Der Austausch

Der nächste Tag brach an und alle Piraten hatten sich hinter der Black Pearl versammelt. Heute würden sie gemeinsam gegen Lord Beckett und Davy Jones in den Kampf ziehen und es war ungewiss, ob sie es überleben würden.

Kate, David und Mila waren an Bord der Pearl und hatten sich für die bevorstehende Schlacht gewappnet, der sie mit gemischten Gefühlen entgegen sahen. Einerseits wollten sie um jeden Preis für die Freiheit aller Piraten kämpfen und vor allem für sich und alle anderen kämpfen, aber es könnte ihnen allen auch den Tod bringen und dann waren alle Hürden und Gefahren, die sie auf sich genommen hatten, umsonst.
Aber sie würden nicht zurückweichen! Sie würden diesen Kampf gemeinsam durchstehen und gemeinsam waren sie stärker, als wenn sie alleine wären. Und sie waren entschlossen, Lord Beckett und Davy Jones zu besiegen!

Die Blicke aller Piraten waren auf den Horizont gerichtet, wo nun ein einzelnes Schiff auftauchte, welches ohne Zweifel zu der East India Trading Company gehörte. Euphorisch und siegessicher zog Marty sein Schwert und erhob es in die Luft.

,,Der Feind ist da...greifen wir an!", rief er und erntete Jubelrufe der anderen Piraten.

Während die Piraten sich ihres Sieges bereits sicher waren, hatten die Freunde jedoch ein ungutes Gefühl. Und dies bestätigte sich, als eine ganze Flotte der Company aus dem Nebel herausstach und der Feind somit ganz eindeutig in der Überzahl war.

Die Jubelrufe der Piraten erstarben und alle ließen erschüttert ihre Schwerter sinken. Eine entsetzliche Stille legte sich über die Piraten und ein jeder starrte schockiert auf die Anzahl der Company-Schiffe. Einzig und allein der Papagei von Cotton gab noch Laute von sich, als er von der Schulter seines Besitzers flog und Richtung Land flatterte.

,,Krah...allemann von Bord...allemann von Bord!"

Alle sahen dem Papagei nach und David schluckte kaum merklich.

,,Irgendwie bin ich seiner Meinung!"

,,Wir machen jetzt keinen Rückzieher!", widersprach Kate entschlossen und Elizabeth sah zweifelnd zu ihrer Schwester.

,,Glaubst du wirklich, wir können den Feind besiegen?"

Mila warf einen Blick auf ihre Freunde und in ihren Augen lagen jetzt leise Zweifel, aber sie weigerte sich, kampflos aufzugeben.

,,Ganz egal, was heute geschieht...wir haben etwas, das Beckett nicht hat."

,,Und das wäre?", wollte Kate wissen, woraufhin Mila sie zuversichtlich ansah.

,,Hoffnung!"

Ihre Freunde lächelten leicht und nickten zustimmend. Dann beobachteten sie, wie sich die Blicke sämtlicher Piraten nun auf Jack richteten, der kleinlaut und zerknirscht in die Runde sah, ehe er sich ein Grinsen abzwang.

,,Parlay?"

***

Der Nebel lichtete sich um die Sandbank herum, als Mila und Kate an der Seite von Barbossa und Jack durch den Sand stapften. David und Elizabeth waren an Bord der Black Pearl geblieben, während die beiden Freundinnen mit Jack und Barbossa auf dem Weg waren, um Beckett und Davy Jones gegenüber zu treten.

Obwohl die Sandbank nicht besonders groß war, schien den beiden Freundinnen der Weg unendlich vorzukommen, als sie bereits ihre Gegner erspähten. Aber Lord Beckett und Davy Jones waren nicht allein, denn neben Lord Beckett stand auch Will und Mila sah zu ihm. Sie schluckte schwer, als sich die Blicke von ihr und ihrem Verlobten trafen und sie spürte, wie sich ihr Herz zusammenkrampfte. Will stand also wirklich auf der gegnerischen Seite.

Kate starrte unterdessen hasserfüllt auf Lord Beckett, der gehässig grinste und sie hatte den augenblicklichen Wunsch, diesen hinterhältigen Wicht zum Teufel zu jagen. Und als ihr Blick auf Davy Jones fiel, staunte sie nicht schlecht.
Der unverkennbare Fischcaptain der Dutchman stand in einem kleinen Holzfass, welches bis zum Rand mit Wasser gefüllt war. So musste es sich also anfühlen, wenn man das Festland nicht betreten konnte.

Mila, Kate, Barbossa und Jack näherten sich der gegnerischen Partei und schließlich kamen sie zum Stehen. Und bevor Mila oder Kate sich äußern konnten, sah Barbossa verachtend auf Will und zischte verächtlich.

,,Ihr seid der räudige Köter, der diese Wölfe vor unsere Tore geführt hat."

,,Gebt nicht Turner die Schuld!", entgegnete Beckett. ,,Er war bloß der Gehilfe bei dem Verrat an euch. Wenn ihr wissen wollt, wer tatsächlich dahinter steckt...schaut zu eurer Linken."

Barbossa, Kate und Mila kamen der Aufforderung nach und sahen nach links. Ihre Blicke fielen auf Jack, der nun ebenfalls nach links sah, dessen Blick allerdings ins Leere ging. Fassungslos sahen sie auf den Piraten, der nun seine Hände hob und unschuldig drein schaute.

,,Ich wasche meine Hände in Unschuld!", begann er und als er die fassungslosen Blicke von Mila und Kate bemerkte, schluckte er. ,,Im übertragenen Sinne!"

,,Jack...das darf doch wohl nicht wahr sein!", brachte Kate hervor und wandte enttäuscht den Blick ab, als Will sich plötzlich in das Gespräch einbrachte.

,,Ich hab meine Entscheidung allein und aus freiem Willen getroffen. Jack hatte nichts damit zu tun."

,,Wohl gesprochen! Hört auf das Helferlein!", stimmte Jack Will zu, aber Mila sah ihren Verlobten fast schon verzweifelt an.

,,Will, ich war an Bord der Dutchman! Ich weiß, welche Bürde du trägst,aber ich fürchte, deine Hoffnung ist trügerisch."

,,Keine Hoffnung ist trügerisch!", entgegnete Will. ,,Solange es auch nur einen Narren gibt, der dafür kämpft."

,,Du musst es ja wissen!", meinte Kate, während Mila niedergeschlagen den Blick von ihrem Verlobten abwandte.

Plötzlich zog Beckett jedoch den Kompass von Jack hervor und hielt ihn triumphierend hoch, während er siegessicher in die Runde schaute.

,,Wenn Turner nicht in Eurem Auftrag gehandelt hat, wie konnte er mir dann das hier überreichen?"

Die Blicke von Mila und Kate fielen auf den Kompass und sie wussten nicht mehr, was sie sagen sollten. Dass Jack nicht gerade die treueste Seele war, das war ihnen ja längst klar, aber dass er sie jetzt wahrhaftig an Lord Beckett und Davy Jones verkauft haben sollte...das schockierte die beiden Frauen.

,,Wir haben eine Vereinbarung, Jack! Ihr solltet mir die Piraten liefern und sie sind hier.", protzte Beckett und warf Jack seinen Kompass zu. ,,Worauf wartet Ihr? Tretet vor...fordert Eure Belohnung!"

,,Du hast deine Schuld mir gegenüber noch nicht beglichen!", kam es mit einem Mal von Davy Jones. ,,Hundert Jahre Knechtschaft an Bord der Dutchman...fürs Erste!"

Kate sah perplex zu dem Captain der Dutchman, denn sie war schockiert darüber, dass Jack nun doch noch in den Fängen von Davy Jones landen würde. Denn, ob Jack sie nun verraten hatte oder nicht...ihre Gefühle für ihn waren immer noch da.

,,Diese Schuld wurde bezahlt, mein Freund! Mit...etwas Hilfe.", widersprach Jack, doch Davy Jones ließ sich nicht erweichen.

,,Du bist geflohen!"

,,Naja...eigentlich...", setzte Jack an, doch Mila unterbrach ihn, denn sie hatte während der Diskussion eine Entscheidung getroffen.

,,Ich beantrage einen Austausch!"

Alle sahen zu der Braunhaarigen und Kate hob irritiert eine Augenbraue. Wen oder was wollte Mila denn bitte austauschen? Es gab doch nichts, was sie Beckett und Davy Jones anbieten konnten. Doch was Mila als Nächstes sagte, schockierte Kate und ließ sie erstarren.

,,Will kommt mit uns...und dafür kriegt ihr Jack!"

Jack starrte Mila fassungslos an und auch Kate fiel die Kinnlade runter.

,,Was?"

,,Gut!", sagte Will, doch Jack protestierte.

,,Nicht gut!"

,,Gut!", stimmte Beckett zu und akzeptierte damit den Vorschlag, als Kate den Kopf schüttelte.

,,Ganz und gar nicht gut!"

,,Jack ist Einer der neun Piratenfürsten...das könnt Ihr nicht tun!", fuhr Barbossa Mila an, doch die schenkte ihm nur ein triumphierendes Grinsen.

,,König!"

Dann sah sie zu Jack, der sich nun ergeben vor Mila verbeugte und seinen Hut vor ihr zog. Kate starrte fassungslos und erschüttert auf Jack und ihre beste Freundin.

,,Mila...", setzte sie an, doch Jack gab sich bereits geschlagen.

,,Wie Ihr befiehlt, eure Empfindlichkeit!"

,,VERRÄTER!", schrie Barbossa ihm entgegen, zog sein Schwert und trennte mit einem einzigen Hieb die Acht-Reals-Münze von Jacks Kopftuch ab, woraufhin der Affe Jack von seiner Schulter sprang und sich den Talisman schnappte.

Barbossa ging auf Jack zu, baute sich bedrohlich vor ihm auf und seine Augen funkelten siegessicher.

,,Wenn du etwas zu sagen hast, so werde auch ich etwas zu sagen haben."

,,Wer als Erster das Ziel erreicht!", war alles, was Jack dazu von sich gab, ehe er sich seinem Schicksal fügte und Richtung Beckett marschierte.

Will und er gingen aneinander vorbei und während sich Will an die Seite seiner Verlobten stellte, ging Jack auf Lord Beckett zu, der jedoch zur Seite trat und einladend auf Davy Jones deutete.
Kleinlaut und zerknirscht, trat Jack nun an die Seite des Captains von der Dutchman, welcher kaum merklich lächelte und Jack ansah, als wäre er sein Dessert. Jack setzte sich seinen Hut wieder auf und schluckte schwer, als Davy Jones sich zu ihm vorbeugte.

,,Fürchtest du den Tod?", raunte er Jack entgegen, welcher das Gesicht verzog.

,,Du hast ja keine Ahnung!"

Kate sah zu Jack, aber sie wusste, dass sie jetzt nichts ausrichten konnte. Der Austausch war beschlossen und sie hatte keine Chance mehr, ihn rückgängig zu machen. Lord Beckett trat nun vor und schaute siegessicher in die Runde, während sich seine Lippen zu einem amüsierten Lächeln verzogen.

,,Informiert die Bruderschaft! Wenn ihr kämpft, wird jeder von euch sterben. Oder ihr kämpft nicht. In dem Fall...sterben nur die Meisten von euch."

,,Ihr habt meinen Vater ermordet!", zischte Mila und trat vor Beckett, den sie mordlustig ansah, doch er verzog keine Miene.

,,Er hat sein Schicksal selbst gewählt!"

,,So, wie Ihr das Eure gewählt habt. Wir werden kämpfen und Ihr werdet sterben!"

Ohne den Lord eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte sich Mila ab und ging zurück Richtung Beiboot. Kate warf noch einen letzten Blick auf Beckett, Jack und Jones und vernahm die letzten Worte, die Beckett von sich gab.

,,Dann möge es so sein!"

Dann eilte sie Mila, Will und Barbossa nach. Der Affe Jack reichte ihrem Vater den Talisman von Jack und sie hörte, wie Will anerkennend auf Milas neuen Rang zu sprechen kam.

,,König?"

,,Des hohen Rats der Bruderschaft.", erklärte Mila. ,,Das war Jacks Idee!"

,,Vielleicht weiß er ja doch, was er tut.", stimmte Will zu und Kate schnaubte.

,,Er ganz sicher! Wie konntest du ihn nur Davy Jones und Beckett ausliefern, Mila?"

Sie sah ihre beste Freundin vorwurfsvoll an, doch Mila warf ihr einen eindringlichen Blick zu und verwirrte Kate damit.

,,Davy Jones wird Jack an Bord der Dutchman bringen."

,,Und, wenn Jack dort ist, dann...", setzte Will an und Kate verstand nun, was der Plan ihrer Freundin war.

,,Hat er die Chance, das Herz zu erstechen!"

Mila und Will nickten und Kate starrte nun vor sich hin. Also würde der Plan von Jack wirklich aufgehen. Er würde das Herz erstechen, Jones somit töten und Captain der Dutchman werden. Und sie hatte nicht einmal die Chance gehabt, mit ihm alleine darüber zu sprechen.

Zwar war sie noch fassungslos darüber, dass Mila Jack einfach so Davy Jones ausgeliefert hatte, aber sie musste zugeben, dass es ein klarer Schachzug ihrer besten Freundin war. Somit hatten sie tatsächlich eine reale Chance gegen ihre Gegner und wenn Jack wahrhaftig Davy Jones tötete und seinen Platz einnahm, dann würde er zu dem werden, was Kate stets in ihm gesehen hatte: er würde ein Held sein!