Knochen und Stofffetzen...das übliche Piratenhandwerk!
Knochen und Stofffetzen...das übliche Piratenhandwerk!
Es war Nacht und die Black Pearl lag vor Anker. Weder Mond noch Sterne waren zu sehen und die eingeholten Segel des Piratenschiffes, wehten leicht im Wind. Die Crew war unter Deck, bis auf wenige einzelne Männer, die Wache hielten und Mr. Gibbs, der angetrunken übers Deck torkelte und fröhlich Piratenlieder summte, während er weiterhin seinen Flachmann mit Rum leerte.
,,Fünfzehn Mann auf des Toten Truh', Johoho und ne Buddel voll Rum. Versoffen beim Deibel ist die ganze Crew, Johoho und ne Buddel voll Rum!"
Er stellte sich an die Reling und führte erneut den Flachmann an seine Lippen.
,,Johoho, und ne Buddel voll Rum, ha!", sang er, ehe er einen weiteren kräftigen Schluck nahm, als plötzlich ein lauter Gong ertönte.
Er zuckte zusammen und verschluckte sich fast, als mit einem Mal ein dutzend schwarzer Raben krächzend über seinen Kopf hinweg flogen...direkt in die Richtung aus der der laute Gong gekommen war.
Die Vögel flogen krächzend auf ein Gefängnis zu, welches aus hohen Türmen bestand und wo einige Männer in den Käfigen draußen saßen, die in der Luft baumelten. Hungrig stürzten sich die Raben auf die Gefangenen und pickten sie zu Tode. Sie rissen ihnen die Augen heraus, zerfleischten die Haut und die geflügelten Vollstrecker hinterließen ein einziges Blutbad.
Die Männer schrien vor Schmerzen, doch sie hatten keine Chance ihrem Schicksal zu entkommen. Weitere Verurteilte wurden ins Innere der Gefängnismauern verschleppt, um zu Tode gefoltert zu werden oder ein anderes furchtbares Schicksal anzutreten.
Nicht weit entfernt von dem entsetzlichen Geschehen, standen drei Männer an der Klippe und gingen ihrer Arbeit nach, die Särge mit den Verstorbenen in die tosenden Wellen zu werfen. Ein Sarg nach dem anderen landete im Meerbereit die toten ihrer ewigen Ruhestätte zu überführen. Die Wellen trieben die Särge hinfort, bis das Meer ruhiger wurde und die Kisten nun langsam dahintrieben. Da kam ein einzelner Rabe angeflogen, ließ sich auf eine der Todeskisten nieder und begann mit seinem Schnabel auf das Holz einzuhacken, um sich somit den Weg zum Verstorbenen freizuarbeiten. Doch dieser Sarg sollte sein Verhängnis werden, denn plötzlich ertönte ein Schuss und er wurde samt Gefieder weggepustet, bevor er auch nur mit den Federn zucken konnte. Durch das Loch schob sich eine leicht beschmutzte Hand mit einer Pistole und richtete sich noch drohend in alle Richtungen, ehe die Oberfläche des Sarges weiter aufgerissen wurde und Jack Sparrow zum Vorschein kam. Und neben ihm streckte nun auch Kate Summer ihren Kopf aus dem Loch. Mit zerzausten Haaren, leicht beschmutzter Kleidung und einem angewiderten Gesichtsausdruck wandte sie sich an Jack.
,,War das wirklich nötig?", herrschte sie ihn an.
,,Du wolltest einen Fluchtplan...ich habe dir einen gegeben, Liebes.", entgegnete er unschuldig.
Kate rümpfte angewidert die Nase und sah auf den Leichnam herunter, auf dem sie saßen und das Wort Körpernähe hatte eine ganz neue Bedeutung bekommen.
,,Ja, aber eine Kuschelstunde mit einer Leiche habe ich damit nicht gemeint. Verlange das nie wieder von mir."
Jack grinste leicht und setzte sich schließlich seinen Hut auf. Ohne den war er nicht richtig angezogen und dann griff er nach unten, um dem Verstorbenen ein Bein abzureißen. Kate sah ihn irritiert an und sie wich angewidert zurück, als ein Bein des Skelettes neben ihr auftauchte.
,,Uahh! Jack, pack das weg!"
,,Willst du als Paddel dienen?", wandte er ein und Kate gab schmollend nach, woraufhin Jack sich an den Leichnam wandte. ,,Tschuldige, mein Freund!", sagte er und riss der ärmsten Leiche nun auch noch das zweite Bein ab, welches er Kate reichte.
,,Ihh!", gab sie von sich und zögerte.
,,Rudern, Liebes! Wir müssen zur Pearl zurück."
Kate ergriff zögerlich das Bein und Jack tauchte sein Paddel bereits ins Wasser, um den Sarg in Richtung Pearl zu lenken, als er sich ein weiteres Mal an die Leiche wandte.
,,Hast du was gegen einen kleinen Abstecher?", fragte er und als natürlich keine Widerworte erklangen, zuckte er mit den Schultern. ,,Hätt mich auch gewundert."
Kate verdrehte die Augen und ruderte dann ebenfalls mit dem Bein. Der Sarg näherte sich langsam aber sicher der Pearl und die beiden Piraten steuerten direkt auf das imposante Schiff zu. Anschließend kletterten sie nach oben und Kate sah hoch, wo sie erkannte, wie Gibbs seine Hand Jack entgegenstreckte, doch anstatt der Hand seines Captains, wurde ihm das Bein des Skelettes in die Hand gelegt. Irritiert sah Gibbs das knochige Gliedmaß an und schließlich standen Jack und Kate an Deck.
,,Ähm...", setzte Gibbs an und da warf Kate ihm ihr Beinruder ebenfalls in die Arme, welches er perplex auffing und ebenfalls verwirrt betrachtete. ,,Das war doch irgendwie anders geplant.", sagte er schließlich.
Jack, dem gerade von Cotton der Mantel über die Schultern gelegt wurde, sah seinen ersten Mart an und Kate schüttelte sich, da ihr immer noch der verweste Geruch der Leiche in der Nase lag.
,,Komplikationen entstanden, dauerten an und wurden überwunden!", erklärte Jack und Kate sah ihn missbilligend an.
,,Komplikationen, ja?"
,,Ja, Liebes. Was sonst?"
,,Wenn du besser aufgepasst hättest, wären wir gar nicht in diesen Schlamassel geraten.", brachte sie aufgebracht hervor.
,,Ich hatte alles vollkommen in Griff.", verteidigte sich Jack stolz.
,,Natürlich! Und warum musste ich dann den Wächter ausschalten und Faustschläge verteilen, während du nach deinem mysteriösen wertvollen Gegenstand gesucht hast?"
Sie sah ihn abwartend und siegessicher an, denn Jack wusste diesmal keinen frechen Spruch, mit dem er sich rausreden könnte. Gibbs sah zwischen den beiden Piraten hin und her, ehe er Cotton kurzer Hand das Gliedmaß der Leiche in die Hand drückte und Jack nachlief, der über das Deck stolzierte.
,,Du hast also, weshalb ihr reingegangen seid?", wollte er wissen und Jack nickte.
Auch Kate war nun neugierig, denn Jack hatte ein riesiges Geheimnis daraus gemacht, wonach sie im Gefängnis eigentlich gesucht hatten.
,,Da bin ich ja mal gespannt.", sagte sie und schaute über die Schulter des Captains.
Dieser zog plötzlich einen Fetzen Stoff hervor, den er Gibbs triumphierend präsentierte.
,,Ein Stofffetzen? Ist das dein Ernst? Ich habe mich geprügelt und mit einer Leiche geschmust, wegen einem dämlichen Stofffetzen?", brachte Kate sauer und fassungslos hervor.
Jack erwiderte nichts und bog um eine Kurve, als er stoppte und auf die Crew sah, die nun vor ihm stand und alles andere als glücklich aussah.
,,Jungs, was ist los?", fragte Kate und sah die Crew irritiert an.
,,Captain... ich denke, die Crew, und damit meine ich mich eingeschlossen, haben etwas erwartet, das ein wenig mehr... Glanz hat!", verpackte Gibbs das Anliegen der Piraten in nette Worte und sah Jack abwartend an. ,,Nach der Isla de Muerta Sache, bei der sich das Meer die Insel samt Schatz zurückgeholt hat."
Jack sah auf seine Männer und Kate blieb ruhig, denn sie wollte sich da jetzt nicht einmischen. Und eigentlich hatten die Männer recht, denn bisher waren sie wirklich nicht groß auf Schatzsuche gegangen.
,,Und die Royal Navy uns durch den Atlantik jagt!", wandte einer der Piraten ein.
,,Und der Hurrikane!", fügte Marty hinzu und die Männer grummelten Zustimmungen.
Jack zuckte missbilligend mit den Mundwinkeln und schwieg, was Kate nur ausdruckslos beobachtete. Was hatte er denn erwartet? Dass die Crew einen Freudentanz aufführte, weil er mit einem fetzen Stoff, anstatt mit Reichtümern und Juwelen auflief? Das würden die Männer garantiert nicht einfach so hinnehmen.
,,Alles in allem scheint es eine Zeit her zu sein, dass wir dem ehrlichen Piratenhandwerk nachgingen.", erklärte Gibbs und sah Jack vielsagend an, der endlich Regung zeigte und sich an die Crew wandte.
,,Glanz hat", wiederholte Jack und die Männer stimmten zu.
,,Aye, Glanz hat!", bekräftigte Gibbs seine Worte.
,,Seht ihr das etwa alle so?", fragte Jack nun fordernd an die Crew gewandt. ,,Dass der liebe alte Jack eure Interessen als Captain nicht ausreichend vertritt?"
Kate sah erwartungsvoll in die Runde und musterte die Crew. Sie schienen zu zögern und sich nicht sicher zu sein, ob sie ihre Gedanken wirklich offen legen sollten.
,,Wenn ihr was zu sagen habt, Männer, dann spuckt es aus.", forderte sie.
Die Crew schwieg, doch da krächzte der Papagei von Cotton über die Schulter Jack entgegen.
,,Krah, über die Planke!"
Jack zog sofort seine Pistole und richtete sie auf das Federvieh, dem Cotton schnell den Schnabel zuhielt.
,,Was hat der Vogel gesagt?"
,,Lasst den Vogel aus dem Spiel.", gab ein schwarzhäutiger Pirat zurück. ,,Zeigt uns, was auf dem Stofffetzen drauf ist."
Jack starrte ihn säuerlich an und achtete einen Moment lang nicht auf seine Pistole oder den Stofffetzen, als plötzlich der untote Affe von Barbossa auftauchte und ihm den Fetzen entriss. Die Crew wich zurück und Jack wollte den Affen abknallen, doch seine Pistole besaß kein Schießpulver mehr, wodurch dem Affen die Flucht gelang. Doch da zog Kate ihre Pistole und knallte den Affen gelangweilt ab, woraufhin dieser den Fetzen fallen ließ und davon geschleudert wurde.
,,Elendes Msitvieh!", brachte sie gelangweilt hervor.
,,Kate, du weißt doch, das das nichts bringt.", wandte Gibbs ein, doch sie steckte die Pistole zurück und zuckte mit den Schultern.
,,Mir schon!"
Der Affe hatte sich offenbar wieder eine Münze des verfluchten Aztekengoldes geschnappt und war somit unverwundbar. Jeden Tag ging er ihr und Jack auf die Nerven und Kate hatte es zu ihrem beiläufigen Hobby gemacht, ihn in die Luft zu jagen.
Jack stürzte vor, doch Marty war schneller und faltete den Stofffetzen auseinander.
,,Es ist ein Schlüssel!", verkündete er an die Crew gewandt.
,,Nein!", widersprach Jack, während er vortrat und Marty den Fetzen abnahm und sich ebenfalls an die Männer wandte. ,,Noch viel besser! Es ist 'ne ZEICHNUNG eines Schlüssels!"
,,Ist ja ein Riesenunterschied!", sagte Kate beiläufig.
Die Piraten traten näher und Gibbs betrachtete die Zeichnung genauer, aber keiner schien zu wissen, was Jack ihnen mit diesem Mitbringsel sagen wollte. Auch Kate sah Jack irritiert an und verschränkte die Arme vor der Brust.
,,Jack, würdest du uns aufklären?"
,,Gentlemen...Kate, Liebes...WAS pflegen Schlüssel zu tun?", wollte Jack wissen.
,,Schlüssel... schließen... Dinge auf?", versuchte der schwarze Pirat sein Glück und sah aus, als käme er sich vor, wie Einstein persönlich.
Dann leuchteten die Augen von Gibbs plötzlich vor Aufregung und er sah Jack erwartungsfreudig an.
,,Und was immer dieser Schlüssel aufschließt, dort drin ist etwas Wertvolles.", meinte er und rieb sich die Finger.
Jack holte tief Luft und alle warteten schon auf den Befehl, die Segel zu setzen, als der Captain der Pearl den Finger hob und schließlich sprach.
,,Nein! Denn ohne diesen Schlüssel können wir nicht aufschließen, was wir nicht haben, das er aufschließt. Also, was für einen Sinn würde es machen, das zu finden, was er aufschließt. Was wir nicht haben, ohne zuerst den Schlüssel gefunden zu haben, der es aufschließt!", vollendete Jack seine poetische Rede und alle sahen ihn an, als wäre er noch verrückter als vorher.
,,Jack, geht's dir auch gut oder war der Rum vorhin doch ein bisschen zu viel für dich?", wandte Kate ein.
Jack sah sie schmollend an, doch auch die Crew wusste nicht so recht, was sie mit dieser Erklärung anfangen sollten, bis bei Gibbs schließlich der Groschen fiel.
,,Also...suchen wir nach dem Schlüssel!", übersetzte er die komplizierte Umschreibung seines Captains.
,,Was für ein wirres Gerede!", brachte Jack hervor und Kate verdrehte die Augen.
Dann sah der Captain erwartend in die Crew und hob eine Augenbraue.
,,Gibt's noch mehr Fragen?"
Kate sah Jack an, doch sie sagte nichts. Sie würde ihn sich vorknöpfen, sobald sie alleine waren. Denn sie wollte nicht vor der Crew mit ihm sprechen. Jack schien ihr in letzter Zeit ziemlich durchzudrehen und sie wollte unbedingt die Ursache dafür wissen.
,,Und? Haben wir einen Kurs?", warf Marty in die Runde.
,,Ah!", sagte Jack und hob den Finger, ehe er seinen Kompass hervorholte. ,,Einen Kurs!"
Der Pirat schaute auf die Nadel, die sich drehte und dann auf Kate zeigte, woraufhin er die Piratin ansah und zu sich winkte.
,,Kate, Liebes! Komm her!"
,,Wozu?", fragte sie verwundert und ging auf Jack zu, der einen Arm um sie legte und zu sich zog.
,,Sonst funktioniert das hier nicht."
Sie sah ihn an und lächelte ein wenig. Der Kompass zeigte Einem, was man sich am meisten wünschte. Und er würde Jack erst den Weg zum Schlüssel zeigen, wenn es außer dem nichts mehr gab, was Jack sich wünschte. Die Nadel schwenkte nun wieder hin und her und Jack folgte ihr mit dem erhobenem Finger und richtete diesen hin und her.
,,Setzt die Segel, in... eine allgemeine...diesen Weg Richtung!", druckste Jack herum und deutete schließlich in die gewünschte Richtung.
,,Captain", setzte Gibbs an, doch Jack unterbrach ihn.
,,Kommt schon, trollt euch, setzt die Segel, na los, macht schon! Hopp hopp!", befahl Jack und scheuchte seine Männer förmlich über Deck, ehe er Richtung Kajüte verschwand.
Kate stellte sich mit Marty und Gibbs an die Reling und sah Jack seufzend nach. Was war nur mit ihm los? Das war selbst für seine Verhältnisse ein merkwürdiges Verhalten und das fiel offenbar auch den Männern auf.
,,Hab nur ich das Gefühl oder ist der Captain in letzter Zeit etwas merkwürdig...er.", sagte Marty und sah Gibbs und Kate an.
,,Er hat nicht mal 'n Kurs und lässt die Segel setzen...irgendwas macht Jack zu schaffen.", stimmte Gibbs zu und warf Kate und Marty einen eindringlichen Blick zu. ,,Und merkt euch meine Worte, was Jack Sparrow nichts Gutes bringt, bringt auch uns nichts Gutes!", sagte er und starrte unheilvoll in den Himmel.
Kate dachte über die Worte von Gibbs nach und zerbrach sich den Kopf. Jack war der genialste und kreativste Pirat, den sie kannte. Was könnte ihm so eine schreckliche Angst einjagen?
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