Kapitel 56
Kapitel 56
Aaron, der bemerkte, dass sie ein paar Probleme mit den Saft an den Händen hatte, gab ihr Zeit sich sauber zu machen und umzuziehen. Er selbst würde draußen auf der Bank neben dem Eingang auf die warten.
Nach ungefähr zehn Minuten kam Saori frisch umgezogen nach draußen. Aaron ließ sich anscheinend sonnen, weshalb sie lächeln musste. Er sah in dem Moment so entspannt und friedlich aus. Nicht wie ein eigentlicher Krieger und Herrscher.
Die Vögel und andere Tiere vollendeten die schöne Natur mit ihren einzigartigen Geräuschen, denen man zu jederzeit zuhören konnte. Sie selbst mochte es sehr, zuzuhören. Wäre da nicht die heisse Sonne, die unbarmherzig vom Himmel schien. Bis jetzt hatte es nicht einen Tag gegeben, an denen es geregnet hatte. Ob es hier das überhaupt gab?
„Geht es Euch gut?", fragte Saori den Engel.
Dieser öffnete die Augen und schenkte ihr ein Lächeln. "Ja, der Tag mit dir ist wunderbar entspannend."
„Lasst uns gehen. Die Sonne ist unerträglich", bat sie ihn und hielt Aaron die Hand als Aufforderung hin.
Dieser nahm sie an, zog aber nicht an ihr, sondern erhob sich ohne Hilfe. "Lass uns um den See herumgehen", meinte er und reichte ihr den Arm, dass sie sich einhaken konnte. Dann hob er den Flügel, so dass dieser sie vor der Sonne schützte.
„Regnet es hier eigentlich nicht?", wollte sie wissen und fühlte sich sofort besser, als sie die Kühle seines Flügels spürte. Wie ein Sonnenschirm, der einen vor Sonnenbrand schützte.
"Hier regnet es selten, auf der Hauptinsel gar nicht", erklärte er ihr und gab ihr einen sanften Kuss auf die Haare.
„Schade ... Regen fühlt sich so schön auf der Haut an", fand Saori und lächelte bei dem Kuss. Sie schmiegte sich an Aarons Arm und fühlte sich glücklich.
"Wenn du das gern möchtest, können wir auch wohin fliegen, wo es sehr viel regnet", schlug er ihr vor. Er wollte ihr zeigen, dass sie auf dieser Insel nicht gefangen war.
„Nein, es ist schon in Ordnung. Sollte es hier irgendwann mal regnen, werde ich es genießen. Es ist schön zu sehen, wie die Natur nach einem Regen wieder erwacht und glänzt", erwiderte sie.
Saori hatte Angst, wo anders hin zu gehen. Dorthin, wo sie noch nie und alles unbekannt war. Deshalb war ihr auch der Umzug hierher so schwer gefallen. Das war auch ein Grund, warum sie niemals auf den Markt gehen würde, um mit Aaron Beeren zu kaufen. So schade es auch war.
"Nicht einmal für eine paar Stunden?", fragte Aaron überrascht. "Möchtest du die Dinge nicht sehen?"
„Möchten schon ... aber ich kann nicht. Es tut mir leid", stammelte die Dämonin verlegen. Ein Unbehagen wuchs in ihr, da sie wusste, dass sie viel zu ängstlich war. Aber sie konnte einfach nicht aus ihrer Haut heraus. Alles Unbekannte und Neue bereiteten ihr Panik.
Aaron griff nach ihrer Hand und küsste diese. "Ich wäre bei dir", versicherte er ihr.
„Ich weiß. Aber ... ich möchte nicht. Danke für das Angebot", versuchte sie zu lächeln. Allein der Gedanke daran, plötzlich woanders zu sein, bescherte ihr Übelkeit.
Aaron streichelte sanft ihre Hand. "Was macht dir daran solche Angst? Dass die Umgebung unbekannt ist, oder dass du allein sein könntest?"
Saori ließ sich Zeit mit der Antwort, denn sie beobachtete die Vögel und Bajing, das Eichhörnchen, welches von Baum zu Baum sprang. „Unbekannte Umgebung bedeutet großes Risiko. Man kann angegriffen werden, entführt werden oder man verletzt sich schwer, dass man stirbt. Und ich möchte Euch nicht in unnötige und weitere Gefahren bringen", sagte sie schließlich langsam.
"Ich verstehe", murmelte er nachdenklich. "Aber für mich sind die meisten Dinge nicht unbekannt."
„Vielleicht ... aber wisst Ihr, ob nicht zufällig Ethan oder ... sogar Tabitha irgendwo auftauchen und etwas tun werden?", flüsterte sie leise. Das war das, was ihr am meisten Angst machte. Ethan allein war beängstigend gewesen, dass er Aaron so verletzt hatte. Aber was, wenn er in einem unbedachten Moment auftauchte und angriff?
Aaron wirkte nachdenklich. "Das kann ich wirklich nicht ausschließen", gab er ein wenig widerwillig zu.
Langsam nickte sie. Deshalb wollte sie auch nirgends hin. Es war einfach zu gefährlich. Für Aaron und für sie.
"Ich verstehe", murmelte er schließlich und zeigte Saori einen Strauch, an dem rötliche Beeren hingen, die man essen konnte.
Es waren keine Erdbeeren, das sah sie sofort. Die Früchte waren kleiner und dunkler. Dennoch sahen sie sehr lecker aus. „Sind das Himbeeren?", fragte sie ihn. Sie kamen ihr bekannt vor. Wahrscheinlich hatte Saori diese bereits bei Süßspeisen gesehen.
"Ja", nickte der Engel und pflügte ein paar davon. Einige aß er selbst, die anderen reichte er Saori.
Genüsslich ließ die Dämonin sie auf der Zunge vergehen. Langsam aß sie diese mit viel Respekt, denn sicherlich war es schwer, diese hier zu züchten.
Dabei sah sie nachdenklich aus. Durch ihre Angst blieb ihr sehr vieles verwehrt. Viele schöne Dinge, die Aaron ihr zeigen wollte. Die sie jedoch niemals zu sehen bekommen würde, da es jederzeit zu einem Angriff kommen konnte. Und das Leben von Aaron konnte und wollte sie nicht riskieren. Es war ihr egal, ob sie verletzt werden würde.
Saori war sich bewusst, dass sie dadurch vieles verpasste. Aber wenn es zum Wohl der anderen war, fand sie das in Ordnung. Da sie viele Dinge nicht kannte, konnte sie ihnen auch nicht hinterher trauern oder sie missen.
Außer Regen. Den hatte es manchmal dort gegeben, wo sie gelebt hatte. Nicht in den Tunneln selbst, sondern an der Oberfläche. Jedes Mal war sie draußen gestanden und hatte das Gesicht zum Himmel gestreckt, um sich die Tropfen auf das Gesicht rieseln zu lassen.
Manchmal waren es ganz kleine, sanfte gewesen. Manchmal große, die sich wie Schläge angefühlt hatten. Und trotzdem war es immer ein schönes Gefühl gewesen, wenn das Wasser am Körper heruntergelaufen war. So beruhigend und rein. Regen, der neues Leben mit sich bringt. Einer, den die Pflanzen zum Leben brauchten.
"Schmecken sie dir?", riss Aaron sie fragend aus ihren Gedanken und hielt ihr noch ein paar Beeren hin.
„Ja, sie sind säuerlich und süß zugleich. Eine interessante Mischung", gab sie lächelnd zur Antwort. Sie war erschrocken, als er gesprochen hatte. Erinnerungen hatten sie festgehalten. Schöne, die jedoch auch einen bitteren Beigeschmack hatten.
"Und was ist es dann, das dich bedrückt?", fragte er, weil er ihre Gefühle deutlich spüren konnte.
Seufzend ließ sich Saori im Gras neben dem Weg nieder und legte die Beeren in die Hand, welche sie nacheinander in den Mund schob. Erst dann begann sie Aaron zu sagen, was sie bedrückte.
Dass es sie leicht ärgerte, dass sie ein Feigling war. Dadurch blieb ihr so vieles verwehrt. Dass sie aber auch nicht in der Lage war und es gar nicht wollte, Aarons Leben für ihren Spass zu riskieren. Das würde sie niemals übers Herz bringen.
Sie erzählte ihm auch von den Erinnerungen, die sie gehabt hatte. Wie der Regen sich angefühlt hatte.
Aaron legte sich zu ihr und begann ihre Flügel zu streicheln. "Du riskierst mein Leben nicht", versicherte er ihr. "Es ist ja nicht so, als würdest du mich mitten in einen Kampf schleppen."
„Doch genau so ist es. Ich bin bei Euch. Das macht Euch zur Zielscheibe. Ethan darf Eure Insel nicht mehr betreten. Aber wisst Ihr, ob er Euch nicht bespitzeln lässt und weiß, wo Ihr seid und nur eine Gelegenheit abwartet, Euch zu schaden und mich zu schnappen?", kamen die vielen Fragen über die Lippen.
Da sie saß, sah sie zu Aaron herunter, während sie sprach. Saori war sowieso nicht gern unter vielen Leuten und unbekannte Orte hatten ihr schon immer Angst gemacht.
"Wenn du danach gehst, dürfte ich nirgendwo mehr hin gehen, ohne Gefahr zu laufen, dass mich irgendjemand, der mich nicht mag, in einen Hinterhalt lockt", erklärte er und seufzte. "Und das wäre ein sehr langweiliges Leben. Immer nur versteckt sein und alles verpassen."
Leicht zuckte sie die Schultern. „So ist es für mich. Allerdings kann ich nicht viel nachtrauern oder vermissen. Wenn ich etwas nicht kenne, meine ich", erwiderte Saori und seufzte. „Und ich mache mir immer Sorgen um Euch, wenn Ihr nicht da seid", gestand die Dämonin kurz darauf.
Aaron streichelte ihre Flügel weiter. "Ich verstehe. Trotzdem ist es gut, manchmal über seinen Schatten zu springen."
„Mag sein. Aber ich bin mit dem zufrieden, was ich habe. Das macht mich schon glücklich." Es waren ehrliche Worte von ihr. Sie hatte auch gar nicht vor, noch mehr zu erleben, wenn es nicht sein musste. Das würde ihr Körper wohl auch nicht mitmachen.
"Und du glaubst nicht, dass du vielleicht etwas verpasst?", wollte er wissen und betrachtete sie neugierig.
„Und wenn schon", meinte sie abwinkend. So schlimm war das gewiss nicht.
"Würdest du mir zuliebe vielleicht das ein oder andere ausprobieren?", fragte er sie neugierig.
Das wusste sie selbst nicht. Wenn sie etwas ausprobieren würde, bedeutete das gleichzeitig, dass sie sein Leben riskierte. „Was denn zum Beispiel?", fragte sie ihn.
"Ein kurzer Ausflug zu einer unbewohnten Insel in der Nähe", sagte er leise. "Oder ein Besuch auf dem Markt, weil ich nicht mehr ohne dich dorthin gehen werde. Zu weit weg."
Heftig schüttelte Saori den Kopf. „Dann müsstet Ihr mich schon mit Eurem Staub zum Schlafen zwingen, wenn Ihr das wollt. Freiwillig werde ich nicht gehen", erwiderte sie. Obwohl er es nur ausgesprochen hatte, kroch in ihr bereits eine Panik hoch. Beides gefiel ihr nicht. Die Angst, erkannt zu werden, war hoch, denn die Zeichen, woher sie kam, ließen sich nicht verstecken.
"Du hast Angst, dass dir etwas passieren könnte", stellte er fest und wirkte nachdenklich.
„Und Euch ...", hauchte sie leise. Das war sogar die größere Angst, die sie hatte.
Aaron hielt nicht darin inne, sie zu streicheln. "Du solltest dir wirklich nicht so viele Gedanken machen. Ein einfacher Ausflug ist harmlos", versicherte er ihr.
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