Article 3
Energisch klatschte ich die zehn Kartons auf das Lehrerpult. Heute war ich mal spendabel.
,,Gratis-Pizza für alle!", rief ich laut durch den Raum und wandte mich kurz zu Calvin, welcher bloß teilnahmslos in einer Ecke stand. Und obwohl er gerade nix besonderes tat, sah er einfach heiß aus. Er musste sich nicht einmal Mühe geben, es lag dem Schnucki halt im Blut.
Der Lehrer meldete sich zu Wort: ,,America, ich dulde keine-"
,,Pschtt", unterbrach ich ihn abrupt und spuckte ihm wahrscheinlich gleichzeitig ins Gesicht. Alter, er sollte mal ein bisschen lockerer werden, was war denn so schlimm an 'ner Pizza?
,,Sehen sie diese Pizza?", ich klappte einen der Kartons verführerisch auf.
Er nickte wie ferngesteuert und starrte hypnotisiert auf das Essen. Ich wusste, er wollte es doch auch.
,,Das hier", ich hielt ihm die Pizza unter die Nase, damit er den Geruch inhalieren konnte: ,,Ist eine saftige und äußerst schmackhafte Salamipizza. Möchten sie ein Stück haben?"
Man konnte ihm ansehen, wie sehr dieser Karton ihn verführte. In einem zwecklosen Widerstandsversuch fuhr er sich über die trockenen Lippen und schluckte dann.
,,Ich- Meine Frau hat mich auf Diät gesetzt..", stotterte er unsicher.
War das sein Ernst? Er hatte Schiss vor seiner Frau?
Ich warf einen kurzen Blick hinunter auf seinen Bierbauch. Na ja, ihre Entscheidung konnte ich immerhin verstehen.
,,Sie wollen ein Stück. Na, los!", bestimmte ich und wackelte verlockend mit dem Karton. So schwer war es doch nicht.
,,Aber meine Frau-", begann er äußerst jämmerlich.
,,..Wird nie erfahren, dass Sie mit ihrer Klasse Pizza gegessen haben. Wieso sollte sie auch?", unterbrach ich ihn süffisant grinsend. Ich brauchte wohl nicht zu erwähnen, dass sie es sehr wohl erfahren würde, oder? Mein Grinsen wurde noch breiter. Immerhin war ich total für ausnahmslose Ehrlichkeit in einer Beziehung.
Letztendlich gab er auf und riss mir gierig den Pizzakarton aus der Hand. Er konnte sich ja mal bedanken, das war immerhin mein Geld!
Beinahe hätte ich ihn fertig gemacht, aber als ich sah, was für ein armer Jammerlappen er war, ließ ich es bleiben. Darauf kam es jetzt auch nicht mehr an. Stattdessen klopfte ich mir imaginär auf die Schulter. Eigenlob war unglaublich wunderbar. Gut gemacht, America.
Zufrieden klatsche ich in die Hände. Schon wieder hatte ich einen Meilenstein in meinem Leben erreicht. Heute war ein toller Tag. Und an tollen Tagen sollte man sich ein neues Auto kaufen.
Oder so ähnlich.
Da fiel mir ein, ich sollte mal wieder shoppen gehen. Unbedingt und sehr ausgiebig. Meinen Kleiderschrank musste ich auch mal weiter ausbauen lassen, immerhin brauchte ich Platz für mein neues Zeug. Ich würde mein ganzes Konto leerräumen.
Eine Gucci Tasche aus der neuen Kollektion würde bestimmt gut neben einem neuen Auto aussehen.
Oder ein Paar Balenciagas wären auch nicht schlecht, ich hatte immerhin noch gar keine. Das wunderte mich wirklich, immerhin war mein Kleiderschrank sonst immer auf dem neuesten Stand. Ach was, wozu machte ich mir es eigentlich so schwer? Ich würde einfach beides kaufen!
,,America?", unterbrach mich ein schüchtern aussehendes Mädchen mit einer Brille und einem feinen Dutt.
Langsam blickte ich in ihre Visage und.. Oh mein Gott. Erschrocken starrte ich ihre mit Bakterien infizierte Haut an. Was fraß sie bitte, dass ihr Gesicht so voller Akne war? Es war auch noch der hartnäckigste Typ Akne!
,,Ähm.. Wieso redest du mit mir?", sprach ich langsam: ,,Weißt du eigentlich, wie scheiße deine Fresse aussieht?.. Fass mich nicht an!!"
Das Mädchen warf mir einen wütenden Blick zu und stürmte dann mit Tränen in den Augen davon. Ups..?
Nein, Spaß. Was interessierte es mich, ob andere Leute weinen? Ich war immerhin keine Psychologin, sondern ein professionelles Model.
,,Was wolltest du von mir?", schrie ich ihr neugierig hinterher, doch sie antwortete nicht mehr. Pff, wie respektlos sie sich mir gegenüber verhielt. Das war echt unglaublich.
Was war bloß mit der Welt von heute los? Ich verstand sie nicht, alle müssten jetzt darum betteln, um mir die Schuhe oder so zu putzen und Einer von meinen Freunden zu werden. So wie auf meiner alten Schule.
Auf dieser Schule hier waren bloß stinkende Sumpftiere unterwegs.
Augenblicklich verzog ich das Gesicht. ,,Du da!", ich zeigte auf einen schmächtigen Jungen in der zweiten Reihe, der als Einziger nicht am Essen war. Er kratzte sich nur an seinen fettigen brustlangen Haaren. Wollte er mich irgendwie beleidigen?
Das war doch ekelhaft.
Nun, er konnte sich ein bisschen dankbarer für mein Präsent zeigen und sich verflucht nochmal nützlich machen.
,,Putz meine Schuhe!", forderte ich ihn deshalb mit strenger Stimme auf.
,,Nein!", meinte er mit leerem Gesichtsausdruck und richtete seinen Blick in weite Ferne. War er irgendwie high?
Gerade näherte ich mich ihm langsam mit einer kleinen Scheere, als eine eiserne Hand meine Finger zusammenquetschte. Ich gab einen Schmerzenslaut von mir und warf Ash einen bitterbösen Blick zu.
Der hob jedoch nur mahnend seine Brauen an und entwendete mir in einer Bewegung die Scheere.
Diese fettigen Haare mussten eliminiert, komplett ausgelöscht, werden!
,,Hey!", ich wollte schon protestieren doch er stieß mich problemlos auf meinen Sitzplatz. Überrumpelt landete ich auf dem Stuhl und verzog die Mundwinkel. So ein Spielverderber.
Da kam mir eine andere Idee..
Die Stimmung in der Klasse war ziemlich ausgelassen und locker, weshalb ich mich dazu entschloss, sie zu stören. Ich mochte es immerhin, im Mittelpunkt zu stehen, auf der Welt gab es nichts schöneres.
,,Wer mir die Schuhe putzt und ordentlich poliert bekommt fünf Riesen", rief ich enthusiastisch in die Gruppe hinein.
Ein Rothaariger löste sich von ihnen und kam zielstrebig auf mich zu. Sommersprossen zierten sein Gesicht und ließen ihn umso frecher wirken.
,,Lust auf eine Runde im Auto?", fragte er mich mit einem dreckigen Grinsen. Boah ne. Nicht mit diesem Penner.
Auf der Stelle gackerte ich los und zeigte mit dem Finger auf ihn, während er mich verständnislos anblickte.
,,Du.. und Ich?", ich stellte die Situation mit meinen Händen dar.
Er nickte grinsend und biss sich verführerisch auf die Unterlippe, nur leider zog das so gar nicht bei mir. Da musste er mir schon mehr zeigen.
,,Mit deinen Klamotten aus der Mülltonne?", lachte ich ungläublich auf. Ja klar, Ma würde mich umbringen.
,,Putz' mir einfach die Schuhe und verpiss dich dann", verlangte ich seufzend von ihm und nahm auf meinem Stuhl platz, wie eine Königin.
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[29.10.19]
Auf der Suche nach Minijobs c:
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