Kapitel 4
Lange habe ich euch warten lassen aber nach dem fiesen Cliffhanger im letzten Kapitel geht es jetzt endlich weiter. 🥳
Mara
"Das kann doch wirklich nicht sein, dass die uns hier über Stunden einsperren, uns nicht sagen was zur Hölle da eigentlich passiert ist, wie es David uns Nico geht und was jetzt passiert!" Erneut war es Joshua Kimmich, dem nach einer gefühlten Ewigkeit des Wartens, erneut der Kragen platzte. Und obwohl ich mich selbst eigentlich wirklich als äußerst geduldig bezeichnen würde, konnte und wollte ich mir gar nicht vorstellen, wie es sich für die Anderen hier in diesem Moment anfühlen musste, komplett im unklaren gelassen zu werden. Sie wussten nicht, wie es ihren Mitspielern ging, die für einige hier wahrscheinlich sogar Freunde waren und sie waren gerade nur ganz knapp etwas entkommen, was von einem schrecklichen Unfall, bis hin zu einem gezielten Anschlag auf ihr Leben eigentlich Alles sein konnte.
Da war es fast noch bewundernswert, wie ruhig die meisten von ihnen die Situation einfach so hinnahmen. Wobei ich natürlich auch wusste, dass zumindest bei manchen von ihnen später sicher auch noch der Schock einsetzen würde. Immerhin gab es wohl kaum jemanden, an dem es spurlos vorbei ging mitansehen zu müssen, wie Menschen starben und Freunde und Kollegen schwer verletzt wurden. Vielleicht war es also alleine deshalb schon nicht ganz verkehrt, dass ich mich hatte überreden lassen noch zu bleiben. Schließlich wusste ich durch meinen Job, wie man mit Menschen umging, die unter Schock standen. Vorausgesetzt ich wäre nicht selbst diejenige, die es erwischte, denn auch ich hatte noch das Gefühl, dass das ganze noch nicht wirklich bei mir angekommen war, sondern viel eher wie eine immer dunkler werdende Regenwolke über mir schwebte und nur darauf wartete bald ungebremst auf mich herab zu stürzen.
"Ich fasse es nicht... schaut euch das an!" Florian Wirtz tauchte wie aus dem Nichts an unserem Tisch auf und noch ehe ich mich versah, lag sein Handy in der Mitte von diesem und zeigte mir Bilder, die ich niemals wieder vergessen würde. Gaffer (oder wie selbst sich wahrscheinlich nennebne würden. "Fans") hatten die Szene vorhin gefilmt und das ganze war auf unerklärliche Weise tatsächlich komplett ungefiltert irgendwo im Internet gelandet. Ich musste den Blick abwenden, denn ansonsten wäre mir wahrscheinlich schlecht geworden. Nicht aufgrund der Verletzten, die zu sehen waren, eher einfach aufgrund der Tatsache, dass es wirklich Menschen gab, die einen solchen Moment filmten und danach ins Netz stellten! Alleine der Ton genügte um zu wissen, dass man auch dann nicht aufgehört hatte die Kamera drauf zu halten, als klar gewesen war, dass dort gerade Menschen gestorben und schwer verletz worden waren und so sah ich, als ich doch noch einmal auf den kleinen Bildschirm blickte mich selbst inmitten all dieses Chaos hocken und auf den verletzten Nico Schlotterbeck einreden. Jetzt war mir endgültig schlecht und ich war schon kurz davor aufzuspringen und mich in Richtung Toiletten zu flüchten, als sich unvermittelt eine Hand auf meinen Arm legte un diesen beruhigend drückte. Ich blickte auf und direkt in das Gesicht von Emre, der anders als die meisten seiner Kollegen kein allzu großes Interesse an dem Video gehabt zu haben schien, sondern stattdessen sein eigenes Handy in der Hand hielt. "Eine Freundin von Nico hat mir geschrieben, dass sie bei ihm im Krankenhaus ist. Er hat scheinbar fast direkt nach dir gefragt. Verrat es den anderen Jungs nicht, aber wir können hinfahren, wenn du möchtest." Sprachlos sah ich zu ihm hoch. Nach mir? Warum sollte er nach mir gefragt haben? Okay, zugegebenermaßen war es nicht ganz ungewöhnlich, dass Patienten das hin und wieder taten, weil sie sich bedanken wollten aber so wie es vorhin ausgesehen hatte, war Nico nicht unbedingt in der körperlichen Verfassung, dass sein erster Gedanke dem Dank an die Rettungssanitäterin außer Dienst gelten sollte, die eigentlich nur mehr oder weniger untätig neben ihm gehockt hatte, während er die wahrscheinlich schlimmsten Schmerzen seines Lebens gehabt hatte.
Außerdem war es unter uns Notfallhelfern eigentlich ein ungeschriebenes Gesetz, dass wir uns nach Einsätzen nicht weiter nach der Genesung unserer Patienten erkundigten. Es half irgendwie ein wenig Distanz zu wahren und nicht all die Geschichten und Schicksale nach Feierabend mit Nachhause zu schleppen. Trotzdem war es dieses Mal irgendwie anders. Ich war nicht im Einsatz gewesen und er somit streng genommen auch nicht mein Patient. Außerdem würde ich bei jemandem der so sehr in der Öffentlichkeit stand und der noch dazu durch einen solchen Zwischenfall verletz worden war, ohnehin zwangsläufig durch die Medien erfahren wie es ihm ging. Dann konnte ich mein Gewissen also auch direkt beruhigen und hinfahren. Außerdem kam ich dann wenigstens aus dieser skurrilen Situation hier heraus und hätte danach hoffentlich eine Möglichkeit mich irgendwo in ein Hotel zu flüchten und dann morgen wieder nachhause zu fahren.
Und irgendwie war da auch ein kleiner Teil in mir, der einfach nur neugierig war. Ich wollte wissen, wie es ihm und auch seinem Kollegen ging und vielleicht wollte ich vor allem wissen, warum er tatsächlich direkt nach mir gefragt hatte.
Deshalb nickte ich also nach einem Moment des Zögerns und Emre gab mir daraufhin mit einer Geste zu verstehen, dass ich ihm folgen sollte und so nutzte ich die Aufruhr um das Video, welches auch mir immer noch nicht aus dem Kopf gehen wollte, und folgte ihm aus dem Raum und dann einem Mitarbeiter hinterher durch irgendwelche für Gäste eigentlich nicht zugängliche Flure. Raus kamen wir schließlich im Hinterhof des Hotels, zwischen Lieferwägen, Mülltonnen und leeren Wäschewagen. Irgendwo dazwischen stand eine schwarze S-Klasse, die hier völlig fehl am Platz wirkte, die Emre jedoch ohne umschweife ansteuerte. Er hielt mir die Tür auf und nahm dann nach mir auf der Rückbank platz.
Während der Fahrer uns problemlos an all den Polizei- und Feuerwehrautos, welche noch immer überall in der Nähe standen, vorbei fuhr, hatte ich das erste Mal das Gefühl einen Moment wirklich so richtig Ruhe und Zeit zum klarkommen zu haben. Emre schien es ähnlich zu gehen oder er spürte einfach, dass ich die Ruhe gerade brauchte, denn während der kurzen Fahrt zum Klinikum sprach er nicht ein Wort, sondern blickte genau wie ich nur aus dem Fenster.
Ich fragte mich, was ihm und auch den anderen Spielern gerade durch den Kopf ging. Fragten sie sich, ob man wirklich versucht hatte sie gezielt zu verletzen oder sogar umzubringen? Hatten sie Angst dass das erst der Anfang war und das weitere Versuche folgen würden? Machten sie sich Sorgen um ihre Familien? Verdrängte sie die Gedanken daran und fragten sich, was dieser Vorfall für ihr heute geplantes Spiel und überhaupt für das ganze Turnier bedeutete? Ich hatte keine Ahnung und konnte mich wahrscheinlich auch nicht annähernd in ihre Lage hineinversetzen.
Letztendlich war ich dann doch fast schon froh, als wir am Krankenhaus ankamen, denn meine Gedanken spielten von Minute zu Minute mehr verrückt und ich hoffte, dass gleich unter Menschen zu kommen und Nico zu sehen dieses Gedankenkarussell etwas ausbremsen würde. Vielleicht war ja auch ein Wunder geschehen und es ging ihm ganz gut, sodass ich mir wenigstens um eine Sache ein paar weniger Sorgen machte.
Auch am Krankenhaus hielten wir vor irgendeinem fast etwas suspekt wirkenden Seiteneingang aber wahrscheinlich machte man das einfach so, wenn man eine berühmte Persönlichkeit wie Emre Can durch die Gegend fuhr. Vor allem dann, wenn ein paar Stunden zuvor noch jemand versucht hatte ihn über den Haufen zu fahren.
"Warum hast du eigentlich allen Anderen nichts gesagt? Und warum hast nur du Bescheid bekommen? Bist du gut mit Nico befreundet?" Ich wusste selbst nicht, warum ich kaum das wir auf dem Weg ins Gebäude waren, das Schweigen einfach nicht mehr ertrug. Vermutlich, weil ich mit jedem Schritt nervöser wurde. Doch zum Glück nahm Emre es gelassen, schien sogar selbst etwas froh über die Ablenkung zu sein, die meine Fragen brachte. "Weil Nico wohl darum gebeten hat, dass nicht gleich eine ganze Horde von uns hier aufschlägt. Und eigentlich gibt es schon ein paar in der Mannschaft mit denen er enger ist aber naja...einer von ihnen liegt ja schon hier mit ihm und wahrscheinlich wollte er jemanden, der nicht gleich halb durchdreht, wenn die Nachricht kommt und ich glaube da war ich, ohne mich damit jetzt selbst zu loben, gar nicht so die schlechteste Wahl."
Da ich nicht wirklich wusste, was ich darauf noch sagen sollte, gingen wir das letzte Stück einfach schweigend nebeneinander her. Da eine Pflegerin uns netterweise direkt auf die richtige Station und zum entsprechenden Zimmer führte, fanden wir den Weg durch die verzweigten Gänge zum Glück direkt und kamen schließlich auf einer schicken Privatstation an, wie ich sie zuvor nur aus irgendwelchen schlechten Krankenhausserien kannte. So konnte ein Klinikaufenthalt also auch aussehen, wenn man das nötige Kleingeld hatte...
Vor dem Zimmer verabschiedete sich die Pflegerin und ich stellte etwas überrascht fest, dass vor der Tür tatsächlich zwei Polizisten standen. Noch mehr, was so surreal war, dass es eher wie eine Serie, als die Realität wirkte. Das sie Emre ganz offensichtlich erkannten, schien aber schon auszureichen, damit sie auch meine Berechtigung hier zu sein nicht in Frage stellten und ohne mir noch eine Chance für einen Rückzieher zu lassen, klopfte einer der Beamten kurz und hielt uns dann die Tür auf.
Emre verschwand sofort im Zimmern, ich erlaubte mir aber zumindest noch eine Sekunde, um einmal durchzuatmen und mich für das zu wappnen, was mich erwartete. Dann folgte ich ihm und betete, dass ich das ganze nicht bereuen würde.
Bin ich jetzt böse, weil wir noch nicht erfahren, was mit David ist und wie es denn jetzt wirklich um Nico steht? Man weiß es nicht. 😂 Aber ich hoffe trotzdem sehr, dass euch das Kapitel gefallen hat!
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