Die Träne einer Meerjungfrau
Die Träne einer Meerjungfrau
Die Nacht war über sie hereingebrochen, als Blackbeard seiner Crew anordnete, das Lager aufzuschlagen. Doch keineswegs hatte der Captain der Queen Annes Revenge eine Verschnaufpause im Sinn, denn Kate erkannte, dass sie eine Art Tümpel erreicht hatten. Philip, der neben ihr stand, teilte ihren skeptischen Blick und Kate hatte keine Scheu, ihre zweifelhaften Gedanken zu offenbaren.
,,Ich hab da ein ganz mieses Gefühl!"
Und dies sollte sich bestätigen, denn Blackbeard leuchtete mit seiner Fackel an einen Pfahl und dort bot sich ihnen ein schauriger Anblick. Denn ein Skelett war mit den Händen an den Pfahl gefesselt und ragte zur Hälfte aus dem Wasser heraus. Und noch ehe Kate eine Schlussfolgerung ziehen konnte, erläuterte Blackbeard sie ihnen.
,,Meerjungfrauen!"
Kate und Philip tauschten einen besorgten Blick und hatten ein und denselben Gedanken: Syrena! Und da wurde die Meerjungfrau auch schon einem Zombie zu einem Pfahl geschleppt, als Blackbeard diesen ermahnte.
,,Vorsicht! Die Tümpel sind tief. Wenn sie entkommt, ist alles verloren. Quartiermeister!"
Genannter trat hervor und zog Syrena kurzer Hand den Stoffbeutel vom Kopf, woraufhin ihr der Blick auf ihre verstorbenen Artgenossen offenbart wurde. Syrena zischte, doch Blackbeard ließ das völlig kalt und er deutete auf die Überreste der Meerjungfrauen.
,,Sieh hin! An einen Pfahl gefesselt, um in der Sonne auszutrocknen. Nur zur Hälfte im Wasser. Nicht genug zum Leben, aber ausreichend, um den Tod möglichst lange hinauszuzögern. Denk nach..deinesgleichen, ermordet wegen ihrer Tränen. Syrena...willst du nicht weinen?"
Kate spannte sich an und sie sah besorgt zu Syrena. Sie wusste, dass Blackbeard vor nichts Halt machen würde, um seine Träne zu bekommen. Doch Syrena blieb stur und sah Blackbeard verachtend an.
,,Auch du wirst sterben und ich hörte, dir bleibt nicht viel Zeit."
,,Hör zu,", fauchte Blackbeard und trat an sie heran. ..hörst du nicht, wie deine Schwestern schreien? Hörst du sie etwa nicht? Wir brauchen nur eine Träne!"
Blackbeard hatte das Kinn von Syrena gepackt und zwang sie somit, ihn anzusehen. Doch Syrena blieb eiskalt und weigerte sich strikt, auch nur eine einzige Träne zu Blackbeards Gunsten zu vergießen. Der Captain schlug sie ins Gesicht und Kate erstarrte, denn sie empfand unendliches Mitgefühl für Syrena.
Am liebsten würde sie Blackbeard den Hals umdrehen, doch da man ihr die Waffen abgenommen hatte, erschwerte dies die Chancen ungemein. Und die Tatsache, dass überall Zombies standen und jederzeit zu ihren Waffen greifen würden, machte die Sache auch nicht gerade besonders aussichtsreich.
,,Wie kann man nur so grausam sein!", zischte Kate leise und Philip nickte kaum merklich.
,,Der Teufel wandelt anscheinend doch auf Erden."
Kate war zwar überrascht, dass so eine direkte Aussage von Philip kam, doch sie konnte sich nicht länger Gedanken darüber machen. Denn Blackbeard entfernte sich von Syrena und die wurde von dem dunkelhäutigen Zombie gepackt.
,,Wertlose Kreatur!", entgegnete Blackbeard und Philip wandte sich an Angelica, die bisweilen geschwiegen hatte.
,,Warum sagt Ihr nichts dazu?"
,,Vielleicht überlegt sie es sich anders...sobald die Sonne aufgeht.", meinte Angelica und sah zu Blackbeard, der zustimmend nickte.
,,Aye! Sie wird verbrennen. Aber ich kann nicht auf die Sonne warten. Vielleicht machen wir doch lieber ein Feuer."
,,Nein!", widersprach Philip und stellte sich Blackbeard in den Weg, doch der Pirat schubste ihn zur Seite.
,,Keine Widerworte, Kleriker!"
,,Ihr werdet sie nicht foltern!", wandte nun auch Kate ein, als Angelica sie eindringlich ansah.
,,Wir brauchen nur eine Träne."
,,Und die wollt ihr durch Gewalt erzwingen?", brachte Kate ungläubig hervor, als Blackbeard ihr einen gelangweilten Blick zuwarf.
,,Ich reiße ihr alle Schuppen einzeln aus, wenn ich es für richtig halte. Wenn Euch oder dem Kleriker das missfällt, dann solltet ihr beide gehen und beten."
,,Ich habe mich geirrt! Man kann nicht jede Seele retten. Jedenfalls nicht Eure!", entgegnete Philip, doch erntete er bloß Gelächter von Blackbeard.
,,Gebt Acht, Gentleman! Ein Mann, der vom Glauben abfällt."
,,Diese wertlose Kreatur, wie Ihr sie nennt, ist mehr wert als hundert von Euch.", platzte es aus Philip heraus.
Er stand nun direkt vor Blackbeard und Kate beobachtete die Situation mit größter Besorgnis. Sie wusste, wozu Blackbeard im Stande war und sie bezweifelte, dass er zögern würde, Philip zu töten, wenn es ihm lieb war. Blackbeard amüsierte sich über die Worte von Philip und sah ihn grinsend an.
,,Oh, sorgt Ihr Euch um sie?", setzte Backbeard an, als ihm die Erkenntnis zu kommen schien und er Philip ungläubig ansah. ,,Ihr habt sie gern. Und leugnet nicht, was ich mit eigenen Augen sehe."
Alle Blick wanderte nun zu Philip, der betreten den Blick von Syrena abgewandt hatte. Kate achtete jedoch nur auf Blackbeard, der ihrer Meinung nach etwas zu erfreut über die neueste Entwicklung zu sein schien, denn er ging geradewegs auf Syrena zu.
,,Die Frage ist...was empfindet sie für Euch?", sagte er und sah Syrena eindringlich an, die sich in eisernes Schweigen hüllte, doch das reichte Blackbeard bereits als Antwort aus. ,,Bei Gott...sie mag Euch! Wir haben Glück! Vergieß eine Träne!", raunte Blackbeard Syrena zu.
Und der Quartiermeister zögerte nicht lange, sondern zückte sein Messer und ging auf Philip zu. Kate ahnte bereits, woraufhin das hinauslief und wollte dazwischen gehen.
,,Nein! Das werdet Ihr nicht!"
Doch sie wurde von einem anderen Zombie kurzer Hand gepackt und zurückgezogen. Blackbeard erhob sich, ging auf sie zu und verpasste Kate einen Schlag ins Gesicht, ehe er sie wutentbrannt ansah.
,,Ihr seid wahrlich eine Schande für die Piraten! Ich sollte Euch gleich mit umbringen, dann müsst Ihr Euch nicht länger den Kopf über die Meerjungfrau und unseren ach, so tollen Gottesburschen zerbrechen."
,,Ihr habt gesagt, Ihr würdet ihr nichts tun, solange Jack und David Euch die Kelche bringen.", zischte Philip, woraufhin Blackbeard ihn schon regelrecht genervt ansah.
,,Seid versichert, die beiden werden mir die Kelche bringen. Und dann werde ich Master Avery und diese vorlaute Göre hier angemessen entlohnen. Zumindest wird schon einmal Einer von ihnen die Ehre besitzen, mir an der Quelle das Leben zu retten. Und das ist doch ein ehrenhaftes Schicksal will ich meinen."
Kate sah Blackbeard fassungslos an und wollte sich wehren, doch der Zombie ließ sich nicht erweichen. Blackbeard schenkte ihr ein böses Lächeln, ehe er sich von ihr abwandte und auf Philip deutete.
,,Und nun zu Euch! Syrena, eine Träne...oder willst du den Tod dieser armen Seele?", entgegnete er, als Philip von dem Quartiermeister auf die Knie geworfen und gepackt wurde.
Syrena zischte und beäugte den Behälter für die Träne mit einem missbilligenden Blick. Kate sah panisch zu Philip, der dem Quartiermeister machtlos ausgeliefert war und Syrena nun einen bittenden Blick zuwarf.
,,Syrena...wenn du ein Träne übrig hast, wär ich dir sehr dankbar."
Doch Syrena weigerte sich nach wie vor, eine Träne zu vergießen. Blackbeard musterte sie inständig, ehe sich sein Blick verfinsterte.
,,Traurigkeit, ja...aber keine Trauer. Noch nicht!", setzte er an und erhob sich, während er sich Philip zuwandte und ein Messer hob, doch Angelica sah ihn eindringlich an.
,,Nicht durch deine Hand, Vater!"
,,Zeiten und Gezeiten warten nicht. Quartiermeister!"
Genannter kam dem unausgesprochenen Befehl von Blackbeard nach und schnitt Philip kurzer Hand die Kehle durch.
,,NEIN!", rief Kate und sah verzweifelt zu Philip, der zu Boden ging.
Auch Syrena war von Verzweiflung erfüllt, doch sie ließ keine Träne über ihre Wangen laufen. Somit blieb Blackbeard sein Ziel immer noch verwehrt und das ließ den Piraten zornig werden.
,,Oh, aye! Meerjungfrauen sind wahrhaft zäh! Fesselt sie, wie die anderen. Und schafft das hier weg.", sagte er, als er auf den Körper von Philip deutete.
Kate war fassungslos und spürte, wie ihr Tränen über die Wangen liefen. Philip war ein guter Mensch gewesen und hatte niemandem Böses getan. Und doch hatte er sterben müssen, wegen einer Quelle, die nichts als Unglück brachte, obwohl sie sie noch nicht einmal gefunden hatten.
,,Ihr seid ein Monster!", fauchte sie Blackbeard entgegen, der bei Angelica stand.
Die beiden drehten sich um und Blackbeard näherte sich Kate bedrohlich. Sie sah ihn finster an, während sie immer noch von dem Zombie festgehalten wurde und Blackbeard hielt ihr seine Messerspitze an die Kehle.
,,Und Ihr unglaublich leichtsinnig. Vielleicht sollte ich Euch hier und jetzt töten, um Euch den Rest des Weges zu ersparen."
,,Dann werden Jack und David Euch die Kelche niemals aushändigen!", zischte Kate, als Blackbeard triumphierend lächelte.
,,Oh, so schön und doch so naiv! Glaubt Ihr wirklich, dass Jack Sparrow etwas an Euch liegt? Dann seid Ihr noch dümmer, als ich bisher dachte. Euch muss doch klar sein, dass Jack Sparrow Euch im Zweifelsfall ohnehin fallen lassen wird. Ihr seid für ihn nichts mehr als ein Mittel zum Zweck...ein Zeitvertreib, wenn man so sagen will."
,,Ihr kennt Jack doch überhaupt nicht!", knurrte Kate, woraufhin Blackbeard sie vielsagend ansah.
,,Nein...aber ich kenne Piraten. Und die handeln nun einmal aus Egoismus und Gnadenlosigkeit, von Euch und Eurem erbärmlichen Freund Master Avery mal abgesehen. Aber kein Problem, Miss Summers...wir lassen es einfach drauf ankommen. Sobald Jack Sparrow mit den Kelchen zurückkehrt und wir die Quelle erreichen, stelle ich ihn vor die Wahl. Entweder er opfert sein Leben für mich oder Ihr das Eure. Mir ist es vollkommen gleich, wer von Euch für mich sterben wird, aber die Entscheidung von Sparrow dürfte mehr als interessant werden. Wird er sich für Euch opfern...oder Euch sterben lassen, um zu überleben? Ich glaube, wir alle kennen bereits die Antwort darauf!", entgegnete Blackbeard und steckte sein Messer zurück, ehe er sich an den Zombie wandte. ,,Fesselt sie und sorgt dafür, dass sie keinen Ärger mehr macht."
Blackbeard entfernte sich und Kate sah zu Angelica, die sie mit einem Blick ansah, den Kate nicht deuten konnte. Der Zombie zerrte sie mit sich und fesselte kurzer Hand ihre Hände, was Kate nur am Rande wahrnahm. Ihre Gedanken wanderten zu Jack und der Drohung von Blackbeard, was eine ungeklärte Frage in ihr zurückließ, die alles andere in den Schatten stellte: für was würde sich Jack entscheiden?
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