerade Linie zu einer Welle geworden ist. "Shana, halt still", sage ich lächelnd. Wenn sie lacht, lacht jeder mit. Ihre Lache ist so verdammt komisch. "Hast du wirklich immer zugeschlagen?" "Nicht immer, aber oft. Ich konnte mich ja schwer kontrollieren." Ich seufze leise. Bei Ramazan und Malik tut es mir immer noch leid. Bei den anderen Missgeburten ist es mir egal. "Mach danach ein Foto." "Ach, jetzt erlaubst du es mir, deinen Körper aufzunehmen?",frage ich spöttisch. "Es ist nur mein Po und kein Sextape." "Glaub mir, bald wirst du es wollen." "Mal weiter. Ich will deine Beinhaare anmalen. Gib mir einen Pinsel."
"Wir haben 22:33 Uhr und ich bin müde. Das ist komisch. Sonst lege ich mich immer um kurz vor 12 ins Bett." Shana gähnt und schmeißt sich aufs Bett. Ich ziehe sie an meine Brust, rieche an ihrem gewaschenen Haar. "Du riechst so gut", brumme ich. "Can, das kitzelt." Ich brumme wieder, was sie quietschen lässt. Sie legt ihren Kopf auf meine Brust. "Ich mag es, deinem Herzschlag zu lauschen", flüstert Shana. "Es hat etwas so Beruhigendes." "Das hat meine Mutter immer bei mir gemacht, falls ich Panik hatte." Ich schlinge meine Arme um sie und ziehe sie auf meinen Schoß, als ich mich aufsetze. "Als ich klein war, hat sie mich immer auf ihren Schoß gesetzt, meinen Kopf gegen ihre Brust gelegt und leise ein Gebet aufgesagt. Irgendwann wurde ich zu groß." Ich erinnere mich wieder an das eine Mal, wo ich Angst hatte, weil ich aus Dickköpfigkeit doch heimlich die Szene geschaut habe, wo ein Autounfall entstanden ist. Ich sehe, wie sie lächelt. "Ich finde es schön, dass du mir das erzählst. Ich lege deinen Kopf auch auf meine Brust, weil ich so das Gefühl habe, dich zu beschützen." Ich mag das. Nicht nur, weil ich ihre Brüste liebe, sondern auch, weil ich bei ihrem Herzschlag ruhig schlafen kann. Shana fährt über das Tattoo auf meiner Brust. "Was denkst du, müssen wir machen, damit wir endlich unbeschwert leben können?" Ich seufze. "Es gibt nichts mehr, was wir nicht erlebt haben. Es könnte sich nur wiederholen und da wir ja Erfahrung haben, können wir es sicherlich schnell in den Griff kriegen." Shana summt. "Hoffentlich. Wir haben doch endlich ein Recht auf Frieden." Ich fahre durch ihr nasses Haar und küsse ihre Stirn. Langsam legen wir uns wieder hin. Shanas Kopf ruht auf meiner Brust. Ich fahre durch ihr Haar. Sie hat immer dieses kleine Etwas in sich. Dieses kleine Feuer der Hoffnung, welches sie nicht zur kompletten Pessimistin macht - sie bezeichnet sich aber oft als eine. Dieses kleine Feuer ist nie erloschen, denn Shana ist immer noch bei mir, liegt immer noch in meinen Armen und liebt mich immer noch.
Für sie ist dieses kleine Feuer ein Funken, aber für die Welt ist es eine wahre Explosion an Kraft, die sie besitzt.
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Habe voll vergessen zu fragen, was ihr von Shanas Aktion mit den Scheidungspapieren haltet. Was haltet ihr davon?
Wie denkt ihr, wird Akzeptanz enden?
Das wird wahrscheinlich das letzte Kapitel vor meiner Klausurphase sein, die sich über zwei oder drei Wochen hinziehen wird - ich glaube bis zu den Osterferien. Solange überarbeite ich Arroganz.
- Helo
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