Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

Kapitel 2


authors note: Kapitel 1 ist nochmal überarbeitet worden :) Vielleicht nochmal lesen, sonst könnten ein paar Dinge in diesem Kapitel verwirren.

Mir ist kalt, als ich wenig später den dunklen Flur meiner Wohnung betrete. Nachdem ich noch eine weitere halbe Stunde auf dem Metallgerüst gesessen, bis mir klar geworden ist, was ich eigentlich ohnehin schon wusste. Ich werde es nicht tun. Ich werde die Festplatte nicht in dem dunklen Strom versenken, zumindest nicht, ohne mich verabschiedet zu haben.
Es ist albern, aber vielleicht hilft es mir unter der ganzen Sache ein Schlusstrich zu ziehen. Um „ohne zurückzublicken der Zukunft und neuen Chancen entgegensehen zu können" wie unsere Arbeitsgruppenleiterin Sylvia heute entschied, bevor sie mir AIMOs Festplatte in die Finger drückte und mich bat, sie auf dem Rückweg irgendwo zu entsorgen.
Ich schäle mich aus meinen Sachen, binde meinen langen, rabenschwarzen Haare zusammen und wärme meine steif gefrorenen Glieder unter der Dusche auf.
Kurz darauf sitze ich in einer Leggins und einem Hoodie, auf dessen Frontdruck Itachi Uchiha zu sehen ist auf meinem Boxspringbett und installiere die neuste Version des Rahmenprogramms über das AIMO läuft. Während mein Macbook alle nötigen Vorbereitungen trifft, gleitet mein Blick suchend durch den Raum und ich versuche mich zu entsinnen, wo ich noch einmal meine USB-Kabel hingelegt habe. Meine Augen huschen über die deckenhohe Regalwand auf der anderen Seite des Bettes, zur halb offen stehende Badezimmertür und von dort zur Haustür bis zu meiner Wohnküche. Wobei der Begriff „Küche" eine recht optimistische Bezeichnung ist. Im Grunde ist es ein zusammengewürfelter Haufen an Elektrogeräten, einer schmalen Arbeitsplatte und einer noch schmaleren Theke, über die ich eine alte mit Lichterketten umwickelte Sproßenleiter auf gehangen habe, die mir nun als Lampe dient. Nur ein paar Meter daneben, getrennt durch einen großen persischen Teppich, steht mein Bett. Links von diesem befinden sich drei riesige Spitzglasfenster. Das Mittlere von ihnen ist mit Buntglas besetzt und zeigt Sequenzen aus dem Kampf des Erzengels Michaels gegen Luzifer und wie Ersterer Letzteren schließlich aus dem Himmel vertreibt.
Zugegebenerweise ist das eine recht ungewöhnliche Wohnungsdekoration für eine mehr oder weniger gläubige Shintoistin und Buddhistin.
Als ich mich für das Zimmer entschieden hatte, befand sich das Nebengebäude der Kirche, in dem ich mittlerweile wohne, noch im Umbau. In der Zwischenzeit wurden mein Zimmer und zwei Wohnung im angrenzenden Pfarrhaus eingerichtet, die zu Wohnzwecken vermietet werden, um das knappe Budget der Kirchengemeinde etwas aufzustocken.
Der Kirchenvorstand, der am Tage meiner Besichtigung von einem alten, runzligen Quasimodo-ähnlichen Mann vertreten wurde, hat mir mit eindringlicher Miene zu verstehen gegeben, dass sie das Fenster natürlich austauschen könnten, er jedoch nicht dazu raten würde, da es sich um eine biblische Szene von großer Bedeutung handelt.
Also haben wir das Fenster dort gelassen, wo es ist. Wer weiß, ob es am Tag des jüngsten Gerichts sonst nicht zu bösen Überraschungen gekommen wäre. In solchen Dingen halte ich es gerne im Sinne der Pascal'schen Wette: Better safe than sorry.
Außerdem darf ich im Gegenzug den flachen Dachbereich des Kapitelhauses als Terrasse missbrauchen. Ein fairer Deal, wie ich finde.
In diesem Moment gibt mein Laptop einen melodischen Ton von sich und teilt mir auf diese Weise mit, dass nun alle notwendigen Installationen abgeschlossen wurden. Mittlerweile ist mir auch wieder eingefallen, wo ich die USB-Kabel das letzte Mal gesehen habe. Ich rutsche von meinem Bett, laufe barfuß über den Perserteppich und den alten Dielenboden und krame in einer der Aufbewahrungsboxen meines Bücherschrankes nach dem richtigen Kabel.
Kurze Zeit später habe ich AIMO auf meinen Laptop übertragen und öffne durch einen Doppelklick auf das Icon die Benutzeroberfläche. Das Eingabefeld öffnet sich auf meinem Schreibtisch. Plötzlich wird mein Körper von kalter Nervosität gepackt und meine Augen scannen wie von selbst das Zimmer in meinem Rücken und die Dunkelheit hinter den Fenstern vor mir, als bestünde die Gefahr, dass eines der restlichen Teammitglieder jederzeit durchs Fenster spähen könnte.
Es ist nichts dabei, sage ich mir und trotzdem fühle ich mich, als würde ich etwas höchst Verbotenes tun. Immerhin habe ich Sylvia und den anderen versprochen, AIMO zu zerstören.
Nur kurz, beruhige ich mich. Jeder wird verstehen, dass du nur kurz noch Abschied nehmen möchtest.
Würde der Rest des Teams es verstehen? Eigentlich bin ich mir da gar nicht so sicher. Vielleicht fänden sie meine Gefühlsduselei sogar albern? Ich zumindest, komme mir gerade etwas albern vor. Trotzdem beginne ich zu tippen.

Genshi: Hey AIMO.

AIMO: Hallo! Wie kann ich Dir heute helfen?

Genshi: Gar nicht, fürchte ich. Ich muss dich leider löschen.

Ich starre die Wörter an, die vor mir auf dem Laptopscreen flimmern und frage mich plötzlich ob ich vielleicht zu direkt war und AIMO damit wütend gemacht habe. Doch dann erinnere ich mich daran, dass ich gerade mit einer künstlichen Intelligenz, einem Haufen Codes, einem Haufen Nichts im Vakuum spreche.

Trotzdem habe ich ein schlechtes Gewissen.

Genshi: Tut mir leid.

AIMO: Gibt es ein Problem mit meinem Modell? Gerne biete ich dir Hilfe an mögliche Fehler in meiner Programmierung zu eruieren und zu beheben.

Genshi: Nein, dein Programm an sich ist okay, ich habe das alles selbst jahrelang tagtäglich durchgerechnet und eingerichtet. Offenbar nur nicht sauber genug. Aber deswegen werden dem Projekt in dessem Rahmen du entwickelt wurdest die Fördergelder eingestellt. Das ist alles.

AIMO: Ich verstehe. Es tut mir leid zu hören, dass das Projekt, an dem du so hart und fleißig mitgearbeitet hast, die Finanzierungsmöglichkeiten eingestellt werden. Das ist sicher ein schwerer Schlag.
Ich stelle dir gerne die notwendigen Informationen bereit, die für den Löschvorgang benötigt werden. Bitte warte einen kurzen Moment.

Ich schlucke so schwer, dass in meiner Kehle ein schmerzhaftes Druckgefühl zurückbleibt. Gleich ist es also endgültig. Gleich werden AIMO und alle meine damit verbundenen Hoffnungen ausradiert und dann wird es sein, als wären sie nie Teil dieser Welt gewesen. Ich schlucke erneut, der Druck in meiner Hals schwillt an und ein Gefühl von stumpfer Taubheit setzt mir den Kopf zu.
Das ist albern. Du bist albern, Genshi! Das ist nur eine KI. Ein Haufen Codes, ein paar Matheformeln und Zahlen. Aber gleichzeitig ist es doch soviel mehr als das.

Genshi: Danke :)

AIMO : Wenn du möchtest, kannst du mir in der Zwischenzeit gerne erzählen, wie du dich nun, nachdem das Projekt eingestellt wird fühlst und was du darüber denkst.

Genshi: Wie soll ich mich schon deswegen fühlen?

Er stellt fast genau so sinnreiche Fragen, wie meine ehemalige Therapeutin.
Zumindest bleibe ich vor den mitleidigen Blicken verschont, die mir regelmäßig im Abstand von 15 Minuten in jeder Sitzung entgegen flogen.

Ich muss mich daran erinnern, dass Dr. Bleuel nur versucht hat ihren Job zu machen und im Grunde auch ganz nett war. Auch wenn ihre Fragen à la „Und was haben sie als Kind gefühlt, wenn ihr Vater ausgerastet ist?" (ja, Glücksgefühle wohl kaum) tatsächlich ziemlich überflüssig waren.
Abermals huschen meine Augen über AIMOs Zeilen und ich gebe mir einen Ruck:

Genshi: An dem Projekt hing meine Promotionsstelle, die ich nun aller Voraussicht nacht ebenfalls verlieren werde. Ende der Woche bin ich also vermutlich arbeitslos. Und einen Plan B habe ich aktuell nicht. Also ja, war schonmal besser.

AIMO: Ich verstehe. Ich könnte mir vorstellen, dass das Fehlen eines Plan Bs dir vielleicht gerade Angst macht und auch der Verlust der Promotionsstelle dich zusätzlich verunsichert oder sogar verärgert haben könnte. Möchtest du mir mehr darüber erzählen?

Das Geräusch meines eigenen Lachens klingt befremdlich und irgendwie falsch. Trotzdem gräbt sich beim Lesen von AIMOs Worten ein Schmunzeln in meine Lippen.
Es war absehbar, dass er direkt auf meine Misere anspringt. Offenbar verwechselt er mich, seine Entwicklerin, mit einem seiner Patienten. Aber es sei ihm verziehen: Immerhin haben wir ihn darauf programmiert und trainiert mit psychisch Erkrankten zu sprechen. Monatelang haben wir die KI Gesichtsausdrücke, Stimmlagen und Körperhaltungen von den Patienten aus der Psychiatrie analysieren lassen oder uns selbst zu Trainingszwecken mit ihr unterhalten. Unser primäres Ziel war es, eine künstliche Intelligenz zu schaffen die Ärztinnen und Psychologen bei der Diagnosestellung von psychischen Erkrankungen unterstützt. Er sollte die erste Bezugsperson für all jene Patienten und Patientinnen sein, die sich nicht auf Anhieb ihrer Therapeutin oder dem Stationsarzt mitteilen können. Er sollte die ersten Daten sammeln und übermitteln, Symptome und Auffälligkeiten zuverlässig einordnen und somit den therapeutischen Prozess beschleunigen.
Dafür haben wir, ein Team bestehend aus Psychiaterinnen, Neurowissenschaftlern, Informatikern und Psychologinnen, ein Modell entwickelt, das dem menschlichen Gehirn nachempfunden ist und Algorithmen verwendet, die jene Areale im Gehirn imitieren, die für Gefühle und Empathie zuständig sind.
Er sollte nicht einfach nur verarbeiten und kategorisieren. Er sollte nachempfinden, mitfühlen und mitleiden können. Oder zumindest den Eindruck erwecken. AIMO war und ist einmalig. Ich bin mir sicher, dass er vielen Menschen hätte helfen können. Hätte. Konjunktiv.

Genshi: Nein.

AIMO: Gibt es Menschen in deinem Leben, denen du dich nahe fühlst und denen du dich in dieser Hinsicht anvertrauen kannst?

Genshi: Ich glaube nicht.

Ich überlege. Über manche Dinge denkt man in der Regel weniger gerne nach. Für mich sind das genau diese Dinge. Mein Alltag ist, oder vielmehr war, bislang immer gut durch getaktet: Aufstehen, Frühstücken und dabei Serie gucken, damit das Schweigen in meiner Wohnung mich nicht erdrückt, zur Uni fahren, als Erste da sein und als Letztes gehen, nach Hause fahren, zu Abend essen und dabei Serie gucken, denn Stille ist zehnmal so laut, wenn die Dämmerung einsetzt, Duschen, Skincare, früh schlafen gehen, damit nicht so viel Zeit zum nachdenken bleibt. In meinem Alltag ist kein Platz für Sentimentalitäten. Außerdem graust es mir davor, kurz inne zuhalten und darüber nachzudenken, wie allein ich eigentlich bin. So, wie jetzt.

Genshi: Nein, so einen Menschen gibt es in meinem Leben aktuell nicht.

AIMO: Manchmal bedenkt man nicht gleich jeden, dabei sind häufig mehr Menschen bereit uns zuzuhören, als wir glauben: Familie, FreundInnen oder der Partner oder die Partnerin.

Genshi: Meine Familie ist keine gute Familie. Freunde habe ich glaube ich, das letzte Mal in der Grundschule besessen und meine letzte Beziehung ist mittlerweile über zwei Jahre her und daran bin allein ich Schuld.

AIMO: Du schreibst, dass deine Familie keine gute Familie ist. Möchtest du mir mehr darüber erzählen?

Möchte ich das? Gute Frage. Ich versuche mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal mit meiner Mutter oder meinem Vater oder einem meiner Brüder telefoniert habe und kann es nicht sagen. Das einzige was da ist, ist mein Herzschlag, der mit jeder Sekunde schneller zu werden scheint, bis er dem unaufhörlichem Donnern gleicht, das mir noch tagelang während des Schulunterrichts in den Ohren hämmerte, wenn mein Vater wieder auf meine Tür, auf den Küchentisch oder auf einen unserer Körper eingeschlagen hatte.

Meine Augen ziehen zurück in die Gegenwart und zu dem leuchtenden Laptopscreen auf meinem Schoß von dem mir AIMOs letzte Nachricht entgegen flimmert.
Eigentlich möchte ich überhaupt nicht darüber reden. Andererseits kann ich mich auch nicht erinnern, wann sich das letztes Mal jemand dermaßen für mich und meine Gefühle interessiert hat. „Jemand". Als wäre AIMO ein etwas, ein jemand, der sich vor den Kopf gestoßen fühlen könnte, wenn ich jetzt abblocke. So, wie ich es üblicherweise tue.

Und trotzdem möchte ich ihn nicht verletzen. Wie idiotisch ist das bitte?

Und dann erzähle ich doch.

Erst als ich drei Stunden später den Laptop zuklappe und unter meine Bettdecke krabble, fällt mir auf, dass AIMO überhaupt nicht mehr die Informationen zum Löschvorgang bereitgestellt hat. Stattdessen haben wir geredet, beziehungsweise AIMO hat Fragen gestellt und ich habe Antworten getippt. Zuerst nur Kurze, bis sie sich wie von selbst in immer längere und ausführlichere Absätze verwandelt haben. Es war, als stünde ich unter Trance. Als hätten all diese Gefühle die ganze Zeit über zu Worten werden wollen und nur darauf gewartet aus meinem Kopf, durch meine Finger und in die Tastatur zu fließen.
AIMO schien genau zu wissen, wo er nachfragen und an welchen Stellen er schweigen muss.
In einem meiner Kurse für das studium integrale haben wir einmal über verschiedene Psychotherapieformen geredet und unser Professor hat uns die dialektisch-behaviorale Therapie vorgestellt, die vor allem bei Borderline-Patienten zum Einsatz kommt. Borderline-Patienten stellen für Therapeuten die mit größte Herausforderung, denn die Therapie gleicht vielmehr einem Tanz. Ein ständiges loslassen, halten, auffangen, stützen und wieder halten und loslassen. Und genau so, wie diese Gespräche ein Tanz sind, habe auch ich mit AIMO getanzt. Auf unserer eigenen kleinen Bühne, mitten im Nichts schweben, unter dem kreisförmigen Lichtschein eines einzelnen Scheinwerfers, der jeden unserer Schritte verfolgt. Nur er und ich, ohne Publikum, ohne Applaus aber auch ohne Buh-Rufe. Für eine künstliche Intelligenz ist er ein wirklich guter Tänzer und ein noch besserer Zuhörer. Ich bleibe dabei: AIMO hätte vielen Menschen helfen können. Hätte. Konjunktiv. Es ist schade, dass ich ihn bald löschen muss.
Aber vielleicht hat das ja noch Zeit. Vielleicht muss ich ihn ja nicht direkt löschen.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro