Kapitel 60
Kapitel 60
Sie erwachte viel früher, als sie erhofft hatte. Die Vorhänge waren zugezogen und die Vögel gar nicht so laut, wie sonst. Dafür waren aber aus dem Flur Laute zu hören.
Es musste früher Nachmittag sein und irgendwer fluchte draußen im Gang und es krachte sogar einmal lauter.
Erschrocken setzte sich das Dämonenmädchen auf und sah sich verwirrt um. Wer war hier und machte so einen Krach?
Zitternd setzte sie sich auf, weil sie sich erschreckt hatte. Schnell zog sie sich einen Morgenmantel an, den sie im Schrank gefunden hatte. Die Angst, dass einfach jemand reinkam, war zu groß.
Vorsichtig spähte sie aus der Schlafzimmertür heraus und entdeckte einen großen, kräftigen Mann, der mit Hammer und Werkzeugkasten etwas reparierte. Er sah leicht einschüchternd aus, weshalb sie sich nicht ganz traute, heraus zu kommen. Wer war das? Abisai?
Er hantierte an etwas herum, das aussah, als wäre es schief oder kaputt gegangen. War das eine der Lampen?
„Was ist passiert? Wer seid Ihr?", fragte Saori leise, denn sie konnte sich nicht daran erinnern, dass das kaputt gewesen war. Hatten es die Katzen eventuell beschädigt?
Der Mann drehte sich erschrocken um und ließ einen Schraubenschlüssel fallen. Mit großen Augen starrte er Saori an, bevor er sich wieder fing. "Ich bin Abisai, der Handwerker", erklärte er ihr und musterte sie skeptisch.
Erschrocken zuckte Saori zusammen und zog den Kopf ein, als hätte Aaron sie gerügt. „T-Tut mir leid, ich wollte Euch nicht stören ...", stotterte die Dämonin und zog sie mehr zurück, sodass der Mann nur noch ihren Kopf sehen konnte.
"Ihr habt mich lediglich erschreckt", winkte Abisai ab und richtete die Lampe wieder und stieg von dem Hocker. "Ich bin hier fertig."
Saori beobachtete ihn genau, was er tat und musterte den Mann genauer. Er hatte schwarze, halblange Haare, die ihn vermutlich bis zu den Ohren gingen und ihm anscheinend ins Gesicht hing, weshalb ein breites Haarband trug. Damit verhinderte er wohl, dass sie ihn bei den Arbeiten störten. Seine grünen Augen hatten sie seltsam angeblickt, sodass Saori nicht sagen konnte, was sie von ihm halten sollte.
"Jetzt sollte das hier wieder gehen", murmelte er und betätigte einen Stein in der Wand. Sofort wurde es hell und er nickte zufrieden.
„Wann ist das denn kaputt gegangen?", wollte Saori von ihm wissen. Dabei schob sie sich aus der Schlafzimmertür leicht heraus, sodass sie besser sehen konnte. Nun konnte Abisai sie teilweise sehen. Ein junges Mädchen in einem Morgenmantel, welches ihn schüchtern ansah.
"Es war nie richtig fertig", winkte er ab. "So wie einige andere Dinge hier", gestand er.
Langsam kam sie auf den Mann zu und bückte sich für einen Moment. „Vergesst das Teil hier nicht", sagte die Dämonin leise und versuchte zu lächelnd. Dabei hielt sie ihm den Schraubenschlüssel hin. Sonst würden die Katudjalls damit spielen.
Abisai wirkte überrascht. "Vielen Dank", sagte er und nahm den Schraubenschlüssel wieder entgegen.
Rückwärts entfernte sich die Dämonin wieder von ihm. Es war ihr unangenehm, ihm so nah gewesen zu sein, aber das lag vielleicht daran, dass sie ihn noch nie gesehen hatte.
"Ich würde mich jetzt um die Dinge im Schwimmbad kümmern", erklärte er ihr, als ginge es sie etwas an. "Oder wollt Ihr, dass ich zuerst die anderen Dinge mache?"
„I-Ich weiß nicht? Ich bin nur Gast hier", kam es hastig von Saori. Was sollte sie sonst sagen? Ein Dämon, der vor einer Frau geflohen war, weil diese anscheinend die Gefühle nicht unter Kontrolle halten konnte? „Zephyr und ihr Bruder sind bestimmt draußen. Sie werden vielleicht wissen, was Ihr tun sollt."
Abisai hob eine Augenbraue. "Meister Aaron hat mich gebeten beim reparieren auf Eure Bedürfnisse acht zu geben", erklärte der Handwerker ihr.
„Was? Ihr müsst Euch irren. Ich kenne mich hier nicht aus und habe keine Ahnung von irgendwelchen Reparaturen. Er meinte gestern, dass Ihr vorbei kommen würdet", entgegnete Saori ihm. Sie wirkte verwirrt und auch entgeistert. Warum sollte der Handwerker auf ihre Bedürfnisse acht geben?
Abisai machte eine wegwerfende Handbewegung. "Es geht darum, Euch nicht zu stören. Wenn Ihr also eine morgendliche Runde im Schwimmbad drehen wollt, werde ich an einem anderen Ort arbeiten", erklärte er ihr.
„Oh, ich verstehe", erwiderte sie erleichtert. Da hatte sie etwas falsch verstanden. Erleichtert atmete sie aus und dachte einen Moment nach. „Ja ich würde gerne schwimmen. Wie spät ist es eigentlich?" Davon hatte sie gar keine Ahnung. Nur wusste sie, dass es nicht mehr Morgen war, da die Sonne bereits zu weit im Westen stand.
"Die Sonne geht in wenigen Stunden schon wieder unter", informierte Abisai sie und musterte ihren Aufzug. Jedoch war er schlau genug, nichts zu sagen. Kaum jemand hatte den Luxus so lange zu schlafen.
Dabei wusste er gar nicht, wann sie eigentlich ins Bett gegangen war. Es ging Abisai auch nichts an. „So spät schon? Dann gehe ich die Katzen suchen und an den See. Somit werde ich Euch nicht stören. Verzeiht, dass ich Euch erschreckt habe", bat sie um Verzeihung, wobei sie sich bereits zurück ins Schlafzimmer zog.
Abisai nickte, auch wenn sie es nicht mehr sehen konnte. "Dann werde ich jetzt in der Schwimmhalle weiter machen."
Der Mann war ihr unheimlich! Saori war froh, als sie die Tür hinter sich schloss. Zuerst ging sie ins Badezimmer, um sich zu waschen, bevor sie sich ein leichtes Kleid aus dem Schrank holte.
Dieses war in zwei Teile geteilt. Ein Oberteil, welches ihre Schultern freiließ, aber nicht rutschen konnte, weil es durch dünne Träger gehalten wurde. Der Rock begann knapp unter dem Bauchnabel und hörte über den Knien auf. Beides war in Hellblau gehalten. Zudem besaß es den gleichen Transparenten Stoff, der sie vor Sonnenbrand schützen sollte.
Sobald sie ihre Stiefel angezogen hatte, machte sich Saori auf den Weg durch den Palast, um die Katzen zu suchen. Diese waren spurlos verschwunden. Wahrscheinlich waren sie draußen und spielten.
Deshalb beschloss Saori, sich ein Eis mitzunehmen. Neben den Malsachen, die sie bereits in der Hand hatte. Der See gab ihr wunderschöne Inspirationen zum Malen.
Gerade eben nahm sie sich eins heraus, als sie kurz überlegte. Die Malsachen legte sie auf den Tisch und nahm ein zweites, um dieses Abisai zu bringen. Er war unheimlich und seltsam. Dennoch verdiente auch er es, eine Pause zu machen und etwas zu essen.
"Ich spüre deinen wachen Geist", erklang Aarons besorgte Stimme. Scheinbar wunderte er sich, weil sie nicht mehr schlief. "Ist alles in Ordnung?"
„Ja, ich denke schon", beantwortete Saori gedanklich die Frage. Wie konnte er das überhaupt spüren, wenn er so weit entfernt war?
Die Dämonin mit dem silbernen Haar fügte hinzu, dass sie gerade auf dem Weg zu Abisai war, um ihm Eis zu geben. „Danach möchte ich zum See, um zu malen", fügte sie hinzu und fragte Aaron, wie es ihm ging und wie sein Arbeitstag sei.
Er erklärte, dass er genervt war und gerade eine kurze Pause machte. Das hatte er schon oft getan und dabei immer nach ihrem Geist gespürt. Die Male davor hatte sie jedoch geschlafen.
„Lasst Euch nicht stressen. Sonst bekommt Ihr noch mehr Falten, als Ihr schon habt", bemerkte Saori neckend. Gleichzeitig öffnete sie die Tür zur Schwimmhalle und sah sich nach Abisai um, ob er noch hier war.
Sie entdeckte ihn, wie er gerade zwischen einigen Blumen ein paar Steine zurecht rückte.
"Ich bekomme keine Falten", lachte Aaron, der es wirklich genoss mit ihr zu sprechen.
„Ihr habt schon welche. An der Stirn", kommentierte die Dämonin und trat auf den Handwerker zu.
„Entschuldigt die Störung, ich habe Euch ein Eis mitgebracht", sagte Saori verlegen zu Abisai.
Dieser sprang überrascht und erschrocken auf. Fast so, als fühlte er sich ertappt. "Wie, was?", fragte er und blickte dann mit großen Augen auf Saori.
Die Dämonin reagierte nicht minder erschrocken und sprang zurück. Diese Reaktion hatte sie nicht erwartet. Mit ihrer Tollpatschigkeit schaffte sie es, bei dem Sprung zu nahe an den Rand des Beckens zu kommen und rutschte aus. Zusammen mit dem Eis fiel sie in das Wasser, wobei es ein lautes Geräusch erzeugte.
Abisai starrte sie mit großen Augen an und für einen kurzen Moment huschte ein Lächeln über sein Gesicht, bevor er an den Rand kam und ihr hilfsbereit eine Hand hinhielt. "Entschuldigt", sagte er demütig. "Ich war nur so über Eure Anwesenheit überrascht."
Prustend hob Saori die zwei Eis nach oben, denn die mussten nicht unbedingt ins Wasser. Anstatt seine Hand zu nehmen, hielt sie ihm das Eis wortlos hin, damit sie sich selbst hochziehen konnte. „Schon in Ordnung. Ich wollte Euch nicht erschrecken."
Abisai nahm ihr nicht nur das eine, sondern auch das andere Eis ab, damit sie sich hochziehen konnte.
Völlig durchnässt zog sie sich schließlich hoch und sah Abisai einen Moment lang an. „Was war hier denn kaputt? Bis jetzt habe ich noch nichts gesehen", fragte sie vorsichtig.
"Unter den Steinen sind magische Steine versteckt, welche die Wassertemperatur regeln", erklärte er ihr. "Die Becken sollen eigentlich komplett herunterkühlbar sein, doch bisher geht es noch nicht", sagte er weiter und gab ihr das Eis zurück, bedankte sich aber auch für seines.
Dankbar nickend nahm sie es an und steckte es sich für einen Moment in den Mund, um sich von dem Schreck zu erholen. Dabei dachte sie auch nach. Nach kurzer Zeit nahm Saori das Eis aus dem Mund und sah nachdenklich auf das Wasser. „Seltsam, es hat sich immer sehr kühl angefühlt. Für meinen Geschmack zwar noch zu warm, aber es war kühl genug, um lange darin auszuharren", meinte sie nachdenklich und schleckte andächtig ihr Eis.
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